Man kann sehr wohl in ihrem Wesen unterschiedliche Dinge im Endeffekt gleich behandeln. So wird das in vielen Fällen auch gemacht. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass es sich um zwei unterschiedliche Sachen handelt.
Ich begrüße Sie, Frau Kollegin Stamm doch auch als Frau Stamm und begrüße doch den Kollegen Arnold als Herrn Arnold und sage nicht Mensch Stamm oder Mensch Arnold. Es ist für jeden ohne größere detektivische Veranlagung offensichtlich, dass Sie unterschiedlichen Geschlechts sind.
Deswegen ist es einfach sinnvoll, unterschiedliche Formen des Zusammenlebens, die absolut gleichwertig und gleichgestellt sind, auch unterschiedlich zu bezeichnen.
Auf Ihre letzte Bemerkung möchte ich nicht eingehen; denn die ist eigentlich sehr peinlich. Zu sagen, ich sage ja zu Ihnen Herr und Frau – darüber sollten Sie noch einmal vertieft nachdenken. Ich habe überhaupt kein Argument gegen die Ehe für alle gehört.
Sie stellen sich hin und sagen: Es ist nicht nötig. Sie sagen also all den Menschen, den Schwulen und Lesben, die heiraten wollen – ich sage ganz klar: sie wollen heiraten und eine Familie gründen und Kinder haben –: Das ist bei euch nicht nötig.
Hier geht es doch darum, was diese Menschen wollen. Wie erhalten wir die Freiheit und das Selbstbestimmungsrecht dieser Menschen, wie Sie es doch für sich als Heterosexueller auch in Anspruch nehmen? Ich nehme einmal an, dass Sie Heterosexueller sind, ich weiß es ja nicht.
Dieses Recht, das Sie für sich in Anspruch nehmen – nichts anderes wollen diese Leute! Das sind Menschen, die ein Recht darauf haben, ihr Leben so zu gestalten, wie sie wollen. Diesen Menschen sagen Sie: Ach, das halten wir nicht für nötig. Ich finde das unglaublich missachtend gegenüber dem, was diese Menschen wollen, und gegenüber dem, wie sie ihr Leben gestalten wollen und was sie unter Freiheit verstehen. Darauf geben Sie keine Antwort. Diese Menschen nehmen niemandem etwas weg, Sie nehmen keinem Heterosexuellen irgendetwas weg, indem sie die Ehe wollen, ganz so, wie Sie sie auch für sich wollen. Ich bitte Sie: Denken Sie endlich um und behandeln Sie Menschen menschenwürdig und gleichberechtigt.
Ich kann Ihre Aufgeregtheit nicht nachvollziehen. Ich habe hier mehrfach ausgeführt, dass die Begriffe der Ehe und der Eingetragenen Lebenspartnerschaft nicht wertend sind, sondern einfach gleichberechtigt nebeneinanderstehen. Es sind aber trotzdem zwei unterschiedliche Rechtsbegriffe. Insofern wird niemandem etwas verwehrt, weil denjenigen, die Verantwortung übernehmen, bis auf das Adoptionsrecht die gleichen Rechte wie in der Ehe eingeräumt werden.
Möglicherweise wird bei der Adoption – das ist eine Vermutung aufgrund der geschichtlichen Entwicklung – auch bald eine Gleichstellung stattfinden. Das kann ich nicht ausschließen. Dennoch bin ich selbst dann, wenn dies der Fall wäre, immer noch der Meinung, dass es zwei unterschiedliche Rechtsinstitute sind. Unterschiedliche Formen des Zusammenlebens soll man auch unterschiedlich bezeichnen. Deswegen halte ich es nach wie vor für richtig, dass die Ehe Personen unterschiedlichen Geschlechts vorbehalten wird, während wir für gleichgeschlechtliche Partner, die zusammenleben, das Rechtsinstitut der Eingetra
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Arnold, als Sie das Abstandsgebot genannt haben, habe ich erst einmal nachgedacht. Bei der Ehe geht es eher um ein Anbindegebot, oder ich habe etwas falsch verstanden.
Meine Damen und Herren, dieser Antrag ist beileibe nicht der erste Vorstoß in dieser Legislaturperiode, und es gab ihn schon in anderen Legislaturperioden. Wir haben mehreren Anträgen zu diesem Thema immer zugestimmt, und das werden wir auch heute wieder tun. Lieber Kollege Lorenz, Sie haben das gestrige Urteil des Bundesverfassungsgerichts genannt. Das ist aber kein Kronzeuge dafür, dass man den derzeitigen Zustand beibehalten muss. Dieses Urteil war eine rein formaljuristische Entscheidung darüber, ob und in welchem Umfang sich das Parlament mit einer Sache befassen muss, ob das so in Ordnung ist oder ob die Materie pflichtwidrig nicht behandelt worden ist. Dieses Urteil von gestern ist jetzt keine Grundlage für eine materielle Regelung.
Kollege Arnold hat es gesagt: Es geht um die realen Verhältnisse. Das Bundesverfassungsgericht hält in der Tat noch vordergründig an der Rechtsprechung fest, dass die Ehe eine Verschiedenheit der Geschlechter voraussetzt. Das ist auch erklärbar, weil sich die Verfasserinnen und Verfasser des Grundgesetzes vor 70 Jahren nicht vorstellen konnten, dass es auch einmal eine gleichgeschlechtliche Ehe geben kann. Das ist rein historisch begründet. Verfassungsrecht ist in der Tat etwas beständiger und nicht nach Belieben zu ändern. Die Gesellschaft ist jetzt aber weiter, die Realität ist weiter. Das ist der Punkt. Heute ist es durchaus anders. Große Teile der Bevölkerung unterscheiden nicht mehr zwischen Ehe und Lebenspartnerschaft. In beiden Fällen wird von "heiraten" gesprochen. Die große Überraschung kommt dann allenfalls am Standesamt. Immerhin kann man aber in Bayern sogar schon am Standesamt die Lebenspartnerschaft eingehen. Das war früher auch anders, um diesen Unterschied zu dokumentieren.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts – das hat die Kollegin Claudia Stamm angesprochen – ist die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft eine der Ehe im Wesentlichen gleichartige, institutionell stabilisierte Verantwortungsbeziehung.
Das heißt auf Deutsch: die Ehepartner haben eine Einstandspflicht, wenn der Ehepartner in Not ist, bei Krankheit usw. Überall dort, wo diese Einstandspflicht der Ehegatten gegeben ist, haben wir jetzt schon gesetzlich und durch Rechtsprechung gesichert die faktische und rechtliche Gleichstellung mit der Lebenspartnerschaft. Schon längst ist die Verfassungswidrigkeit des Ausschlusses vom Ehegattensplitting, der Unterscheidung bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer und bei der Grunderwerbsteuer festgestellt. Alles das ist schon geregelt. Die Sukzessivadoption ist vom Bundesverfassungsgericht für zulässig erklärt worden. Offen ist lediglich die Volladoption. Das ist der einzige Unterschied, sagt der Kollege Lorenz.
Die Partner einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft sind in die Hinterbliebenenversorgung der gesetzlichen Rentenversicherung und der gesetzlichen Unfallversicherung einbezogen. Im Bayerischen Beamtenversorgungsgesetz haben wir in der letzten Legislaturperiode, lieber Kollege Lorenz, einstimmig die entsprechende Anwendung der Vorschriften über Ehegatten auf Lebenspartner, der Vorschriften über Witwer und Witwen auf hinterbliebene Lebenspartner und der Vorschriften über die Eheschließung auf die Begründung einer Lebenspartnerschaft beschlossen. Das ist geltendes Recht im Beamtenrecht. Was außer der Volladoption fehlt also noch? – Mir fällt nichts mehr ein. Mit der Gleichstellung wäre es übrigens gleich erledigt. Wenn wir die Gleichstellung hätten, wäre die Volladoption automatisch möglich.
Lieber Kollege Lorenz, wo liegt die Benachteiligung der zweigeschlechtlichen Ehe, wenn wir umdenken, wenn die Zivilgesellschaft zu dem Ergebnis kommt, dass sie diesen Unterschied nicht mehr sieht? Ist denn das Grundgesetz wirklich so unflexibel? Da sind Sie mit Ihrem Leitkulturbegriff vor wenigen Monaten schon flexibler gewesen. Die Leitkultur haben Sie für dynamisch erklärt. Daran kann ich mich noch ganz gut erinnern.
Meine Damen und Herren, sind wir doch ganz pragmatisch. Es geht hier eher um die Angleichung der Rechtslage an die Realität und nicht um eine andere Definition, wie es der Kollege Lorenz gesagt hat. Es gibt keinen rechtlichen Grund mehr, zwischen Ehe und Lebenspartnerschaft zu unterscheiden. Die Lebenswirklichkeit hat die Rechtslage überholt. Wir stimmen dem Antrag zu, auch wenn sich der Antrag zeitlich inzwischen erledigt haben dürfte, weil der Bundestag nächste Woche seine Beratungen beendet. Die Angelegenheit ist zu lange in Berlin gelegen, aber das ist nicht eure Schuld. Wir stimmen zu.
(Vom Redner nicht au- torisiert) Sehr geehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wo die Liebe hinfällt, da muss doch die Ehe möglich sein. Wenn zwei Menschen füreinander Verantwortung übernehmen möchten, wenn sie füreinander ein Leben lang sorgen möchten, dann sollen sie auch heiraten können. Im Übrigen ist die Ehe unter gleichgeschlechtlichen Partnern in dreizehn Ländern Europas möglich, in Portugal, Spanien, Frankreich, Belgien, Luxemburg, den Niederlanden, Island, Irland, Großbritannien, Dänemark, Schweden, Norwegen und Finnland. Überall dort ist die Ehe zwischen Gleichgeschlechtlichen längst Realität, gleiche Rechte für alle, gleiche Ehe für alle müsste doch in Deutschland schon längst Realität sein.
Ein Eheverbot für Schwule und Lesben passt doch nicht in unser modernes Deutschland des 21. Jahrhunderts. Eigentlich ist die Sache doch ganz einfach, der Kollege hat es gerade dargelegt. Man könnte es mit einem Satz sagen. Wir müssen im Bürgerlichen Gesetzbuch nur einen Satz ganz leicht ändern: Die Ehe wird von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts auf Lebenszeit geschlossen. Das Schöne dabei wäre: Viele gewinnen, niemand verliert.
1990, also vor 27 Jahren, hat die Bundestagsfraktion der Grünen dazu erstmals einen Antrag im Bundestag eingebracht. Seit 2015 liegen dem Bundestag aktuell ein Gesetzentwurf der Grünen, ein Gesetzentwurf des Bundesrates und ein Gesetzentwurf der Linken vor. Traurig daran ist, dass diese Entwürfe in den Ausschüssen dreißigmal und im Plenum fünfmal vertagt wurden. Eine Beschlussfassung gibt es dazu heute nicht. Sie wird es – dieser Vorwurf ist an die SPD gerichtet – in dieser Legislaturperiode nicht mehr geben, weil die lahme GroKo, die CDU/CSU und auch leider auch die SPD, beschlossen hat, dass sich jetzt nichts mehr tut.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, auf Sie haben wir dabei gar nicht gezählt. Ihr Festhalten an einem Zweiklassenrecht ist diskriminierend. Nichts anderes machen Sie hier.
Ihr Verhalten zeigt, dass Sie weiterhin im Gestern leben und noch nicht im Heute angekommen sind. Warum sollen ein schwules oder ein lesbisches Paar nicht die gleichen Rechte haben wie ein heterosexuelles? Das kann man nicht akzeptieren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD-Fraktion, lieber Kollege Arnold! Auf Sie haben wir gezählt, aber Sie haben uns im Bundestag bitter enttäuscht. Dreißigmal vertagt, das kann man nicht oft genug sagen. Man kann auch durchaus sagen, was Sie heute hier machen, ist für Sie in Bayern vielleicht Wahlkampf, aber Sie hätten lieber die Kraft einsetzen sollen, in Berlin etwas zu bewegen.
Sie haben im Bundestagswahlkampf 2013 eine 100%ige Gleichstellung versprochen. Ihr jetziger Kanzlerkandidat hat die Ehe für alle versprochen, sagt aber, das gebe es erst nach der Wahl. Wir haben im Bundestag aktuell eine Mehrheit, um einen der drei Gesetzentwürfe mehrheitsfähig zu machen. Was macht die SPD? Sie vertagt zum dreißigsten Mal.
Woran mag das liegen? Entweder Sie wollen es nicht, Sie können es nicht oder Sie wollen es nicht machen. Stellen Sie sich dann aber bitte nicht im Plenum hin und geben sich als Kämpfer für die Ehe für alle aus. Das ist die SPD gerade nicht. Sie müssten in Berlin handeln!
Gleiche Rechte für alle – das haben die letzten Wochen und Monate immer wieder gezeigt – wird es am Ende nur mit uns GRÜNEN geben. Während schwule und lesbische Paare darauf warten, dass ihnen die SPD oder die Union die Ehe irgendwann einmal bescheren wird, verwelken ihre Hochzeitssträuße immer weiter – so wie diese beiden Exemplare, die ich heute symbolisch dem Fraktionschef Thomas Kreuzer und dem Herrn Kollegen Arnold von der SPD gerne übergeben möchte. – Vielen Dank. Denken Sie echt noch einmal darüber nach.
Herr Kollege Hartmann, persönliche Überzeugungen sind das eine, vertragliche Bindungen das andere. Sie kennen Koalitionsverträge und wissen, wie man sich dabei unter Umständen auch verhält. Das tut weh, aber in diesem Zusammenhang weise ich auch darauf hin, was letzte Woche in Baden-Württemberg geschehen ist, und deshalb fan
gen Sie bitte nicht zu moralisieren an. In mancher Hinsicht tut das wirklich weh, da pflichte ich Ihnen bei, aber es tut mir noch viel mehr weh, wenn ich lesen muss, die GRÜNEN lehnten auf Druck ihres christdemokratischen Juniorpartners gemeinsam mit FDP und AfD einen SPD-Antrag zur Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare ab – so geschehen im grünschwarzen Land.
Ihr Juniorpartner bringt Sie dazu, derartige Verhaltensweisen keine zwei Wochen vorher an den Tag zu legen. Mit welchem Recht?