Protocol of the Session on April 25, 2017

Für die arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen zwi schen Bediensteten und dem Amt ist letztinstanzlich das Verwaltungsgericht der Internationalen Arbeitsor ganisation in Genf zuständig. Es behandelt die Klagen von Mitarbeitern, die mit dem Ergebnis ihres internen Beschwerdeverfahrens nicht einverstanden sind. Die ses Recht haben sie; sie müssen sich aber vor Ge richt begeben. Durchschnittlich dauern die Verfahren 29 Monate – eine durchaus zumutbare Wartezeit. Bei deutschen Gerichten ist es ähnlich. Gerichtskosten haben die Mitarbeiter dabei übrigens nicht zu tragen.

Wie die nationalen Gerichte hat auch das Gericht in Genf in seinem Urteil vom Februar 2017 – das ist noch nicht lange her – die Position des Europäischen Patentamts nahezu in allen Verfahren bestätigt. Diese Verfahren betrafen insbesondere auch den Zugang der Bediensteten zu den Rechtsmitteln.

Angesichts dieser Tatsachen und Gerichtsurteile sind die im Antrag enthaltenen Vorwürfe, die Grundrechte der Bediensteten im Europäischen Patentamt seien nicht gewährt, meiner Meinung nach nicht haltbar.

Das Europäische Patentamt hat sehr wohl interne Maßnahmen auf den Weg gebracht, um die interne Situation zu verbessern. In den Ratstagungen im De zember 2016 und jetzt im März 2017 hatte die Diskus sion um die Verbesserung des sozialen Klimas breiten Raum eingenommen. Grundlage hierfür ist ein aus führliches Strategiedokument, das für jedermann zu gänglich auf der Website des Verwaltungsrats einzu sehen ist. In diesem Dokument bilden interne soziale Aspekte und die Verbesserung des sozialen Dialogs mit der Personalvertretung und den Gewerkschaften im Europäischen Patentamt wichtige Schwerpunkte. Dabei kommen auch die Ergebnisse einer von Price waterhouseCoopers durchgeführten Studie zum Tra gen, die in Bezug auf das Dienstrecht im Euro päischen Patentamt ausdrücklich festhält: A) Das EuropäischePatentamtDienstrecht entspricht

(Gabi Schmidt (FREIE WÄHLER): A 1!)

A 1; okay – dem der anderen internationalen Orga nisationen sowie den zum Vergleich herangezogenen nationalen Rechtsvorschriften. Es steht zudem in Ein klang mit der Europäischen Sozialcharta, der Allge meinen Erklärung der Menschenrechte und der Euro päischen Menschenrechtskonvention. Das interne Streitregelungssystem des Europäischen Patentamts entspricht ebenfalls der besten Praxis der internatio nalen Organisationen, wobei allerdings die Begutach tung im Beschwerdesystem verbessert werden muss.

Die Beilegung interner Konflikte und die Verbesserung des Sozialklimas haben beim Europäischen Patent amt sehr hohe Priorität. Die im Dokument dargelegten

Eckpunkte zielen unter anderem darauf ab, das inter ne Beschwerdesystem auf breiter Ebene zu verbes sern. Sie waren Gegenstand der Beratungen der Mit gliedstaaten in den beiden Tagungen des Verwaltungsrats.

Die Beratungen über interne Verbesserungen dauern an und werden auch bei den kommenden Tagungen der Mitgliedstaaten im Verwaltungsrat fortgeführt. Dies betrifft auch Punkte wie das interne Ermittlungs und Disziplinarverfahren.

Ich denke, ich habe dies grundlegend dargestellt. Auf grund dieser Darstellung kommen wir wie schon zwei mal im Ausschuss und einmal im Plenum zu dem Er gebnis, den Antrag abzulehnen.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Kol lege. – Jetzt hat Herr Kollege Pfaffmann für die SPD Fraktion das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu später Stunde sollten wir dieses Thema vielleicht etwas von den in ternationalen Weltverschwörungen herunterholen, liebe Frau Schmidt. Es ist auch völlig klar, dass der Bayerische Landtag nicht zuständig ist und seine Ein griffsmöglichkeiten ziemlich eingeschränkt sind. Das Europäische Patentamt ist keine Institution des öffent lichen Rechts und keine Institution unserer Verwal tung.

Herr Taubeneder, Sie haben auch darauf hingewie sen, dass es Urteile gibt, und haben alles detailliert dargestellt. Ich glaube aber nicht, dass es den Antrag stellern genau darum geht. Hier geht es um ein ech tes Problem. Das haben Sie, Herr Taubeneder, im Ausschuss ja selbst zugegeben. Es geht um ein ech tes Problem. Wenn 3.000 Mitarbeiter auf die Straße gehen und demonstrieren; wenn Gerüchte stimmen, dass Arbeitnehmer im Krankheitsfall mit Hausarrest belegt werden; wenn Gerüchte stimmen, dass nicht von Personalgesprächen, sondern von Verhören die Rede ist; wenn es stimmt, dass Mitarbeitern verboten wurde, eine gewerkschaftliche Unterstützung mitzu nehmen; wenn es stimmt, dass verhindert wurde, dass Arbeitnehmervertretungen gegründet wurden; und wenn es stimmt – das haben Sie auch bestätigt –, dass ein Streikrecht, das völlig normal ist, gerichtlich erstritten werden muss: dann, liebe Kolleginnen und Kollegen, besteht in der Tat Anlass zur Sorge.

(Beifall bei der SPD)

Um das geht es, um sonst nichts.

Nun verweisen Sie immer auf die Nichtzuständigkeit und darauf, dass wir nichts machen können. Ich sage Ihnen – das habe ich Ihnen im Ausschuss auch schon gesagt –: Wir sind nicht ein Verwaltungsvollzugsor gan, sondern ein politisches Parlament. Meines Erachtens steht es einem politischen Parlament sehr gut an, sich auch um Dinge zu kümmern, auf die es möglicherweise keinen direkten Einfluss hat, die aber eine politische Bedeutung haben. Eine politische Be deutung hat dieses Thema sehr wohl; denn Men schen gehen nicht ohne guten Grund auf die Straße. Es handelt sich nicht um 20 oder 30, sondern um Tau sende. Es ist auch nicht so, dass das auf die leichte Schulter genommen werden kann; denn man erzählt sich auch, dass es aufgrund von Mobbing Selbst mordversuche gegeben hat. Es wird darüber berich tet, dass dieses Patentamt eine klassische Mobbing Institution ist. Wenn dies alles stimmt, dann steht es diesem Landtag sehr gut an, sich darum zu kümmern. Darum geht es in dem Antrag, der gestellt worden ist, und deswegen unterstützen wir diesen Antrag.

Wir wissen auch, dass viele darüber reden, dass das Europäische Patentamt ein Amt des kollektiven Mob bings ist oder war.

(Walter Taubeneder (CSU): Vom Hörensagen!)

Auch das ist nicht bestritten. Deswegen meine ich, dass sich der Landtag mit diesem Thema zu Recht beschäftigt. Wissen Sie, warum? – Weil ich glaube, dass uns die Unterstützung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, egal, woher sie kommen, gut an steht, vor allen Dingen dann, wenn es um massive Verstöße gegen die Arbeitnehmerrechte geht.

(Walter Taubeneder (CSU): Die sind doch gar nicht nachgewiesen!)

Es kann nämlich nicht sein, lieber Herr Kollege Tau beneder,

(Walter Taubeneder (CSU): Das ist eine Behaup tung, die wohl nicht stimmt!)

dass wir in diesem Landtag im europapolitischen Dis kurs gleichzeitig immer wieder Formulierungen ver wenden wie: Wir sind eine werteorientierte Gesell schaft; wir brauchen ein werteorientiertes Europa. Das Wort "Werte" ist ja auch bei Ihnen en vogue; Sie verteidigen ja die Werte Europas gegenüber der gan zen Welt. Ich sage Ihnen aber: Die Arbeitnehmerrech te sind auch Werte, die man verteidigen muss. Des wegen ist es richtig, dass sich dieser Landtag mit diesem Thema beschäftigt.

(Beifall bei der SPD und den FREIEN WÄH LERN)

Es geht nämlich nicht, dass wir ständig nur darüber diskutieren, dass es in Europa Grundsätze geben muss. Ein Grundsatz in Europa ist der Schutz der Ar beitnehmer vor Mobbing und vor Ausnutzung, das Recht der Arbeitnehmer auf gewerkschaftliche Mitbe stimmung,

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

und das Recht der Arbeitnehmer auf Streik und auf Gründung von Gewerkschaften.

(Walter Taubeneder (CSU): Dafür gibt es ja Ge richte!)

Wenn das alles im Europäischen Patentamt nicht stattfinden kann, liebe Kolleginnen und Kollegen, dann beschäftigt sich dieser Landtag zu Recht mit diesem Thema. Es nützt auch nichts, wenn Sie immer auf irgendwelche anderen Institutionen verweisen.

Zum Schluss noch zu dem vorliegenden Antrag: Ich weiß nicht, was Sie von der CSU aus dem Antrag he rauslesen. Darin steht sinngemäß: Die Bayerische Staatsregierung wird aufgefordert, die Bediensteten in ihrem Bemühen, Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh merrechte einzufordern, zu unterstützen. – Nur darauf zielt der Antrag ab; denn die Begründung beschließen wir nicht.

Ich glaube, dass der Landtag diesen Antrag ohne Pro bleme beschließen könnte. Wollen Sie mit Ihrer Ab lehnung dokumentieren, dass Sie nicht dafür sind, Ar beitnehmerrechte einzufordern und zu erkämpfen? Wollen Sie denn nicht, dass sich die Staatsregierung darum bemüht, dass Arbeitnehmerrechte verwirklicht werden?

Aus den genannten Gründen könnten auch Sie dem vorliegenden Antrag ohne Probleme zustimmen. Sie bräuchten jedenfalls nicht einen Popanz aufzubauen, wie Sie es heute getan haben.

(Beifall bei der SPD und den FREIEN WÄH LERN)

Vielen Dank. – Herr Kollege Heike für eine Zwischenbemerkung. Bitte schön.

Ich habe Ihnen mit Interesse zugehört, Herr Kollege Pfaffmann. Vor allem ein Satz am Schluss Ihrer Rede war wieder typisch: Wollen Sie denn nicht …? Natürlich wollen wir. Aber ich würde gern von Ihnen wissen: Haben Sie eine faktenbasierte Erklärung abgegeben? Haben Sie in Ihrer gesamten Rede ein Faktum genannt? Sie sprachen davon, dass es Gerüchte gebe. Sie sprechen davon, dass es so

sei. Auf der Grundlage von Gerüchten können wir nicht diskutieren. Legen Sie bitte die Karten auf den Tisch! Wenn Sie das tun, können wir durchaus darü ber diskutieren. Momentan bauen Sie einen Popanz auf, nicht andere!

(Beifall bei der CSU – Zurufe von den FREI EN WÄHLERN: Oh!)

Um es klarzustellen: Ich will von Ihnen gar nichts. Sie können entscheiden, wie Sie wollen; Ihre Entscheidung spricht für sich.

Wenn ich jetzt aufzählen würde, was Sie von diesem Pult aus über verschiedene politische Themen schon erzählt haben, ohne Fakten vorgelegt zu haben,

(Jürgen W. Heike (CSU): Zur Sache!)

dann würde diese Liste von hier bis nach Paris rei chen.

(Jürgen W. Heike (CSU): Zur Sache!)

Zur Sache: Ich nehme die Überzeugung – –

(Jürgen W. Heike (CSU): Sie haben die Unwahr heit behauptet!)

Ich habe überhaupt nichts behauptet. Lieber Herr Kollege, meine Überzeugung, dass etwas faul ist, gründet sich darauf, dass 3.000 Menschen auf die Straße gegangen sind und Petitionen eingereicht haben. Sie haben sich an Institutionen gewandt, um sich zu beschweren. Deswegen sage ich:

(Jürgen W. Heike (CSU): Postfaktisch!)

Angesichts dieses Umfangs kann man zu Recht davon ausgehen, dass die Beschwerden einen wah ren Kern haben. Selbst wenn nur ein Teil der Vorwürfe zutrifft, dann ist das Mobbing in der klassischen Form. So etwas wollen wir einfach nicht haben, egal, um welchen Arbeitnehmer und um welches Amt es geht.

(Jürgen W. Heike (CSU): Sagen Sie es konkret!)

Deswegen stimmen wir – auch aus grundsätzlichen Erwägungen – diesem Antrag zu.

(Beifall bei der SPD und den FREIEN WÄH LERN)