Protocol of the Session on March 15, 2012

Die Arbeitslosenquote Bayerns war im Januar 2012 mit 4,2 % neben Baden-Württemberg die niedrigste in ganz Deutschland, und sie geht noch weiter nach unten.

Arbeitsplätze entstehen durch eine florierende Wirtschaft. Die Wirtschaft hat durch die liberale Wirtschaftspolitik unseres Wirtschaftsministers Zeil im Jahr der Krise die richtigen Impulse und Anreize erhalten. Eine gute Wirtschaftspolitik ist immer noch die beste und stabilste Basis für eine gute Sozialpolitik. Schließlich muss das Geld für alle Sozialleistungen erst einmal erarbeitet werden.

(Beifall bei der FDP und Abgeordneten der CSU)

Die Einkommensverteilung ist in Bayern breit gefächert. Auch regional bestehen bei mittleren Einkommen deutlich geringere Unterschiede in Bayern als weithin angenommen. Unter Berücksichtigung von Unterschieden von regionalen Preisniveaus unterscheidet sich das mittlere Wohlstandsniveau real nur um maximal 2,5 Prozentpunkte zwischen den Regierungsbezirken. Entgegen allen Unkenrufen wächst Oberfranken tatsächlich. Diese Region hatte schwierige Zeiten zu überstehen, aber sie hat einen Aufschwung genommen; dort geht es genauso nach oben. Überhaupt stehen wir in Bayern recht gut da.

(Beifall bei der FDP und Abgeordneten der CSU)

Zwar hat der Niedriglohnbereich auch in Bayern zugenommen, doch bei Weitem nicht so stark wie im Rest der Bundesrepublik. Das durchschnittlich verfügbare Einkommen befindet sich nach dem Krisenjahr 2009 in Bayern wieder im Aufwärtstrend. Das sind Fakten, auf denen sich gut aufbauen lässt.

Wie schon zu Beginn angemerkt, sollte der Sozialbericht auch kritisch beäugt werden. 2011 lebten in Bay

ern 12,5 % der Frauen in Armut. Alleinerziehende haben sogar eine Armutsquote von 34,1 %. Diese Zahlen sind zu hoch. Das durchschnittliche Armutsrisiko von 11,1 % in Bayern ist eine Herausforderung. Wenn man allerdings sieht, dass die Armutsquote insgesamt sowie von Frauen und Alleinerziehenden im Gegensatz zum Bundestrend seit 2005 gesunken ist und Bayern darüber hinaus im Vergleich mit dem gesamten Bundesgebiet besser dasteht,

(Zuruf des Abgeordneten Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD))

scheinen die von uns eingeschlagenen Wege - Herr Pfaffmann, hören Sie sich das bitte mal an - wirklich in die richtige Richtung zu führen.

(Beifall bei der FDP und Abgeordneten der CSU)

Natürlich ist jeder Mensch, der in Armut lebt, einer zuviel. Deshalb müssen wir unbedingt an den richtigen Stellschrauben drehen, um Armut zu verhindern. Das tun wir auch.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Sie drehen an Rädchen!)

Unsere Wege unterscheiden sich nun mal von den Ihren. Es gilt noch immer, gerade bei Frauen genau hinzuschauen, da sie oft den schwierigen Spagat zwischen Kindererziehung, Beruf, Pflege und Haushalt hinbekommen müssen. Um Armut bei Frauen und speziell bei alleinerziehenden Müttern zu vermeiden, bedarf es einer familienfreundlichen Arbeitslandschaft mit flexiblen Arbeitszeiten, Arbeitszeitkonten sowie Pflegezeitkonten. Hier bedarf es ganz offensichtlich darin sind wir uns einig, und Frau Ministerin Haderthauer hat schon darauf hingewiesen - noch einer größeren Bewusstseinsänderung in den Köpfen der Arbeitgeber. Es muss möglich sein, dass Frauen während der Familienzeit auch Teilzeitjobs annehmen können.

(Beifall bei der FDP und Abgeordneten der CSU)

Aus liberaler Sicht können verpflichtende Maßnahmen und Rechtsansprüche nicht die richtige Lösung sein, weil sie wegen ihrer Auswirkungen, vor allen Dingen in kleineren Betrieben, für die Frauen sogar kontraproduktiv sein können.

Wir brauchen darüber hinaus familienbildende Maßnahmen; auch das hat die Ministerin sehr eindrucksvoll deutlich gemacht. Wir haben seit 2008 für Verbesserungen für Familien 800 Millionen Euro mehr investiert. Wir zahlen 2,4 Millionen Euro Investitionen für Familien in unserem Lande. Das ist schon eine beeindruckende Zahl.

Ganz besonders wichtig ist ein bedarfsdeckendes Angebot an qualitativ hochwertiger Kinderbetreuung. Das beginnt bei der Krippe und gilt für alle Bereiche der Kindertagesbetreuung. Auch hier hat sich in den vergangenen dreieinhalb Jahren mit Übernahme der Regierungsverantwortung durch die schwarz-gelbe Regierungskoalition sehr, sehr viel entwickelt und bewegt. Ja, es gab lange Zeit Defizite in der Kinderbetreuung, vielleicht wegen eines etwas anderen Familienbildes. Man ist von einem relativ niedrigen Angebot aus gestartet. Auch wenn Sie, verehrte Kolleginnen der GRÜNEN und der SPD, mit ihren Kassandrarufen immer wieder das Gegenteil behaupten: Der Ausbau von Betreuungsangeboten geht tatsächlich überall im Lande zügig und mit großem Einsatz der Kommunen kontinuierlich voran. Ich bin zuversichtlich, dass wir die festgeschriebenen Quoten erreichen und den Bedarf decken werden.

(Beifall bei der FDP und Abgeordneten der CSU)

Es ist richtig und wichtig: Arbeit muss zukünftig mit Kinderbetreuung oder Pflege von Angehörigen noch besser vereinbar werden. Das wünschen sich die Familien; das wünschen sich die Menschen. Familiäre Verpflichtungen sind häufig immer noch ein Grund, der eine Arbeitsaufnahme verhindert. Da müssen wir ansetzen.

Ein kleiner Beitrag zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf wurde durch die Familienpflegezeit geleistet. Erwerbstätigen ist es nun möglich, ihre Arbeit über einen Zeitraum von höchstens zwei Jahren um bis zu 15 Wochenstunden zu reduzieren. Von dieser Regelung profitieren unter dem Strich alle. Die Pflegebedürftigen können dadurch leichter in ihrer gewohnten häuslichen Umgebung bleiben. Für uns ist der Ansatz "ambulant vor stationär" ganz wichtig. Wir wollen, dass die Menschen zu Hause in ihren eigenen Räumen, im persönlichen Familienumfeld, bleiben können. Ein weiterer Vorteil für die pflegende Berufstätige: Ihre Rentenansprüche bleiben auf dem Niveau einer Vollzeittätigkeit erhalten. Die Arbeitgeber wiederum können ihre erfahrenen und qualifizierten Angestellten im Betrieb halten. Zwischenzeitlich gibt es auch wirklich zahlreiche Betriebe, die man immer wieder erwähnen und positiv herausstellen muss, die dieses Problem erkannt haben und sich schon um familienfreundliche Lösungen bemühen und gemeinsam mit ihren Arbeitnehmern Konzepte entwickeln. Auch das gibt es. Man sollte die Arbeitgeber nicht immer nur verteufeln und mit dem Finger auf sie zeigen. Es gibt Arbeitgeber, bei denen Pflege und Arbeit miteinander verknüpft werden können, um die Belastungen für alle in einem erträglichen Rahmen zu halten.

Eine weitere sehr wichtige Rolle spielt beim Thema Bekämpfung der Armut die Rentenpolitik. Die FDP fordert eine generationengerechte Rentenpolitik mit flexiblem Renteneintrittsalter,

(Beifall bei der FDP)

unbegrenzten Hinzuverdienstmöglichkeiten und einer zusätzlichen kapitalgedeckten privaten Altersvorsorge. Für die bereits jetzt in Armut lebenden Frauen müssen die sozialen Strukturen in den Kommunen und Familien gestärkt werden. Da ich der Generation 1947 angehöre, weiß ich sehr wohl, welche Frauen das sind und um wie viele Frauen es sich handelt. Das Projekt "Marktplatz der Generationen" darf hier als ein hervorragendes Beispiel einer kommunalen Seniorenpolitik genannt werden, welche alle Senioren im Blick behält und für die nötigen Strukturen im Ort sorgt.

(Beifall bei der FDP)

Der Schwerpunkt des Bayerischen Sozialberichts 2011 liegt auf den Menschen mit Migrationshintergrund. Frau Kollegin Ackermann, Sie haben bemängelt, dass der Inklusion bei der heutigen Debatte kein breiter Raum gewidmet wurde. Ich habe es in meinem Bereich auch nicht getan, weil wir am großen sozialen Forumstisch die Schwerpunkte des Sozialberichts 2011 gemeinsam festgelegt haben und uns auf die Begriffe Arbeit, Armut und Menschen mit Migrationshintergrund konzentrieren wollten. Deswegen ist es auch ein kleiner Bericht. Vom großen Bericht werden wieder alle Themen abgedeckt sein.

Ich möchte deshalb in meinem Beitrag noch die Situation der Menschen mit Migrationshintergrund beleuchten. In Bayern weist jeder fünfte Mitbürger einen Migrationshintergrund auf. Das sind fast 2,5 Millionen Menschen. Ein Drittel davon lebt jedoch seit Geburt bei uns. 52 % sind seit mindestens zehn Jahren bei uns. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass bei diesen Zahlen die Mitbürger aus den EU-Ländern auch mitgerechnet werden, die bei uns schon ganz selbstverständlich zuhause sind.

Die Zahlen zeigen, dass Bayern attraktiv für Menschen mit Migrationshintergrund ist. Es ist aber auch richtig, dass man genau hinschauen muss, wie die Situation für Menschen mit Migrationshintergrund gestaltet ist. Richtig ist dabei auch, dass die Daten bestätigen, was in der öffentlichen Wahrnehmung landläufig festgestellt wird: Die Erwerbslosenquote ist bei den Menschen mit Migrationshintergrund mehr als doppelt so hoch wie bei Menschen ohne Migrationshintergrund. Die Armutsgefährdungsquote ist bei Menschen mit Migrationshintergrund mit 23,3 % doppelt so hoch wie bei Menschen ohne Migrationshinter

grund. Besonders ausgeprägt ist eine geringere Erwerbsquote bei den Fünfundzwanzig- bis Fünfzigjährigen, und dies weit überwiegend bei den Frauen. Das sind die Zahlen, die wir uns von dem Bericht erhofft haben und bei denen wir ansetzen müssen.

Diese statistischen Zahlen zeigen, dass Armut mit Erwerbslosigkeit einhergeht. Deshalb muss der zentrale Ansatz für unser sozialpolitisches Handeln sein, dass die Menschen wieder in den ersten Arbeitsmarkt kommen. Das veranschaulichen uns die eben genannten Zahlen. Welche Folgerungen sollten wir daraus ziehen? - Bayern ist ein Einwanderungsland. Wir Liberalen sehen die Menschen mit unterschiedlicher Herkunft schon immer als Bereicherung. Sie sind mittlerweile ein fester Bestandteil unserer Gesellschaft.

(Beifall bei der FDP)

Die Basis einer guten Integrationspolitik sind nach unserem Verständnis die Schaffung eines Wir-Gefühls in der gesamten Gesellschaft, verbunden mit der Vermittlung unserer gemeinsamen Werte, und ein Zusammengehörigkeitsgefühl, das nicht ausgrenzt, sondern in dem sich alle Menschen in der Gesellschaft mit all ihren unterschiedlichen Hintergründen im Rahmen unserer gemeinsamen Werte einbringen und artikulieren können. Eine solche Willkommenskultur lässt sich nicht per Gesetz verordnen. Eine solche Kultur muss wie eine Graswurzel wachsen. Dazu brauchen wir ein gemeinsames Miteinander. Daran muss die Politik entscheidend mitwirken. Wir, die FDP, haben uns zu Beginn unserer Regierungsbeteiligung dieses Ziel gesetzt. Deswegen haben wir auch extra einen Integrationsbeauftragten installiert. Es gibt einen Integrationsbeirat. Bei der Verleihung des Integrationspreises ist deutlich geworden, dass wir in der Zwischenzeit schon wesentliche Fortschritte auf diesem Gebiet gemacht haben.

(Beifall bei der FDP)

Unser oberster Leitsatz für die Integrationspolitik heißt aber: Fordern und fördern. Eine pluralistische Gesellschaft braucht gemeinsame Regeln und Werte, die Voraussetzung für ein friedliches und kooperatives Zusammenleben von Menschen sind und an die sich jeder halten kann.

Wir wollen Kinder von Anfang an in unsere Gesellschaft integrieren und ihnen die deutsche Sprache beibringen. Dazu haben wir in den Kindertageseinrichtungen einiges unternommen. Das sichere Beherrschen der deutschen Sprache ist der Schlüssel zur Bildung und zur gesellschaftlichen Teilhabe. Daher

setzen wir auf Sprachförderung und Bildung bereits im frühkindlichen Bereich.

(Beifall bei der FDP)

Kollege Bauer hat es gesagt: Bereits in den ersten Lebensjahren werden die Grundvoraussetzungen für spätere Kompetenzen herausgebildet. Es werden aber auch Werte erlernt. Das Ziel einer zukunftsorientierten Integrations- und Bildungspolitik muss es daher sein, die Rahmenbedingungen in den Kindertagesstätten so zu gestalten, dass in den einzelnen Einrichtungen eine hohe Qualität an Bildung gewährleistet werden kann.

(Beifall bei der FDP)

Nur so können wir Kinder in ihren emotionalen, sozialen, kommunikativen, motorischen und kognitiven Kompetenzen stärken, und dabei können sie unsere Werte erlernen.

Positiv zu bewerten ist, dass die bayerischen Kinderbetreuungseinrichtungen von unseren Mitbürgern mit Migrationshintergrund zwischenzeitlich sehr gut angenommen werden. 99 % der Kinder im Vorschuljahr sind eine hohe Quote. Die Anzahl der Kinder mit Migrationshintergrund ist in den letzten Jahren gestiegen. Das ist ein Erfolg und eine große Chance für die Politik.

Auch für Erwachsene ist die Ausgestaltung der Integrationskurse zu verbessern und nach Leistungsniveau zu differenzieren, wobei ausdrücklich Rücksicht auf die Bedürfnisse von Frauen und Müttern genommen werden muss. Wir müssen versuchen, an die Frauen in den Familien heranzukommen. Deshalb ist der Ansatz mit den Familienstützpunkten, die wir fördern und weiter ausbauen wollen, ein sehr wichtiger und sehr guter.

Zur Komplettierung der Bildung gehört auch unbedingt die Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse. Daher freuen wir Liberale uns ausdrücklich darüber, dass das Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung von im Ausland erworbenen Berufsqualifikationen am 1. April 2012 endlich in Kraft tritt. Am Vollzug dieses Gesetzes wird in Bayern bei den Ministerien schon gearbeitet. Wir Liberale setzen uns dafür ein, dass das Anerkennungsverfahren in Bayern auf möglichst unbürokratische Art und Weise erfolgen kann. Wir können es uns vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung und eines zunehmenden Fachkräftemangels nicht leisten, hohe Potenziale zu verschenken. Wir wollen keine zusätzlichen bürokratischen Strukturen und Hemmnisse. Wir wollen Verbesserungen. Ein Signal der Verbesserung

wäre ein Integrationsgesetz für Bayern, das integrationspolitische Zielsetzungen enthält.

(Zuruf der Abgeordneten Margarete Bause (GRÜNE))

- Wir haben nie gesagt, dass wir keines wollen, sondern uns kommt es darauf an, wie es ausgestaltet wird. Wir haben andere Vorstellungen als die SPD.

Wir wollen, dass bereits bestehende Maßnahmen und Bestimmungen des Freistaats Bayern gebündelt werden, und wir wollen dem Politikfeld die Aufmerksamkeit verschaffen, die es verdient.

(Volkmar Halbleib (SPD): Sie sind seit drei Jahren an der Regierung! - Gegenruf des Abgeordneten Thomas Hacker (FDP): Wir kommen gut voran!)

Unserer Auffassung nach sollte das Gesetz insbesondere alle bisherigen Gesetze und Regelungen zusammenfassen, die die Integration betreffen.

Zusammenfassend stelle ich fest: Bayern steht im Hinblick auf die soziale Lage gut da, auch wenn Sie das nicht so sehen wollen. Zwar gibt es immer noch Handlungsbedarf, aber - das aufzuzeigen ist die Aufgabe des Berichts - insgesamt ist die soziale Lage gut. Dies ist aufgrund einer guten Wirtschaftspolitik möglich. Eine florierende Wirtschaft bedeutet, dass es der Staatskasse gut geht, und das wiederum ist die Voraussetzung, ausreichend finanzielle Mittel für soziale Notwendigkeiten zur Verfügung zu haben.

(Beifall bei der FDP)