Zweitens. Dass sich die Arbeitslosenzahlen in den Regionen angleichen, ist positiv, hat aber gerade in den nördlichen Regionen auch etwas damit zu tun, dass viele Arbeitssuchende, gerade junge Menschen, bereits aus diesen Regionen in die Boom-Städte weggezogen sind, wo die Arbeitsplätze sind. Damit relativiert sich diese Statistik wieder ein Stück weit.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die vornehmste Aufgabe eines jeden demokratischen Staates ist es, größtmögliche Gerechtigkeit herzustellen, Gerechtigkeit im Sinne von Chancengleichheit, dass die soziale Herkunft und die körperliche Verfassung keinerlei Chancen auf eine vernünftige Entwicklung eines Menschen schmälern. Gerechtigkeit hat aber auch eine räumliche Dimension. Es ist nicht egal, ob jemand im Hasenbergl oder in Grünwald geboren ist, in Nordostbayern oder im Speckgürtel von München, und es ist auch nicht egal, wie wir heute gehört haben, zumindest was die Mobilität angeht, ob man in Aschaffenburg oder Hof wohnt. Diese räumlichen Disparitäten
führen zu ungerechten Lebensbedingungen. Hier gilt es, von Staatsseite Gerechtigkeit herzustellen, indem man Defizite ausgleicht, sodass Herkunft und Geburt kein Gerechtigkeitsrisiko für die einzelnen Menschen werden.
Genau in diesem Punkt hat die Staatsregierung in den letzten Jahrzehnten versagt. Mit ihrer Fokussierung auf Leuchttürme und Metropolregionen in der Landesentwicklung und Förderpolitik hat sie die Disparitäten noch verstärkt.
Martin Schneider, der theologische Grundsatzreferent des Diözesanrates München und Freising, hat auf einer Veranstaltung der Hanns-Seidel-Stiftung die bayerische Wirtschaftspolitik sehr gut analysiert. Er hat gesagt:
Sie bedeutet eine Abkehr vom Leitbild gleichwertiger Lebensverhältnisse. Wenn alles auf einen Standortwettbewerb zwischen den Regionen konzentriert ist und es vorrangig darum geht, die eigene Region zu stärken, dann führt die Stärkung der eigenen Region zur Schwächung der anderen. Dann gibt es wie in jedem Wettbewerb Gewinner und Verlierer. Wenn sich Kraftzentren, Innovationszentren und Cluster bilden, dann entstehen zugleich und zwangsläufig neue Hinterhöfe.
So weit dieses Zitat. Wir sagen, wir wollen keine ländlichen Hinterhöfe, wir wollen keine abgehängten Regionen, wir wollen keine Verlierer im Regionswettbewerb in Bayern. Wir wollen eine Regierungspolitik, die Bürger und Bürgerinnen in Bayern tatkräftig unterstützt in ihren eigenen Bemühungen, Abwanderung zu stoppen und der Heimat eine Zukunft zu geben. Wir wollen endlich konkrete Hilfen beim Breitbandausbau und keine geschönten Statistiken.
Wir wollen den Erhalt wohnortnaher Schulen und keinen Zwangsexodus junger Lehrer aus Nordostbayern nach Oberbayern.
Wir wollen den Erhalt wohnortnaher Gesundheitsversorgung und keine immer längeren Anfahrtswege für Bürgerinnen und Bürger. Wir wollen endlich konkrete Antworten auf die demografischen Herausforderungen.
All dies geht nur, wenn wir die gleichwertigen Lebensverhältnisse endlich so in den Fokus nehmen, wie es
sich gehört. Von daher bitten wir Sie, dieser Verfassungsänderung zuzustimmen. Denn gerade der Entwurf des neuen Landesplanungsgesetzes, zu dem wir gleich kommen werden, zeigt, dass die Staatsregierung den Bürgerinnen und Bürgern außer schönen Worten nichts zu bieten hat.
Die Aussprache zu den beiden Gesetzentwürfen ist geschlossen. Ich schlage vor, diese dem Ausschuss für Verfassung, Recht, Parlamentsfragen und Verbraucherschutz als federführenden Ausschuss zu überweisen. - Damit besteht Einverständnis. Dann ist das so beschlossen.
Ich bitte Sie, mit mir noch einmal kurz zurück zu den Dringlichkeitsanträgen zu springen. Mir ist eine Verweisung durchgerutscht. Ich stelle fürs Protokoll fest: Die Dringlichkeitsanträge auf den Drucksachen 16/11010 mit 16/11016 und auf den Drucksachen 16/11022 mit 16/11024 werden in den jeweils zuständigen federführenden Ausschuss verwiesen.
Gesetzentwurf der Abgeordneten Margarete Bause, Dr. Martin Runge, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Änderung des Bayerischen LandesbankGesetzes (Drs. 16/10796) - Erste Lesung
Die Antragstellerinnen und Antragsteller haben mit den Fraktionen vereinbart, diesen Gesetzentwurf ohne Aussprache durchzuwinken. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen als federführenden Ausschuss zu überweisen. - Auch hiermit besteht Einverständnis. Dann ist das so beschlossen.
Gesetzentwurf der Staatsregierung eines Bayerischen Landesplanungsgesetzes (Drs. 16/10945) - Erste Lesung
Der Gesetzentwurf sollte von der Staatsregierung begründet werden. Aber anscheinend nicht; es ist niemand da. Dann bitte ich Frau Karl ans Redepult. So schnell kann’s gehen.
Nach diesem Tagesordnungspunkt haben wir nur noch den Tagesordnungspunkt 4 und Abstimmungsergebnisse müssen noch bekannt gegeben werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Präsidentin, Sie haben es gesagt, so schnell kann’s gehen. Es spricht nicht für die Güte dieses Gesetzentwurfes, dass Frau Staatssekretärin nicht einmal bereit ist, ihn zu begründen.
Ich möchte deshalb versuchen, ausgewogen auf den Gesetzentwurf einzugehen. Ich beginne mit den zwei positiven Aspekten dieses Gesetzentwurfes.
Punkt eins. Es gibt ihn endlich. Eine fast unendliche Geschichte hat damit ein Ende. Wir hatten schon fast gedacht, es wird in dieser Legislaturperiode nichts mehr. Wenn man sich allerdings den Entwurf anschaut, kann man nur den geflügelten Spruch sagen: Der Berg und damit die Staatsregierung kreißte und gebar eine Maus, nämlich eine Landesplanungsmaus.
Den zweiten positiven Aspekt möchte ich nicht verschweigen. Das ist die Tatsache, dass die Regionalen Planungsverbände erhalten bleiben. Es wird unsere Aufgabe sein, die Regionalen Planungsverbände so aufzuhübschen, dass sie den Herausforderungen der Zukunft gewachsen sind.
Die Notwendigkeit dieses Gesetzes ist begründet worden zum einen mit der Deregulierung und zum anderen mit den gleichwertigen Lebensverhältnissen als Ziel. Wenn ich die Pressemitteilung von Minister Zeil nach der Kabinettssitzung über dieses Landesplanungsgesetz lese, so rühmt sich Minister Zeil, dass durch das Gesetz drei Viertel aller Ziele im LEP verschwinden werden. Es lohnt sich, einen Blick darauf zu werfen, welche Ziele wegfallen. Es fallen alle Staatsziele weg im Bereich Bildung, im Bereich Soziales, im Bereich Gesundheit und im Bereich Kultur. Hiermit wird, liebe Kolleginnen und Kollegen, Deregulierung zum Abschied aus der staatlichen Verantwortung für eine nachhaltige Landesentwicklung.
Sie schreiben die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse als Leitziel ins Landesplanungsgesetz. Alle planungsrechtlichen Instrumente, um dieses Leitziel umzusetzen, streichen Sie aber und opfern sie auf dem Altar der Deregulierung. Als weiße Salbe für diese Deregulierung stellen Sie einen Grundsätzeka
talog der Landesplanung auf, der aus einigen schwammigen Bemerkungen besteht und nur noch als Sollbestimmung daherkommt. "Soll" - das wissen wir alle - heißt "müssen, wenn können" und ist damit nur noch eine reine Abwägungsentscheidung.
Dies ist unserer Meinung nach ein verheerendes Signal für die jungen Familien in den ländlichen Regionen, die um die Zukunft ihrer Heimat bangen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, selbst Kollege König hat heute von Problemen im ländlichen Raum gesprochen. Es hilft nicht, die Wahrheit schönzureden. Es gibt auch in diesem wunderschönen Bayern einige nicht so schöne Dinge, die es gilt, schöner zu machen. Deshalb brauchen wir ein starkes Landesplanungsgesetz und nicht ein dereguliertes Verfahren. Wir hoffen daher, dass bei den Beratungen in den Ausschüssen noch entscheidende Verbesserungen für die Bürgerinnen und Bürger erreicht werden.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es wird Sie nicht überraschen, dass wir den Gesetzentwurf begrüßen und als eine sehr gute Grundlage ansehen, wie wir künftig eine moderne Landesplanung gestalten können. Er ist ein kompakter Entwurf, er fasst zusammen, er ist ein Vollgesetz. Er setzt - das ist wichtig - das Raumordnungsgesetz des Bundes, das im Jahre 2008 grundlegend geändert wurde, um und macht Gebrauch von den Abweichungsmöglichkeiten des Grundgesetzes in diesem Bereich. Damit können wir eine ganze Menge föderaler Anliegen verwirklichen.
Es war immer der Ruf gerade auch aus dem kommunalen Bereich - auch wenn Sie das nicht mehr wahrhaben wollen, Frau Kollegin -, dass hier Entbürokratisierung und Deregulierung stattfinden sollen. Das Ganze soll flexibler gestaltet werden, damit im Einzelfall mehr Möglichkeiten bestehen, die örtliche Situation zu berücksichtigen.
Hier wurde schon sehr viel über die gleichwertigen Lebens- und Arbeitsbedingungen gesprochen. Das möchte ich jetzt nicht wiederholen, sondern lediglich feststellen, dass deren Schaffung jahrzehntelange Politik der Staatsregierung war und ist und gerade jetzt große Erfolge zeigt. Vergleichen Sie doch beispielsweise einmal Oberbayern und Oberfranken bezüglich der Arbeitslosenquoten. Da ist es unbestritten, auch
Wir haben große Einzelerfolge zu verzeichnen. Sehen Sie sich einmal die Verringerung der Arbeitslosigkeit im Landkreis Cham an. Da kann man nur sagen: Hut ab. Im Übrigen haben wir auch nichts mit den Vorschlägen der Zukunftskommission im Sinn, die von der Konzentrierung auf bestimmte Leuchttürme spricht. Das war nie Politik der bayerischen Staatsregierung und der CSU-Fraktion und wird es auch in Zukunft nicht sein.
Natürlich gibt es Konflikte, wenn die inhaltlichen Schwerpunkte reduziert werden. Es ist aber nicht so, Frau Kollegin, dass dadurch Planlosigkeit entstünde. Wir haben vielmehr auf all diesen Feldern - nehmen Sie die Krankenhausplanung, die Schulstruktur oder ähnliches - detaillierte Fachplanungen, Einzelplanungen, politische Planungen. Es bleibt allerdings immer eine Gratwanderung, einerseits zu sagen, wir wollen Entbürokratisierung und Vereinfachung, und auf der anderen Seite, wenn es konkret wird, immer mal wieder festzustellen, dieses oder jenes fehle. Das ist eine unvernünftige Haltung, und man muss den Mut haben zu sagen, dass man nicht alles in das Gesetz hineinschreiben sollte.
Das Gleiche gilt für die Grundsätze. Schauen Sie sich doch Artikel 6 an. Was ist da nicht alles hineinformuliert! Man muss das Ganze auf die Grundsätze beschränken. Es folgt ja noch das etwas ausführlichere LEP, und hinzu kommen dann noch die Fachplanungen.
Ich erinnere nur an das Prinzip des Doppelsicherungsverbotes. Das war gleichfalls in der Diskussion. Das ist im Grunde das Gleiche. Es gibt eine Fachplanung, und dann schreiben wir das Ganze noch einmal ins LEP oder ins Landesplanungsgesetz? Man muss sich dann schon entscheiden: Okay, es gibt eine Fachplanung und dann brauchen wir es nicht noch einmal im Gesetz. Damit erhalten wir ein ganzes Stück weit Vereinfachung.
Auf die Regionalplanung sind Sie nur ganz kurz eingegangen. Da haben wir die Möglichkeit bzw. es soll da die Möglichkeit geschaffen werden, dass sich die Regionalen Planungsverbände auch mit der Entwicklungsplanung befassen. Ich halte das für sehr wichtig und richtig. Damit kann aus der Region etwas entwickelt werden, was sich positiv auf die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt auswirkt.