Protocol of the Session on December 14, 2011

(Inge Aures (SPD): Europa ist wichtig!)

Es ist wichtig, dass wir den industriellen Kern in Bayern erhalten können, denn die Krise zeigt: In der Krise sind die Länder stark, die sich ihren industriellen Kern erhalten haben. Andere Länder, die allein auf Dienstleistung gesetzt haben, sind ins Hintertreffen geraten. Wir müssen unsere Anstrengungen deshalb weiter darauf fokussieren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe deutlich gemacht, was aktive Wirtschaftspolitik für die FDP bedeutet.

(Zuruf von der SPD: Überdeutlich!)

Sollte sich im Nachgang herausstellen, dass noch ein paar Worte nötig sind, so habe ich mir dafür extra etwas Redezeit übrig gelassen.

(Lachen bei der SPD)

Ich würde dann selbstverständlich auch dem einen oder anderen Kollegen aus der jungen Gruppe der CSU noch Nachhilfe geben.

(Lebhafter Beifall bei der FDP)

Halt, Herr Kollege. Sie bekommen sogar noch zwei Minuten Redezeit extra, weil sich Herr Kollege Dr. Runge zu einer Zwischenbemerkung gemeldet hat. Herr Kollege Runge, bitte schön.

Herr Kollege Klein, als erster Punkt noch einmal die Frage an die Vertreter der FDP: Wie schnell glauben Sie, schlagen wirtschaftspolitische Weichenstellungen durch? - Wir sind so frei und haben auch die Große Koalition für die eine oder andere Sache gelobt. Wir gestehen zu, dass die eine oder andere Maßnahme durchaus ein Treffer sein kann. Die Bilanz bekommen wir aber jetzt noch nicht, sondern das dauert noch einige Zeit. Deshalb ist es schon vermessen, was Sie und Ihr Wirtschaftsminister hier gesagt haben.

Zum zweiten Punkt Ihrer Ansage: Wir sind für Marktund gegen Staatswirtschaft. Mit Ihrem Handeln dokumentieren Sie hier doch immer wieder das Gegenteil. Ich erinnere mich an einen Antrag von Ihnen "MAN muss bayrisch bleiben". Ich erinnere mich auch an eine Presseerklärung des Wirtschaftsministers, dass die Rüstungsindustrie staatlich unterstützt werden muss. Ich erinnere mich und Sie auch an einen unserer Anträge, als wir keine weiteren Finanzzusagen für die Firma Quelle gefordert haben. Diesen Antrag hat die FDP abgelehnt, die Partei, die immer sagt, wir wollen nur den Markt.

Nun zum dritten Punkt, dem Aufweichen des sogenannten Stabilitäts- und Wachstumspaktes. Das haben wir hier als Fehler gebrandmarkt, genauso wie das Reißen der Linien durch Frankreich und Deutschland in den Jahren 2002 und 2003. Sie müssen aber eines konzedieren: Hier ging es um nicht mehr und nicht weniger als das Nachzeichnen der gelebten Realität. Es wurde überhaupt nichts an den Referenzwerten geändert, sondern nur ein bisschen der Interpretationsspielraum. Die Forschungsausgaben wurden nicht mehr hineingerechnet, ebenso wenig die Vereinigungslasten und ähnliche Dinge. Das wurde gemacht. Wir haben gesagt, dies ist ein falsches Signal. Der grundsätzliche Fehler wurde aber über die Konstruktion der Währungsunion angerichtet, die von Kohl und Waigel befördert wurde. Das war der Fehler, an dem wir jetzt alle zu kauen haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Bitte schön, Herr Klein.

Herr Dr. Runge, wenn Sie die Einsicht haben, dass die Grundkonstruktion von Kohl, Waigel und Genscher falsch gewesen ist, dann hätten Sie sie damals ändern und nicht aufweichen sollen, so wie Sie das damals getan haben.

(Beifall bei der FDP)

Es hilft heute überhaupt nicht, wenn Sie sich hier mit Weisheiten an das Redepult stellen und in einem Nebensatz erwähnen, dass das damals falsch gewesen sei. Das hilft an dieser Stelle überhaupt nicht weiter. Man muss Ihre guten Ratschläge an Ihren damaligen Taten messen.

Zum Thema Ordnungspolitik: Alle Maßnahmen, die wir in dieser Regierung getroffen haben, sind ordnungspolitisch absolut sauber. Das möchte ich hier noch einmal feststellen. Wir haben keine einzige staatsinterventionistische Maßnahme durchgeführt. Ich weiß nicht, auf was Sie sich beziehen. Auch bei Quelle hat es eine solche Maßnahme nicht gegeben.

Es gab einen Massekredit; Sie wissen sicher, was das bedeutet. Ich glaube, wir haben uns ordnungspolitisch überhaupt nichts vorzuwerfen. Im Gegenteil: Wir haben einige Sachen verhindert, die ohne uns hier bestimmt beschlossen worden wären.

Zu Ihrer theoretischen Frage zum Thema Zeitraum gibt es eine große Menge an Literatur in der Wirtschaftswissenschaft, die Sie wahrscheinlich auch kennen. Drei Jahre sind durchaus der Zeitraum für einen Zyklus. Die Maßnahmen, die wir in der Staatsregierung gerade in der Krise angewendet haben, haben in den Krisenjahren schon Wirkung gezeigt. Davon auszugehen, dass das Regierungshandeln von CSU und FDP bisher auf dem Arbeitsmarkt und auf dem Ausbildungsmarkt noch keine Wirkung gezeigt habe, ist doch etwas zu weit gegriffen. Herr Dr. Runge, wenn die Zahlen 2015 gut sind, dann werde ich Sie daran erinnern, dass Sie doch dann bitte endlich auch in die Lobeshymne einstimmen dürfen. Ich werde es mir aufschreiben.

(Beifall bei der FDP und Abgeordneten der CSU - Zuruf des Abgeordneten Dr. Martin Runge (GRÜ- NE))

Vielen Dank, Herr Kollege Klein. Ich gebe noch einen Hinweis zum Tagesordnungspunkt 11, der im Anschluss an diese Debatte aufgerufen wird. Die CSU-Fraktion hat für die Schlussabstimmung namentliche Abstimmung beantragt. - Wir fahren in dieser Debatte fort. Nächster Redner ist Herr Kollege Rotter, bitte schön.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir als politische Mandatsträger müssen auch in diesem Parlament Rechenschaft darüber ablegen, wie es den Menschen geht, für die wir Verantwortung tragen. Da ist nun einmal festzuhalten, dass die Menschen in Bayern mehr Geld in der Tasche haben als im Bundesdurchschnitt. 2009 war der Lebensstandard in Bayern um rund 4 % höher als in Westdeutschland und um 7 % höher als in Deutschland insgesamt. Im Freistaat sind weniger Menschen als im Bundesdurchschnitt von Armut bedroht. Das Armutsrisiko war in Bayern im Jahr 2010 deutlich niedriger; es lag bei 10,8 %. Das ist mir immer noch zu hoch. Wir müssen daran arbeiten, dass dieses Risiko noch weiter sinkt. Wenn wir aber sehen, dass im Bund 14,5 % von Armut bedroht sind, dann können wir durchaus konstatieren, dass es den Menschen in Bayern besser geht.

Das belegt auch die Zahl, dass in Bayern im Verhältnis zur Bevölkerung am wenigsten Menschen auf Hartz IV angewiesen sind. Die bayerische Quote liegt bei 3,3 %; der Bund hat hier 7,5 % zu verzeichnen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das sind Erfolge unserer Arbeitsmarktpolitik.

(Beifall bei der CSU und Abgeordneten der FDP)

Bayern nimmt mit einer Arbeitslosenquote von 3,3 % eine hervorragende Position unter allen Ländern ein. Die Jugendarbeitslosenquote - das ist besonders erfreulich - ist mit 2,3 % wesentlich niedriger als die bundesweite von 5 %. Wir haben mit 74,5 % die höchste Erwerbstätigenquote aller Länder. Zum Vergleich: In Deutschland sind 71 % erwerbstätig. Von den Frauen sind in Bayern 68,7 % erwerbstätig, während der Bund 66 % vorzuweisen hat. Wir haben derzeit in Bayern mit 4,7 Millionen den Höchststand von Beschäftigten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, davon profitieren - das ist jetzt ganz wichtig - alle bayerischen Regionen. Der größte Abstand bei der Arbeitslosenquote zwischen den bayerischen Regierungsbezirken beträgt nur noch 1,4 Prozentpunkte, wohlgemerkt. Das sind Fakten, die auch die Opposition zur Kenntnis nehmen muss.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Bayern stellt kraftvoll die Weichen für hohe Lebensqualität, Wohlstand und Innovationskraft in einer älter werdenden Gesellschaft. Wir lassen keine Region zurück. Strukturschwächere Räume werden gezielt gefördert. Die Regional- und Strukturförderung - Kollege Muthmann hat darauf hingewiesen - wird 2012 um 35 Millionen Euro massiv erhöht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, beim Thema Breitband hat der Freistaat Bayern innerhalb kurzer Zeit eine große Aufholjagd geschafft. Das bayerische Breitbandförderprogramm, das im Jahr 2008 begonnen worden ist, ist mit einem Volumen von insgesamt 100 Millionen Euro ausgestattet. Bisher wurden in 1.060 Gemeinden Breitbandinvestitionen bewilligt. Für rund 980 Gemeinden wurden Planungen und Machbarkeitsstudien finanziell gefördert. 70 % der bayerischen Gemeinden - das ist eine wirklich hohe Quote - haben sich am Förderprogramm beteiligt. Nahezu 500 geförderte Projekte sind bereits in Betrieb genommen worden. Zusätzlich kommt der Ausbau der Breitbandversorgung über LTE - Long Term Evolution zum Tragen. Dank Förderung und laufendem LTEAusbau ist die Versorgungsrate in Bayern mittlerweile auf über 98 % gestiegen.

Mit dem erfolgreichen Förderprogramm hat der Freistaat die größte Ausbaudynamik in Westdeutschland angestoßen. Diese Dynamik macht sich auch im Länderranking bemerkbar. Wir sind im ersten Halbjahr unter den Flächenländern von Platz 7 auf Platz 5 vor

gerückt und werden künftig, wenn alle Fördermaßnahmen richtig greifen, eine Top-Position einnehmen.

Dies ist vor allem deshalb bemerkenswert, weil rentable Geschäftsmodelle im Flächenland Bayern wegen einer geringen Einwohnerdichte, eines hohen Anteils an ländlichen Gebieten, wegen einer Bergund-Tal-Geographie und Streusiedlungen schwieriger zu realisieren sind als in anderen Ländern. Das weiß ich ganz besonders aus meinem Stimmkreis LindauSonthofen.

(Beifall bei der CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Verkehrserschließung im ländlichen Raum ist auch ein wichtiges wirtschaftspolitisches Thema. Wir reden sehr viel über Breitband, das ist richtig, aber die Verkehrserschließung durch Straße und Schiene ist auch eine Grundvoraussetzung dafür, dass wir in allen Gegenden Bayerns eine wirtschaftliche Entwicklung vorweisen können.

(Erwin Huber (CSU): Sehr richtig!)

Hierzu gehört - Kollege Muthmann hat es angesprochen - der Staatsstraßenhaushalt. Es ist wichtig, dass wir dem Erhalt und dem Ausbau der Staatsstraßen eine ganz hohe Priorität einräumen. Das ist mit 215 Millionen Euro bereits im laufenden Haushalt 2011 geschehen, und das wird auch im Nachtragshaushalt 2012 der Fall sein, weil wir den Haushaltsansatz dafür um 105 Millionen erhöhen und damit im Jahr 2012 bei weit über 200 Millionen sein werden. Ich stimme dem Kollegen Muthmann ausdrücklich zu: Diese Entwicklung muss natürlich verstetigt werden. Die Finanzierung kann nicht 2013 wieder absacken, sondern wir müssen auch in den Folgejahren zuverlässig auf einen Betrag von über 200 Millionen in diesem Bereich kommen; denn nur so können unsere Baubehörden und unsere Firmen zuverlässig mit Arbeit rechnen und den Ausbau durchführen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Es ist schade, dass der Fraktionsvorsitzende der SPD, der gemeint hat, sich auch zum Thema Staatsstraßen äußern zu müssen, jetzt nicht mehr da ist. Sie werden ihm aber berichten, dass das 2011 und 2012 ganz anders ausschaut.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Ich richte es ihm aus! - Georg Schmid (CSU): Aber bitte einen schriftlichen Bericht!)

Er hat davon gesprochen, dass es nicht nur um eine Kür, sondern auch um die Pflicht geht. Wir kommen unserer Pflicht im Bereich Staatsstraßen nach.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Streckenstilllegungen waren in den Siebziger- und Achtzigerjahren ein großes Thema. Sie sind zwischenzeitlich in Bayern kein Thema mehr. Stattdessen werden gerade im ländlichen Raum neue Haltepunkte eröffnet. Seit Einführung des Bayerntakts haben wir fast 40 % mehr Züge, die der Freistaat Bayern, Herr Minister, in Ihrer Verantwortung dankenswerterweise bestellt und bezahlt. Wir haben 62 % mehr Fahrgäste zu verzeichnen.

Ein dichter Fahrplan stellt eine attraktive Alternative zum Individualverkehr dar. Liebe Kolleginnen und Kollegen, der ÖPNV ist auf der Überholspur. Mehr Züge haben zu hoher Kundenakzeptanz geführt. Diese Verantwortung hat der Freistaat Bayern, und diese Verantwortung nimmt unsere Staatsregierung seit der Bahnreform kraftvoll und erfolgreich wahr. Nachdem der Fraktionsvorsitzende der SPD von verlotterten Bahnhöfen gesprochen hat, bekräftige ich, was Kollege Klein bereits ausgeführt hat: Dafür ist nicht der Freistaat zuständig, sondern es ist Sache der Bahn selbst, dafür zu sorgen, dass die Bahnhöfe in einem ansprechenden Zustand sind, sodass die Kunden nicht davon abgehalten werden, in die Züge einzusteigen.

Auch der behindertengerechte Ausbau ist Sache des Bundes und der Bahn. Der Freistaat Bayern hat den Ausbau zwar mit einem 100-Millionen-Programm vorangebracht,

(Zuruf der Abgeordneten Christa Steiger (SPD))

aber das war eine freiwillige Leistung und keine Verpflichtung. Diese Kür haben wir selbstverständlich gerne gemacht.

Erfreulich ist, dass die Schiene auch im Güterverkehr Marktanteile zurückgewinnt. Seit 2003 ist das Wachstum des Schienen-Güterverkehrs stärker gewesen als beim Straßentransport. Die intelligente Vernetzung der einzelnen Verkehrsträger ist mehr denn je das Gebot der Stunde. Straße, Schiene, Wasserstraße und Luftverkehr - unsere Transport- und Logistikunternehmen leisten hier eine hervorragende Arbeit.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Verkehrsadern sind Lebensadern für unsere Wirtschaft und sie sind nötig, um das Mobilitätsbedürfnis der Bevölkerung zu befriedigen. Bei den anstehenden Investitionen in Schiene und Straße stehen wir allerdings noch vor großen Herausforderungen. Staatsminister Zeil hat in seinen Ausführungen einige wichtige Projekte angesprochen, etwa die ICE-Strecke Nürnberg - Erfurt, die Ausbaustrecke München - Mühldorf - Freilassing und den weiteren Ausbau der Transversale von Augsburg nach Neu-Ulm. Er hat die Elektrifizierung der Bahn

strecke von Hof nach Regensburg erwähnt. Die ist noch nicht einmal im Bundesverkehrswegeplan enthalten. Aber es handelt sich um den ersten Schritt, den wir schaffen müssen. Dabei geht es auch um die Elektrifizierung der Strecke von Hof Richtung Nürnberg. All dies sind Strecken, die auch dem Güterverkehr dienen. Wenn wir diese Strecken ertüchtigen, können wir mehr Güter von der Straße auf die Schiene bringen. Es wird ein Kraftakt insbesondere beim Bund sein, die finanziellen Mittel hierfür zur Verfügung zu stellen, um den Investitionsstau aufzulösen.

Ein Kraftakt wird es auch sein, die Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Bahnknoten München zu finanzieren. Hier ist insbesondere die zweite Stammstrecke zu nennen. Wenn der Bund, was wir bedauern, nicht in der Lage ist, seinen Finanzierungsanteil aus den GVFG-Mitteln bis zum Jahr 2019 sicherzustellen, dann ist es gewiss kein unsittlicher Antrag, dabei auch die Landeshauptstadt München in die Pflicht zu nehmen. Finanzielle Zuschüsse zu derartigen Verkehrsprojekten sind in Baden-Württemberg, im Großraum Stuttgart, im Großraum Mannheim, aber auch in Hessen, beispielsweise in Frankfurt, durchaus üblich.