Antrag der Abgeordneten Dr. Simone Strohmayr, Inge Aures, Susann Biedefeld u. a. (SPD) Frauenarmut (2) Mit gezielter Wohnbauförderung günstigen Wohnraum für Frauen, insbesondere Alleinerziehende, schaffen (Drs. 16/8510)
Antrag der Abgeordneten Dr. Simone Strohmayr, Inge Aures, Susann Biedefeld u. a. (SPD) Frauenarmut (3) Mit konsequentem Ausbau der Kinderbetreuung und Ganztagsschule die Erwerbsmöglichkeiten von Frauen steigern (Drs. 16/8511)
Antrag der Abgeordneten Dr. Simone Strohmayr, Inge Aures, Susann Biedefeld u. a. (SPD) Frauenarmut (4) Erholungsmaßnahmen für Frauen fördern (Drs. 16/8512)
Antrag der Abgeordneten Dr. Simone Strohmayr, Inge Aures, Susann Biedefeld u. a. (SPD) Frauenarmut (5) Netzwerke für Notfälle stärken (Drs. 16/8513)
Sehr geehrter Herr Präsident, Sehr geehrte Frau Ministerin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie uns von den Feuerwehrschulen zu der Lage der Frauen in Bayern kommen. Längst sind uns die Fakten bekannt: Der Sozialbericht 2009, der Bericht zur sozialen Lage in Bayern 2010 und die Studie zur Chancengerechtigkeit von Männern und Frauen im ländlichen Raum haben eindrucksvoll belegt, dass Frauen in Bayern häufiger und stärker von Armut betroffen sind als Männer. Der Bericht zur sozialen Lage in Bayern 2011 - oh Wunder - bekräftigt dies erneut. Frauenarmut ist in Bayern ein ernst zu nehmendes Problem. Besonders schlimm finde ich, dass sich die Frauenarmut seit dem Jahre 2003 verschärft hat.
Diejenigen unter Ihnen, die meinen, dieses Problem löse sich von ganz allein, ohne etwas zu tun, sollten spätestens jetzt aufwachen. Das Thema regelt sich eben nicht von allein.
Wieder ist der Familientyp der Alleinerziehenden im Jahre 2009 derjenige mit dem höchsten Armutsrisiko. Davon sind in erster Linie Frauen betroffen. Deren Armutsgefährdung lag bei 14,8, also circa 15 %, und ist im Vergleich zum Jahr 2003 leicht gestiegen. Während der mittlere Wohlstand in Bayern im Durchschnitt in den letzten Jahren gestiegen ist - Männer konnten einen Lohnzuwachs von durchschnittlich 40 Euro verzeichnen -, stagniert er bei den Frauen, was vor allen Dingen mit dem Anstieg der Beschäftigungen im Niedriglohnsektor zu erklären ist. Den niedrigsten Wohlstand weisen Alleinerziehende mit Kindern auf. Das finde ich besonders beschämend. Frauen werden in Bayern für Kindererziehung finanziell immer noch abgestraft.
Der Sozialbericht 2011 beschreibt erneut, dass Geschiedene oder dauernd getrennt Lebende einen auffallend niedrigen Wohlstand vorweisen, soweit Kinder im Haushalt sind oder waren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist beschämend: Kinder sollten unser Leben doch bereichern. Es ist
Doch die Kindererziehung ist nicht allein das Problem der Frauen in Bayern. Sie fassen generell schwerer Fuß in der Arbeitswelt. Hierzu ein paar Zahlen: 59 % der befristet Beschäftigten sind Frauen. Es ist kein Wunder, dass die wirtschaftliche Lage von Frauen oft unsicher ist. Sie können nicht genug in die Rentenkasse einzahlen. Frauen verdienen in Bayern ungefähr ein Viertel weniger als Männer. Bei selber Qualifikation und derselben Tätigkeit beträgt der Verdienstunterschied immer noch 8 %. Das muss man sich einmal vorstellen: Für genau die gleiche Tätigkeit bekommt eine Frau in Bayern 8 % weniger Gehalt als ein Mann.
Im Alter nehmen die Probleme der Frauen ebenfalls nicht ab. Am eklatantesten ist der Unterschied bei der Rente. Mit 853 Euro ist der Rentenbetrag der Männer doch erheblich höher als der Rentenbetrag der Frauen, der laut Bericht zur sozialen Lage in Bayern bei 506 Euro liegt. Am schlimmsten finde ich daher, dass die Renten der Frauen in den letzten zehn Jahren um 63 Euro gesunken sind.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das alles ist nicht neu. Frau Haderthauer, Sie selbst haben vor Kurzem die Studie zur Chancengerechtigkeit von Männern und Frauen im ländlichen Raum vorgelegt. Diese Studie belegt, dass weitaus mehr Frauen als Männer ein monatliches Grundeinkommen von unter 500 Euro erhalten. Umgekehrt sind es in den meisten Regionen die Männer - über 60 % -, die mehr als 1.500 Euro monatlich verdienen. Der Anteil der Frauen, die über 1.500 Euro verdienen, liegt vielerorts unter 20 %.
Die Handlungsvorschläge, die wir in unseren Anträgen vorstellen, sind weitgehend deckungsgleich mit den Vorschlägen, die in der Studie zur Chancengerechtigkeit von Männern und Frauen im ländlichen Raum der Frau Ministerin gemacht werden. Dazu gehört unter anderem eine bessere Kinderbetreuung, vor allem für die Kinder unter drei Jahren.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, es darf doch nicht sein, dass die Betreuungsquote für die Kinder unter drei Jahren in Bayern 2010 immer noch nur bei 18,5 % liegt und damit erheblich unter dem Bundesdurchschnitt von 23 % und weit unter dem Durchschnitt der neuen Bundesländer von 50 %. Sie erinnern sich, dass wir im Jahr 2013 bei 35 % sein wollten. Ich frage Sie, wann wir mit dem Tempo, mit dem wir bisher vorangegangen sind, dorthin kommen wollen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es darf nicht sein, dass nur 4 bis 5 % unserer bayerischen Kinder auf
eine echte Ganztagsschule gehen können. In dem Landkreis Augsburg sind es unter 2 % der Kinder. Es kann doch nicht sein, dass es nur so wenige sind. Hier müssen wir doch etwas tun.
Es kann doch nicht sein, dass die Randzeitbetreuung oder die Ferienbetreuung in Bayern totale Fehlanzeige ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, nicht nur die Kinderbetreuung liegt im Argen. Wir brauchen gleichen Lohn für gleiche Arbeit. Wir brauchen den Mindestlohn. Wir brauchen verstärkt die Wohnraumförderung. Viele wissen nicht, dass viele Sozialraumbindungen in den nächsten Jahren ablaufen und von den weniger werdenden billigen Wohnungen, die dann auf dem Markt sein werden, werden vor allem Frauen Nachteile haben, weil sie auf diesen Wohnraum angewiesen sind. Sie werden keinen billigen Wohnraum mehr finden.
Ich möchte Sie gezielt noch einmal ansprechen. Werden Sie mit uns tätig. Unterstützen Sie unsere Anträge. Wir brauchen keine weiteren farbigen Hochglanzstudien, die erneut diese Zahlen belegen. Wir müssen endlich tätig werden. Wir brauchen nachhaltige Hilfestellung für Frauen in Bayern.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Natürlich wollen auch wir, dass Armut von Frauen in Bayern nicht mehr in dem Maße vorhanden ist, wie das in Ihren Schilderungen aufscheint. Wir wissen, dass die Lohnlücke zu schließen ist. Das Schließen der Lohnlücke ist Bestandteil des Koalitionsvertrages auf Bundesebene, sodass sich im Laufe der nächsten Monate Chancen auftun werden. Ich weise
aber auch darauf hin, dass sehr häufig eine Lohnlücke von 24 % suggeriert wird, die bei Weitem nicht zutrifft. Die bereinigte Lohnlücke beträgt 8 %. Ich gehe mit Ihnen konform, dass es Änderungsbedarf gibt. Allerdings möchte ich darauf hinweisen, dass ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn, den Sie fordern, einen Eingriff in die Tarifautonomie darstellen würde, was nicht wünschenswert ist.
Wir stehen für branchenbezogene Untergrenzen. Sie sind sinnvoll und wichtig. Sie kennen die Entwicklungen der letzten Monate. Ich meine, diese Entwicklung weist in eine gerechtere Zukunft.
Sie haben die Wohnraumsituation angesprochen. Ich meine, sowohl für Männer als auch für Frauen gibt es Leistungsgesetze, die den Wohnraum absichern. Wir haben die Unterkunftsregelung nach SGB II, und wir haben Wohngeld. Diese Maßnahmen sorgen für die nötige Hilfeleistung. Ihnen ist bekannt, dass sich der Staat nicht in den privaten Wohnungsmarkt einmischt. Er nimmt Einfluss, wenn es um die Schwächsten geht. Dabei spielt das Ansehen des Geschlechts keine Rolle. Dass aber Alleinerziehende und deren Kinder bei der Vergabe als unterstützenswert angesehen werden und eine soziale Komponente stets greift, ist Ihnen bekannt.
Ich möchte auch auf Ihre Vorhaltungen zur Kinderbetreuung eingehen. Diese sind längst nicht mehr gerechtfertigt. Es ist mehr als eine vorzeigbare Leistung, dass sich beispielsweise der Finanzierungsanteil des Freistaats in den letzten fünf Jahren von 39 % auf 45 % gesteigert hat. Im Haushaltsansatz dieses Jahres ist die staatliche Betriebskostenförderung von 916 Millionen Euro vorgesehen. Bei den Drei- bis Sechsjährigen herrscht längst Vollversorgung. Die Plätze für die unter Dreijährigen nehmen täglich zu, und es vergeht kaum eine Woche, in der wir uns nicht bei einer Krippeneinweihung befinden. Ich sage Ihnen voraus: Wir werden es in Bayern schaffen, die wünschenswerte Quote zu erreichen.
Wenn, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition, die großen Städte wie München und Nürnberg Nachholbedarf haben, liegt das nicht in der Verantwortung des Freistaats Bayern und der Staatsregierung.
(Dr. Paul Wengert (SPD): Nehmen Sie den Mund nicht so voll, dem können Sie das Wasser nicht reichen! - Weitere Zurufe von der SPD)
(Dr. Paul Wengert (SPD): Dazu habe ich gar keinen Grund! - Weitere Zurufe von der SPD und den GRÜNEN - Glocke der Präsidentin - Zuruf von der SPD: Das ist provinziell!)