Protocol of the Session on November 29, 2011

Herr Kollege Rinderspacher, Sie können dies ins Lächerliche ziehen. Das ist Ihr Thema. Ich halte es für einen entscheidenden Punkt, mit den betroffenen Kommunen konkrete Gespräche zu führen.

(Markus Rinderspacher (SPD): Das haben wir schon!)

- Herr Kollege Rinderspacher, das brauchen Sie mir nicht zu sagen. Fahren Sie einmal mit dem Bus vor Ort. Fragen Sie einmal den Kollegen Professor Dr. Gantzer, wie oft Sie nicht dabei waren, und fragen Sie unsere Kollegen im Arbeitskreis. Dazu brauchen wir Ihre siebengescheiten Belehrungen nicht. Also hören Sie damit auf!

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Lieber Herr Kollege Rinderspacher, hören wir damit auf.

(Prof. Dr. Peter Paul Gantzer (SPD): Er war immer dabei!)

Ich halte es deshalb für so wichtig, dass der Staatsminister diese Gespräche vor Ort führt, weil sich jeder

Standort unterschiedlich darstellt und aus den Entscheidungen der Bundeswehrreform eine spezielle Konsequenz für seine Entwicklung zieht. Es ist wichtig, diese Aspekte und differenzierten Themen vor Ort mit den kommunal Verantwortlichen wie den Bürgermeistern konkret zu besprechen. Herr Kollege Kreuzer, daher vielen Dank!

Lassen Sie mich aber grundsätzlich nochmals auf die Aspekte der Bundeswehrreform eingehen: Diskussionen zur Bundeswehr sind im Bayerischen Landtag nicht neu. Diese Diskussionen wurden vielfältig mit großem Engagement geführt. Ich darf daran erinnern, dass in den Fünfzigerjahren im Bayerischen Landtag um die Notwendigkeit der Bundeswehr in Bayern hart gerungen wurde. Herr Kollege Rinderspacher, Ihre Partei, die Sozialdemokraten, waren damals über die Stationierung der Bundeswehr alles andere als glücklich. Sie haben sich hier in Bezug auf die Bundeswehr alles andere als positiv ausgesprochen. Gott sei Dank haben sich die Zeiten geändert. In den Achtzigerjahren haben unsere Vorgänger im Landtag über den NATO-Doppelbeschluss intensiv diskutiert und hart gerungen. Auch auf diesem Gebiet war Ihre Partei tief gespalten. Auch die GRÜNEN waren strikt gegen jedes Militär in Bayern.

(Zuruf von den GRÜNEN: Gegen den NATO- Doppelbeschluss!)

Die Debatte gehört einer anderen Zeit an. Die Bedrohungslagen durch den Warschauer Pakt sind genauso Geschichte wie die Mauer und der Eiserne Vorhang,

(Zuruf des Abgeordneten Prof. Dr. Peter Paul Gantzer (SPD))

nicht zuletzt durch die wehrhafte Präsenz unserer Bundeswehr und unserer NATO-Verbündeten; Gott sei Dank. Dies möchte ich an diesem Ort deutlich unterstreichen.

Die CSU hat auf diese Veränderungen stets reagiert und so hat sie auch auf die neuen Bedrohungslagen reagiert, die die unterschiedlichen Auslandseinsätze vom westlichen Balkan nach Afrika bis nach Afghanistan mit sich gebracht haben. Unser Land braucht heute bestens ausgebildete, einsatzfähige Soldaten und Expertenwissen sowie eine bestmögliche Ausrüstung. Wir brauchen eine schlanke, leistungsstarke und schnell einsatzfähige Truppe. Das war der Punkt, bei dem der damalige Verteidigungsminister zu Guttenberg angesetzt hat. Auch das ist sein Verdienst, nicht weiter gewurschtelt zu haben, wie es mancher seiner Vorgänger getan hat, sondern die Dinge deutlich anzusprechen, vor allem die Ausrichtung einer pla

nungssicheren Finanzierung unserer neu aufgestellten Bundeswehr.

(Zuruf des Abgeordneten Prof. Dr. Peter Paul Gantzer (SPD))

Eine Verschlankung und Verkleinerung der Bundeswehr führt unweigerlich zu Strukturveränderungen. Dies zu leugnen oder hier abzutun, ist unehrlich.

Herr Kollege Rinderspacher, 2008 hat sich der SPDParteitag für die Aussetzung der Wehrpflicht ausgesprochen. Es ist alles andere als ehrlich und glaubhaft, wenn jetzt Ihr Herr Pronold die Schließung von Kreiswehrersatzämtern mit Krokodilstränen beweint.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Die Leitlinien der Wehrpolitik der CSU sind klar; sie haben sich in der Grundstruktur nicht verändert. Die CSU war und ist die Partei der Bundeswehr.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Das glaubt ihr doch selber nicht!)

Herr Rinderspacher, auch hier sind wir froh, dass wir die Vorschläge von Herrn Ude nicht umgesetzt haben. Wir wollen nicht, dass die Landeshauptstadt München bundeswehrfrei wird, sondern wir wollen, dass die Bundeswehr in der Landeshauptstadt Bayerns nach wie vor einen gebührenden Platz einnimmt. Das ist gut so. Hier haben wir uns durchgesetzt.

(Beifall bei der CSU - Markus Rinderspacher (SPD): Das ist völliger Quatsch! - Weitere Zurufe von der SPD)

Lassen Sie mich auch Folgendes nochmals deutlich machen: Die Grundstrukturen in Bezug auf die zukünftige Aufstellung unserer Bundeswehr gliedern sich in folgende Punkte:

Erstens. Die Sicherheit hat Vorrang. Die Bundeswehr hat der äußeren Sicherheit zu dienen. Das ist ihr entscheidender politischer Auftrag.

Zweitens. Bayern ist ein Bundeswehrland. Wir wollen und werden der Bundeswehr und ihren Angehörigen in Bayern auch weiterhin Heimat sein.

Drittens. Die Bundeswehr ist eine Bürgerarmee.

Viertens. Bayern hat für die Sicherheit, insbesondere was die wehrtechnischen Technologien und die Industrie anbelangt, gute Ideen.

Lassen Sie mich diese wichtigen Aspekte vertiefen. Erstens: Sicherheit hat Vorrang. Auch wenn es uns immer wieder zu Diskussionen anregt und natürlich

fordert, hat die Bundeswehr nicht zuvorderst die Aufgabe, regionale Strukturpolitik zu leisten. Die Aufgaben der Bundeswehr sind klar definiert: Die Bundeswehr hat den Auftrag, Deutschland und seine Bevölkerung zu schützen, internationale Konfliktverhütung und Krisenbewältigung zu betreiben, Bündnispartner zu unterstützen und bei Katastrophen und schweren Unglücksfällen zu helfen. Die Bundeswehr hat ferner die Aufgabe, die außenpolitische Handlungsfähigkeit der Bundesrepublik zu sichern, einen Beitrag zur Stabilität im europäischen und globalen Rahmen zu leisten und für die nationale Sicherheit und Verteidigung zu sorgen. Das sind die Aufgaben der Bundeswehr. Hier ist es nicht angebracht, kleinkariert parteipolitische Aspekte so, wie Sie es gemacht haben, Herr Rinderspacher, zu einem großen politischen Thema hochzuspielen. Dies entspricht nicht der entscheidenden Aufgabe, die wir mit dieser Bundesreform für unser Land für morgen und übermorgen sicherstellen müssen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Aufgabe der Politik ist es, die Bundeswehr einsatzfähig aufzustellen, sie sicher auszurüsten, sie planungssicher zu machen und mit Haushaltsmitteln auszustatten. Auch dies ist ein wichtiger Aspekt und ein wichtiger Faktor bei dieser gesamten Thematik. Richtig ist es, sich dabei auf die entscheidenden Aufgaben zu konzentrieren. Durch die Aussetzung der Wehrpflicht fallen viele Aufgaben weg. Hier wird immer viel mit Zahlen operiert. Zum Beispiel werden die Kampftruppen des Heeres auch nach der Reform circa 56.000 Berufs- und Zeitsoldaten zählen. Durch das Aussetzen der Wehrpflicht werden aber rund 10.000 Dienstposten, die früher mit der Betreuung und Ausbildung der Wehrpflichtigen befasst waren, für andere Aufgaben frei. Auch dies ist beim Umbau unserer Bundeswehr ein wichtiger Aspekt für die Einsatzfähigkeit.

Ein zweiter Punkt. Bayern bleibt Bundeswehrland. Der Auftrag für die Landespolitik lautet: Bayern ist und bleibt eine gute Heimat für unsere Bundeswehr, übrigens auch für die amerikanischen Streitkräfte und unsere NATO-Verbündeten. Ich möchte dies hier bewusst unterstreichen. Nur Forderungen an Berlin zu richten, ist zu wenig.

(Markus Rinderspacher (SPD): Das war der Minister, nicht wir!)

Bayern muss sich bei diesen Entscheidungen aufstellen, damit der Freistaat auch für die Freiwilligenarmee Heimat bleibt. Dies ist durch die Ausführungen des Staatsministers deutlich geworden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Opposition, ich kenne keine Fraktion, die hier im Landtag eine umfassende Stellungnahme zum Bundeswehrland Bayern erarbeitet hat, die sich außer flapsigen Bemerkungen die Mühe gemacht hat -

(Markus Rinderspacher (SPD): Wir schicken es Ihnen gerne!)

- Das ist Ihr Taskforce-Papier. Dieses ist aber nicht einmal diesen Namen wert.

(Prof. Dr. Peter Paul Gantzer (SPD): Aber besser als Ihres!)

Die CSU-Fraktion hat auf ihrer Klausur in Banz eine Stellungnahme zum Bundeswehrland Bayern erarbeitet und darüber diskutiert.

Meine Damen und Herren, es wird gar nicht bestritten, dass wir mit der Verwirklichung der Bundeswehrreform schmerzliche Eingriffe zu erwarten haben. Das ist in der Regierungserklärung deutlich geworden. Dies betrifft zum Beispiel Kaufbeuren, aber auch Kempten, wobei beide Fälle sehr unterschiedlich gelagert sind. Das wissen Sie sehr gut. Dennoch muss betont werden, dass die Bundeswehr auch nach Durchführung der Reform im Bundesvergleich in Bayern überdurchschnittlich stark stationiert ist und bleibt. Künftig wird es in Bayern 2,5 Dienstposten pro 1.000 Einwohner geben. Dies ist zugegebenermaßen deutlich weniger gegenüber dem Status quo und daher auch schmerzlich. Dennoch liegen wir damit deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Mit Niedersachsen hat Bayern die meisten Dienstposten in Deutschland. 31.000 Männer und Frauen stehen bei uns im Dienst der Bundeswehr. Auch dies muss im Gesamtzusammenhang einmal gesagt werden.

Trotz schmerzlicher Einschnitte in der Fläche zeigt die Bundeswehr nach wie vor eine insgesamt gute Präsenz in Bayern. Herr Rinderspacher, tun Sie doch nicht so, als wäre der Erhalt dieser Standorte selbstverständlich gewesen. Vor der Entscheidung des Bundesverteidigungsministeriums hat kein Mensch mehr auch nur einen Pfifferling auf den Standort Roth oder viele andere Standorte gesetzt. Auch in Lagerlechfeld war die Alternative nicht die Ausweitung des Standortes, sondern seine totale Auflösung. Vor diesem Hintergrund ist es ein Erfolg, dass wir in Lagerlechfeld den Standort für die Flugplatzsicherung mit ihren Beziehungen zur Industrie gehalten haben und auch halten werden. Es ist ein Erfolg, dass der Standort Roth nicht geschlossen, sondern "nur" reduziert werden musste und damit erhalten werden konnte. Auch aus militärfachlicher Sicht ist es wichtig, dass diese militärische Infrastruktur erhalten und weiterentwickelt werden kann. Dies können Sie doch nicht

abtun und sagen, es sei falsch, dass wir reduzieren, bevor wir schließen. Das war richtig so und auch gut so. Damit erhalten wir die militärfachliche Kompetenz in Bayern aufrecht.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Ich bin dafür dankbar, dass sich der Ministerpräsident und der vormalige Leiter der Staatskanzlei, Kollege Dr. Marcel Huber, zwar nicht groß in der Öffentlichkeit, aber doch sehr intensiv hinter den Kulissen für den Erhalt dieser Standorte stark gemacht haben. Dies lassen wir nicht kleinreden. Trotz aller schmerzlicher Einschnitte sage ich Ihnen hierfür herzlichen Dank.

Ich danke auch unserer Landtagspräsidentin, Frau Kollegin Stamm, die beim vergangenen Sommerempfang Soldatinnen und Soldaten eingeladen hat. Aus vielen Gesprächen, die Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, wahrscheinlich auch geführt haben, weiß ich, dass gerade Soldaten, die im Auslandseinsatz waren, entscheidend auf die gesellschaftliche Anerkennung angewiesen sind.

Noch kurz ein dritter Aspekt, nämlich das Potenzial der Reservisten. Im Bundeswehrland Bayern sind unsere Bundeswehr und unsere Reservisten besonders stark verwurzelt. In keinem anderen Land leben so viele Reservisten wie in Bayern. Zwei Drittel aller freiwilligen Mitglieder des Reservistenverbandes sind in Bayern daheim. Es gilt, dieses große Potenzial an engagierten Reservisten künftig noch stärker zu nutzen. Sie wissen, dass wir zusammen mit unserem Innenminister die Aufstellung eines Heimatschutzregiments mit vier Bataillonen in den verschiedenen Landesteilen vorgeschlagen haben, um damit die bayerischen Katastrophenschutzkräfte bei großen Schadens-, Unglücks- und Katastrophenfällen zu unterstützen. Auch dies ist eine wichtige Antwort auf die Bundeswehrreform.

Ein vierter Punkt. Ich darf noch einmal betonen, was schon Staatsminister Thomas Kreuzer gesagt hat: Die tiefgreifenden Reformen hatten schwierige Standortentscheidungen als logische Konsequenz. Wir müssen unsere Kommunen, und dabei jede Kommune für sich mit ihren spezifischen regionalen Problemen, unterstützen. Das Maßnahmenpaket hat der Staatsminister dargestellt. Es wird von unserer Fraktion nachhaltig unterstützt.

Ein letzter Punkt. Die wehrtechnische Industrie muss bei uns ganz besonders im Blickpunkt stehen. Gerade die wehrtechnische Industrie ist von den Veränderungen in der Bundeswehr betroffen. Tausende Hightech-Arbeitsplätze in Bayern sind bei der wehrtechnischen Industrie und deren mittelständischen

Zulieferern angesiedelt. Viele Männer und Frauen und deren Familien, die sich um ihren Arbeitsplatz, um ihr Familieneinkommen oder die Zukunft ihres Familienunternehmens sorgen, haben eine Unterstützung nötig. Die wehrtechnische Industrie ist ein entscheidender Wirtschaftsfaktor. Sie leistet einen wichtigen Beitrag für den Schutz unserer Soldatinnen und Soldaten im Einsatz. Es ist wichtig, dass wir unseren Soldatinnen und Soldaten, unseren Kindern und Enkeln, die wir in den Einsatz schicken, egal ob in Afghanistan oder auf dem Balkan, die bestmögliche Ausrüstung mitgeben. Dies ist unsere Verantwortung und unsere Pflicht.

(Prof. Dr. Peter Paul Gantzer (SPD): Das tut ihr aber nicht!)