Protocol of the Session on April 6, 2011

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir wollen uns von der Kernenergie noch schneller als geplant verabschieden. Für einen Übergangszeitraum brauchen wir sie aber noch.

(Prof. Dr. Georg Barfuß (FDP): So ist es!)

Um diesen Übergangszeitraum so kurz wie möglich zu halten und zügig auf eine Stromversorgung umzusteigen, die weitgehend auf erneuerbaren Energien basiert, müssen wir folgende Weichen stellen: Wir müssen den Anteil der Stromerzeugung aus Gaskraftwerken weiter steigern. Wir werden den Bau von

Stromspeichern vorantreiben und die Erforschung neuer Speichertechnologien verstärken. Das machen wir bereits mit unserem Programm "Aufbruch Bayern". Ihr Vorwurf, dafür gebe es keine Haushaltsmittel, ist daneben. Für die modernen Energietechnologien geben wir insgesamt fast 100 Millionen Euro im Rahmen des Programms "Aufbruch Bayern" aus.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Wir setzen konsequent auf regenerative Energien. Ein Großteil davon stammt aus Wasserkraft. Beim Thema erneuerbare Energien brauchen wir wahrlich keinen Nachhilfeunterricht in Bayern. Bayern liegt bei den regenerativen Energien weit über dem Bundesdurchschnitt von 17 % und weit über den Werten der Länder mit grüner Regierungsbeteiligung.

(Beifall bei der FDP)

Unser ambitioniertes Ziel ist es, bis 2020 auf deutlich über 30 % zu kommen. Dafür müssen wir die Potenziale - ich spreche die Wasserkraft an - der erneuerbaren Energien entschlossen heben. Für die Entscheidungen im Bezug auf den Ausbau der Infrastruktur müssen wir einstehen.

(Beifall bei der FDP)

Zur Wahrheit gehört auch: Bayern ist auf den Stromimport aus anderen Teilen Deutschlands und aus dem Ausland angewiesen. Das geht nicht ohne den Ausbau der Stromnetze in großen Schritten. Wir haben weiterhin den Anspruch, dass Bayern im Wesentlichen autark bleibt und nicht auf ausländische Importe angewiesen ist. All das erfordert Zeit, hohe Investitionen und technologische Innovationen. Ich sage ganz selbstbewusst: Wir sollten Herausforderungen nicht immer als Problem ansehen. Wer, wenn nicht wir im Innovationsland Bayern, wäre in der Lage, diese Herausforderungen zu meistern?

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Wir brauchen deutlich kürzere Planungs- und Genehmigungsverfahren. Wir brauchen dafür nicht zuletzt auch die Akzeptanz bei den Bürgern.

Meine Damen und Herren, der dritte wichtige Schwerpunkt des Wirtschaftsministeriums für die zweite Hälfte der Legislaturperiode ist die Sicherung der Zukunft des ländlichen Raums. Keine Region wird abgehängt. Jeder einzelne Landkreis gehört dazu. Jeder hat Anspruch auf unsere Unterstützung. Deswegen werden wir mit unserer bewährten Drei-Säulen-Strategie die Regionen mit maßgeschneiderten Angeboten fördern.

Um für Wirtschaftskraft und einen starken Mittelstand zu sorgen, nutzen wir vor allem auch die Regionalförderung und das Mittelstandskreditprogramm. Im Rahmen des Programms "Aufbruch Bayern" setzen wir zugleich neue Akzente für den ländlichen Raum. Die regionalen Technologie-Initiativen verknüpfen Technologieförderung der Spitzenklasse, ausgewählte Forschungsprojekte und Regionalförderung. Dies stärkt die Wettbewerbsfähigkeit des Freistaates in allen Landesteilen.

Wir haben erhebliche Fortschritte bei der Infrastruktur gemacht. Das Breitbandförderprogramm greift. In keinem anderen Bundesland kommt der Ausbau des schnellen Internets so zügig voran wie in Bayern.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, es wird darum gehen, im ländlichen Raum die Voraussetzungen für die moderne Arbeitswelt des 21. Jahrhunderts zu schaffen. Um die Zukunft des ländlichen Raums zu sichern, gilt es, ihn als Lebenswelt für qualifizierte, kreative und unternehmerisch denkende Mitarbeiter attraktiv zu gestalten. Dazu gehören beste Bildungsangebote, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und hochwertige Freizeitangebote. Wenn der ländliche Raum für Leistungsträger so interessant ist, dass sie dort leben und arbeiten wollen, hat er beste Zukunftsperspektiven.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, aktuelle Studien zeigen, dass Bayern Mittelstandsland Nummer eins in Deutschland ist. Damit das so bleibt, müssen wir in enger Zusammenarbeit mit den Organisationen der Wirtschaft die notwendigen Fachkräfte für die mittelständische Wirtschaft mobilisieren. In erster Linie brauchen wir eine Willkommenskultur für die besten Köpfe der Welt, um die wir im globalen Wettbewerb stehen. Dazu investieren wir auch in den kommenden Jahren kräftig in Einrichtungen der beruflichen Bildung und Weiterbildung.

Meine Damen und Herren, schließlich wollen wir die Mobilität umweltfreundlich gestalten. Dazu gehört der konsequente Ausbau des Schienenverkehrs. Wir alle kennen die wichtigen Projekte. Ich bin Herrn Kollegen Huber für seinen Vorstoß sehr dankbar, dass wir um neue, kreative Finanzierungsmodelle ringen müssen. Ich bin, wie Sie wissen, im Gespräch mit der EU-Kommission, die ihrerseits über solche Finanzierungsmodelle bezüglich der transeuropäischen Strecken, die TEN-Strecken, nachdenkt.

Wir wollen vor allem den ländlichen Raum stärken, die steigende Nachfrage nach Mobilität in Ballungsräumen umweltfreundlich bewältigen und Anschluss an Reise- und Geschäftsziele in aller Welt halten. Ich appelliere an alle, nicht nur von Infrastruktur zu reden.

Wenn es um konkrete Trassen und konkrete Entscheidungen geht, erwarte ich den gleichen Bekennermut, den andere sonst nur bei Sonntagsreden vorweisen.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, Hohes Haus, die Staatsregierung hat in den letzten zweieinhalb Jahren auf der Grundlage einer klaren ordnungspolitischen Linie alles getan, um in Bayern beste Standortbedingungen für eine innovationsstarke Wirtschaft mit einem wettbewerbsfähigen industriellen Kern zu schaffen. Bayern steht heute so gut da wie lange nicht mehr.

Der Einzelplan 07 meines Hauses stellt die Weichen im Freistaat auch für die Zukunft auf Wachstum, Wohlstand und Lebensqualität. Unser Ziel ist es, alle unternehmerischen Kräfte zu mobilisieren, Wissen und Kreativität der Bürgerinnen und Bürger freizusetzen und die Stärken aller Regionen zu entfalten. Auf dieser Linie wird Bayern auch in Zukunft der Motor der wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland und Europa bleiben. Diesen Wettbewerb führen wir mit anderen Bundesländern. Ich wiederhole: Wer, wenn nicht das Innovationsland Bayern, könnte die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts besser meistern? Unser Freistaat muss der Maßstab für andere bleiben. In diesem Sinne bitte ich um Zustimmung für den Einzelplan 07.

(Anhaltender Beifall bei der FDP und der CSU)

Für die SPD-Fraktion darf ich nun Herrn Kollegen Dr. Wengert das Wort erteilen. - Bitte schön, Herr Kollege Wengert.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herzlichen Glückwunsch, Herr Vizepräsident Rohde, zum Geburtstag. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Gegensatz zu dem für seine Verhältnisse geradezu impulsiven Auftritt des Herrn Wirtschaftsministers ist der Einzelplan 07 eher unspektakulär. Von seinem Gesamtvolumen in Höhe von 1,72 bzw. 1,74 Milliarden Euro entfallen fast 1,1 Milliarden Euro auf Regionalisierungsmittel für den Schienenpersonennahverkehr, die vom Bund über Bayern dorthin weitergeleitet werden. Der operative Spielraum für den Restbetrag ist also nicht sonderlich groß. Das zeigt auch die im Vergleich zu den anderen Einzelplänen relativ niedrige Anzahl von nur 14 Änderungsanträgen. Aber auch da haben Sie es geschafft, diese abzulehnen. Umso mehr ist angesichts des beschränkten Finanzrahmens Kreativität gefragt.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Der Personalaufwand spielt gegenüber anderen Ministerien eine sehr geringe Rolle. Wo andere Geschäftsbereiche eine breite Pyramide von nachgeordneten Behörden haben, gibt es hier nur ein Landesamt für Maß und Gewicht mit einer Handvoll Eich- und Beschussämtern, die zum Glück noch nicht privatisiert wurden und hoffentlich auch nicht privatisiert werden.

So nimmt es nicht wunder, dass der Ressortminister sich gegen die Okkupationsbestrebungen des "Lebensministers" Söder wehrt, der versucht, ihm die Zuständigkeit für den Energiebereich streitig zu machen. Da sich gestern Herr Kollege Schmid darüber mokiert hat, dass die Oppositionsredner die Regierung nicht gelobt hätten, lobe ich Sie heute, Herr Kollege Zeil, obwohl wir gestern und auch heute schon genügend Eigenlob gehört haben. Ihnen ist es tatsächlich gelungen, Dynamik in den Breitbandausbau zu bringen,

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Ja so was!)

wenngleich das Ziel noch weit entfernt ist. Dies ist jedenfalls insofern anzuerkennen, als Ihr Vorgänger den Breitbandausbau mit geradezu niederbayerischer Hartnäckigkeit als staatsfremde Aufgabe behandelt hat. Ich könnte auch behaupten, dass Ihr Tätigwerden dem Druck der SPD-Fraktion und der anderen Kolleginnen und Kollegen der Opposition sowie vor allem der Kommunen geschuldet ist, Sie also mehr ein Getriebener sind als einer, der selbst antreibt. Allerdings hätten wir uns ein einfacheres Breitbandförderverfahren und höhere Fördergrenzen im Einzelfall vorstellen können.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben unsere dahin gehenden Anträge aber leider abgelehnt. Beim Breitbandausbau sind Sie vom strikt liberalen Ordnungspolitiker zum Keynesianer geworden, ebenso wie beispielsweise bei Quelle und der E-Mobilität. Sie haben erfreulicherweise eingesehen, dass es ohne staatliche Interventionen nicht geht.

Besonders erfreulich entwickelten sich - das möchte ich heute in dieser Aussprache deutlich machen - in der Krise die staatlichen Hilfsmaßnahmen über die LfA Förderbank Bayern, einem außerordentlich wichtigen Partner der bayerischen Wirtschaft, einer Bank, die einen guten, hocheffizienten und seriösen Job macht. Wir hätten uns daher gewünscht, dass CSU und FDP unserem Antrag gefolgt wären, die Einmalzuschüsse für das Mittelstandskreditprogramm zu erhöhen. Stattdessen sparen Sie zweieinhalb Millionen Euro ein. Dafür leisten Sie sich überflüssigerweise eine "Nebenstaatskanzlei", was wohl Ausdruck des

Misstrauens gegenüber der eigentlich gemeinsamen Regierungsschaltstelle am Franz-Josef-Strauß-Ring ist. Bei der personellen Besetzung Ihres "Kontrollturms" geht es allerdings wohl weniger um Fachkompetenz als vielmehr um bestmögliche Selbstdarstellung.

(Beifall bei der SPD - Markus Rinderspacher (SPD): Das ist Steuergeldverschwendung!)

Wir haben daher beantragt, die Mittel für diesen teuren Luxus einzusparen. Leider vergeblich.

Was die Selbstdarstellung betrifft, gilt das auch für die Pressemitteilungen aus Ihrem Haus. Deren Anzahl ist keineswegs ein Nachweis besonders erfolgreicher Politik, sondern allenfalls Ausdruck eines übersteigerten Mitteilungsbedürfnisses und scheinbaren Leistungsbeweises gegenüber dem Koalitionspartner.

Selbstverständlich, liebe Kolleginnen und Kollegen, freuen wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten uns über die gute Wirtschaftsentwicklung in Bayern, müssen uns aber mit Nachdruck gegen deren einseitige Vereinnahmung seitens der Staatsregierung und der sie tragenden Parteien zur Wehr setzen.

(Beifall bei der SPD)

Dafür leisten Sie viel zu wenig aktivierende Wirtschaftspolitik. Die positive Dynamik ist vielmehr den maßgeblich von Sozialdemokraten in der großen Koalition geschmiedeten beiden Konjunkturpaketen, dem hochwirksamen Kurzarbeitsprogramm von Olaf Scholz, einer äußerst maßvollen Tarifpolitik unserer Gewerkschaften, der Solidität und dem Verantwortungsbewusstsein unserer Unternehmen, insbesondere der kleinen und mittleren Unternehmen, und dem Fleiß und der Verzichtsbereitschaft der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Lande geschuldet. Immerhin haben Sie Letztere diesmal in Ihrer Rede wenigstens erwähnt. Werte Kolleginnen und Kollegen der CSU und der FDP, das Schmücken mit fremden Federn geht neuerdings erfreulicherweise nicht mehr als Kavaliersdelikt durch.

(Beifall bei der SPD)

Gegen die soeben zitierten Maßnahmen der Großen Koalition - die SPD war daran, wie gesagt, maßgeblich beteiligt - ist das sogenannte "Wachstumsbeschleunigungsgesetz" von Schwarz-Gelb allenfalls eine bescheidene Nullnummer, dessen Folgen den bayerischen Haushalt mit 1 Milliarde Euro belasten.

Sowohl in den Ausschussberatungen als auch in der gestrigen Debatte - heute erneut, an ganz prominenter Stelle - war oft vom Programm "Aufbruch Bayern"

die Rede. Es ist aber nicht wegzudiskutieren, dass sich dieser "Aufbruch Bayern" bei genauerem Hinschauen als Mogelpackung entpuppt. Da hilft alles Drumherumreden nichts, sehr geehrter Herr Staatsminister. Der Bau von Haftanstalten und Polizeiinspektionen ist Pflicht, nicht Kür. Wenn Sie diese Milliarde tatsächlich in die Erforschung neuer Technologien gesteckt hätten, dann würde ich den Vorwurf der "Mogelpackung" sofort zurücknehmen.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben die Haushaltsansätze aller Geschäftsbereiche zunächst gekürzt - das betrifft auch die Ausgaben zur Förderung des Handwerks, das Sie zu Recht als Herz und Seele der bayerischen Wirtschaft bezeichnet haben -, um die Verwendung des eingesparten Geldes dann vollmundig als großartige Errungenschaft - "zusätzliche Mittel", "wunderbare Geldvermehrung" - verkaufen zu können. Das ist ein trickreiches, aber zu durchsichtiges Manöver.

Lassen Sie mich einen weiteren Punkt ansprechen, der mir wichtig erscheint. Wir vermissen eine überzeugende Energiepolitik mit klarer Schwerpunktsetzung auf regenerative Energien. Das versuchen Sie durch einen doppelten Salto rückwärts im Hinblick auf die gerade von CSU und FDP bis vor wenigen Wochen noch so hoch gepriesene Kernenergie zu übertünchen, wobei Sie wohl eher zum retardierenden Teil der Mannschaft gehören. Aber gerade was diesen Bereich angeht, müssen wir in Zukunft sehr aufmerksam sein. Ich bin gespannt, welches Konzept Sie im Mai tatsächlich vorlegen werden.

Hören Sie auch bitte auf mit der weiteren Verbreitung der Legende von angeblich riesengroßen Energieimporten nach Deutschland! Verschweigen Sie nicht permanent, dass wir riesige Mengen an Energie ins Ausland exportiert haben!

(Beifall bei der SPD - Zuruf von der CSU: Haben!)