Protocol of the Session on March 17, 2011

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Christa Naaß, Volkmar Halbleib u. a. und Fraktion (SPD) Kein Sonderopfer für die bayerischen Beamtinnen und Beamten - deshalb zeit- und inhaltsgleiche Übernahme des Tarifergebnisses für die Beschäftigten der Länder vom 11. März (Drs. 16/7961)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Erster Redner ist der Kollege Peter Meyer. Bitte schön, Herr Vizepräsident.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieser Dringlichkeitsantrag ist natürlich auch -

(Zuruf von der CSU: Populistisch!)

- Herr Kollege Nöth, ich würde vorschlagen, dass Sie sich bei den oberfränkischen CSU-Abgeordneten einmal darum kümmern, dass die Stimmkreisreform in geordneten Bahnen verläuft. Lassen Sie mich jetzt zur Sache kommen.

Der Antrag ist auf die Übernahme des Tarifabschlusses gerichtet. Dies bedeutet unter anderem und im Wesentlichen - auf die Details brauchen wir nicht einzugehen - linear 1,5 % ab 01.04. und 1,9 % ab 01.01. Darüber hinaus fordern wir nach wie vor den Verzicht auf die vorgesehenen Sparmaßnahmen im Haushaltsentwurf 2011/2012. Dies betrifft die Wiederbesetzungssperre, die Absenkung der Eingangsbesoldung, die Aussetzung der Leistungsbezahlung und die Strei

chung bei der Jubiläumszuwendung und den Reisekosten.

Wir alle, auch Sie, betonen die Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft des öffentlichen Dienstes. Dann kommen trotzdem immer wieder diese Nackenschläge. Politik nach Gutsherrenart hat mittlerweile bei der CSU eine besondere Geschichte. Herr Staatsminister, wenn ich den Bericht aus dem Kabinett in dieser Woche betrachte, dann muss ich sagen: Mit Verlaub, Herr Staatsminister, das ist unter Ihrem Niveau. Wir sind von Ihnen Besseres gewohnt.

Ich gehe jetzt diesen Katalog durch, mit dem Sie begründen, warum der Tarifabschluss nicht übernommen werden kann. Sie sagen zunächst: Wir haben uns im Haushaltsgesetzentwurf auf eine Nullrunde festgelegt. Das ist ein gutes Argument. Hierzu fällt mir aus der Verwaltung nur die berühmte Vorschriftensammlung ein: § 1: Das haben wir immer schon so gemacht, § 2: Das haben wir noch nie so gemacht. Hier kommt aber § 3, nämlich: Das ist halt so. Die Begründung: Wir haben uns festgelegt und es geht nicht anders.

Sie sagen weiter: Wir haben für die Beamtinnen und Beamten einiges getan. Dann vergleichen Sie aber bitte einmal das Wesentliche, und zwar nicht die Beamten der einzelnen Länder untereinander. Nehmen Sie den Tarifabschluss. Vergleichen wir einmal die bayerischen Tarifkräfte mit den bayerischen Beamten. Nur so wird ein Schuh hinsichtlich der Gleichbehandlung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Freistaates Bayern daraus, denn um diese Gleichbehandlung geht es.

Stichwort: Jährliche Sonderzahlung. Diese bekommen die Tarifkräfte auch, und zwar von E 1 bis E 8 95 % und E 9 bis E 11 80 %. Die Beamtinnen und Beamten bekommen von A 3 bis A 11 70 %. Das Argument, der Beamte habe es besser, stimmt so einfach nicht.

Fortführung der Altersteilzeit: Das stimmt, diese haben wir - übrigens mit großer Mehrheit - gemeinsam beschlossen, aber zu schlechteren Bedingungen. Es ist nicht so, dass an die Beamten nur noch Wohltaten verteilt worden sind. Interessanterweise finde ich jetzt, jedenfalls nach der Presseerklärung des Bayerischen Beamtenbundes, eine Öffnungsklausel im Tarifvertrag, dass das auch wieder eingeführt werden kann. Wo also liegt die einseitige Besserbehandlung der Beamten?

Dann die Rückführung der Wochenarbeitszeit: Das ist schon ein starkes Stück. Erstens kommt die Rücknahme erst noch. Das ist also eine Wohltat, die noch gar nicht wirkt. Sie kommt erst 2012 bzw. 2013.

Zweitens ist Ihr Argument schon zynisch. Erinnern wir uns einmal: 1994 wurde die Arbeitszeit verlängert. Wir erinnern uns noch alle daran. Diese Maßnahme war völlig einseitig. Es war ein Erpressungsversuch, denn man hat gemeint, wenn man die Erhöhung der Stundenzahl den Beamten einseitig aufs Brot schmiert, müssen die Tarifparteien nachziehen. Die Tarifparteien haben Ihnen aber jahrelang etwas gehustet. Deswegen haben wir jetzt seit über 15 Jahren eine Ungleichbehandlung von Beamten und Tarifkräften. Nachdem jetzt ein Ausgleich für die jahrelange Ungleichbehandlung versprochen wurde, wird diese als eine Wohltat dargestellt, nach dem Motto: Wir tun euch doch Gutes. Entschuldigung, das glaubt Ihnen keiner mehr im öffentlichen Dienst.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Können Sie das einmal wiederholen?)

- Ich kann es wiederholen, Herr Kollege. Erst senkt man das Niveau völlig systemwidrig und einseitig ab. Wenn man es dann wieder schrittweise erhöht, sind es Wohltaten, für die man gelobt werden möchte.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Das ist aber die CSU!)

- Das sage ich doch.

Jetzt kommt die Krönung, und das ist eine der Begründungen dafür, dass der Tarifabschluss nicht übernommen werden kann. Den Beamtinnen und Beamten geht es angeblich besser, denn es gibt die leistungsorientierte Verbesserung. Die wollen Sie aber mit dem Haushaltsgesetz aussetzen.

(Eduard Nöth (CSU): Die sind doch schon vollzogen! - Christa Naaß (SPD): Von wegen!)

- Sie wollen die leistungsorientierten Verbesserungen mit dem Haushaltsgesetz aussetzen.

Zur Forderung nach Übernahme des Tarifabschlusses kommt nach wie vor unsere Forderung: Stoppen Sie die Sparmaßnahmen im Haushaltsgesetz. Darüber haben wir im Hause schon mehrfach diskutiert.

Es bleibt dabei: Warum wollen Sie den Beamtinnen und Beamten ein Sonderopfer auferlegen? Das kapiere ich nicht. Die Tarifkräfte werden doch auch nicht besser behandelt. Diese 1,5 % bzw. 1,9 % sind im Ergebnis auch nur ein Inflationsausgleich. Warum verweigern Sie diese Tarifanpassung den Beamtinnen und Beamten? Für diese Sonderbehandlung gibt es keinen Grund. Sie sagen, im Tarifbereich müsse Planungssicherheit bestehen. Das ist auch wieder eine Ungeheuerlichkeit gegenüber den Beamten. Sie sagen, mit der Vereinbarung der 1,5 % bzw. 1,9 %

hätten Sie als Arbeitgeber für die nächsten zwei Jahre Planungssicherheit, weil Sie zwei Jahre lang keinen Streik haben. Das ist richtig. Die Beamtinnen und Beamten, die nicht streiken dürfen, müssen dafür teuer bezahlen. Nachdem sie nicht streiken dürfen, wird ihnen der Tarifabschluss verweigert. Das ist willkürlich. Sie behandeln die Beamtinnen und Beamten als Manövriermasse. Das finde ich nicht in Ordnung.

Ich bitte daher um Zustimmung zu unserem Antrag. Der SPD-Antrag ist inhaltlich gleich, ihm werden wir selbstverständlich auch zustimmen.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Bevor ich dem nächsten Redner das Wort gebe, möchte ich darauf hinweisen, dass zum Dringlichkeitsantrag der Freien Wähler namentliche Abstimmung beantragt worden ist.

Jetzt hat Kollege Stefan Schuster das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Staatsregierung will die Beschäftigten des Freistaates in den Jahren 2011 und 2012 mit Kürzungen in einer Größenordnung von deutlich über 900 Millionen Euro belasten. Dazu gehören eine zwölfmonatige Wiederbesetzungssperre, die Absenkung der Eingangsbesoldung, die Absenkung der Wegstreckenentschädigung, die Aussetzung der Leistungsbezüge, die Streichung der Jubiläumszuwendung, die Aussetzung der Zuführung zum Versorgungsfonds, die Aussetzung der staatlichen Zuführung zur Versorgungsrücklage und die Nullrunde als Sonderopfer für die Beamtinnen und Beamten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist nicht nur eine Sparorgie. Ich glaube auch, dass wir damit die Zukunft des öffentlichen Dienstes gefährden, soweit es die Personalgewinnung betrifft.

(Beifall bei der SPD)

Auf uns kommen jetzt die geburtenschwachen Jahrgänge zu. Man kann es an der Statistik erkennen. Wir werden um die besten Köpfe im Land kämpfen müssen. Wenn Sie sich mit Vertretern der IHK oder der Handwerkskammern unterhalten, sagen Ihnen diese, sie würden dieses Problem über die Finanzen regeln. Was machen die CSU-Fraktion, die FDP-Fraktion und die Staatsregierung? Sie senken die Eingangsbesoldung ab und setzen damit ein Zeichen dafür, was mit jungen Menschen passiert, die in den öffentlichen Dienst eintreten.

Wir waren vor zwei Tagen mit dem Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes bei der Berufsfeuerwehr München. Dort wurden wir dringend gebeten zuzustimmen, dass die Kommunen in Zukunft Dienstanfänger im Beschäftigtenverhältnis anstellen dürfen, weil sie sie dann besser bezahlen können, weil sie für die Feuerwehren aus den technischen Berufen keinen geeigneten Nachwuchs mehr bekommen. In den technischen Berufen auf Landesebene sieht es ganz genauso aus. Es fängt zu brennen an, und wir machen genau den Fehler, noch Benzin ins Feuer zu gießen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der am 11. März in Potsdam gefundene Verhandlungskompromiss für die Tarifbeschäftigten ist angesichts des Konjunkturaufschwungs und der steigenden Einnahmen der öffentlichen Haushalte angemessen und vernünftig. Dies darf jedoch nicht nur für die Angestellten gelten. Das Ergebnis muss auch für die Beamtinnen und Beamten, die Anwärterinnen und Anwärter und für die Versorgungsempfänger im Freistaat übernommen werden. Gerade der öffentliche Dienst hat in Bayern in der Vergangenheit - Kollege Meyer hat es schon ausgeführt - gewaltig zurückstecken müssen. Deshalb ist eine weitere Benachteiligung der Staatsbediensteten falsch. Auch die Beamtinnen und Beamten, die Anwärterinnen und Anwärter und die Versorgungsempfänger sollen an der allgemeinen Einkommensentwicklung teilhaben. Natürlich kostet diese Erhöhung Geld. Das Finanzministerium hat ausgerechnet, dass eine Zurücknahme der Nullrunde 260 Millionen Euro kosten würde. Dann wird von Ihnen als Totschlagsargument immer auf den ausgeglichenen Haushalt hingewiesen, weswegen man sich das nicht leisten könne.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir können uns das schon leisten, wenn Sie keine verfehlte Politik betrieben hätten und betreiben würden.

(Beifall bei der SPD)

Ich muss mir nur anschauen, welche Zinsen wir wegen des Landesbankdesasters bezahlen müssen. 700 Millionen Euro kann man ungefähr mit dem Betrag vergleichen, den wir jetzt bei den Beamtinnen und Beamten streichen. Man könnte somit auch sagen: Unsere Beamtinnen und Beamten im öffentlichen Dienst müssen für das Landesbankdesaster zahlen.

(Beifall bei der SPD)

Die SPD-Landtagsfraktion hat zum Doppelhaushalt beantragt, 500 Stellen für Steuerfahnder, Betriebsprüfer und Beschäftigte in der Umsatzsteuersonderprüfung einzustellen. Dieser Antrag wurde jetzt im Haushaltsausschuss abgelehnt. Damit verzichtet der

Freistaat Bayern auf Steuereinnahmen in Höhe von 125 Millionen Euro.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Wenn man es sich leisten kann!)

- Ja, wenn man es sich leisten kann!

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der dritte Grund dafür, dass jetzt diese Sparorgie über die Beamtinnen und Beamten hereinbricht, ist die Klientelpolitik, die Schwarz-Gelb betreibt. Ich nenne nur das Wachstumsbeschleunigungsgesetz. In diesem Gesetz sind einige Punkte enthalten, unter anderem auch das Hotelsteuerprivileg. Dieses Wachstumsbeschleunigungsgesetz einschließlich der Verbundauswirkungen bedeutet für den Staatshaushalt Mindereinnahmen in Höhe von 520 Millionen Euro im Jahr 2011 und von 554 Millionen Euro im Jahr 2012. Eine Milliarde entgeht uns durch die Klientelpolitik von Schwarz-Gelb. Für die Kommunen betragen die Mindereinnahmen unter Einbeziehung der Verbundauswirkungen rund 600 Millionen Euro. Daran erkennt man, dass Ihnen die Hotelbesitzer und die reiche Erben großer Vermögen wichtiger sind als unsere Beamten, die in allen Bereichen, in der inneren Verwaltung, bei der Polizei oder an den Schulen unseren Staat aufrecht erhalten.

(Beifall bei der SPD)

So geht es nicht, meine sehr verehrten Damen und Herren. Deshalb fordern wir die Rücknahme der einseitigen Sparmaßnahmen und die Übernahme des Tarifabschlusses auf die Beamtinnen und Beamten.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Frei- en Wähler)

Danke schön, Herr Kollege. Als Nächster hat Kollege Hans Herold das Wort, bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese beiden Anträge sind für mich als Mitglied des Ausschusses für Fragen des öffentlichen Dienstes und als Mitglied des Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen natürlich von ganz besonderer Bedeutung, auch deswegen, weil wir auch für die Belange unserer tüchtigen Beamtinnen und Beamten in Bayern zuständig sind. Ich sage ganz bewusst zu Beginn meiner Ausführungen: Gerade die leistungsorientierte Besoldung unserer Beamtinnen und Beamten ist uns allen sehr, sehr wichtig.

(Christa Naaß (SPD): Das stimmt doch gar nicht!)

Ich kann das auch beweisen. Ich verweise auf die volle Übernahme des guten Tarifabschlusses in den Jahren 2009 und 2010. Das führte zu einer Besoldungserhöhung in Höhe von 3 % im Jahr 2009 und von 1,2 % im Jahr 2010; außerdem gab es den Sockelbetrag von 40 Euro. Ich sage das auch im Wissen um eine Finanz- und Wirtschaftskrise, in der in der Wirtschaft massive Kurzarbeit angesagt war und es in der Wirtschaft keine Lohnerhöhung gab.

Ich sage heute ein ganz besonderes Dankeschön an die tüchtigen Beamtinnen und Beamten des Freistaats Bayern.