Protocol of the Session on February 22, 2011

Die Diskussion, ob es eines Ersatzteiles bedarf, hat es gar nicht gegeben, und zwar deswegen nicht, weil keine Sicherheitsbedenken bestanden. Somit ist Ihre Frage in diesem Punkt praktisch erledigt. Sobald

ich feststelle, ich brauche das nicht, stellt sich auch nicht die Frage, ob Ersatzteile zu beschaffen sind.

Zur zweiten Frage: Die Einigung bestand. Man muss noch einmal festhalten, dass es kein meldepflichtiges Ereignis gewesen ist. Es hat ab August Gespräche auf Fachebene gegeben. Die Fachbehörden von Bund und Ländern gehen bezüglich der Sicherheit nicht Buchbinder-Wanninger-mäßig vor wie vielleicht auf anderen Politikfeldern. Es gibt da vielmehr eine enge symbiotische Verflechtung, da es eben ein sehr wichtiges Thema ist. Deswegen hat das BMU letztendlich auch festgestellt und zwar ebenso einhellig wie die RSK, dass es die gleichen Sicherheitseinschätzungen hat wie Bayern.

Danke schön. Nun hat Herr Thalhammer als Nächster das Wort.

Herr Staatsminister, Sie erlauben es mir sicherlich, kurz darauf hinzuweisen, dass wir am 27. Januar über mehrere Stunden hinweg im Umweltausschuss sehr intensiv und ins Detail gehend jede diesbezügliche Frage bereits abschließend behandelt haben. Im Übrigen hat der Kollege Hartmann alle Fragen, die er heute gestellt hat, bereits in dieser Umweltausschusssitzung gestellt, obwohl er im Grunde nicht Mitglied dieses Ausschusses ist.

Häufig ist es natürlich so, dass aufgrund einer ideologischen Grundeinstellung eine selektive Wahrnehmung vorherrscht. Deshalb erscheint es mir wichtig, einige Sachverhalte noch einmal klar und deutlich zu formulieren.

Ich frage Sie, Herr Staatsminister: Ist Grafenrheinfeld sicher?

(Zurufe von der CSU: Ja!)

Reicht es nach Einschätzung der Fachleute aus, das betroffene Rohrstück im März und nicht schon sofort auszutauschen?

Sind Sie mit mir einer Meinung, dass wir diese Debatte heute nur aufgrund neuer, innovativer und freiwilliger Kontrollmethoden führen und dass die Fragestellung bei der heutigen Ministerbefragung nicht hätte lauten dürfen, was falsch läuft, sondern dass eigentlich gefragt hätte werden müssen, was bei unserer Überwachung richtig läuft?

(Zurufe von den GRÜNEN)

Bitte sehr, Herr Minister.

Ich finde es unangemessen, wie manche mit ihren Zwischenbemerkungen agieren, denn es geht doch um ein sehr ernstes Thema.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Im Grunde habe ich schon etwas Verständnis, denn wir haben zurzeit Landtagswahlen und man versucht sicherlich, sich da jederzeit zu unterstützen. Ich sage allerdings aus tiefster Überzeugung, dass es auf Dauer der falsche Weg ist, mit der Angst der Bevölkerung Wahlkampf zu machen.

(Beifall bei der CSU - Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Ihre Frage eins beantworte ich mit Ja. Das Kernkraftwerk Grafenrheinfeld ist nach allen Sicherheitsstandards, die es gibt, sicher. Ich möchte noch einmal ausdrücklich festhalten: Diese Sicherheitsstandards sind nicht etwa Standards, die wir uns in Bayern ausgedacht haben, vielmehr hatten wir in den letzten zehn Jahren zwei Umweltminister anderer Couleur, sei es Rot oder Grün, die diese Standards durch das BMU intensiv haben prüfen lassen und Vorgaben gemacht haben. Es wurde in allen Anfragen, die im Deutschen Bundestag gestellt wurden, vom BMU bestätigt - übrigens auch für Isar 1 -, dass diese Kernkraftwerke sicher sind und den Standards entsprechen. Deswegen noch einmal: Ja, Grafenrheinfeld ist sicher.

Die zweite Frage. Es reicht absolut aus, den Austausch im März vorzunehmen. Die Fachleute gingen sogar von einem längeren Zeitraum aus. Das heißt, man hätte auch später austauschen können. Aber ich glaube, wir haben gemeinsam der Besorgnis wegen die richtige Entscheidung getroffen, es jetzt zu tun.

Und nun zur dritten Frage, zu den Kontrollmechanismen. Ich glaube in der Tat, Herr Abgeordneter, dass wir gerade im internationalen und im europäischen Verbund mit unseren Mess- und Kontrollmethoden den Standard für andere Länder setzen können.

Eines der Argumente dafür, dass wir in Deutschland eine Verlängerung der Laufzeiten der Kernkraftwerke haben wollen, ist, dass wir nicht sicher sind, ob wir nicht am Ende, wenn die Kernkraft abgeschaltet wäre, genötigt wären, aus dem Ausland Strom zu beziehen, der dort mit deutlich geringeren Sicherheitsstandards erzeugt wird.

(Beifall bei der CSU - Ludwig Wörner (SPD): Oh, oh!)

Deswegen sagen wir: Ja, wir haben die besten Sicherheitsstandards und wollen sie auch behalten und innovativ weiterentwickeln.

(Beifall bei der CSU - Ludwig Wörner (SPD): Sie machen Wahlkampf mit der Angst, die Lichter gehen aus!)

Nächste Fragestellerin ist Frau Kollegin Dittmar. Ihr folgt dann noch mal Herr Kollege Dr. Fahn. Bitte, Frau Dittmar.

Herr Minister, Sie behaupten immer wieder, es habe keine Differenzen in der Bewertung der Messwerte zwischen Bundesumweltministerium und bayerischer Atomaufsicht gegeben. Ich bezweifle dies. Denn letztendlich sind völlig unterschiedliche Konsequenzen aus diesen Messergebnissen gezogen worden.

Die bayerische Atomaufsicht hat die Befunde als sicherheitstechnisch unbedenklich eingestuft und die Anlage schließlich mit der Maßgabe, dass der Befund bei weiteren Revisionen im Auge behalten werden müsse, wieder ans Netz gelassen.

Das Bundesumweltministerium hat irgendwie Wind davon bekommen, hat die Reaktorsicherheitskommission zur Beratung hinzugezogen und ist am 16.12. zu dem Ergebnis gekommen, dass bei der Jahresrevision 2011 das besagte Thermorohr herausgenommen und einer materialwissenschaftlichen Untersuchung unterworfen werden müsse.

Das sind für mich zwei völlig unterschiedliche Bewertungen der Messergebnisse. Ich frage Sie: Warum sind die bayerische Atomaufsicht und der TÜV Süd im Juni noch nicht zu diesem Ergebnis gekommen? Welche neuen Ergebnisse haben Sie am 14. Dezember im Fachgespräch mit dem Betreiber gewonnen, dass Sie diesen dann veranlasst haben, das Rohr auszutauschen?

Ein weiterer Punkt: Sie wissen, dass es bereits im Jahre 2001 an dieser Stelle Auffälligkeiten gab. Diese Messkomponente war damals im kerntechnischen Regelwerk noch nicht vorgesehen. Bayern hat trotzdem überprüft und ein Prüfintervall von acht Jahren vorgegeben.

Dazu meine erste Frage: Warum wurde dieses Prüfintervall um ein Jahr überschritten und warum wurde erst nach neun Jahren überprüft?

Zweite Frage: Ist es nicht so, dass die Vorgabe von Prüfungsintervallen bei unauffälligen Befunden eine Wiederholungsprüfung sein soll, dann aber, wenn ich

eine Auffälligkeit entdecke, die Prüfung deutlich früher durchgeführt werden muss?

Zwischenzeitlich ist diese Messkomponente in das kerntechnische Regelwerk aufgenommen worden. Zu welchem Zeitpunkt geschah das? Und warum ist nicht spätestens zu diesem Zeitpunkt die Untersuchung erneut vorgenommen worden?

(Beifall bei der SPD)

Danke schön. Herr Staatsminister, bitte.

Ihr Zweifel ist aus meiner Sicht unangemessen, Frau Kollegin. Im Laufe des letzten halben Jahres hat es zwischen den Fachleuten eine Diskussion über die Sache gegeben und auch eine Diskussion darüber, ob es sicherheitsrechtliche Bedenken gibt oder nicht. Einzelne Fragen davon, meine Damen und Herren, waren im Hinblick auf die Sicherheitsrelevanz nicht entscheidend. Entscheidend war das Ergebnis. Das Ergebnis habe ich schon angesprochen. Wir beide sind keine Fachleute in dieser Frage; ich bin kein Ingenieur und ich glaube, Sie auch nicht, Frau Kollegin. Insofern tun wir an dieser Stelle gut daran, die Experten der zuständigen Gremien, also TÜV bei uns sowie die Experten beim Bundesumweltministerium und von der Reaktorsicherheitskommission, zu befragen. Dass das intern diskutiert wurde, halte ich für richtig. Es wäre schlimm, wenn keine solchen Diskussionen stattfänden. Der Stand der Technik könnte dann nicht weiterentwickelt werden. Ich glaube, da sind wir einer Meinung.

Man ist bei den Diskussionen erstens zu dem Ergebnis gekommen, dass keine Sicherheitsgefährdung besteht. Es konnte weder ein Riss noch ein Anriss festgestellt werden. Zweitens hat man festgestellt, dass kein Austausch notwendig wäre, hat dann aber gemeinsam mit dem Betreiber entschieden, vorsorglich zu handeln. Eigentlich müsste das ein Lob des Parlaments auslösen, dass man nicht dem Fachrat allein folgt, einen späteren Zeitpunkt zu nehmen, sondern quasi den frühestmöglichen Zeitpunkt nutzt, um etwaige Risiken vorsorglich zu klären. An der Stelle ist es also eher Fürsorge als die Gefahr, dass etwas anderes gemacht wird.

Sie sprechen die 10-Jahres-Frist an. Auch damals war es so: Im Jahr 2001 ist kein Riss oder Anriss festgestellt worden. Die Messungen aus dem Jahr 2001 lagen unterhalb der Registrierschwelle des einschlägigen kerntechnischen Regelwerks des Bundes. 2001 war Trittin Bundesumweltminister. Da hat es keinerlei Diskussionen gegeben.

Für die Revisionen der nächsten Jahre - warum man neun oder zehn Jahre genommen hat, weiß ich nicht finde ich es sehr positiv, dass man den Revisionsprozess beschleunigt.

Es geht noch einen Schritt weiter. Wir investieren im Moment, unabhängig davon, dass wir es müssten das knüpft ein bisschen an die Frage von Herrn Thalhammer an -, international eine Menge Geld in die Laufzeitverlängerung, um die weiteren Sicherheitsprotokolle zu verbessern, um Back-up-Systeme und Ausfallsysteme zu entwickeln, die eigentlich nach den jetzigen Vorstellungen national wie international nicht notwendig gewesen wären. Insofern kann man schon eher sagen, dass wir unserer Zeit fast voraus sind. Ich will nicht zu viel loben, denn das löst bei Ihnen Ärger aus. Ich möchte nur sagen, dass wir uns sehr korrekt verhalten haben.

Ich möchte auch ein Dankeschön an das Parlament sagen, nicht nur an die Prüfer vom TÜV, sondern an alle, die in der Atomaufsicht tätig sind. Das ist nicht so vergnügungssteuerpflichtig wie andere Aufgaben. Ich finde, unsere bayerischen Beamten leisten da hervorragende Arbeit, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU und bei der FDP)

Bitte schön, Herr Kollege Dr. Fahn.

Herr Thalhammer hat vorhin gesagt, am 27.01. sei alles schon einmal diskutiert worden. Der Unterschied zu heute ist der, dass heute der Minister da ist. Das ist schon mal reizvoll und wichtig, um ihn konkret fragen zu können.

Herr Minister, Sie haben von Wahlen gesprochen. Nach meinen Berechnungen sind in Bayern erst 2013 wieder Wahlen. So gesehen fragen wir nicht aus diesem Grund, sondern weil konkret noch Unklarheiten bestehen.

Sie sagen, das AKW Grafenrheinfeld sei sicher. Aber ich sage konkret, es bleiben Zweifel. Zum Beispiel hat Herr Kurth vom Öko-Institut den Befund als meldepflichtig eingestuft. Das können Sie auch überall nachlesen.

Herr Minister, wie beurteilen Sie eigentlich die Beschlüsse von sehr vielen Kreistagen, von Kommunen in Unterfranken, Würzburg, Kitzingen, Rhön-Grabfeld und vieler anderer, die sich, auch wegen der Sicherheitsrisiken von Grafenrheinfeld, sehr intensiv mit dieser Thematik beschäftigt haben und die sich zum Teil einstimmig gegen die Restlaufzeitverlängerung ausgesprochen haben? Zum Beispiel sind in Rhön-Grabfeld viele Ihrer Parteikollegen dabei, dort werden die

Risiken ebenso wie hier von uns gesehen. Darum meine Frage: Nehmen Sie diese Beschlüsse ernst oder schieben Sie die einfach beiseite?

Noch eine letzte Frage: Sind Sie bereit, Herr Minister, einmal zu einer öffentlichen Diskussion nach Unterfranken zu kommen und sich mit der Bevölkerung auseinanderzusetzen oder schicken Sie immer nur Beamte des Umweltministeriums dort hin?

Bitte schön, Herr Staatsminister.

Herr Fahn, erstens, in der Tat spielen die Landtagswahlen für die Freien Wähler keine Rolle. Denn ihr seid nur noch bis 2013 hier.