Protocol of the Session on July 15, 2010

(Beifall bei der CSU)

Es gibt immer menschliches Versagen, und dagegen kann keiner etwas tun. Es gibt Fehler, die einfach passieren. Das wird zu klären sein. Erwecken Sie aber bitte nicht aufgrund eines Falles, in dem es ein Problem gegeben hat, generell den Eindruck - vielleicht aus parteipolitischen Interessen -, wir hätten in Bayern eine schlechte Situation. Viele Landräte und Bürgermeister leisten als Aufsichtsratsvorsitzende eine hervorragende Arbeit, und diese möchte ich ausdrücklich an dieser Stelle in Schutz nehmen.

(Beifall bei der CSU)

Wir haben eine Zwischenbemerkung von Frau Kollegin Sonnenholzner.

Herr Staatsminister, Sie wollen mich bewusst missverstehen. Selbstverständlich sind mir die Verpflichtungen aus dem Infektionsschutzgesetz bekannt. Nehmen Sie aber bitte zur Kenntnis, dass es in Bayern im Gegensatz zu zahlreichen anderen Bundesländern keine Hygieneverordnung gibt und dass mit dem Fehlen der Hygieneverordnung die Grundlage für den Vollzug der Aufgaben der Gesundheitsämter fehlt. Es geht nicht primär um die Frage der Sterili

sation, sondern es geht auch um den Umgang mit nosokomialen Infektionen. Nichts anderes habe ich in meinem Beitrag mehrfach gesagt, und ich wiederhole es jetzt. Wie gesagt: Andere Länder stellen sich dem auch, und selbstverständlich wird man nicht jedes menschliche Versagen oder bewusstes menschliches Fehlverhalten abstellen können. Aber man kann es minimieren. Genau in diesem sensiblen Bereich geht es darum, das zu minimieren, und zwar so schnell wie möglich.

Zur Frage des Investitionsstaus an bayerischen Krankenhäusern; auch dazu muss ich einen Halbsatz sagen. Es ist schön, dass Sie sich hier feiern. Schön ist auch, dass in diesem Haushalt mehr Geld steckt als in den vergangenen. Tatsache ist aber, dass Sie erst jahrelang in allen Haushalten ganz massiv gekürzt haben, jetzt ein wenig aufgestockt haben und sich dafür feiern lassen. Das ist das, was ich neulich schon als die "Methode CSU" bezeichnet habe. Es ist ein bisschen wie auf einem türkischen Basar, hilft aber nicht und hat auch mit dem Thema nichts zu tun. Was dafür an Geld gebraucht wird, kommt nicht aus dem Investitionsvolumen, sondern das betrifft die laufenden Kosten. Über diese Frage wird in Berlin entschieden, und das hat der FDP-Gesundheitsminister mit Ihrer jedenfalls tätigen Nichtunterstützung auf den Weg gebracht; denn Sie bekämpfen ihn nur verbal und nicht mit Taten.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt haben Sie geschickt versucht, mich irgendwie gegen Herrn Rösler in Stellung zu bringen. Das wird Ihnen aber nicht gelingen. Ich nehme ihn immer in Schutz, sogar gegen die FDP-Landtagsfraktion. Kollege Bertermann hat mich aufgefordert, nachhaltig zu agieren.

Zwei kurze Bemerkungen: Erstens. Die überragende Zahl der Bundesländer - auch SPD-regierte Länder hat keine eigene Verordnung, und zwar einfach deswegen, weil diese Bundesländer den Empfehlungen der Fachbehörde des Bundes, den Vorschriften für Krankenhaushygiene, Infektion und Prävention des Robert-Koch-Instituts, absolut folgen. Dieses stellt deutschlandweit - wir haben das bei anderen Themen auch bemerkt - die zuständige Behörde, die darüber entscheidet, was empfohlen wird und was nicht. Deswegen haben andere Bundesländer, auch SPD-regierte, entschieden, keine eigene Verordnung zu machen. Wir haben ausgeführt, wir können es uns durchaus vorstellen, die Thematik zu präzisieren und darüber zu diskutieren, was alles hineingenommen werden muss. Wobei man zum Infektionsschutz - anders zu den Sterilgeräten - wissen muss, dass es sich

um eine diffizile Angelegenheit handelt. Es geht eher um Fragen der Größe von Abständen, nicht aber um die Frage, nach welchem Maßstab welche Geräte wie benutzt und gereinigt werden sollen. Das fällt unter die Gewerbeaufsicht, die bei einem anderen Ministerium beheimatet ist. Das zum Ersten.

(Zuruf von der SPD : Erstaunliche Erkenntnisse!)

- So ist es nun einmal.

Ein Zweites. Ich gebe mir Mühe, keine einseitige Kritik zu üben. Sie haben in der Tat recht: Darüber kann man immer streiten. Ich wünsche mir nur, dass wir dabei gemeinsam Fairness walten lassen und künftig gemeinsam über die Sachverhalte gleich entscheiden und nicht das übliche kleinkarierte Spiel "Opposition und Regierung" spielen, wenn es um parteipolitische Fragen geht. Das ist mir ein Anliegen.

(Beifall bei der CSU - Kathrin Sonnenholzner (SPD): Genau darum hatte ich mich bemüht!)

Ein Letztes, was das Thema Krankenhaus und Bund betrifft. Die eigentliche Aufgabe wird eine andere sein. Die eigentliche Aufgabe wird sein, dass wir in Berlin das System der Krankenhausfinanzierung weiterentwickeln, und zwar im Bereich der Betriebskosten. Ich persönlich plädiere heftig und gerade für Bayern dafür, den öffentlichen Krankenhäusern beim Abrechnungssystem unter die Arme zu greifen, und zwar vor allen Dingen dort, wo es um Notfallversorgung geht. Wir haben viele hervorragende private Kliniken, die aber nur ein gewisses Segment anbieten, die hinsichtlich der öffentlichen Krankenhausplanung aufgrund geltender Rechtslage und nach Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts klagen können. Sie picken sich im Grunde genommen die Rosinen heraus, können sich an der öffentlichen Versorgung beteiligen und schneiden damit auch besser ab. Die öffentlichen Häuser, die in der Notfallversorgung die gesamte Bandbreite abdecken müssen, tun sich bei der Finanzierung schwerer. Die gemeinsame Denksportaufgabe besteht darin, dies zu lösen. Darum geht es.

Im Vergleich zu anderen Bundesländern stehen wir wirklich gut da. Sie könnten uns feiern; das machen Sie aber nicht. Damit muss ich wahrscheinlich leben. Wir wollen uns aber gar nicht feiern lassen, sondern einfach erreichen, dass wir in den nächsten Jahren eine gewisse Planungssicherheit haben, damit vor allem die Menschen in den ländlichen Räumen wissen, dass Bayern sie bei der Krankenversorgung nicht im Stich lässt.

(Beifall bei der CSU)

Herr Staatsminister, wir haben noch eine Zwischenbemerkung. Herr Kollege Lorenz, bitte schön.

(Vom Redner nicht autori- siert) Nachdem vorher keine Möglichkeit bestand, eine zweite Zwischenintervention zu machen, frage ich den Herrn Staatsminister, ob ihm bekannt ist damit das im Protokoll steht -, dass die CSU-Stadträte in den Aufsichtsgremien der städtischen Krankenhäuser München Anträge gestellt haben, auch einen Arzt in den Aufsichtsrat aufzunehmen. Eine zweite Frage: Wer trägt dafür die Verantwortung? Aufsichtsräte, die exakt das fordern, deren Vorschläge aber aufgrund der politischen Mehrheit abgelehnt werden, oder diejenigen, die entsprechende Aufsichtsratsbeschlüsse mit Mehrheit durchsetzen?

(Beifall bei der CSU - Zuruf von der SPD: Oh!)

Herr Minister.

Ich bin für die Beurteilung des ethischen Verhaltens der Aufsichtsräte auch der CSU an sich nicht so richtig fachlich zuständig. Ich kann dazu relativ wenig sagen, weil ich es nicht weiß. Die weitere Diskussion wird das ergeben. Ich weiß nicht, wie dort die Aufsichtsräte abgestimmt haben. Ich kenne zwar die CSU München gut, ich weiß aber nicht, wie es dort war. Was mir auffällt, ist Folgendes:

(Zuruf von der SPD: Da ist er sehr vorsichtig!)

- Ich bin deswegen vorsichtig, weil ich es nicht weiß. Bei diesen Dingen würde ich aber generell allen zu einem Höchstmaß an Transparenz und Fairness raten.

(Lachen des Abgeordneten Ludwig Wörner (SPD) - Ludwig Wörner (SPD): Das sagt ausgerechnet die CSU! - Heiterkeit bei der SPD)

- Das Protokoll vermerkt einen Spontananfall unseres Freundes Wörner; er ist aufgewacht; das freut mich. Wahrscheinlich sind Sie später bei der Gentechnik an der Reihe.

Was ich meine, ist Folgendes - das gilt generell für die Medien, aber auch für die Politik. Über die Politik habe ich schon gesprochen. Wir erleben, dass in allen Fällen, in denen etwas passiert, generell eine totale Skandalisierung stattfindet. Man hat den Eindruck, dass quasi schon die Weltkatastrophe geschehen ist. Ich bin der Meinung, man soll Verantwortlichkeiten zwar benennen, aber trotz alledem immer die Kirche im Dorf lassen. Wenn wir dies schaffen, tun wir uns in

der Politik insgesamt einen Gefallen, und wir laufen nicht nur einzelnen Leuten der Medien nach.

(Beifall bei der CSU)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Deswegen schließe ich die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/5470 seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind alle Fraktionen und Frau Kollegin Pauli. Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Keine. Damit ist der Dringlichkeitsantrag angenommen.

Zur gemeinsamen Behandlung rufe ich jetzt auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Georg Schmid, Christian Meißner, Renate Dodell u. a. und Fraktion (CSU), Dr. Andreas Fischer, Dr. Otto Bertermann, Jörg Rohde u. a. und Fraktion (FDP) Einheimischenmodelle sichern (Drs. 16/5471)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Tanja Schweiger, Joachim Hanisch u. a. und Fraktion (FW) Einheimischenmodelle erhalten (Drs. 16/5473)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Erster Redner ist Herr Kollege Schwimmer. Bitte sehr.

(Vom Redner nicht autori- siert) Herr Präsident, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Mit unserem Dringlichkeitsantrag verfolgen wir das Ziel, auf die Staatsregierung einzuwirken, bei der Bundesregierung darauf hinzuwirken, dass die EU-Kommission die Einheimischenmodelle in Bayern zulässt. Die EU droht mit einem Verfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland, weil sie in diesen Einheimischenmodellen in Bayern, so die Kommission, einen Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit in der EU sieht. Europäische Bürger, so die EU, die sich aus familiären oder beruflichen Gründen in einer dieser Gemeinden niederlassen möchten, würden gegenüber Ortsansässigen benachteiligt.

Wir sehen diese Drohung als einen Angriff auf die kommunale Selbstverwaltung. Örtliche Siedlungspolitik ist ureigene Aufgabe der Kommunen. Die Einmischung der Kommission ist unnötig, entspricht aber dem häufigen Drang aus Brüssel, sich in Belange der Kommunen einzumischen.

Wir sehen das weiterhin als einen Angriff auf die im Lissabon-Vertrag garantierte Subsidiarität. Subsidiarität ist eine politische und eine gesellschaftliche Maxi

me, die Eigenverantwortung vor staatliches Handeln stellt. Danach sollen die bei staatlichen Aufgaben zuerst und im Zweifel untergeordneten lokalen Glieder Stadt, Gemeinde oder Kommune für die Lösung und Umsetzung zuständig sein, während übergeordnete Glieder zurückzutreten haben. Das Subsidiaritätsprinzip ist eine wichtige Grundlage in der EU. Artikel 5 des EG-Vertrags sagt, dass in den Bereichen, die nicht in ihre ausschließliche Zuständigkeit fallen, die Gemeinschaft nach dem Subsidiaritätsprinzip nur tätig wird, sofern und so weit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen auf der Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können.

Es gibt eine Charta von Leipzig aus dem Jahr 2007, die mit Zustimmung der Kommission beschlossen wurde. Es handelte sich um ein informelles Ministertreffen. Darin heißt es: Zu den Zielen dieser Charta gehörten die Förderung des sozialen Zusammenhalts und der sozialen Integration in unseren Städten und Gemeinden. Eine lokale Bevölkerung ist hierfür gerade in kleineren Gemeinden von zentraler Bedeutung.

In unseren Augen ist hier ein Widerspruch im Vorgehen der Kommission zu sehen: auf der einen Seite die kommunale Selbstverwaltung, der Begriff der Subsidiarität, verankert im EG-Vertrag, dann der Begriff der lokalen Identität, verankert in der Charta von Leipzig, auf der anderen Seite die überzogene Betonung der Freizügigkeit innerhalb der EU.

Im Rahmen der Einheimischenmodelle werden vor allen Dingen jüngere Familien, ortsansässige junge Leute gefördert, und zwar mit günstigerem Bauland. Eine langjährige und gewachsene Bevölkerungsstruktur wird dabei erhalten, und damit wird der ländliche Raum gefördert. Dazu gibt es Kriterien: bestimmte Dauer der Ortsansässigkeit, Einkommen, familiäre Situation; auch Vermögensverhältnisse zählen hierzu. In meinen Augen kann sich jeder EU-Bürger bemühen, diese Kriterien zu erfüllen. Daneben gibt es in nahezu allen Gemeinden auch den freien Markt. Der EU-Bürger kann zuziehen und sich nach einer bestimmten Dauer die Ortsansässigkeit schlichtweg erwerben. Meines Erachtens bleibt es den Gemeinden unbenommen, im Rahmen der Einheimischenmodelle sozial schwächeren Familien zu helfen, Wohneigentum zu errichten, darin zu wohnen und somit in der Heimat bleiben zu können. Damit wird eine intakte Gemeinde in unseren Dörfern erhalten.

Wie sollen wir denn diese Ziele dort erreichen, wo die Baulandpreise eminent unter Druck stehen? Wir reden hier über Größenordnungen von 200 Euro pro Quadratmeter aufwärts. Wenn wir alle intakten und gewachsenen Einheiten auf dem Altar der Freizügigkeit opfern müssen, laufen die Gemeinden Gefahr,

eine ungeordnete bauliche Entwicklung hinnehmen zu müssen oder alternativ keine bauliche Entwicklung zu haben. Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, beides können wir nicht wollen.

Ich bleibe dabei: Die EU soll sich um die Probleme kümmern, die sie besser als alle anderen staatlichen Ebenen lösen kann. Das ist Subsidiarität. Die Entscheidung über Bauland gehört jedenfalls nicht dazu. Dies ist ein Akt der kommunalen Selbstbestimmung. Wir müssen für dieses Modell kämpfen. Andernfalls besteht die große Gefahr, dass die Kommunen in Zukunft mit noch größeren Einschnitten bei ihrer Eigenbestimmung rechnen müssen. Ich sehe dies in einer Reihe mit den Diskussionen über das Abwasser, das Wasser und dergleichen.

Die Androhung einer Klage gegen die BRD geht an der Lebenswirklichkeit vorbei. Ich bitte Sie darum, dass wir gemeinsam für den Erhalt dieser Einheimischenmodelle kämpfen. Ich bitte Sie um die Unterstützung unseres Antrags. Wir werden dem Antrag der Freien Wähler zustimmen, sofern das Wort "Deutschland" durch das Wort "Bayern" ersetzt wird; denn wir sind nur für Bayern zuständig.

Ich bitte Sie nochmals herzlich um Ihre Unterstützung.

(Beifall bei der CSU)

Meine Damen und Herren, ich darf Herrn Landrat Alfred Reisinger einen früheren Landtagskollegen - bei uns begrüßen. Seien Sie uns herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)