Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Im Ältestenrat wurden fünf Minuten Redezeit pro Fraktion vereinbart. - Als erster Rednerin darf ich Frau Kollegin Weikert das Wort erteilen.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Am Ende dieses Tages und kurz vor der Sommerpause haben wir ein vorgezogenes Sommertheater der Staatsregierung zu verarbeiten. Dieses Sommertheater beenden wir mit einer namentlichen Abstimmung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, worum geht es? Vor einigen Wochen ist aus dem Kultusministerium - nicht vom Minister, sondern von der Ministerialbürokratie ein Brief an alle privaten Altenpflegeschulen mit der ausdrücklichen Festsetzung gegangen, dass der bisher vom Freistaat Bayern gewährte Schulgeldausgleich für die dortigen Ausbildungen von 200 Euro auf 100 Euro gekürzt wird. Diese Ankündigung hat die Kolleginnen und Kollegen und alle Betroffenen aus den Altenpflegeschulen vor Ende des Schuljahres und mitten in den Anmeldezeiten erschüttert. Sie alle sind über die Protestbriefe über diesen Sachverhalt informiert worden.
Was bewirken diese Schulgeldkürzungen? Die Schulen können die Kosten an ihre Auszubildenden nicht weitergeben, da der Beruf der Altenpflege nicht so attraktiv ist, dass in die Ausbildung privates Geld investiert wird. Dies hat die Expertenanhörung im sozialpolitischen Ausschuss gezeigt. Wenn die Altenpflegeschulen kein Schulgeld erheben können und mit der Kürzung leben müssen, stehen sie kurz vor der Insolvenz. Dabei handelt es sich nicht um eine leere Drohung. Dies ist uns anhand von Kostenrechnungen von Wirtschaftsprüfern ganz konkret belegt worden.
Was haben wir getan? Wir haben das Thema zunächst im Rahmen einer Ministerbefragung hier im Plenum aufgegriffen.
- Danke für Ruhe. - Frau Ministerin Haderthauer stand hier Rede und Antwort. Sie hat am Podium zwar nicht ganz deutlich, aber in die Richtung tendierend erklärt:
Damit haben wir uns natürlich nicht zufriedengegeben. Wir schenken diesen Äußerungen keinen großen Glauben. Daraufhin haben wir Anträge gestellt, die federführend im Haushaltsausschuss beraten worden sind. Der Haushaltsausschuss hat die Anträge abgelehnt. Im Anschluss daran ist der Antrag im sozialpolitischen Ausschuss mitberatend behandelt worden. Dort haben wir nach einer effektiven und sachlichen Diskussion sowie einer kurzen Pause der Beschlussempfehlung einstimmig zugestimmt. Diese Beschlussempfehlung - das ist nicht amüsant, sondern schon makaber - beinhaltet den Text einer Presseerklärung, die Frau Ministerin Haderthauer am 24.06.2010 herausgegeben hat. Die Überschrift lese ich vor: "Die Altenpflegeschulen werden auch in Zukunft zu 100 Prozent refinanziert werden." Diese Aussage haben wir in unsere einstimmig beschlossene Beschlussempfehlung aufgenommen.
Die Geschichte geht weiter. Der Antrag ist ebenfalls im Bildungsausschuss mitberaten worden. Der Bildungsausschuss hat dieses Votum gekippt, und am Ende stand die Sache ungeklärt da. Der Brief, der an die Altenpflegeschulen geschickt worden ist, gilt nach wie vor. Die Altenpflegeschulen haben mit dem Rückgang der Anmeldezahlen zu kämpfen. Sie wissen alle, dass wir vor einem drohenden Fachkräftemangel in der Altenpflege stehen. Die Schüler melden sich zum Teil wieder ab. Deshalb haben die Schulen ein riesiges Finanzierungsproblem. Sie stehen, wenn sich das nicht ändert, kurz vor der Insolvenz. Kolleginnen und Kollegen, das müssen Sie heute korrigieren.
Deshalb steht unser Antrag heute noch einmal zur Abstimmung, und zwar nicht in der Beschlussempfehlung der drei Ausschüsse, sondern in seiner ursprünglichen Form. Wenn Sie dem Votum nicht folgen wollen, bitte ich Sie, das Kultusministerium aufzufordern, den Brief, der von der Ministerialbürokratie rausgeschickt wurde und von dem die Sozialministerin nichts gewusst hat, wieder zurückzuziehen und sich mit den Trägern der Altenpflegeschulen an einen Tisch zu setzen, um über die Finanzierung zu reden. Das ist das Mindeste, was Sie heute vor der Sommerpause tun können.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben es wirklich mit einem absurden Theater - in diesem Fall mit einer
Herr Huber, davon verstehen Sie nichts. Kümmern Sie sich um Ihre Finanzen und lassen Sie mich über die Altenpflege reden. Es ist unglaublich, dass sich eine Sozialministerin aus dem Kabinett hierher stellt und in einer Ministerinbefragung sagt, es müsse kein Schulgeld erhoben werden, da es eine hundertprozentige Refinanzierung gebe. Darüber habe sie sich mit Herrn Kultusminister Spaenle geeinigt. Er hat wohlweislich bei dieser Ministerinbefragung, obwohl er anwesend war, nicht gesprochen. Heute wird er wahrscheinlich dazu Stellung nehmen, jedoch ist Frau Haderthauer nicht da. Das ist ein Verwirrspiel. Ich weiß nicht, für wie blöd Sie uns halten. Sie setzen uns so was vor und glauben, dass wir Ihnen auf den Leim gehen.
Sie wussten von Anfang an, dass Sie Schulgeld erheben werden. Sie haben versucht, dies zu verschleiern und zu verschleppen. Ihnen ist es offensichtlich gelungen, die CSU-Fraktion hinters Licht zu führen. Mit uns gelingt Ihnen dies jedoch nicht. Herr Kultusminister, Sie können sich jetzt hier hinstellen und erzählen, was Sie wollen. Wir werden den Altenpflegeschulen jetzt die Botschaft überbringen müssen, dass sie sich auf die Erhebung von Schulgeld ab dem nächsten Schuljahr einstellen müssen. Ich kann Ihnen sagen, was dann passiert. Dort wird sich kaum jemand anmelden. Die Menschen, die in die Altenpflege gehen, sind finanziell nicht besonders gesegnet.
Diese Menschen können das Schulgeld nicht bezahlen. Wenn Sie die Einführung des Schulgeldes dennoch durchziehen, riskieren Sie den Untergang der ohnehin bereits gefährdeten Pflege in der Zukunft sehenden Auges und machen sich an einer Pflegekatastrophe, die auf uns zukommt, mitschuldig.
Es geht um nicht mehr und nicht weniger als 2,8 Millionen Euro. Vorhin haben wir über 70 Millionen Euro gesprochen, die bereits für Straßenbauprojekte ausgegeben worden sind. Das ist alles nicht so schlimm. Die Zerstörung eines ganzen Berufszweiges, indem die benötigten 2,8 Millionen Euro nicht freigegeben werden, ist für Sie in Ordnung. Ich frage Sie: Was ist das für eine Regierungskoalition, die so etwas zulässt? Es ist unsäglich, was auf dem Rücken der Altenpflegeschule, auf dem Rücken der alten Menschen
und dem Rücken der Menschen, die sich dazu bereit erklären, einen Beruf zu ergreifen, der weiß Gott nicht zu den attraktivsten gehört, passiert. Ausgerechnet bei ihnen werden Sparmaßnahmen eingesetzt, die in einem Desaster enden müssen.
Das ist eine kurzsichtige Politik, und obendrein ist sie unehrlich. Es ist eine Politik, die glaubt, sie könne sich alles leisten. Sie haben Ihre Quittung bereits bei der letzten Wahl erhalten. Wie lange wollen Sie noch zumachen? Was wollen Sie den Menschen noch alles offerieren, bis Sie das Projekt 18 verwirklicht haben?
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das ist ein schwieriges Thema am Ende eines langen Tages. Aber ich möchte schon feststellen, dass private Altenpflegeschulen eine wichtige Aufgabe leisten. Sie sichern durch ihre hervorragende Ausbildung den dringend notwendigen Pflegekräftebedarf. Dies - das möchte ich besonders betonen - erkennen der Freistaat und die Staatsregierung, und sie finanzieren diese Schulen in ganz besonderer Weise, gegenüber anderen Berufsfachschulen auch privilegiert. Das wissen Sie alle ganz genau.
Auf drei Säulen steht die Finanzierung dieser Berufsfachschule. Nur die Altenpflege wird in drei Säulen finanziert: 79 % Betriebskostenzuschuss, 75 Euro Schulgeldersatz und 200 Euro Schulgeldausgleich. Diese Sonderfinanzierung von 200 Euro Schulgeldausgleich führt dazu, dass Altenpflegeschulen über 100 % der Betriebskosten hinaus finanziert sind. Das muss man einmal feststellen. Bei anderen Schulen ist das nicht der Fall. Das möchte ich deutlich sagen. Die Altenpflegeschulen werden dadurch zum Teil bis zu 150 % finanziert.
- Wissen Sie, seit einem Dreivierteljahr befasse ich mich intensiv damit. Deshalb brauchen Sie mir in Bezug auf die Zahlen kein Jota zu sagen.
Der zusätzliche Schulgeldausgleich für die privaten Altenpflegeschulen hat eine Geschichte. Im Schuljahr 2003/2004 wurde er eingeführt. Durch bundesgesetz
liche Änderungen wurden die Altenpflegeschulen zu Berufsfachschulen. Damit müssen sie nach dem Bayerischen Schulfinanzierungsgesetz finanziert werden, das heißt, die Finanzierung musste von 100 % auf 79 % der Betriebskosten abgesenkt werden. Das war die Geburtsstunde des Schulgeldausgleichs, der vorübergehend festgesetzt wurde.
Die Finanzierung geschah und geschieht auch heute noch als freiwillige Leistung des Kultusministeriums das möchte ich auch noch einmal ganz deutlich herausstellen - mit einem Kostenvolumen von 12 Millionen Euro. Im laufenden Schuljahr - das war ja das Problem - ist die Schülerzahl um 900 auf 6.000 angestiegen, und für das kommende Schuljahr wird prognostiziert, dass noch einmal 900 Schüler hinzukommen. Das ist eigentlich erfreulich, weil wir immer von einem Pflegekräftemangel sprechen. Dadurch kommen nun ganz andere Zahlen zum Vorschein.
Darum hat es auch das Schreiben des Kultusministeriums gegeben. Das Kultusministerium musste sich dazu äußern.
Ich möchte auch noch einmal für den sozialpolitischen Arbeitskreis der CSU erklären, dass die Grundlage des mit initiierten Beschlusses im sozialpolitischen Ausschuss so nicht mehr aufrechterhalten werden kann, weil die Vollfinanzierung der Altenpflegeschulen, von der immer gesprochen wird, bereits jetzt nicht mehr gegeben ist, da manche Altenpflegeschulen jetzt schon Schulgeld verlangen.
Wir lehnen daher die beiden Dringlichkeitsanträge ab, erstens weil bis dato keine Entscheidung darüber getroffen ist, das Schulgeld in irgendeiner Höhe zu senken - ich weise auch darauf hin, dass das Budget von 12 Millionen Euro unberührt bleibt - und zweitens, weil wir die exakten Schülerzahlen abwarten müssen, um die endgültige Finanzierung des Schulgeldausgleichs festzulegen.
Herr Kollege Taubeneder, steht das Ministerinnenwort von einer 100-prozentigen Refinanzierung noch, von der Frau Sozialministerin Haderthauer gesprochen hat? Auf meine Nachfrage, ob es dann also nicht nötig sei, zusätzlich
Schulgeld zu erheben, hat sie gesagt, das sei nicht nötig. Daraufhin habe ich mich bei ihr bedankt. Steht dieses Wort noch oder hat sie dieses Wort überhaupt nicht gesagt oder - Entschuldigung - hat sie die Unwahrheit gesagt? Dazwischen gibt es nichts.
(Beifall bei den GRÜNEN - Alexander König (CSU): Das müssen Sie die Staatsregierung fragen und nicht die Abgeordneten!)
Ich kann nur eines sagen: Sie hat gesagt - das habe ich gehört - eine 100-prozentige Finanzierung der Betriebskosten sei gewährleistet, und dies ist auch dann gewährleistet, wenn 100 Euro vom Schulgeldausgleich abgezogen würden. Auch dann würden noch über 100 % der Betriebskosten finanziert werden.