Davon unabhängig sage ich: In die gemeinschaftliche Währung muss Stabilität hineinkommen. Herr Minister Fahrenschon, wir sollten uns darüber einig sein, dass es viel weniger um die Stabilität nach außen als um die Stabilität nach innen geht. Wir müssen fragen: Wie steht es um die Geldwertstabilität im Euroraum? Zurzeit haben wir da keine bedenkliche Entwicklung. Allerdings müssen uns die hohe Verschuldung und die großen Geldmengen Sorgen machen.
Wir finden viele der im Beschluss des Kabinetts genannten Instrumente, die Sie gestern in der Presseerklärung skizziert haben, sehr gut und richtig. Es muss mehr mit Zwang gearbeitet werden. Es muss einen Automatismus geben. Nur setzen wir da auch ein paar Fragezeichen.
- Herr Schmid, ich habe gesagt, ich werde Sie schon mit Ihren -heimern - "Pappenheimer" darf ich hier gar nicht sagen - konfrontieren. Wenn Sie jetzt auf RotGrün zeigen und sagen, ihr habt Griechenland aufgenommen und der Stabilitätspakt wurde aufgeweicht, dann fangen Sie bitte bei sich selber an.
Es gibt eine Reihe von Tricksereien und Täuschereien, die unter der Ägide von Theo Waigel herbeigeführt worden sind. Ich nenne Ihnen ein paar Beispiele. Einmal denke ich an die Streckung der Rückzahlung beim Erblastentilgungsfonds. Oder man hat Lasten in die Zukunft verschoben; so war es beim Bundeseisenbahnvermögen. Oder die Bundesrepublik hat, um die beiden Referenzwerte des Konvergenzkriteriums für stabilitätsorientierte Haushaltsführung zu erreichen, in großem Stil Aktien zum Verkauf vorgesehen, hat sie aber nicht verkauft, sondern bei der KfW geparkt.
Ihr CSU-Mitkämpfer Theo Waigel kam dann auf die famose Idee, die Goldreserven neu zu bewerten. Dann waren die Steuereinnahmen höher als ursprünglich erwartet. So konnte er von dem Plan Abstand nehmen.
In der "Neuen Zürcher Zeitung" gibt es einen wunderbaren Überblickartikel über die kreative Buchführung, über all die Tricksereien und Täuschereien unter Ihrem damaligen Bundesfinanzminister Theo Waigel.
Herr Kollege Schmid, nachdem Sie über Kompetenzen gesprochen haben - Sie haben mit Ihrem Zeigefinger zwar nicht auf uns gezeigt, aber auf die Kolleginnen und Kollegen von der SPD -, darf ich Sie mit einer anderen Geschichte konfrontieren. In den Zeiten, in denen wir hier intensiv über den Euro diskutiert haben - 1996 gab es eine Initiative von uns; dann hatten wir 1997 eine Aktuelle Stunde dazu beantragt; im Sommer 1997 gab es, wenn ich mich richtig erinnere, hierzu eine Regierungserklärung -, kam die von uns überaus geschätzte "Bild"-Zeitung mit einem Überfallkommando von Reportern und Fotografen hier in den Landtag und hat die Abgeordneten, die einen Tag vorher über den Euro diskutiert und abgestimmt haben, gefragt: Liebe Abgeordneten, was sind denn die Konvergenzkriterien zur Einführung des Euro, über die ihr gestern diskutiert und abgestimmt habt?
Das Ergebnis war erschreckend. Von den Abgeordneten der CSU-Fraktion - es waren die meisten, die dieser Fraktion angehörten - hat kein einziger auch nur ansatzweise gewusst, worum es ging.
Von den 16 befragten Politikern kannten nur zwei - A. S. von der SPD und M. R. von den GRÜNEN - exakt die Kriterien. Alle anderen versuchten, der Frage auszuweichen, beantworteten sie grundfalsch oder hatten bestenfalls den Hauch einer Ahnung.
Es waren hauptsächlich Ihre Finanz- und Haushaltspolitiker, die gefragt worden sind. Kein einziger konnte auch nur annähernd etwas darüber sagen, wozu er einen Tag vorher diskutiert und abgestimmt hatte. Da sollten Sie mit Angriffen bezüglich Kompetenz doch etwas zurückhaltender sein. Aber es scheint sich bedauerlicherweise über weite Strecken nichts verbessert zu haben. Allerdings gibt es wohltuende Ausnahmen; das konzediere ich Ihnen gern.
Wir waren bei dem Paket, zu dem Ihr Finanzminister heute Ausführungen gemacht hat. Wir haben gesagt: Wir können über weite Strecken unsere Zustimmung geben. Nur müssen wir uns fragen: Wenn etwas be
schlossen oder paraphiert wird, ist es dann das Papier auch wert, auf dem es steht, oder handelt es sich dann um genau die gleiche Geschichte wie beim Stabilitäts- und Wachstumspakt, wie beim Vertrag von Maastricht, das heißt, dass, wenn es zum Schwur kommt, alles zu Schall und Rauch wird?
Es wird viel über die Nichteinstandsklausel des jetzigen Artikels 125 des Vertrages über die Zusammenarbeit der Organe der Union gesprochen. Man kann darüber diskutieren, was es heißt, dass ein Mitgliedsland nicht für ein anderes haftet. Wenn gesagt wird, ein Mitgliedsland tritt nicht für die Schulden eines anderen ein, dann bedeutet das, dass für die Schulden nicht eingetreten werden muss. Ob für die Schulden eingetreten werden darf, ist etwas anderes.
Zwei Artikel davor findet man ganz klar, der Erwerb von Schuldtiteln einzelner Zentralbanken durch die Europäische Zentralbank sei verboten. Da müssen wir schon fragen, was denn eigentlich passiert ist. Wir bitten jedenfalls, genau darauf zu achten, dass hier nicht Beruhigungspillen oder Placebos verabreicht, sondern Regelungen geschaffen werden, die im Zweifelsfall eingehalten werden.
Ich habe schon Ausführungen dazu gemacht, warum wir zur Zeit der Euroeinführung gegengehalten haben. Wir bitten, zu beachten, dass es nicht reichen wird, allein die Stabilitätskriterien zu verschärfen und nach einer schärferen Einhaltung monetärer Konvergenz zu rufen. Wir brauchen zumindest auch eine fiskalpolitische Konvergenz. Solange diese nicht gegeben ist, ist das Projekt weiterhin zum Scheitern verurteilt.
Herr Finanzminister, wir müssen auch noch einmal darüber diskutieren, wie weit Sie und wir alle gehen wollen. Sie haben die wirtschaftspolitische Koordinierung angesprochen. Es ist die Frage zu stellen: Wo ist die Trennschärfe zur wirtschaftspolitischen Steuerung gegeben? Die Antwort hierauf ist wichtig.
Wir können auch noch weiter greifen. Es geht auch um andere Standards, zum Beispiel um soziale Standards. Da kann man sehr leicht in eine andere Richtung hineinlaufen. Dessen müssen wir uns alle bewusst sein.
Zum Banken- und Finanzsektor muss man sagen das haben wir im letzten Jahr an dieser Stelle häufig getan -, dass dieser Sektor nach Aufsicht und Regulierung geradezu schreit. Einmal ist man hier ausschließlich treuhänderisch tätig. Dann gibt es ganz wichtige Aufgaben für unsere Volkswirtschaft. Zum einen ist das die Kreditversorgung der Wirtschaft, zum anderen die Gewährleistung sicherer Anlagemöglichkeiten. Das Dritte kommt in den Debatten bedauerlicherweise viel zu kurz. Es ist dies: Auch Geschäfts
banken können bei uns Geld schöpfen, nämlich über die Giralgeldschöpfung. Seit die Deckung über den Goldstandard aufgegeben wurde und wir als Staat die Deckung gewährleisten müssen, hat sich das Ganze noch einmal massiv verschärft. Das alles sind Gründe, die für eine harte Beaufsichtigung der Banken wie des Finanzsektors generell sprechen.
An und für sich ist das nichts anderes als ein Dienstleistungssektor. Es geht um das Zusammenbringen von Kapital. Das sind auf der einen Seite Anlagebedürfnisse und auf der anderen Seite das Bedürfnis nach Kapital, das heißt die Transformation von Betragsgrößen, von unterschiedlichen Überlassungsfristen, von objekt- oder branchenbezogenen unterschiedlichen Lozierungen. Aber was ist passiert? Den Banken und dem Finanzsektor generell waren die Zinsmargen, die dort zu erzielen waren, zu gering. Also sind sie in einen Pseudo-Warenhandel eingestiegen, in dieses Kreditersatzgeschäft. Das ist nichts anderes als der Handel mit forderungsgesicherten Forderungen. Allein in dieser Begrifflichkeit steckt, denke ich, schon drin, was für ein Unsinn da betrieben wurde.
Jetzt haben Kolleginnen und Kollegen von der CSU wieder eine Menge von Instrumenten aufgezählt, die sie möglichst schnell eingeführt wissen wollen. Da ist die Rede von strengeren Eigenkapitalvorschriften. Vor allem haben Sie, Herr Fahrenschon, die Eigengeschäfte der Banken angesprochen. Da müssen wir sagen: Viel sinnvoller wäre das, was neulich im Wirtschaftsteil der "Süddeutschen Zeitung" skizziert wurde: hier Brandmauern einzuziehen. Auf der einen Seite haben wir die Geschäftsbanken, auf der anderen die Investmentbanken und dann die Hedgefonds und die Private Equity Fonds. Hier müssen klare Mauern eingezogen werden, dass zum Beispiel die Geschäftsbanken keine Eigengeschäfte mit den Investmentbanken machen, denn dann ist die Ansteckungsgefahr wieder viel zu groß.
Sie sprechen von der Schaffung unabhängiger europäischer Ratingagenturen. Da müssen wir uns auch einmal die Frage stellen: Reichen unabhängige Ratingagenturen? Eigentlich machen diese doch etwas Hoheitliches, was sie sich selber irgendwann einmal auferlegt haben. Sollte das dann nicht auch hoheitlich geschehen? Interessant war der gestrige Gast des Landtags, Ministerpräsident a. D. Edmund Stoiber, Chef-Entbürokratisierer der Europäischen Union. Er hat vor zwei Jahren an gleicher Stelle, nämlich auch bei uns im Ausschuss, die Idee, Ratingagenturen zu beaufsichtigen oder eine europäische Ratingagentur zu schaffen, in die Rubrik "unnötiger Bürokratismus" eingeordnet. Gestern war davon nichts mehr zu
Was die Verbesserung der Bankenaufsicht betrifft, werden die drei anvisierten Agenturen auf europäischer Ebene angesprochen. Die Debatte darüber geht aber auch schon ewig lang. Da müssen wir uns und vor allem Sie, weil Sie auch für die Bundesregierung stehen, fragen: Warum haben Sie es nicht schneller vorangebracht?
Im Grunde muss man sagen: Wir hatten das Finanzmarktdebakel. Wir hatten eine sehr aufgeregte Debatte, und dann gab es ein paar Alibiverkündigungen. In der Sache ist aber bedauerlicherweise nichts passiert.
Kommen wir zu der Auseinandersetzung um die Leerverkäufe und auch um den Handel mit Kreditausfallversicherungen. Die BaFin hat die entsprechenden Verfügungen erlassen. Wir müssen sehen, ob das dann de facto auch richtig umgesetzt wird. Zunächst geht es nur um die regulierten Bereiche, um die regulierten Märkte. Herr Aiwanger, Sie haben richtig gesagt - und Kollege Schmid hat auch schon darauf rekurriert -: 2003 wurde es hier eingeführt, zugelassen mit dem unsäglichen Gesetz zur Modernisierung des Investmentwesens. Das heißt aber nicht, dass die Hedgefonds nicht schon vorher hier tätig waren.
Sie haben hier ihre Geschäfte gemacht und ihr Unwesen getrieben. Mit dem Gesetz wurde letztlich erlaubt, dass sie auch hier aufgelegt werden dürfen. Ich habe das Gesetz schon kommentiert mit der Bemerkung "unsäglich". Aber sie waren schon vorher hier zugange.
Der spannendste Punkt in diesem Katalog - das wurde heute schon angesprochen - ist für uns die Finanztransaktionssteuer. Das sehen wir gar nicht so schwarz wie Sie, Kolleginnen und Kollegen von der SPD. Wir wollen es optimistisch sehen. Die Staatsregierung bekennt sich seit vielen Monaten zur Finanztransaktionssteuer. Herr Kollege Hacker, ich sage bewusst: die Staatsregierung. Es war nicht nur die CSU,
es war nicht nur Ministerpräsident Seehofer. Ich habe mir beispielsweise das Protokoll vom 23. Februar 2010 geholt. Da gab es einen Bericht der Ministerin Müller, der von der SPD und von uns GRÜNEN mehrfach nachgefragt wurde. Ich zitiere:
Dann spricht sie auch noch von der Tobin-Tax. Frau Hessel ist bedauerlicherweise nicht da, aber ich kann Sie ansprechen, Herr Kollege Hacker: Glückwunsch, dass die FDP Bayern auch für die Transaktionssteuer ist.
Wir meinen, das ist das Instrument, das am meisten greifen würde. Dabei geht es nicht nur darum, Geld abzuschöpfen, sondern es geht einfach darum, etwas mehr Ruhe in die Märkte zu bringen. Noch einmal: Es geht um Größenordnungen zwischen 0,01 und 0,05 % der jeweiligen Transaktionssumme. Das schadet dem Riestersparer überhaupt nicht. Das schadet auch Ihnen, Herr Schmid, nicht, wenn Sie einmal pro Woche Ihr Depot an der Börse umschichten.
Es wird aber die Daytrader bremsen und auch das Algo-Trading, also das Handeln allein über den Computer. Da geht es nämlich um ganz, ganz kleine Margen, aber bei ganz, ganz großen Summen. Deswegen kommt es da auch zu sehr vielen Verwerfungen.
wegen Ihres Einsatzes für die Finanztransaktionssteuer. Kämpfen Sie dafür. Wir wollen nicht dasselbe erleben wie bei der Kerosinbesteuerung. Da gab es auch einmal eine Regierungserklärung und auch ein CSUProgramm, wo es hieß: Kerosinbesteuerung ja, aber nur auf europäischer Ebene. Als dann die Kommission sagte: Wir versuchen, das jetzt auf europäischer Ebene zu machen, ist die Staatsregierung zurückgerudert und hat gesagt: Es geht nur weltweit, die IATABestimmungen usw. Wir müssen also ansetzen - und es wurde auch schon diskutiert, wo -, selbstverständlich am liebsten weltweit, aber europaweit wäre auch schon prima,
und selbst wenn es nur in Deutschland wäre, wäre es ein erster wichtiger Schritt, ohne dass wir gleichzeitig auf den Finanzmärkten die immer skizzierten Verwerfungen hätten.
Wir haben gesagt, es gilt mehrere Punkte zu diskutieren. Die Finanzmärkte haben wir kurz abgehandelt,
den Euro, den Stabilitätspakt auch, die öffentlichen Haushalte und die Entschuldung. Ich denke, es ist für uns alle ein Muss, dass die Schulden bei den öffentlichen Haushalten nicht noch weiter explodieren. Es geht um die künftigen Generationen, es geht auch jetzt schon um die soziale Gerechtigkeit, denn profitieren von den hohen Zinsen tun nur einige wenige und zahlen tut es die große Mehrheit. Wenn es ein Muss ist, meine Damen und Herren, Herr Ministerpräsident und Herr Finanzminister, dann gilt es selbstverständlich, im eigenen Land beim eigenen Staatshaushalt anzufangen.
Die Debatte war, wie vom Kollegen Rinderspacher richtig ausgeführt, etwas unterbelichtet. Wir haben immer wieder Sparvorschläge gemacht, Sparvorschläge im investiven Bereich - der Transrapid und die dritte Startbahn wurden genannt. Es gibt aber auch einige Beispiele, bei denen wir für uns das Alleinstellungsmerkmal reklamieren können; ich erinnere mich an die Ethylen-Pipeline im letzten Haushalt oder die zweite S-Bahn-Röhre. Immerhin sind da die Freien Wähler noch an unserer Seite.
Wir haben aber auch immer wieder reihenweise Vorschläge gemacht, was den konsumtiven Bereich anbelangt. Es wäre schön, wenn Sie hier folgen und sich von Ihren Wunschkonzerten verabschieden würden.
Der nächste Punkt - und damit der letzte -: die Strukturkrise oder die Systemkrise oder auch - man muss es so nennen - das Systemversagen. 2008 und vor allem 2009 haben wir, glaube ich, dreimal Debatten im Plenum zum Finanzmarktdebakel geführt: Welche Folgen hat das für Bayern? Wie ist es mit Unternehmen in Schieflage? Da haben wir immer wieder gesagt: Leute, es ist falsch zu sagen: Es ist eine Konjunkturkrise; mit irgendwelchen Wachstumsprogrammen und Wachstumsbeschleunigungsgesetzen kommen wir weiter. Wir haben es mit einer ausgewachsenen Systemkrise zu tun, und weil die Politik mit schuld ist, mit einem ausgewachsenen Systemversagen. Wirtschaften heißt eigentlich, haushälterisch mit knappen Ressourcen umzugehen, generell mit knappen Gegenständen. Tatsächlich ist unser Wirtschaften und auch unsere Wirtschaftspolitik genau das Gegenteil. Es beruht auf Ausbeutung, es beruht auf Verschwendung. Wir dürfen uns auch nicht vor der Wachstumsfrage drücken. Wir müssen vorangehen, wobei wir nicht behaupten, Wachstum dürfe es nirgendwo mehr geben. Selbstverständlich fordern wir Wachstum in bestimmten Branchen, in bestimmten Bereichen und in bestimmten Regionen. Ein Punkt, der uns wesentlich beschäftigt, ist die Auseinandersetzung der Politik mit der Frage des Bauens auf stetes Wachstum: Nur dann könne man die soziale Sicherung gewährleisten, nur dann könnten am Ar