Protocol of the Session on April 2, 2009

Wie kleinmütig muss man sein, wie kleinmütig muss man sein, dass man diese Anträge nicht nehmen und sagen kann: Ihr habt recht, und jetzt lasst uns darüber gemeinsam abstimmen!

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der CSU)

Kolleginnen und Kollegen, wie armselig ist es, wie engstirnig muss man sein, in einer Situation, in der wir wissen, dass Zehntausende, wenn nicht mehr als Hunderttausend von Arbeitslosigkeit bedroht sind, nicht sagen zu können: Okay, da war die SPD schneller, hat früher daran gedacht, hat auch an die richtigen Punkte gedacht, wir können auch noch den gleichen Antrag stellen, aber dann lasst uns das alles gemeinsam positiv verabschieden.

(Beifall bei der SPD)

Da muss ich Ihnen sagen: Liebe Kolleginnen und Kollegen, das deutet eindeutig darauf hin, dass Sie die Lage nicht erkannt haben,

(Beifall bei der SPD)

dass Ihnen nicht klar ist, dass diese Krise sehr tiefgreifend ist, dass diese Krise größte Probleme für die Wirtschaft in Bayern mit sich bringt und dass diese Krise eine Bedrohung für die Familien und die Menschen in Bayern ist. Das haben Sie offensichtlich nicht begriffen, wenn Sie an solchen Stellen nicht einmal in der Lage sind zu sagen: Lasst uns den Weg gemeinsam gehen; das sind richtige Ideen, das sind richtige Vorschläge; wir sehen das genauso.

Ich bitte Sie wirklich, über so ein Verhalten nachzudenken. Denken Sie darüber nach! Da draußen können Sie das eigentlich nicht rechtfertigen. Das ist der Situation und dem Ernst der Lage in gar keiner Weise angemessen. In gar keiner Weise!

(Beifall bei der SPD)

Das ist das, was mich auch hier hoch frustriert: Richtige Gedanken, richtige Ideen, frühzeitiges Erkennen von Problemen werden ignoriert. Das Geschäftsmodell der Landesbank wurde von uns vor über einem Jahr thematisiert und von Ihnen mit Hohngelächter abgelehnt. Wir haben das richtig erkannt. Wir haben darauf gedrängt, dass man sich damit befasst, Kolleginnen und Kollegen. Sie haben das einfach beiseite geschoben.

Nehmen Sie wahr: Gute Politik macht man dann, wenn man vorausschaut und vorausschauend agiert und handelt und nicht nur Rituale abspult. Wenn Politik zu Ritualen verkommt, dann ist sie es wirklich nicht mehr wert. Wenn es um die Menschen draußen geht, um ihren Verdienst, ihr Einkommen und ihre Arbeitsplätze, dann sind Rituale gefälligst nachrangig. Kolleginnen und Kollegen von der CSU und der FDP, ich erwarte von Ihnen, dass Sie diesen Stil ändern, dass Sie sachgerecht arbeiten und dass Sie positive Vorschläge aufnehmen.

(Beifall bei der SPD und des Abgeordneten Hubert Aiwanger (FW))

Zur Umsetzung des Konjunkturpakets möchte ich nicht mehr viel sagen. Ich möchte einen Punkt erwähnen. Es sind insgesamt 1,9 Milliarden Euro zu investieren. Der Anteil des Freistaates sollte wenigstens bei 25 % liegen. Was gemacht wurde, sind 100 Millionen Euro, die der Freistaat hineingibt. Das sind also nicht die zusätzlichen Impulse, die hätten gesetzt werden können. Das wird nicht getan, sondern es wird versucht, mit Haushaltstricksereien schließlich den eigenen Anteil sicherzustellen. Auch das ist der aktuellen Lage definitiv nicht angemessen

(Beifall bei der SPD)

Sie reden sehr viel von Steuersenkungen und Abgabensenkungen, damit der Konsum angekurbelt wird. Wir sind uns in einem Punkt einig: Es ist richtig, jetzt den Konsum anzukurbeln. Das ist eine völlig richtige Aussage. Die Binnennachfrage bei uns ist ein Riesenproblem. Im Maschinen- und Anlagenbau haben wir irrsinnige Umsatzrückgänge, weil diese Industrie so exportorientiert ist und eben im Moment nichts mehr exportiert werden kann.

Aber dann lassen Sie uns doch das tun, was wir hier schon zigmal erwähnt haben, nämlich hier in Bayern

Punkte ändern, damit die Menschen das Geld unmittelbar im Geldbeutel behalten. Ich nenne nur zwei Dinge: kostenfreies Kindergartenjahr und Streichung der Studiengebühren.

(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie wollen, dass die Menschen mehr Geld im Geldbeutel haben, dann tun Sie doch etwas und versuchen Sie nicht, auf Berlin zu warten. Im Übrigen auch das muss ich klarstellen - kann man mit uns jederzeit über Steuersenkungen reden, wenn es darum geht, die Ungerechtigkeit der Progression zu beenden, denn das betrifft die niedrigen Einkommensgruppen und das ist ungerecht. Darüber kann man mit uns reden. Aber nicht über Steuersenkungen für die wirklich Vermögenden in diesem Land, weil die genau in dieser Situation eine Aufgabe und eine Verpflichtung haben!

(Beifall bei der SPD)

Da würde ich mit Ihnen lieber über die Vermögensteuer reden.

Ein letzter Punkt - dann sind nachher meine Kollegen zum Haushaltsgesetz und zum FAG dran - betrifft Risiken, die auf uns zukommen. Selbst mit den Anträgen der SPD wäre dieser Haushalt ausgeglichen. Wir sind nicht so vermessen, das für 2010 zu behaupten. Wir alle wissen nicht, was 2010 auf uns zukommt. Wir wissen nicht, wie stark die Steuereinnahmen sinken werden. Die Steuereinnahmen werden sinken, soviel ist klar. Wir wissen nicht, welche weiteren Risiken die BayernLB in sich birgt. Auch das ist nicht bekannt. Ich gehe deshalb davon aus, dass wir sehr schnell einen Nachtragshaushalt brauchen werden. Ich bitte Sie alle, wenn es dann wieder um Maßnahmen geht, um die Arbeitsplätze in Bayern zu schützen: Bitte seien Sie so vernünftig, arbeiten Sie mit uns zusammen, nehmen Sie unsere Ideen positiv auf. Lassen Sie Ihren Kleinmut beiseite.

(Anhaltender Beifall bei der SPD und bei den GRÜ- NEN)

Für die Fraktion der Freien Wähler spricht nun Herr Kollege Pointner.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, Herr Staatsminister! Zunächst möchte ich mich dem Dank des Herrn Kollegen Winter an alle, die an den Haushaltsberatungen beteiligt waren und mitgeholfen haben, anschließen: an das Landtagsamt und an das Ministerium. Es war eine angenehme und faire Arbeit, auch wenn, wie heute schon gesagt, unsere Anträge fast alle abgelehnt wurden. Darauf komme ich aber später noch.

Herr Staatsminister, Sie haben schon mehrmals stolz verkündet, dass der Doppelhaushalt 2009/2010 ausgeglichen und ohne Neuverschuldung ist. Das ist richtig, wenn man diesen Doppelhaushalt formal betrachtet. Es wurde zwar schon mehrfach gesagt, ich muss aber trotzdem wiederholen, dass die 10 Milliarden Euro für die Landesbank eine Belastung darstellen, die weiter wirkt.

(Josef Miller (CSU): Andere wären froh, wenn Sie diesen Haushalt hätten!)

Wenn sie 10 Milliarden zahlen dürften?

(Josef Miller (CSU): Nein, im Hinblick auf die Gesamtsumme!)

Dann war das wohl ein Missverständnis. - Fakt ist aber nun einmal, dass die 10 Milliarden bezahlt werden müssen, und ob wir dieses Geld je wieder zurückbekommen, ist fraglich. Auch Sie selbst, Herr Finanzminister, haben gesagt, dass wir vielleicht nur einen Teil zurückbekommen. Das mag nun aber einmal dahingestellt sein. Warten wir ab, was in den nächsten Jahren kommt. Tatsache ist aber, dass heuer für diesen Kredit 200 Millionen Euro an Zinsen aufgewendet werden müssen und im Jahr 2010 400 Millionen Euro. Wir können nur hoffen, dass es in den nächsten Jahren bei den 400 Millionen Euro bleibt. Dieses Geld fehlt uns aber hinten und vorne, vor allem für die Finanzierung der Maßnahmen, die wir gewünscht, die wir beantragt haben.

Dieser Doppelhaushalt 2009/2010 konnte nur deshalb ohne Neuverschuldung ausgeglichen werden, weil aufgrund der Steuermehreinnahmen der letzten Jahre das hat Frau Rupp schon angesprochen -, Rücklagen gebildet werden konnten. Von diesen 3,8 Milliarden Euro Rücklagen - so ist mir vom Finanzministerium mitgeteilt worden, Herr Huber hat gestern von 5 Milliarden Euro gesprochen, vielleicht liegen noch irgendwo 1,2 Milliarden Euro herum, die wir noch nicht kennen -, die am Beginn dieses Jahres vorhanden waren, werden laut Haushaltsplan 3,7 Milliarden Euro entnommen. Am Ende dieses Doppelhaushaltsjahres sind dann noch ganze 100 Millionen Euro übrig, jedenfalls nach der jetzigen Rechnung. Wir alle erwarten mit Sorge das Ergebnis der nächsten Steuerschätzung. Dann könnten diese Zahlen schnell zur Makulatur werden und ein Nachtragshaushalt unausweichlich sein.

Allein die schon beschlossenen Steuerentlastungen, sie stehen im Haushalt, führen zu Mindereinnahmen von 3,5 Milliarden Euro in diesem Doppelhaushalt. Die Mindereinnahmen konnten zwar durch die Rücklagen ausgeglichen werden, ich frage mich aber, wie Sie den Haushalt ausgleichen wollen, wie Sie die nächsten

Haushalte ausgleichen wollen, wenn die Rücklagen einmal weg sind.

Steuermehreinnahmen sind nicht ersichtlich, im Gegenteil. Die Wirtschaftskrise, auch das wurde schon angesprochen, wird massiv auf die Steuern durchschlagen. Sie haben zwar 1,4 Milliarden Euro - jedes Jahr 700 Millionen Euro - Mindereinnahmen eingeplant. Wir alle haben die Hoffnung, denn wir sitzen alle in einem Boot, dass das reicht.

Es ist auch nicht zu erwarten, dass der Bund ein weiteres Konjunkturprogramm auflegt, das den Ländern ermöglicht, überfällige Investitionen durchzuführen, ohne dass dafür zusätzlich eigenes Geld in die Hand genommen werden müsste, wie das hier in Bayern geschehen ist, mit Ausnahme des Kofinanzierungsanteils in Höhe von 100 Millionen Euro für die Gemeinden. Es ist auch nicht zu rechtfertigen, dass der Bund sich weiter verschuldet, denn das Konjunkturpaket des Bundes war auf Schulden aufgebaut. Es nützt auch nichts, wenn wir hier in Bayern immer auf unsere vergleichsweise geringe Pro-Kopf-Verschuldung verweisen, denn wir sind mitverantwortlich für die horrenden Schulden des Bundes. Die Schulden des Bundes sind auch unsere Schulden. Wir müssen sie mittragen, und zwar überproportional.

Herr Staatsminister, vor einigen Tagen haben Sie im Rundfunk gesagt - das habe ich zufällig gehört -, dass Ihnen für die zukünftigen Haushalte nur Ihr Optimismus hilft. Ich bin grundsätzlich auch ein Optimist, und wenn ich auf die letzten Jahrzehnte zurückblicke, in denen ich mit Haushalten zu tun gehabt habe, dann sind den schlechten Jahren auch immer wieder gute gefolgt. Andererseits darf man vor lauter Optimismus die Realität nicht aus dem Auge verlieren. Die Realität spricht leider eine andere Sprache. Herr Hacker ist im Moment leider nicht da. Er hat uns gestern vorgehalten, dass unsere Anträge Mehrausgaben in Höhe von 1,7 Milliarden Euro verursacht hätten, ohne dass wir eine Gegenfinanzierung angeboten hätten. Gleichzeitig fordern Sie von der FDP aber weiterhin massive Steuererleichterungen, ohne eine Gegenfinanzierung anzubieten.

(Beifall bei den Freien Wählern und der SPD)

Eine Gegenfinanzierung der schon vorgenommenen Steuererleichterung ist weiterhin nicht in Sicht.

(Tobias Thalhammer (FDP): Die Gegenfinanzierung erfolgt über den Konsum!)

- Dazu komme ich schon noch. Ich möchte an dieser Stelle klarstellen, dass wir grundsätzlich gesehen nicht gegen eine gerechte und notwendige Steuerreform sind, die auch mit Erleichterungen verbunden sein soll. Die Ehrlichkeit gebietet es aber, darauf hinzuweisen,

dass bestimmte Maßnahmen, die gefordert werden, die notwendig und wünschenswert sind, nicht durchgeführt werden können, und dass wir uns auf erhebliche Sparmaßnahmen einstellen müssen, wenn Kredite nicht aufgenommen werden sollen, weil der ausgeglichene Haushalt Vorrang hat. Natürlich verstehen Sie und auch wir - und hier komme ich nun zu Ihnen, Herr Thalhammer - Steuererleichterungen als Möglichkeit zur Konjunkturbelebung. Aber auch unsere Anträge waren darauf ausgerichtet, nachhaltig die Konjunktur zu beleben und die Wirtschaftskraft zu stärken. Mehr Geld für die Bildung beispielsweise sind Investitionen in die Zukunft. Alle Wirtschaftsverbände sehen eine gute Bildung als einen herausragenden Standortvorteil. Mehr brauche ich zu diesem Thema gar nicht zu sagen, das wissen wir alle.

(Beifall bei den Freien Wählern und der FDP)

Als ehemaliger Kommunalpolitiker möchte ich an dieser Stelle auch sagen, dass sich die öffentliche Hand immense Folgekosten im sozialen Bereich spart, wenn wir den Kindern eine vernünftige Bildung anbieten.

Mehr Geld für die Straßen, für DSL und die Wirtschaftsförderung, das sind die klassischen Felder eines Konjunkturprogramms. Wir brauchen nur auf das Konjunkturpaket II des Bundes sehen, das genau für diese Maßnahmen Mittel bereitgestellt hat. Unseren Anträgen wurde auch nachgekommen, weil Gelder für den Straßenbau und für DSL aus dem Konjunkturpaket zusätzlich dazugekommen sind.

Das gilt auch für unsere Anträge, die mehr Geld für die Kommunen gefordert haben. Gerade finanzschwache Kommunen, die wir stärken wollen, haben einen enormen Investitionsbedarf.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Wir sehen das beim aktuellen zweiten Konjunkturpaket, bei den Maßnahmen, die für die Gemeinden bereitgestellt werden. Bei meinen Gesprächen mit den Gemeinden und den Landkreisen zeigt sich schon jetzt, dass diese Maßnahmen mehrfach überzeichnet sein werden. Die Anträge gehen weit über die vorhandenen Mittel hinaus. Das ist ein Zeichen dafür, dass die Kommunen weitaus mehr investieren könnten, wenn sie die entsprechenden Mittel hätten.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Damit bin ich bereits beim kommunalen Finanzausgleich. Ich muss zunächst anerkennen, dass der Anteil der Kommunen im allgemeinen Steuerverbund von 11,7 auf 11,94 % erhöht wurde,

(Georg Schmid (CSU): Sehr positiv!)

dass der Anteil am Kfz-Steuerverbund von 50 auf 51 % erhöht wurde