Im Ältestenrat wurde für die Aussprache eine Gesamtredezeit von einer Stunde und 30 Minuten vereinbart. Davon entfallen auf die Fraktion der CSU 22 Minuten, auf die SPD-Fraktion 14 Minuten, auf die Fraktionen der Freien Wähler und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ
NEN jeweils 11 Minuten und auf die FDP-Fraktion 10 Minuten. Die Redezeit der Staatsregierung orientiert sich an der Redezeit der stärksten Fraktion. Die Staatsregierung kann deshalb bis zu 22 Minuten sprechen, ohne dass sich dadurch die Redezeit der Fraktionen verlängert. Ich eröffne hiermit die Aussprache. Erster Redner ist Herr Staatsminister Zeil. Bitte sehr.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind uns darüber im Klaren, dass die Jahre 2009 und 2010 gesamtwirtschaftlich betrachtet die schwierigsten Jahre seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland sein werden. Wir stehen wirtschaftlichen Problemen gegenüber, die keine Politikergeneration seit dem Wiederaufbau unseres Landes zu meistern hatte. Jetzt, in Zeiten äußerster wirtschaftlicher und finanzieller Anspannung, gilt es, Verantwortung zu übernehmen und den Menschen zu erklären, was möglich ist. Jede Krise bietet aber auch Chancen, Chancen durch nachhaltigen Wandel, einen Wandel, der es uns und unseren Kindern ermöglicht, gestärkt aus dieser Krise hervorzugehen. Diesen Wandel werden wir als Bayerische Staatsregierung und als Regierungskoalition aktiv gestalten. Mit dem Doppelhaushalt 2009/2010 führen wir nicht nur Bewährtes fort, sondern setzen gleichzeitig notwendige, nicht mehr aufschiebbare neue Akzente für eine höhere Innovationsdynamik, für einen wettbewerbsfähigeren Mittelstand und für mehr Wirtschaftskraft in allen Teilen des Landes.
Der Haushaltsausschuss hat den Wirtschaftsetat konstruktiv und intensiv beraten. Dafür danke ich seinem Vorsitzenden, dem Kollegen Georg Winter, den Berichterstattern und allen Mitgliedern des Haushaltsausschusses. Die Regierungsfraktionen haben zusätzliche Mittel bereitgestellt für die Regionalförderung, für die Breitbanderschließung und für den Tourismus. Das gibt uns die notwendigen Spielräume, um verstärkt in die Zukunftsfähigkeit der ländlichen Räume in Bayern zu investieren und, um das Tourismusland Nummer 1 in Deutschland zu bleiben. Für diese Koalition ist der Ruf nach gleichwertigen Lebensverhältnissen überall in Bayern kein Lippenbekenntnis, sondern Fundament politischen Handelns.
Sicher, meine Damen und Herren, die Forderungen der Opposition nach zusätzlichen Mitteln für den Wirtschaftsetat in dreistelliger Millionenhöhe sind wahrlich gut gemeint. In einer Zeit, in der aber überall Pakete in Milliardenhöhe geschnürt werden, gerade so, als seien die Quellen des Staates unerschöpflich, muss ich daran
erinnern, dass für alles, was der Staat jetzt ausgibt, eines Tages uns und unseren Kindern die Rechnung präsentiert wird. Auch in Zeiten der Krise, liebe Kolleginnen und Kollegen der Opposition, dürfen wir die Nachhaltigkeit unseres Handelns nicht vergessen.
Die Staatsregierung hat bereits im Herbst 2008 wichtige Weichen zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise gestellt. Ich nenne nur den Mittelstandsschirm, das Programm der Staatsregierung zur Beschleunigung von Investitionen, die Steigerung der Investitionsausgaben um 17 % und jetzt die zügige Umsetzung des zweiten Konjunkturpakets der Bundesregierung. Das alles strahlt und wirkt sich positiv auf die Wirtschaft aus, stärkt die Nachfrage und sichert Arbeitsplätze. Dabei möchte ich ausdrücklich hinzufügen, dass wir uns vom Bund viel stärkere Impulse für die privaten Investitionen gewünscht hätten, vor allem durch ein Vorziehen der Steuerentlastung
Es gilt auch: Als Treuhänder der Steuerzahler dürfen wir staatliche Hilfen nur ausnahmsweise gewähren, und zwar nur dann, wenn ein tragfähiges unternehmerisches Zukunftskonzept vorliegt, wenn Eigentümer, Banken und Tarifpartner sämtliche Möglichkeiten ausgeschöpft und ihren Beitrag geleistet haben und, auch das ist ganz wichtig, wenn Wettbewerbsverzerrungen ausgeschlossen sind. Ja, wir kämpfen um jeden Arbeitsplatz, aber wir kämpfen mit den Mitteln der sozialen Marktwirtschaft und mit den Grundsätzen der finanzpolitischen Vernunft.
Ich bin in ständigem Kontakt mit der Wirtschaft und mit den Gewerkschaften, denen ich für ihr besonnenes Handeln besonders danken möchte. Ich bin aber auch vor Ort bei den Menschen und in den Unternehmen, egal ob es sich um international tätige Unternehmen oder um regional verankerte Handwerksbetriebe handelt. Mir geht es darum, Unternehmen und Arbeitnehmern zu zeigen: Wo es brennt, sind wir zur Stelle.
Dabei verzichten wir auf öffentliches Getöse, weil es uns um jeden ernst ist, wobei wir nicht die Illusion
Krisenbekämpfung ist das eine, gleichzeitig aber müssen wir mit langem Atem an der Zukunftsfähigkeit der bayerischen Wirtschaft und am Standort Bayern weiterarbeiten. Wir bauen Bayern als Hochtechnologiestandort weiter aus, wir legen ein neues Förderprogramm "Elektromobilität" auf und führen Innovationsgutscheine für kleine Unternehmen ein. Mittelstand und Handwerk sind zentrale Säulen der wirtschaftlichen Entwicklung Bayerns. Jetzt, in der Krise, geht es vor allem darum, Finanzierungsengpässe zu überbrücken. Deshalb haben wir einen Mittelstandsschirm aufgespannt, stocken das Mittelstandskreditprogramm auf und verdoppeln den Haftungsfonds, um das Ausfallrisiko abzudecken. Unser schnelles Handeln wirkt bereits. Der Mittelstandsschirm hilft. Die Zahl der genehmigten Bürgschaften ist enorm gestiegen. Wir tun das, meine Damen und Herren, weil der Mittelstand für unsere Regierung mehr ist als eine wirtschaftliche Kategorie. Mittelstand ist für uns eine Geisteshaltung, persönliche Verantwortung zu übernehmen, soziale Verantwortung für Mitarbeiter zu übernehmen und Ideen umzusetzen, ohne erst nach dem Staat zu fragen. Das ist Mittelstand!
Der Export bleibt trotz des weltweiten Nachfrageeinbruchs ein wichtiges Standbein der bayerischen Wirtschaft. Unsere Unternehmen haben eine hervorragende Produktpalette, die im Fokus der weltweiten Nachfrage steht. Diese Nachfrage hat über die Krise hinaus Bestand. Dabei unterstützen wir kleine und mittlere Unternehmen durch das neue Maßnahmenpaket Außenwirtschaft, und wir stärken weltweit die Marke "Made in Bavaria".
Für Bayern ist eine verlässliche, umweltverträgliche und bezahlbare Energieversorgung existenziell. Wir wollen den Anteil erneuerbarer Energien am Energieverbrauch bis 2020 verdoppeln. Dem dient unter anderem das neue landeseigene Förderprogramm zur Errichtung und Erweiterung von Tiefengeothermiewärmenetzen.
Meine Damen und Herren, die Störungen bei Gaslieferungen aus Russland zeigen, wie wichtig es ist, dass wir auf weitere Versorgungswege und Speicherkapazitäten beim Gas setzen. Ferner - das füge ich hinzu muss der Ausstieg aus der Kernenergie dringend rückgängig gemacht werden.
Wir brauchen einen breiteren Energiemix für Bayern, wenn wir die Energieversorgung sicherstellen und gleichzeitig die ehrgeizigen Klimaschutzziele erreichen wollen.
In der Verkehrspolitik, meine Damen und Herren, steht in diesem und in den nächsten Jahren ein Bündel von Aufgaben an. Es geht um wichtige Verkehrsprojekte: in Nürnberg die S-Bahn-Vorhaben, auch in München, die bessere Anbindung der Landeshauptstadt an den Flughafen, die Umsetzung des Regio-Schienentakts Augsburg, die Strecke München - Mühldorf, den BrennerNord-Zulauf, die Schienenanbindung Ostbayerns an den Flughafen, die Elektrifizierung der Strecke Hof - Regensburg, den Bau der dritten Startbahn am Flughafen München, um nur einige zu nennen.
Wir dürfen unsere Augen nicht vor der Realität verschließen. Der Flughafen München konkurriert nicht mit Düsseldorf, meine Damen und Herren, sondern mit Dubai. Ein Spitzenstandort wie Bayern kann sich keine provinzielle Verkehrsinfrastruktur leisten.
Die Förderung strukturschwacher Räume ist und bleibt eine zentrale Aufgabe bayerischer Wirtschaftspolitik. Das gilt in der Wirtschaftskrise mehr denn je. Deshalb führen wir die Regionalförderung auf hohem Niveau fort.
Bayern ist eines der ersten Länder, in denen jetzt Fördergelder ausgereicht werden. Über das Konjunkturpaket II des Bundes verdoppeln wir die Mittel auf 38 Millionen Euro. Den Regelförderbetrag erhöhen wir auf 100.000 Euro, den Fördersatz auf 70 %. Auch die Verfahrensschritte werden nun erheblich vereinfacht.
Zu lange, meine Damen und Herren, hat man auch in Bayern die immense Bedeutung der Breitbandversorgung verkannt.
Aber das alles bringt uns jetzt unserem Ziel, bis Ende 2020 die weißen Flecken auf der bayerischen Breitbandkarte zu beseitigen, spürbar näher.
Meine Damen und Herren, der neue Einzelplan 07 legt eine gute Grundlage für die wirtschaftlichen Impulse, die jetzt notwendig sind. Diese Staatsregierung und die sie tragenden Koalitionsfraktionen stehen für die Renaissance und Weiterentwicklung der sozialen Marktwirtschaft.
Es stimmt mich voller Sorge, meine Damen und Herrn, dass ich fast 20 Jahre nach dem desaströsen Scheitern des realen Sozialismus auf deutschem Boden dringend darauf hinweisen muss: Nicht Staatswirtschaft hat unser Land groß gemacht, sondern eine freiheitliche, wertgebundene Wirtschaftsordnung.
Deshalb sage ich voller Überzeugung: Die soziale Marktwirtschaft ist das Zukunftsmodell für unser Land mit seinen vielen kreativen und leistungsbereiten Menschen. Dafür schaffen wir die richtigen Rahmenbedingungen. Das ist und bleibt die vornehmste Aufgabe bayerischer Wirtschaftspolitik.
Herr Staatsminister, vielen Dank. Der nächste Redner ist für die Fraktion der SPD Herr Dr. Paul Wengert. Bitte schön.