Beim Änderungsantrag der FREIEN WÄHLER kann man sich enthalten, weil er wenigstens noch auf die zwei Schwächen hinweist, dass die Leitungszeit nicht ausreicht und dass mindestens das Lehrerkollegium darüber entscheiden muss, ob eine Führungsebene eingerichtet wird. – Bei dem Änderungsantrag der FREIEN WÄHLER wird sich die SPD also enthalten. Der Gesetzentwurf wird aber von der SPD-Fraktion abgelehnt.
Vielen Dank, Herr Kollege Güll. Frau Gottstein ist schon als nächste Rednerin unterwegs. Bitte sehr, Frau Kollegin Gottstein.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind am Ende des Schuljahres angelangt. Leider gibt es da für manche Schüler einen Sechser im Aufsatz. Die Begründung besteht oft in dem Wort "Themaverfehlung". So sehen wir auch Ihren Gesetzentwurf.
Sie sprechen von einem Gesetzentwurf zur Einführung einer eigenverantwortlichen Schule, aber Sie machen mit ihm nichts anderes, als dass Sie eine erweiterte Schulleitung, wie sie in Modellversuchen bereits eingeführt worden ist, jetzt offiziell einführen. Wenn man dann genau hinschaut, so ist es nicht einmal eine erweiterte Schulleitung, die eingeführt wird und die vielleicht zu mehr Eigenverantwortung führen könnte, sondern es sind mehr Vorschriften und mehr Kontrollen. Die Eigenverantwortung, um die es eigentlich geht, wird in keiner Weise erweitert.
Die drei Säulen, die Sie zugrunde legen, sind zunächst erkennbar. Aber wenn man ins Detail geht, zeigt sich, dass die Erfahrungen aus Modus F und Profil 21 in großen Teilen nicht umgesetzt werden. Das wird im Übrigen auch von den Betroffenen und von den Lehrerverbänden massiv kritisiert, was Sie aber anscheinend nicht ernst genommen haben. Diese erweiterte Schulleitung wird also nicht das sein, was man wollte, als man ursprünglich davon gesprochen hat.
Ein weiterer Schwachpunkt – wir wiederholen uns; wir haben das in der Ersten Lesung gesagt, wir haben es im Ausschuss gesagt – ist die unklare Kompetenzverteilung zwischen der erweiterten Führungsebene und der Fachbetreuung. Herr Kollege Nöth hat zwar gesagt: Das machen wir dann schon. – Ja, dann machen Sie es! Aber Sie schreiben es eben nicht in das Gesetz. Das Gesetz bleibt vage. Sie sehen in keiner Weise eine Fortbildung vor, so als ob der normale Lehrer sofort mit Führungskompetenz in eine erweiterte Schulleitung hineingeboren würde, und Sie haben auch keine entsprechende zeitliche Ausstattung vorgesehen. Wenn man nachliest, ergibt sich, dass mit diesen zwei Wochenstunden, die momentan nach wie vor zur Personalführung angedacht sind, Folgendes abgeleistet werden soll: Unterrichtsbesuche mit Nachbesprechung, Mitarbeitergespräch mit Zielvereinbarung, Teamsitzung, wöchentliche Sitzung der erweiterten Schulleitung, Begleitung von Berufsanfängern, die Mitwirkung bei der dienstlichen Beurteilung. Entweder wissen Sie nicht, was in den Schulen draußen läuft, oder es ist Ihnen egal. Aber so ist es nicht machbar.
Sie nehmen – auch das ist bereits von meinem Vorredner von der SPD kritisiert worden – die Grundschulen und die Mittelschulen explizit aus. Herr Kollege Nöth hat jetzt zwar schon nachgebessert, aber natürlich nur in Worten und nicht mit Taten. Wenn Sie vorhaben, das zu machen, dann hätten Sie es regeln müssen. Letztendlich einen Gesetzentwurf zu verabschieden und zu sagen "Das haben wir aber auch noch vor!", ist eine halbe Sache, die man so nicht akzeptieren kann. Es vertieft die Gräben zwischen den Schularten. Wir alle sind daran interessiert, die Schularten zusammenzuführen und zumindest dafür zu sorgen, dass es nicht dauernd diese Diskussionen gibt: Die einen sind etwas Besseres als die anderen.
Genau diesen Schritt gehen Sie nicht, im Gegenteil, Sie vertiefen diese Unterschiede dadurch, dass Sie bewusst die größte Gruppe herausnehmen. Außerdem nehmen Sie die kommunale Schule heraus. Auch das ist nicht nachvollziehbar. Wenn Sie eine eigenverantwortliche Schule für sinnvoll halten, dann muss sie auch für den Teil der Schulen gelten, die
von den Kommunen oder von anderen Trägern getragen werden. Dann müssen Sie es ihnen nicht nur erlauben – weil letztlich geht es auch um Kosten –, sondern dann müssen Sie es mit aufnehmen, sonst wird der Unterschied zwischen den verschiedenen Trägern – auf der einen Seite der Staat, auf der anderen Seite die Kommune – immer größer.
Die Mitwirkungsmöglichkeit der Schulgemeinschaft haben wir schon bei der Ersten Lesung gelobt, wir loben sie auch weiterhin. Dass der Schulaufwandsträger in das Schulforum einbezogen wird, ist überfällig. Das ist eine Forderung, die wir von Anfang an in diesem Haus gestellt haben. Schade, dass Sie fast eine gesamte Legislaturperiode brauchten, um darauf zu kommen, dass es allerhöchste Zeit dafür ist; denn letztlich muss der, der das Geld gibt und die Basis der Schulen vor Ort ist, auch mitreden können.
Die Elternarbeit wurde zwar angesprochen, aber sehr vage. Man liest von einem Konzept und von viel zu viel Theorie. Es muss möglich sein, dass die Eltern in der Schulfamilie anders zum Tragen kommen.
Das fordern Sie, aber Eigenverantwortung heißt auch, dass ich – – Ich habe auch eine gewisse Eigenverantwortung beim Autofahren und habe trotzdem die Straßenschilder am Rand zu beachten und muss mich danach richten. Die Straßenschilder liefern Sie nicht.
Bei den Instrumenten der Qualitätssicherung ist es genauso. Bei Bedarf muss man zum Beispiel die Schulberatungsstellen in Anspruch nehmen. Wer nennt denn den Bedarf? Das ist alles so etwas von Wischiwaschi.
Ich zitiere aus meiner Rede vom letzten Mal: Der Berg kreißte – in dem Fall eine ganze Legislaturperiode lang, viereinhalb Jahre – und gebar eine Maus. Was herausgekommen ist, ist keine Maus, sondern ein Mäuslein. Man muss ganz klar sagen: Wenn Sie ein ganzes Kind in dieser Sache wollen, dann brauchen wir Eigenverantwortung im Budget, Eigenverantwortung im Personal, und zwar Eigenverantwortung für deutlich mehr Personal.
Ich danke auf jeden Fall fürs Zuhören und auch für die Möglichkeit, die Redezeit zu überziehen. Wenn das bei allen hier im Haus bei 38, jetzt 41 Sekunden bliebe, dann wären wir manchmal schneller gewesen. Danke.
Vielen Dank. – Auch vielen Dank für das Verständnis, dass wir schon auf die Redezeiten achten wollen. Bitte schön, Herr Kollege Gehring.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon interessant, dass bei der Diskussion über den Gesetzentwurf der Staatsregierung der Minister nicht anwesend ist.
Das ist die letzte Debatte über einen Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Bildungspolitik in dieser Legislaturperiode. Ich denke, er reiht sich gut ein in die bisherige Politik. Es ist eine Politik der neuen Worte, aber der alten Taten oder auch der großen Worte und der kleinen Taten. Mit welch großen Worten ist dieses Gesetzesprojekt begonnen worden? Es wurde als "Schulinnovationsgesetz", als eines der großen Projekte dieser Regierungskoalition angekündigt. Irgendwann ist die "Innovation" verloren gegangen, auch der Titel ist irgendwann verloren gegangen. Jetzt heißt es "eigenverantwortliche Schule", aber letztendlich geht es nicht um die eigenverantwortliche Schule, sondern es geht um die erweiterte Schulleitung.
Es geht nicht einmal um die erweiterte Schulleitung für alle Schulen, sondern nur für die größeren Gymnasien und Realschulen. Die Kollegin hat es schon angesprochen, was in Vorbereitung war: Modus 21 oder Profil 21, Modus F. Was dort erarbeitet worden ist, kommt in diesem Gesetzentwurf nicht mehr vor.
Was sollte eine Schulleitung tun? Ich darf Ihnen zitieren aus den Empfehlungen des Bildungsrates der grünen Landtagsfraktion. In diesem Bildungsrat waren erfahrene Schulleiter, Leute aus der Schulverwaltung, tätig, und sie schreiben – wenn ich zitieren darf, mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident –: "Die Schulleitung einer eigenverantwortlichen Schule ist Motor der Schulentwicklung. Sie sorgt für die Funktionstüchtigkeit und die stetige Qualitätsverbesserung der Schule und führt ihr Personal."
Weiter heißt es: "Schulleitungen brauchen mehr Zeit für ihre Leitungsaufgaben, Entlastung von Verwaltungsaufgaben durch Verwaltungspersonal und mehr Entscheidungskompetenz in den Bereichen Finanzen, Organisation und Curriculum sowie die Zuständigkeit für die Auswahl des Personals." Und noch ein weiterer wichtiger Satz: "Eine Bewerbung auf eine Schulleiterstelle erfordert ein erfolgreich abgeschlossenes Aufbaustudium im Fachbereich Schulmanagement."
Das wären die Leitvorstellungen dessen, was eine Schulleitung machen sollte. In diesem Gesetzentwurf ist davon nichts zu lesen.
Wenn es um das Thema der Qualifizierung der Schulleitung geht, zitiere ich an dieser Stelle gern aus der heutigen Praxis den Bayerischen Philologenverband, der von "qualifiziertem Handauflegen" spricht. Die Staatsregierung hat keine Idee von dem, was eine moderne Schulleitung tun sollte. Letztlich geht es in diesem Gesetzentwurf nur darum, das Instrument der Regelbeurteilung der Lehrkraft auf mehrere Schultern zu verteilen. Nur darum geht es. Diese Regelbeurteilung ist aber kein Instrument der modernen Personalführung. Deswegen fordern wir die Abschaffung dieser Regelbeurteilung.
Wir brauchen die Beurteilung als Anlassbeurteilung, wenn sich jemand auf Funktionsstellen bewirbt. Ansonsten brauchen wir diese modernen Führungsinstrumente wie Mitarbeitergespräch, Coaching, Supervision und Elemente der Teamentwicklung. Das wären Aufgaben einer modernen Schulleitung, diese werden aber in diesem Gesetz nicht aufgezeigt.
Noch ein Wort zu dem Begriff "eigenverantwortliche Schule". Wenn Schulen verpflichtet werden, ein Schulentwicklungsprogramm zu schreiben, dann heißt das noch nicht, dass Schulentwicklung tatsächlich stattfindet, weil nämlich die Gestaltungsmöglichkeiten und die Mittel dazu fehlen.
Wenn die Staatsregierung tatsächlich die eigenverantwortliche Schule will, dann gilt es auch, Verantwortung abzugeben: Verantwortung von der Schulaufsicht an die Schulen, Verantwortung vom Kultusministerium an die Schulen. Auch hiervon ist in diesem Gesetzentwurf nichts enthalten. Wir werden diesen Gesetzentwurf ablehnen.
Zum Vorschlag der Fraktion FREIE WÄHLER möchte ich sagen: Er kann dieses Gesetz nicht reparieren, deswegen werden wir uns bei der Abstimmung der Stimme enthalten. Als Fazit muss man einfach sagen:
Wir haben in der Bildungspolitik eine Legislaturperiode der großen Worte gehabt und damit viel Zeit verloren, um das Bildungssystem in Bayern zu modernisieren. Wir brauchen im Herbst eine Bildungspolitik, die sich nicht mehr durch Wortschöpfungskompetenz, sondern durch Handlungskompetenz auszeichnet.
Vielen Dank, Herr Kollege Gehring. – Der nächste Redner ist Herr Klein von der FDP-Fraktion. Danach hat Herr Kultusminister Spaenle um das Wort gebeten. Bitte schön, Herr Klein.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der uns vorliegende Gesetzentwurf zielt auf die eigenverantwortliche Schule ab. Es ist richtig, dass wir von zu viel Fremdbestimmung wegkommen und hin zu einer Eigenbestimmung kommen. Wir wollen, dass die Schulen vermehrt in Profilbildung einsteigen können, sich Profile vor Ort geben können und sich natürlich dadurch auch voneinander abgrenzen können – aber das natürlich alles im positiven Sinn.
Wir wollen, dass die Schulfamilien aktiviert werden bzw. dass denjenigen, die schon aktiv sind, der Aktionsrahmen und der Aktionskreis erweitert werden. Wir wollen die Einführung von Globalbudgets, wie es in einigen Kommunen jetzt schon der Fall ist, und wir wollen natürlich mit dieser eigenverantwortlichen Schule auch erreichen, dass vor Ort schneller gehandelt werden kann, als das von oben manchmal getan wird. Das wollen wir dort umsetzen.
Jetzt ist vieles von dem, was die Kolleginnen und Kollegen der Opposition hier angeführt haben, richtig. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, nur vom Reden wird es keine Praxis.
Ich möchte Ihnen entgegenhalten, wenn Sie behaupten, dass die Legislaturperiode eine verlorene Legislaturperiode sei: Ich glaube, so viel Reformwillen und so viel Reformumsetzung, wie sie CSU und FDP in dieser Legislaturperiode gemeinsam auf den Weg gebracht haben, gab es im Freistaat schon lange nicht mehr und schon gar nicht in den Bundesländern, wo hiesige Oppositionsparteien Regierungsverantwortung haben.
Sie haben hier davon gesprochen, was im Herbst kommen könnte. Sollte die unwahrscheinliche Situation eintreten, dass ein buntes Bündnis eine Mehrheit
bekommen sollte? Ich halte das für höchst unwahrscheinlich. Wenn die FREIEN WÄHLER in den nächsten fünf Jahren weiterhin auf der Oppositionsbank sitzen, wäre das für den Freistaat Bayern sicher ein Segen.
Aber eines ist sicher. Man muss sich einmal anschauen, welche Innovationsimpulse hiesige Oppositionsparteien zum Beispiel in Baden-Württemberg gegeben haben. Ich denke an die Einführung der Gemeinschaftsschule. In Nordrhein-Westfalen ging es um die Abschaffung von Realschulen und Gymnasien. Ich möchte einmal verstehen, wo da der innovative Ansatz für ein modernes Schulsystem liegt. Das ist hinterwäldlerisch. Das erinnert an Diskussionen der Siebzigerjahre. Da sind Sie ideologisch stehen geblieben. Und hier verkaufen Sie das als Modernisierung.