Die jetzt genannten Summen sind sicherlich ein Anfang. Ich glaube, wir sind uns aber alle dessen bewusst, dass es bei 150, 200 oder 300 Millionen Euro nicht bleiben wird. Beim Pfingsthochwasser im Jahr 1999 waren die Schäden in der Größenordnung zwischen einer bis zwei Milliarden D-Mark. Wir werden dieses Mal deutlich über dieser Summe sein. Wir werden mit einem mehrfachen Milliardenschaden in Bayern konfrontiert sein, und zwar nicht nur in den Brennpunkten in Rosenheim oder in Passau an der Donau, sondern auch in den anderen Landkreisen. Die Millionenbeträge in den einzelnen Landkreisen werden sich aufsummieren. Wir müssen in den nächsten Tagen, Wochen und Monaten dringend und unbürokratisch helfen.
Ich möchte mich dem Dank an die Helferinnen und Helfer aller genannten Organisationen anschließen, und zwar den ehrenamtlichen wie den hauptamtlichen, bis hin zu den Behörden und Kommunen. Ich möchte noch hinzufügen, ich glaube, denen ist noch nicht gedankt worden: Ich möchte den Firmen danken, die großzügig die ehrenamtlichen Helfer freistellen und das Ganze auch aushalten. Auch dafür ist ein deutliches Dankeschön zu sagen.
Auf uns werden große Aufgaben zukommen, um die Folgen dieser Hochwasserkatastrophe aufzuarbeiten. Ich möchte schon jetzt zu einer ersten Analyse kommen. Wir müssen unser Land in Zukunft besser vor diesen Katastrophen schützen. Es ist schon gesagt worden: Einen hundertprozentigen Schutz wird es nicht geben. Auch dessen bin ich mir voll bewusst, das unterstreiche ich. Wir werden mit Hochwassern leben müssen. Wir müssen aber schauen, wie wir speziell solche katastrophalen Hochwasser besser abwenden können.
Wir hatten nach der ersten Analyse ein extrem seltenes Niederschlagsereignis. In manchen Veröffentlichungen wurde von Niederschlagsmengen von 400 Litern pro Quadratmeter gesprochen. Das entspricht für den Raum München der Niederschlagsmenge eines halben Jahres, die innerhalb weniger Tage niederging. Das sind unvorstellbare Wassermengen. Ich habe mir einmal die Daten zusammensuchen lassen; es gibt eine Unzahl von Wetterstationen, bei denen die gemessene Niederschlagsmenge bei 150 oder 200 Litern pro Quadratmeter lag. Es war ein Extremereignis.
Wir müssen aber daran denken: Die Klimatologen sagen uns schon längst, dass derartige Extremereignisse in Zukunft in der Häufigkeit und in der Stärke zunehmen werden. Wir müssen uns darauf einstellen, ob wir das wollen oder nicht. Wir müssen uns dringend damit auseinandersetzen. Es ist seit Pfingsten 1999 das vierte sogenannte Jahrhunderthochwasser innerhalb von vierzehn Jahren. Das muss uns zu denken geben. Der Handlungsbedarf ist dringender denn je. Wir müssen uns auf den Klimawandel einstellen.
Ich möchte der kommenden Rede zum Klimaschutzgesetz nicht vorausgreifen, aber zum Klimaschutz sind auch in Bayern Anstrengungen erforderlich. Wir werden damit die Welt zwar nicht retten, wir müssen aber unserer Vorbildfunktion in diesem Zusammenhang gerecht werden und unsere Anstrengungen deutlich erhöhen.
Herr Ministerpräsident, ich begrüße sehr Ihre Aussage, dass naturnahe Maßnahmen dringend forciert werden müssen. In der Vergangenheit ist dafür zu wenig getan worden. Das muss man klar und deutlich festhalten. Wenn ich mir eine Folie des Umweltministeriums aus dem Aktionsprogramm 2020 anschaue, sehe ich, dass angedacht wurde, im Zeitraum zwischen 2000 und 2020 10.000 ha Auenfläche zu renaturieren. Im Jahr 2010, in der Mitte des Programms, lagen wir bei 1.883 ha, also noch nicht einmal bei
Es war angedacht, 2.500 km Gewässerstrecke zu renaturieren. Geschafft wurden 764 km. Das sind Daten des Umweltministeriums. Auch das ist ungenügend. Anders kann man das Ganze nicht zusammenfassen. Daran müssen wir herangehen.
Aus der Praxis und meiner Arbeit als Naturschützer kommt mein Appell: Wir müssen ganz deutlich mit den Grundbesitzern und in erster Linie mit dem Bauernverband sprechen.
Zum großen Teil scheitert der Hochwasserschutz nicht an den zur Verfügung stehenden Geldmitteln, sondern sehr oft daran, dass der Eigennutzen über den Gemeinnutzen geht. In meinem Landkreis musste beispielsweise im Bereich Erching ein Deich saniert werden. Obwohl andere Vorschläge vorlagen, wurde der Deich auf der Trasse des alten Deiches saniert und nicht nach außen verlegt, obwohl weder Siedlungen, Straßen oder sonst etwas dagegen gestanden hätten. So etwas darf es in Zukunft in unserem Land nicht mehr geben; Gemeinwohl muss vor Eigensinn gehen.
Ich appelliere in Richtung der CSU-Fraktion. Wir haben am kommenden Donnerstag im Umweltausschuss zufälligerweise eine Debatte zum Hochwasserschutz an der Donau. Die Tagesordnung war schon fertig, bevor das Hochwasser gekommen ist. Auf der Tagesordnung steht ein entsprechender CSUAntrag. Ich appelliere an Sie, Ihren Antrag zu überdenken. Er lautet:
Die Staatsregierung wird aufgefordert, beim geplanten Donauausbau im Rahmen des Sonderprogramms zum Hochwasserschutz
sicherzustellen, dass Beeinträchtigungen für Land- und Forstwirtschaft sowie die Inanspruchnahme von Flächen auf ein Mindestmaß reduziert werden; …
Naturnaher Hochwasserschutz und diese Aussage widersprechen sich nicht nur ein bisschen, Herr Ministerpräsident,
Kollege Wörner hat auch schon darauf hingewiesen: Wir müssen ran an die Flächenversiegelung. Jährlich wird eine Fläche in der Größe des Chiemsees versiegelt. So kann es nicht weitergehen.
Die Zuschriften der Leute und die Kommentare sind deutlich: Das hat die Hochwassersituation verschärft. Wir müssen da rangehen. Ich habe Zuschriften von Bürgern. Einer hat einmal ausgerechnet, dass in den letzten zehn Jahren so viel Fläche versiegelt wurde, dass bei einem 60-Liter-Ereignis und bei einem Ereignis mit wesentlich höherer Niederschlagsmenge 40 Millionen Kubikmeter Wasser auf diesen Flächen gestanden sind. Hierauf müssen wir in Zukunft schauen. Wir müssen hier eine neue Politik machen. Wir müssen den Hochwasserschutz auf neue Füße stellen.
Das gilt auch für die Sanierung der Schutzwälder, die für den Wasserrückhalt enorm wichtig sind, gerade im Gebirge. Es kann nicht sein, dass der Staatsforst die Melkkuh ist und 80 Millionen Euro Gewinn abgeführt werden, während die Schutzwaldsanierung nicht ausreichend vorangetrieben wird. Auch hier sehe ich einen enormen Handlungsbedarf.
Das geht weiter beim Moorschutz, und das gilt ganz besonders - und darüber werden wir uns in den nächsten Tagen noch unterhalten - für das Landesentwicklungsprogramm. Wenn ich mir beispielsweise ansehe, dass das Kapitel "Wasser" auf ganze vier kleine Punkte eingedampft wurde, stelle ich fest: Das genügt nicht, um den Aufgaben, die wir haben, gerecht zu werden. Das müssen Sie zurückziehen!
Wir müssen den Bereich Siedlungspolitik, vor allem was den Hochwasserschutz anbelangt, in den nächsten Jahren genau im Auge behalten, damit da nichts passiert.
Das waren einige Punkte einer Analyse. Wir müssen auch an die Personalsituation herangehen. Um zu demonstrieren, was Sie hier gemacht haben, nenne ich
zwei Zahlen: Sie haben die Wasserwirtschaftsbehörden von 1998 von 3.181 auf 2.552 Personen reduziert. Das sind 22 % Abbau. Da muss umgesteuert werden. Wir brauchen mehr Personal, wenn wir die ehrgeizigen Aufgaben erfüllen wollen.
Das waren einige Anmerkungen in diesem Zusammenhang. Wie gesagt, 100 % Schutz wird nicht möglich sein; in dieser Frage sind wir uns einig. Wir brauchen aber deutliche Verbesserungen im Hochwasserschutz in Bayern, und die sind möglich. Lassen Sie uns diese gigantische Aufgabe in den nächsten Monaten und Jahren gemeinsam anpacken.
Herr Präsident, Herr Ministerpräsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir erleben erschütternde Bilder im Fernsehen, und viele von uns erleben sie auch live in der Realität. Sehr viele Menschen in Bayern erleben derzeit das schlimmste Hochwasser in der Geschichte ihrer Orte. Naturkatastrophen lassen sich nicht verhindern, sie lassen sich auch nur bis zu einer bestimmten Dimension und nicht genau voraussagen. Deswegen sind wir ihnen hilflos ausgeliefert, deshalb sind sie aber auch eine Bewährungsprobe für uns alle und für die Menschen in Bayern.
Zunächst gilt mein Dank allen Einsatzkräften, die sich engagieren. Die meisten tun dies ehrenamtlich. Ich will nicht alle Organisationen erneut aufzählen, aber ohne die Feuerwehren, das Technische Hilfswerk, den Rettungsdienst und viele, viele andere würde Bayern noch viel tiefer in den Fluten versinken. Ich denke auch an die Vertreter der Behörden, die nicht nur ihre Pflicht tun, sondern viele, viele Überstunden leisten, schnell und unbürokratisch. Als weitere Gruppe, die noch nicht genannt worden ist, möchte ich hier auch ausdrücklich die Mitmenschen, die Nachbarn ansprechen. Mein Eindruck ist nicht der, dass sich die Menschen in erster Linie um Sandsäcke geprügelt haben. Mein Eindruck ist vielmehr der, dass Bayern derzeit eine ungeheuere Solidarität erlebt. Bayern erlebt viele freiwillige Helfer. Viele Menschen bieten sich an, anderen zu helfen. Auf diese Solidarität bin ich stolz, liebe Kolleginnen und Kollegen.
In einer solchen Situation gilt unser Mitgefühl zunächst denjenigen, die Hab und Gut verloren haben, die vielleicht vor den Trümmern ihrer Existenz stehen.
Aufgabe der Politik ist es, ihnen in erster Linie schnell und wirkungsvoll zu helfen. Dass das geschieht, dafür danke ich ausdrücklich unserem Ministerpräsidenten Horst Seehofer und seinem Stellvertreter, unserem Wirtschaftsminister Martin Zeil, die sich nicht nur sofort ein Bild von der Lage gemacht haben, sondern die auch sofort geholfen haben. Das war richtig.
Was kann die Politik außerdem noch tun? – Regen, Wetterlage und steigende Wasserstände lassen sich nicht verhindern. Auch mit dem besten Klimaschutz, auch mit den besten naturnahen Ausgleichsmaßnahmen, die zweifellos notwendig sind, lässt sich nicht alles verhindern. Bauliche Schutzmaßnahmen sind wichtig, und bauliche Schutzmaßnahmen müssen wir fortsetzen. Aber auch das ist nicht überall möglich; denn nicht jedes besiedelte Gebiet lässt sich mit Deichen sichern. Deshalb komme ich zu dem Punkt, der mir als Innenpolitiker besonders am Herzen liegt: Wir müssen unsere Einsatzkräfte, unsere Freiwilligen und unsere Ehrenamtlichen und auch unsere berufsmäßigen Helfer mit den notwendigen Mitteln ausstatten, damit auch in Zukunft bei solchen Hochwassern der bestmögliche Schutz geleistet werden kann. Dazu gehört die sachliche Ausstattung, dazu gehören aber auch die notwendigen Übungsstunden, und dazu gehört auch die Unterstützung für die Firmen, die ihre freiwilligen Helfer für solche Ereignisse und auch für die Übungen vorher freistellen.
Ich habe am Anfang gesagt, Naturkatastrophen sind eine Bewährungsprobe für die Menschen. Sie sind aber auch eine Bewährungsprobe für das Parlament, das in einer solchen Stunde nicht Parteipolitik in den Vordergrund stellen sollte, sondern den Zusammenhalt. Ich freue mich, dass das bisher alle Redner getan haben, und ich hoffe, dass das auch in den kommenden Debatten der Fall sein wird.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrter Herr Ministerpräsident! Als Bäuerin bin ich es leider seit Jahrzehnten gewohnt, dass Unwetter unsere Ernten immer wieder gefährden oder sogar vernichten. Für uns Bäuerinnen und Bauern bedeutet jedes Unwetter, auch jedes Hochwasser wirtschaftliche Gefährdung bis zur Gefährdung der Existenz. Das Hochwasser, das wir auch im Landkreis Rosenheim, aber seit Tagen auch entlang des Inns und der Mangfall erleben oder, besser gesagt, erleiden, über
trifft alles, woran ich mich in den vergangenen Jahrzehnten erinnern kann. Wenn man aber weiß oder gehört hat, dass beispielsweise in der Chiemgauer Gemeinde Aschau, im Stimmbezirk meines Kollegen Stöttner, in 90 Stunden 400 Milliliter Wasser vom Himmel gefallen sind - das ist die Hälfte des gesamten Jahresniederschlags -, dann weiß man auch, dass diese Menge weder vom Boden noch vom Kanal oder den wasserführenden Flüssen und Bächen aufgenommen werden kann.
In den vergangenen Tagen habe ich vor Ort miterlebt, mit welch ungeheurem Einsatz und Können, mit welcher Professionalität und Ausdauer die verschiedenen Katastrophenschutz- und Hilfsorganisationen wie beispielsweise Feuerwehr, Technisches Hilfswerk, Rotes Kreuz, Polizei, DLRG und viele, viele andere buchstäblich bis zu Erschöpfung - ich möchte sogar sagen, darüber hinaus - um jeden Meter kämpften, den sie vor der Überflutung schützen konnten. Deshalb möchte auch ich unseren zahlreichen ehrenamtlichen und professionellen Helferinnen und Helfern von dieser Stelle aus ganz, ganz herzlich danken.