Protocol of the Session on May 16, 2013

… sich gegen weitere bürokratische und schwierig umzusetzende Maßnahmen im Bereich des Greenings auszusprechen, sei nicht nötig, weil die bayerischen Vorschläge an die EU gelobt würden.

Ich könnte hier noch mehr zitieren. Was den Wunsch nach der Förderung der kleinen Betriebe betrifft, Herr Kollege Füracker, so stelle ich fest: Herr Dr. Weber vom Ministerium hat die Sockelförderung sogar als schädlich erachtet. Auch das ist im Protokoll nachzulesen. Ihr Antrag hätte eigentlich die Betitelung "Nachzieher" verdient, weil nämlich eigentlich schon alles gelaufen ist.

Auch wenn die Regierungsparteien jetzt sagen, sie wollen das auf nationaler Ebene verankern, dann ist das für mich der gleiche Taschenspielertrick. Lesen Sie bitte das Protokoll der Agrarministerkonferenz vom letzten Monat in Berchtesgaden. Dort sind nämlich die meisten Dinge, die Sie jetzt beantragen, bereits festgezurrt worden. Sie haben die Bund-LänderArbeitsgruppe beauftragt, all diese Dinge, die in Ihrem Antrag stehen, auszuarbeiten.

Gestern ging es im Ausschuss um den Weinbau. Da haben Sie den Antrag der SPD abgelehnt, weil Sie

sagten, das Thema stehe bereits im Protokoll der Agrarministerkonferenz. Gut, dass ich das Protokoll dabei gehabt habe. Das hat mir heute beim Vorbereiten der Rede viel genutzt. Alle Punkte sind enthalten. Mit diesem Argument lehnen Sie die Anträge der Opposition ab, aber handeln selbst gegen dieses Argument. Wenn das Ihre Art ist, wie das Parlament aus Sicht der Regierungspartei an solchen Positionierungsprozessen beteiligt sein soll, dann gute Nacht.

Nochmals: Möglich sind all diese Dinge nur durch die entsprechenden Beschlüsse innerhalb der EU. Im Juni 2011 hatten die CSU-Vertreter im Landtag noch die Mitwirkungsmöglichkeiten abgesprochen. Jetzt sind sie dagegen. Die Bayerische Staatsregierung hat im Wesentlichen die Dinge aus der Hand gegeben. Es ist nicht dieser Staatsregierung zu verdanken, wenn es dennoch zu einem erträglichen Ergebnis der Trilogverhandlungen kommt. Natürlich sind die Forderungen wichtig und wir stimmen gerne selbst erfüllten Anträgen zu. Dem Antrag der SPD können wir leider nicht zustimmen, liebe Kollegin, weil wir uns ganz massiv gegen die Umschichtung der Mittel von der ersten in die zweite Säule stellen. Sonst sind viele Punkte enthalten, die wir mittragen können.

Für die Wählerinnen und Wähler in Bayern muss aber eines klar sein: Wenn sie es zukünftig vermeiden wollen, derart Zeit zu vergeuden, dann müssen sie bei der nächsten Wahl die FREIEN WÄHLER wählen. Dann fällt der Zeitaufwand für das Verdrängen und für das spätere Kopieren weg.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Frau Kollegin, bleiben Sie bitte am Redepult. Wir haben eine Zwischenbemerkung des Kollegen Füracker.

(Vom Redner nicht autori- siert) Dann sollten wir aber den potenziellen Wählerinnen und Wählern der FREIEN WÄHLER auch erklären, was den Unterschied zwischen dem Trilog in Brüssel und der Frage der deutschen Umsetzung ausmachen kann. Dass sich der Antrag nicht auf die Trilogverhandlungen in Brüssel bezieht, habe ich, so glaube ich, deutlich ausgesprochen. Deswegen ist es ein ziemlicher Unsinn, darauf zu verweisen, was die Umsetzung in Deutschland anbelangt. Es steht alles darin, was gut ist. Man kann es auch gar nicht oft genug sagen. Herr Minister Brunner hat sehr erfolgreich in Bezug darauf verhandelt, was wir im Sinne Bayerns umsetzen können.

(Beifall bei der CSU)

Trotzdem darf man die Tatsachen nicht verdrehen. Es wurde alles in der

Agrarministerkonferenz behandelt. Die Bund-LänderArbeitsgruppe arbeitet bereits daran. Die Aufträge sind erteilt, und dieser Antrag ist aus meiner Sicht ein Schaufensterantrag.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Jetzt meldet sich Herr Kollege Dr. Dürr zu Wort.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Gestern habe ich mir nicht vorstellen können, heute hier zu reden. Zum einen ist der Anlass dazu sehr traurig, und wir sind alle noch nicht darüber hinweg. Zum anderen bin ich selbst auch nicht sehr gut beieinander.

Nachdem ich mich mit dem Antrag der CSU befasst habe, habe ich gemerkt, dass das praktisch von allein, automatisch und wie im Schlaf geht. Ich brauche dazu nicht viel Energie. Die Diskussion, die wir heute führen, haben wir schon vor fünfzehn Jahren geführt. Euch fällt es vielleicht nicht so auf, aber mir fällt es ganz extrem auf. Ich bin vor zehn Jahren aus dem Agrarausschuss ausgeschieden; der Kollege Helmut Brunner wird sich sicher noch daran erinnern. Damals musste ich gegen die gleiche überholte Landwirtschaftspolitik der CSU kämpfen wie heute. Daran hat sich nichts geändert. Die ganze Welt entwickelt sich weiter, die Nachbarländer um uns herum – von Oberösterreich bis Baden-Württemberg – machen längst eine grüne und moderne Landwirtschaftspolitik, aber die CSU in Bayern hat die letzten Jahrzehnte einfach verschlafen. Das demonstriert auch ihr heutiger Antrag.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ich will nur einen Punkt herausgreifen, weil er der wichtigste ist, nämlich die Forderung, keine Umschichtung von Direktzahlungen in die zweite Säule vorzunehmen. Das hört sich schwierig an, aber was bedeutet es? Es ist eine relativ einfache Geschichte. Es gibt zwei Hauptquellen der EU für die Agrarförderung. Das sind einmal die Direktzahlungen aus der ersten Säule, die jeder Betrieb bekommt, je nachdem, wie groß er ist. Das ist die Kernorientierung, bei der die Größe zählt. Diese Zahlung aus der ersten Säule macht in Bayern 1,09 Milliarden Euro für 2008 aus. Ich habe keine neuere Zahl; vielleicht können wir das noch vom Minister hören. Dann gibt es die zweite Quelle. Das betrifft die zweite Säule. Das waren 2009 auf Bayern bezogen 202 Millionen Euro, also ungefähr ein Fünftel der anderen Förderung, die man nach Größe bezogen erhält.

Wofür bekommt man jeweils die Mittel? Die Direktzahlungen bekommt man dafür, dass man überhaupt

landwirtschaftliche Flächen hat. Das ist schon die ganze Leistung, die man dafür erbringen muss. Dann gibt es schon Geld. Man hat im Laufe der letzten Jahre immer wieder versucht, Förderbedingungen anzupassen. Im Prinzip bekommt man diese Zahlung, weil man sie schon einmal bekommen hat. Nur wenn man diese Zahlung schon einmal bekommen hat, bekommt man sie wieder. Das ist praktisch ein Perpetuum mobile. Weil man schon einmal Geld bekommen hat, bekommt man wieder Geld.

Die zweite Säule orientiert sich im Gegensatz dazu an gesellschaftlichen Aufgaben und Leistungen. Dabei gibt es nicht so ohne Weiteres Geld, man muss schon etwas dafür tun. Es werden zum Beispiel der Ökoanbau, Maßnahmen zum Naturschutz oder zum Erhalt der Kulturlandschaft gefördert. Es gibt allerdings auch fragwürdige Fördermaßnahmen. Adi Sprinkart hat bei den Haushaltsberatungen das einzelbetriebliche Investitionsprogramm massiv kritisiert. Er hat darauf hingewiesen, dass die Staatsregierung gezielt Wachstumsbetriebe fördere, und zwar bis hin zur industriellen Tierhaltung. Das lehnen wir natürlich ab. Es handelt sich um einen Baustein in der zweiten Säule, der weg muss.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Im Prinzip ist die zweite Säule ein sehr gutes Instrument, eine Landwirtschaft zu bekommen, wie wir sie uns in Bayern wünschen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Man könnte damit sehr viel für die bäuerliche Landwirtschaft, den Verbraucherschutz, den Tierschutz, den Umwelt- und den Klimaschutz tun, vorausgesetzt man will das. Man tut es zum Teil schon, man tut es aber nicht in dem Maße, wie man es tun könnte.

Diese Mittel sollen jetzt im Unterschied zu den Direktzahlungen massiv gekürzt werden. Man nimmt sich den eigenen Gestaltungsspielraum. Bayern wäre von diesen Kürzungen besonders betroffen, mehr als jedes andere Bundesland, Herr Kollege Füracker. Deswegen muss man dafür sorgen, dass Mittel aus der zweiten Säule nicht gekürzt, sondern aufgestockt werden, weil wir besonders davon profitieren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Darauf haben auch die Agrarexperten bei der Anhörung im Februar hingewiesen. In Bayern sind – ich habe im Jahr 2006 eine Anfrage gestellt, und eine neuere Anfrage gibt es nicht – wiederum die Bauern in den Landkreisen besonders betroffen, die extensiv wirtschaften, das heißt, je mehr die Bauern umweltfreundlich und naturfreundlich arbeiten, desto mehr

hängen sie von der zweiten Säule ab. Das betrifft vor allem die Landkreise, in denen die zweite Säule stärker ist als die erste, in denen die Bauern mehr für Umweltleistungen bekommen als für die Größe. Kleine Betriebe bringen große Leistungen in folgenden Landkreisen: Freyung-Grafenau, Regen, Berchtesgadener Land, Bad Tölz-Wolfratshausen, Garmisch-Partenkirchen, Miesbach, Weilheim-Schongau, Lindau, Ostallgäu und Oberallgäu. Wenn die Mittel aus der zweiten Säule gekürzt werden, bekommen genau die Bauern in diesen Landkreisen große Probleme. Herr Brunner, in Ihrer Region bekommen diese Betriebe Probleme. Deswegen haben Sie sich vor Kurzem selbst dafür ausgesprochen, die zweite Säule zu stärken.

Was soll der Schmarrn dann jetzt? Das verstehe ich nicht. Wenn man jetzt einen Verzicht auf die Umschichtung fordert, wie CSU und FDP das tun, schadet man massiv den Interessen dieser bäuerlichen Betriebe. Das ist auch allen Agrarpolitikerinnen und Agrarpolitikern klar. Das war nicht nur Minister Brunner. In der Ausschuss-Anhörung Anfang Februar waren sich alle Anwesenden einig, dass die zweite Säule ein ganz wichtiger Baustein ist. Das haben alle gesagt. Nur der Vertreter des Bauernverbandes hat herumgedruckst, und Frau Noichl hat nachgefragt, ob Ja oder Nein. Dann wollte er nicht Ja oder Nein sagen. Das war aber der Einzige. Für diesen Bauernverband machen Sie das jetzt? Das, finde ich, ist eine Schande. Ich halte auch den Bauernverband für eine Schande.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Damals hat Georg Häusler, Kabinettschef der Europäischen Kommission, den Braten schon gerochen. Er hat wörtlich erklärt – ich zitiere aus dem Protokoll des Ausschusses -:

In den letzten zwei oder drei Jahren, in denen die Reformdiskussion im Gange war, herrscht bei jeder einschlägigen Veranstaltung in ganz Europa – in Brüssel, in Deutschland und in jedem anderen Mitgliedsland eine Stimmung wie in diesem Saal hier: "die zweite Säule, die zweite Säule, die zweite Säule".

"Betont wird weiter" – so Herr Häusler -, wie wichtig und wie gut die zweite Säule ist und wie sehr alle die zweite Säule schätzen. Sie wird als Politikinstrument gelobt. Wenn man sich aber bei der Budgetdebatte nach den Verteidigern der zweiten Säule umsieht, sind sie plötzlich alle weg. Warum setzt sich niemand mehr für die zweite Säule ein, wenn es darauf ankommt?", hat Herr Professor Dr. Häusler gefragt. "Warum setzt sich aber jeder in Sonntagsreden für die zweite Säule ein? Dies geschieht in Brüssel, auf nati

onaler Ebene und bei Ihnen in Bayern.", hat Herr Professor Dr. Häusler gesagt. Das passiert auch im Moment: Sie setzen sich in Sonntagsreden für die bäuerliche Landwirtschaft ein; in Wirklichkeit ziehen sie ihr den Boden unter den Füßen weg.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Prof. Dr. Onno Poppinga hat damals eine Erklärung gesucht, warum alle, wenn es darauf ankommt, von der zweiten Säule nichts wissen wollen. Er hat gesagt: Die zweite Säule bedeutet, sich mit ökologischen Problemen auseinanderzusetzen, die bestimmte Formen von Landwirtschaft auslösen. Sie ist also im Prinzip eine kritische Antwort auf die Industrialisierung der Landwirtschaft. Die Industrialisierung der Landwirtschaft wird aber im Prinzip nicht infrage gestellt, sondern weiter fortgesetzt. Kolleginnen und Kollegen von der CSU und der FDP, genau das ist Ihr Programm. Deswegen wollen Sie von der zweiten Säule nichts wissen.

Mit Ihrem heutigen Antrag treiben Sie die Industrialisierung voran und schaden damit den bäuerlichen Familienbetrieben, den Verbraucherinnen und Verbrauchern und den bayerischen Bürgerinnen und Bürgern insgesamt; denn Sie treiben die Intensivierung weiter voran, die umweltschädliche Eingriffe bedeutet, die man hinterher wieder teuer mit Artenschutzprogrammen, Wasserschutzprogrammen, Klimaprogrammen oder Grünlandförderung reparieren muss. Intensivieren und dann reparieren, das ist ein absurdes und perverses System, das Sie hier vorantreiben.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Sie schaden den Verbraucherinnen und Verbrauchern, weil Sie nicht dafür sorgen, dass der ÖkoAnbau endlich in Bayern in dem Umfang betrieben wird, in dem er einen Markt hat. Vor 10 oder 15 Jahren hieß es immer: der Markt, der Markt, der Markt. Man könne keine Programme auflegen. Jetzt haben wir den Markt. Wo sind eure Programme? Warum sprecht ihr nur Bekundungen aus und sonst nichts? Warum rührt sich nicht endlich was?

Jeder zweite Apfel und jede zweite Kartoffel kommen aus dem Ausland, obwohl sie hier angebaut werden könnten. Das bedeutet lange Lieferketten, die wiederum für Lebensmittelskandale anfällig sind. Das erleben wir immer wieder. Außerdem schaden sie den bäuerlichen Familienbetrieben. Das kritisiert auch die EU-Kommission. Profiteure sind Betriebe außerhalb Bayerns. Warum setzen Sie sich für Betriebe außerhalb Bayerns ein und nicht für unsere Betriebe? Erklären Sie das einmal den Bauern. Ihr Antrag ist umweltund klimaschädlich, bauern- und verbraucherfeindlich. Deshalb lehnen wir ihn ab.

(Anhaltender Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Herr Dr. Dürr, vielen Dank für Ihren Beitrag. Einen Moment bitte. Ein Kollege und eine Kollegin haben sich zu einer Zwischenbemerkungen gemeldet.

Ich riskiere es noch einmal, auch wenn ich nicht glaube, dass sachliche Argumente wahrgenommen werden.

Erstens. Kein anderes Bundesland fördert den ökologischen Landbau so sehr wie Bayern.

Zweitens. Das Programm zur Förderung des Ökolandbaus, das Herr Staatsminister Brunner aufgelegt hat, wird von allen Ökolandbauverbänden in Bayern begrüßt und geradezu beklatscht. Das haben sie mir jedenfalls gesagt.

Drittens. Die Agrarreform, mit der die Förderung nur auf Flächen umgestellt wurde, wurde damals unter rot-grüner Regierungsverantwortung in Brüssel umgesetzt. Damals wurde es als großer Sieg gefeiert, dass nicht mehr die Produktion unterstützt wird und dass es keine Tierprämien mehr gibt. Man hat gesagt: Alles auf die Fläche, das ist das Gerechteste. Heute stellt man sich hierher und tut so, als wäre alles ganz anders.

Auch kleine Bauern bekommen Mittel aus der ersten Säule. Wenn man die erste Säule wegnimmt, werden zunächst die kleineren Bauern weniger Geld erhalten. Herr Dr. Dürr, wenn Sie fair wären, hätten Sie zugehört und gelesen, dass ich einen Vorschlag gemacht habe, wie wir mehr Geld in die zweite Säule bzw. wie wir einen Ausgleich für das verlorene Geld bekommen. Nach den neuen Finanzbeschlüssen spart sich Deutschland zwei Milliarden Euro. Würden 10 % dieses Geldes für die zweite Säule verwendet, hätten wir das Problem los. Sie lehnen das ab. Wir wollen, dass die Bauern, auch die kleinen, in der ersten Säule das Maximum bekommen und in der zweiten Säule zusätzlich 200 Millionen Euro aus ersparten Mitteln, die wir nicht nach Brüssel überweisen.

Wer heute den Antrag ablehnt, lehnt ab, dass wir 200 Millionen Euro zusätzlich für die Landwirtschaft bekommen. Die Kolleginnen und Kollegen der SPD und der GRÜNEN stellen sich heute hierher und sagen, mit unserem Antrag würden wir industrielle Agrarproduktion fördern. Das ist eigentlich eines Kommentars gar nicht wert. Sie wissen genauso gut wie ich, dass das nur polemisches Wahlkampfgeschwätz ist.

(Beifall bei der CSU)