Protocol of the Session on February 6, 2013

Dazu gehört unter anderem auch die Residenzpflicht. Erlauben Sie, dass ich das einfach einmal sage.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Das macht es nicht besser!)

- Das macht es nicht besser. Ich kann jedoch nicht immer mit dem Finger auf die anderen zeigen und selber keine Verantwortung übernehmen.

(Beifall bei der FDP - Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Das habe ich nicht getan!)

Wir haben die Auszugsmöglichkeiten aus den Gemeinschaftsunterkünften für Familien verbessert. Es ist richtig; sehr viele Familien wohnen noch in den Unterkünften. Zumindest hat es eine Bewegung gegeben. Wir alle, die ganze Gesellschaft, alle Bürger in den einzelnen Ortschaften, haben die Aufgabe, dafür Sorge zu tragen, dass wir Wohnungen finden, um die Menschen dort unterzubringen. Menschen, die ausziehen können, sollten auch ausziehen. Ich gebe Ihnen recht: Residenzpflicht ist ein schreckliches Wort. Ich gerate auch immer ins Stolpern, weil das Wort so herrschaftlich klingt, eigentlich aber etwas ganz anderes bedeutet. Wir haben diese Residenzpflicht jedoch gelockert. Es muss das Ziel sein, sie auf ganz Bayern auszudehnen. Das ist jedoch, wie gesagt, Kompetenz des Bundes.

(Beifall bei der FDP)

Wir haben uns dafür eingesetzt, dass die Mittel in der Asylberatung massiv aufgestockt worden sind. Das hat Kollege Seidenath mit Zahlen unterlegt. Wir haben uns ebenfalls dafür eingesetzt, dass das Teilhabepaket für Kinder so zur Anwendung kommt, wie es ursprünglich gedacht war, nämlich nicht nur für die Bildung, sondern für das gesellschaftliche Leben. Den

Kindern wird dadurch die Teilhabe an Vereinen und kulturellen Einrichtungen ermöglicht.

(Beifall bei der FDP)

Wir haben uns auch für die Gutachterstellungnahme zur Erkennung psychischer Störungen in den Erstaufnahmeeinrichtungen stark gemacht. Wir werden uns mit den Ergebnissen in der kommenden Sitzung − also morgen − auseinandersetzen.

In Bayern gibt es etwas, worauf ich wirklich stolz bin und das ich sehr wichtig und wertvoll finde. Dafür möchte ich Dank sagen. Es gibt eine breite Bewegung im ehrenamtlichen Bereich. Dort versuchen Ehrenamtliche, Deutschkurse und kulturelle Projekte wie Theatergruppen für Mütter und Kinder anzubieten. Dort hat sich etwas bewegt. Dort passiert etwas.

(Beifall bei der FDP)

In der Tat geschieht vieles in den Köpfen der Menschen. Das gilt sowohl im Hinblick auf Asylbewerber als auch auf Menschen mit Behinderung. Werte Kolleginnen und Kollegen, ob die von Ihnen kritisierte Förderung der Rückkehrbereitschaft in der Asyldurchführungsverordnung steht oder nicht, ist nicht ganz so wichtig. Wichtig ist eine Änderung in unserem Bewusstsein. In dieser Regierungskoalition und dieser Wahlperiode hat sich wirklich einiges bewegt.

(Beifall bei der FDP)

Ein weiterer Antrag der GRÜNEN fordert die Regierung auf, sofort die Planungen für eine dritte Erstaufnahmeeinrichtung in Bayern aufzunehmen. Es ist richtig, die aktuelle Lage in den Erstaufnahmeeinrichtungen zeigt, dass Handlungsbedarf besteht. Die Staatsregierung musste im Herbst Sofortmaßnahmen aufgrund der massiv gestiegenen Asylbewerberneuzugänge einleiten. In der Tat reichen die Kapazitäten in der Erstaufnahmeeinrichtung Zirndorf nicht aus. Das gilt auch für München. Wir haben jedoch versucht, Abhilfe zu schaffen. Ich halte es nicht für besonders gut - das hat mit Emotionen zu tun −, wenn wir im Wahlkampf damit beginnen, über einen Standort für eine weitere, eine dritte Erstaufnahmeeinrichtung nachzudenken und darüber zu diskutieren. Wir müssen das langfristig im Kopf haben. Wir müssen uns dieser Herausforderung stellen. Wir haben in der Zwischenzeit die Zelte in Zirndorf wieder abbauen können. Es wurden neue Plätze geschaffen. Lieber Herr Pfaffmann, die vorübergehende Nutzung von Turnhallen war kein Problem, das nur Bayern getroffen hat. Von dem Zustrom an Asylbewerbern wurden alle Bundesländer überrascht. In Nordrhein-Westfalen hat man ebenfalls keine andere Lösung gefunden, als die Asylbewerber vorübergehend in Turnhallen unter

zubringen. Das konnte man nicht voraussehen. Wir brauchen uns nicht von Ihnen vorhalten lassen, dass wir schlecht oder falsch reagiert hätten.

(Beifall bei der FDP)

Durch die Erweiterung der Kapazitäten der bestehenden Aufnahmeeinrichtungen konnten kurzfristig insgesamt 500 neue Unterkunftsplätze geschaffen werden. Wir wissen, dass wir noch eine Aufgabe vor uns haben und auch gefordert sind.

Der dritte Antrag von den FREIEN WÄHLERN ist im ersten Teil seines Anliegens in der Zwischenzeit überholt. Das Personal, das aufgestockt werden sollte, haben wir bereits angefordert. Das ist passiert. Wir sind tätig geworden. Ich teile die Ansicht, dass Asylbewerber nach einer angemessenen Frist in Deutschland die Möglichkeit zur Aufnahme einer Arbeit erhalten sollen. Tagaus, tagein keine Beschäftigung zu haben, führt bei allen Menschen, egal ob Asylbewerber oder nicht, zu Aggressivität und Depression. Das gilt für Asylbewerber im erhöhten Maße. Viele Asylbewerber, die bei uns sind, sind hochqualifiziert.

(Beifall bei der FDP)

Deswegen ist es wichtig, dass wir für sie Teilhabemöglichkeiten am Arbeitsleben schaffen. Ich sehe darin auch immer eine Entwicklungshilfe. Wenn die Asylbewerber das, was sie hier lernen, wenn wir sie aufnehmen und unterbringen, wieder zurück in ihr Land mitnehmen, ist das unbezahlbar.

(Beifall bei der FDP)

Wir vertreten die Meinung, dass über Bedingungen und Fristen beraten werden muss, damit wir keine Wirtschaftsflüchtlinge anlocken. Den Beschluss des EU-Parlaments, die Zugangsbeschränkung auf dem Arbeitsmarkt von zwölf auf neun Monate zu verkürzen, haben wir sehr begrüßt. Das ist ein erster Schritt in die richtige Richtung.

Meine Damen und Herren, die CSU und die FDP bilden eine Koalition. Wir haben in dieser Koalition in der Asylpolitik vieles nach vorne gebracht. Sie werden sagen, das sei viel zu wenig. Ich denke, die Bewegung, die wir angestoßen haben, war ganz wichtig. Wir haben diese Koalition. In manchen Punkten würden wir gerne noch ein bisschen weiter gehen. Jedoch werden wir diese Anträge heute ablehnen, weil wir sie entsprechend unserer Koalitionsvereinbarung bereits im Sozialausschuss abgelehnt haben. Dabei bleiben wir auch heute.

(Beifall bei der FDP)

Es liegt eine Zwischenbemerkung von Herrn Kollegen Dr. Beyer vor.

Sehr geehrte Frau Kollegin Meyer, ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie den Dank an diejenigen gerichtet haben, die ehrenamtlich Asylsuchende betreuen. In meinem Landkreis Nürnberger Land gibt es, bis sich der Kreistag im Rahmen der Haushaltsberatungen für eine Unterstützung entscheiden wird, ausschließlich das ehrenamtliche Engagement. Verschiedene Organisationen ermöglichen eine Beratung für die dezentral untergebrachten Asylsuchenden.

Würden Sie mir zustimmen, dass der Bewusstseinswandel, von dem Sie gesprochen haben, so weit gehen sollte, das Anliegen, zu einer Verbesserung dieses ehrenamtlichen Einsatzes zu kommen, noch stärker zu unterstützen? Es gibt anerkennenswerterweise bereits eine verbesserte finanzielle Unterstützung für die Asylsozialberatung, wenn auch noch nicht im vollen notwendigen Umfang. In den großen Gemeinschaftsunterkünften wird professionelle Beratung geleistet. Auch die in den Regionen ehrenamtlich Tätigen tragen aber viel dazu bei, die Situation der Asylsuchenden erträglich zu gestalten und zu einem Miteinander von Asylsuchenden und der Bevölkerung vor Ort zu kommen. Teilen Sie meine Auffassung, dieses Anliegen noch stärker zu unterstützen?

Frau Kollegin, bitte.

Herr Kollege Dr. Beyer, das sollten wir auch nach außen hin immer wieder verdeutlichen. Wir sind aber auch insoweit bereits ehrenamtlich aktiv. Wir sitzen gemeinsam an Runden Tischen und überlegen, wie wir die Umsetzung des Anliegens weiter forcieren können. Wir arbeiten gemeinsam daran. Sie haben es angesprochen: Es geht bei der Unterstützung nicht nur um Hilfe im engeren Sinne, sondern auch um die Förderung der Integration in die Ortsgemeinschaft. Dafür gibt es übrigens viele positive Beispiele. Ich bin völlig bei Ihnen, wenn Sie dafür plädieren, weiterhin unterstützend tätig zu sein.

(Beifall bei der FDP)

Eine weitere Zwischenbemerkung: Herr Kollege Dr. Fahn.

Frau Kollegin Meyer, stimmen Sie mir zu, dass es sehr wichtig ist, dass die Asylbewerber eine gewisse Sprachkompetenz erlangen und der Staat insoweit unterstützend tätig wird? Wir FREIEN WÄHLER haben im Kreistag Miltenberg den Antrag gestellt, der Landkreis solle Sprachkurse finanzieren. Dieser Antrag wurde abge

lehnt mit der Begründung, das müsse in München gelöst werden. So verfahren auch andere Landkreise. Das Erlernen der deutschen Sprache, wenn auch nur eine gewisse Zeit lang, ist ein sehr wichtiger Punkt, den auch Sie aufgreifen müssten, Frau Meyer.

Frau Kollegin, Sie können schlecht etwas dazu sagen, warum der Kreistag den Antrag abgelehnt hat. Aber bitte.

Grundsätzlich bin ich bei Ihnen, dass die Sprachbeherrschung ein sehr wichtiges Instrument ist, um sich in einem Land zurechtzufinden. Insoweit passiert schon sehr viel − auch auf ehrenamtlicher Basis; das räume ich ein. Wenn der Wille der Asylbewerber auf der einen Seite und die Bereitschaft von Bürgern für ein entsprechendes ehrenamtliches Engagement auf der anderen Seite zusammengeführt werden könnten, wäre das ein wichtiger positiver Schritt. Darin sind wir uns einig. Auch wir können noch mehr tun.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin. − Es gibt noch eine Zwischenbemerkung. Entschuldigen Sie bitte, Frau Kollegin Meyer. Wenn Sie bitte noch einmal nach vorne kommen.

Frau Meyer, Sie reden viel von Ehrenamtlichkeit. Ich finde, dem Problem der mangelnden Integration von Flüchtlingen ist mit Ehrenamtlichkeit nicht beizukommen. Wir müssen auf diesem Gebiet viel mehr tun. Meinen Sie nicht auch, dass es Landesaufgabe ist, für Sprachförderung zu sorgen, damit die Menschen integriert werden können? Landkreise und kreisfreie Städte dürfen nicht im Regen stehen gelassen werden; denn sie bezahlen entsprechende Programme inzwischen aus ihrer eigenen Tasche, weil der Freistaat nicht dazu in der Lage ist, vor Ort unterstützend tätig zu werden.

Es ist Ausdruck einer wichtigen, positiven Entwicklung, wenn ein Land so viel Kraft entwickelt, dass es die aufgenommenen Menschen auch ehrenamtlich unterstützt und zum Beispiel Sprachkurse organisiert. Das passiert schon in vielen Bereichen. Dort, wo es ehrenamtliches Engagement gibt, muss aber nicht unbedingt der Staat noch zusätzlich einsteigen.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. − Jetzt darf ich Frau Kollegin Tolle für eine Minute und neun Sekunden das Wort erteilen. Bitte schön.

Vielleicht ist Frau Meyer die falsche Adressatin. Ich möchte auf Herrn Seidenath eingehen, der gesagt hat, es gehe den Asylsuchenden im Vergleich zu den Bedingungen in ihrer Heimat gut. Es ist sicherlich richtig, wenn Sie argumentieren, dass jemand, der von Steinigung bedroht ist oder der ein Todesurteil zu erwarten hat, weil er Christ geworden ist, in der Garage in Zirndorf nicht um sein Leben fürchten muss. Aber es geht auch um ein menschenwürdiges Leben; darauf kommt es an. Ich kann es nicht mehr hören, wenn gesagt wird: "Hier geht es euch gut." Vielen geht es hier nicht gut, auch weil ihnen gesellschaftliche Teilhabe nicht möglich ist.

Ich möchte an Folgendes erinnern: Das Mehr an Taschengeld haben Sie nicht freiwillig herausgerückt; dazu sind Sie gezwungen worden. Zu gesellschaftlicher Teilhabe gehört mehr als 140 Euro Taschengeld. Darauf legen viele Flüchtlinge großen Wert. Ich nenne Ihnen ein Beispiel, das vielleicht bei Ihnen gut ankommt − dazu wird es eine Petition geben −: Ein iranischer Flüchtling, der in Nürnberg in die Kirche gehen möchte, weil dort seine Sprache gesprochen wird und seine Kirche dort zu Hause ist, bekommt regelmäßig keine Erlaubnis zum Verlassen der Stadt mehr, seit der Chef der Ausländerbehörde in Würzburg gewechselt hat. Solche Kleinigkeiten, die letztlich Demütigungen der Menschen bedeuten, kann sicherlich jeder, der ehrenamtlich unterwegs ist, aufzählen. Insoweit ist auch der Bayerische Landtag gefragt, ein Zeichen zu setzen. Ich freue mich, dass mittlerweile in vielen Kommunen Willkommensvereine gegründet worden sind, die sich darum bemühen, dass es den Flüchtlingen in ihrer Asylunterkunft gut geht, obwohl die CSU manchmal sehr viel geistige Brandstiftung betreibt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die Staatsregierung hat Herr Staatsminister Kreuzer um das Wort gebeten. Bitte schön, Herr Staatsminister.

Frau Präsidentin, Hohes Haus! Eigentlich wollte ich in Vertretung von Staatssekretär Eck, der weg musste, aus der Sicht des Innenministeriums nur zum Antrag der FREIEN WÄHLER Stellung nehmen. Aber Ihre Ausführungen, Herr Kollege Pfaffmann, veranlassen mich doch zu einigen grundsätzlichen Bemerkungen.

Wir alle wissen, dass der starke Andrang an Asylbewerbern, vor allem aus dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawiens, zu Problemen mit der Unterbringung geführt hat − nicht nur in Bayern, sondern in allen Bundesländern. Gerade Deutschland und einige nordische Länder haben unter dem Anstieg zu leiden, der in dieser Größenordnung nicht vorhersehbar war. Sie

haben gehört, was Kollege Seidenath und Kollegin Meyer hier ausgeführt haben: Zur Verbesserung der Unterbringungsbedingungen sind zahlreiche Maßnahmen, die von diesem Haus mitgetragen wurden, ergriffen worden. Es sind erhebliche Mittel aufgewandt worden, um diese große Zahl an Asylbewerbern in angemessener Zeit auffangen zu können.

Wenn Sie aber einen Paradigmenwechsel in der Asylpolitik fordern, Herr Kollege Pfaffmann, dann unterstellen Sie den Regierungsfraktionen und der Staatsregierung, sie würden Menschen in Bayern vorsätzlich schlecht unterbringen oder schlecht behandeln. Das gipfelte bei Ihnen in der Behauptung, dass gegen die katholische Soziallehre verstoßen werde. Herr Kollege Pfaffmann, diese Unterstellung weise ich mit aller Entschiedenheit zurück. Ihre Behauptungen sind unverschämt.

(Beifall bei der CSU)