Die Redezeit der Staatsregierung orientiert sich an der Redezeit der stärksten Fraktion. Die Staatsregierung kann deshalb bis zu 22 Minuten sprechen, ohne dass sich dadurch die Redezeit der Fraktionen verlängert.
Ich eröffne die Aussprache. Als Erster hat Herr Staatsminister Manfred Brunner das Wort. − Helmut Brunner. Ich entschuldige mich in aller Form, Herr Staatsminister.
(Heiterkeit - Franz Maget (SPD): Das ist ein anderer! - Zuruf von der SPD: Das gibt eine Rüge! Staatsminister Helmut Brunner: So einfach geht das nicht, Herr Präsident! - Tobias Thalhammer (FDP): Das kostet ein Bier oder ein Glas Milch!)
- Jetzt wollen wir uns aber beruhigen. Der Staatsminister hat etwas Wichtiges zu sagen. Sie haben das Wort, Herr Staatsminister.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich freue mich, dass ich Ihnen heute meinen Haushalt vorstellen darf, bedanke mich vorweg für die sehr konstruktiven Beratungen sowohl im Agrarausschuss als auch im Haushaltsausschuss und danke allen, auch von der Opposition, die meinen Weg ehrlich, offen und konstruktiv begleiten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der ländliche Raum ist nach wie vor für die Mehrheit der Menschen Lebens-, Wohn- und Wirtschaftsraum. Die bestimmenden Faktoren sind dabei immer noch die Land- und die Forstwirtschaft. Deren vielfältige Leistungen für einen aktiven und attraktiven ländlichen Raum sind unverzichtbar. Deshalb ist ein aktive Politik für unsere Land- und Forstwirtschaft zwingende Voraussetzung für ein starkes Bayern als Heimat mit Zukunft.
Die Agrarwirtschaft wird immer mehr zur einer Schlüsselbranche für die Ernährungssicherung und die Bewältigung der Energiewende und des Klimawandels. Die Herausforderungen für die Landwirtschaft sind enorm. Denken wir an den zunehmenden Wettbewerbsdruck durch die Globalisierung der Wirtschaft, aber auch durch die Liberalisierung der Agrarmärkte. Umso wichtiger ist es deswegen, die Wettbewerbsfähigkeit dieser Branche zukunftsfähig zu erhalten und − das ist mir ein ganz besonderes Anliegen − die zunehmende Bürokratie einzudämmen, wo es nur geht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will bereits zu Beginn des neuen Jahres die einzelbetriebliche Investitionsförderung deutlich verbessern, auch wegen der gestiegenen gesellschaftlichen Anforderungen im Tierschutz. Davon profitieren gerade auch unsere bäuerlichen Betriebe. Insgesamt sind im Doppelhaushalt 2013/14 für die einzelbetriebliche Investitionsförderung 140 Millionen Euro geplant.
(Theresa Schopper (GRÜNE): Mühsam wird der Applaus eingesammelt! - Maria Noichl (SPD): Da klatscht einer, der den Stoiber haben will!)
Ich darf ergänzen: Was vor allem auch für Bayern von besonderer Bedeutung ist, um natürliche Unterschiede und Produktionsvoraussetzungen teilweise ausgleichen zu können, ist die Ausgleichszulage. 60 % unserer Flächen sind davon betroffen. Wir zahlen hierfür gut 110 Millionen Euro, selbstverständlich durch Brüssel und Berlin kofinanziert. Damit können wir die flächendeckende Landbewirtschaftung garantieren. Dies ist letzen Endes auch eine wichtige Grundlage für einen florierenden Tourismus.
Unser Kulturlandschafts- und Vertragsnaturschutzprogramm ist das umfangreichste und erfolgreichste Um
weltprogramm Europas. Damit gewährleisten wir den Ressourcenschutz und nicht zuletzt die Sicherung der Biodiversität. Und was besonders wichtig ist: Das Prinzip "Freiwilligkeit vor Ordnungsrecht" hat sich nachweislich bewährt.
Unser Haushalt ist ein klares Bekenntnis zu einer starken Land- und Forstwirtschaft und zur Weiterentwicklung des ländlichen Raums mit einer eigenständigen Perspektive. Agrarpolitik ist schließlich Gesellschaftspolitik. Mit dem Haushaltsansatz für die Jahre 2013 und 2014 von rund jeweils 1,3 Milliarden Euro setzen wir ganz gezielt auch aktuelle gesellschaftliche Themenbereiche um.
Unsere bayerischen Spezialitäten haben weltweit, also nicht nur bei den bayerischen Verbrauchern, ein hervorragendes Image. Das bestätigen auch die aktuellen Zahlen bezüglich des Exports. Allein im ersten Halbjahr konnte eine Steigerung von 5,6 % auf rund 3,9 Milliarden Euro erreicht werden. Wenn der Trend bis zum Jahresende anhält, dann können wir erstmals die Acht-Milliarden-Grenze überschreiten.
Aber ich will noch mehr. Bayern ist schließlich gerade bei den Agrarprodukten als Premiumland anerkannt. Zusammen mit der neu gegründeten Marketingagentur, für die im Doppelhaushalt rund 6 Millionen Euro bereitstehen, haben wir ein bayerisches Regionalsiegel entwickelt. Ich habe die Einzelheiten im November bekanntgegeben. Damit will ich zum Ausdruck bringen, dass ich unseren Lebensmitteln ein Gesicht verleihen will. Es soll die Chance eröffnet werden, die Region mit dem Produkt zu verbinden und damit auch eine besondere Identität auslösen.
Der Einzelhandel hat zwischenzeitlich bereits großes Interesse an diesem Regionalsiegel bekundet und ich bin überzeugt, dass es bereits im kommenden Jahr verschiedene Initiativen in verschiedenen Regionen geben wird. Das ist letzten Endes ein Erfolg für die Regionen, ein Erfolg für die Verbraucher und nicht zuletzt ein Erfolg für ganz Bayern.
Mit dem Landesprogramm Ökolandwirtschaft stärke ich die Schwerpunkte Forschung, Bildung, Beratung und Förderung in diesem Premiumsegment. Mein Ziel ist eine Verdoppelung der Ökoproduktion aus Bayern bis zum Jahr 2020. Wir müssen die Märkte vor der Haustür bedienen. Wir sind gerade in diesem Bereich noch auf Importe angewiesen. Deswegen ist es geradezu logisch, dass wir die Produktion dem Verbrauch anpassen. Zusammen mit den Ökoverbänden werde ich diese Offensive starten. Hierfür stehen zusätzlich bereits in der Startphase 3,4 Millionen Euro zur Verfügung.
Beim Aktionsprogramm heimische Eiweißfuttermittel hat Bayern inzwischen bereits auch bundesweit eine Vorreiterrolle übernommen. Das Programm, das die bayerische Landwirtschaft unabhängiger von Überseesoja machen soll, findet auch im Ausland bereits große Zustimmung. Zusammen mit den Donauanrainerstaaten und mit Italien entwickeln wir eine europäische gentechnikfreie Eiweißversorgung. Wir dürfen zur Kenntnis nehmen: Die Menschen wollen zunehmend gentechnikfrei hergestellte Lebensmittel.
Unser Kompetenzzentrum für Ernährung hat sich inzwischen bereits hervorragend entwickelt und etabliert. Zusammen mit den Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten erreichen wir mit dem Konzept Ernährung in Bayern immer mehr Zielgruppen. So schaffen wir eine Bewusstseinsänderung für gesunde Ernährung und eine höhere Wertschätzung auch für einheimische, regionale Lebensmittel. Wegen der gesellschaftlich großen Bedeutung sehen wir hier weiterhin rund 5 Millionen Euro vor.
Im Übrigen ist es für Industrieländer nicht gerade ehrenrührig, wenn wir eine Wegwerfquote von nahezu 30 % haben. Aber wir müssen gegensteuern. Es ist für mich auch ein Bildungsauftrag, dafür zu sorgen, dass wir unsere oftmals mit großem Aufwand erzeugten Lebens- und Nahrungsmittel wieder mehr schätzen und verantwortungsbewusster mit ihnen umgehen.
Mit dem bayerischen Schulfruchtprogramm haben wir inzwischen bereits 71 % der berechtigten Schülerinnen und Schüler erreicht. Es ist tatsächlich ein Renner geworden. Ich denke, dass die Eltern, Kinder und Lehrer gleichermaßen davon begeistert sind. Deswegen setzen wir dafür weiterhin 3 Millionen Euro jährlich ein.
Zur Ernährungsbildung und zum Verbraucherdialog gehört auch das von mir initiierte Programm Erlebnis Bauernhof bzw. Lernort Bauernhof, mit dem wir es den Kindern ganz bewusst ermöglichen wollen, mit allen Sinnen zu begreifen, wie Lebensmittel erzeugt werden. Hier sind 2 Millionen Euro gut angelegt.
Mit unserem Maßnahmenpaket Energiewende im ländlichen Raum, für das jährlich 13 Millionen Euro bereitstehen, setzen wir letzten Endes die Energiewende im ländlichen Raum um. Ich meine, nach der Phase der Sensibilisierung muss jetzt rasch die Phase der Umsetzung und der praktischen Weiterentwicklung der Energiewende folgen. Wir werden mit dem Geld Demonstrationsprojekte fördern. Wir wollen mit einem personellen Angebot die Beratung optimieren, und zwar nicht nur für die investitionswilligen Landwirte. Ich bin überzeugt: Daraus kann ein großes
Konjunkturprogramm auch für den ländlichen Raum entstehen. Ich bin davon überzeugt, dass die ehrgeizige Energiewende in Deutschland ein Pilotprojekt für die ganze Welt sein kann. Alle schauen auf uns, ob wir unsere Ziele erreichen. Deswegen haben wir Verantwortung auch über unser Land hinaus.
Im Jahr 2013 feiert die Definition des Begriffs "Nachhaltigkeit" in der Forstwirtschaft ihren 300. Geburtstag. Gemeinsam mit allen Akteuren der Forst- und Holzbranche wollen wir das Jahr nutzen, unsere bewährten forstpolitischen Ansätze einer nachhaltigen und multifunktionalen Forstwirtschaft, die schützen und nützen vereint, umzusetzen und dafür zu werben. Auch hier geht es um die Geisteshaltung, die wir zum Ausdruck bringen wollen. Denn nur eine Waldbewirtschaftung, die ökonomische, ökologische und soziale Interessen unserer Gesellschaft auf gleicher Ebene berücksichtigt, wird den Menschen und den unterschiedlichen Interessen gerecht. Auf zwei Dritteln unserer Waldfläche bewältigen Privatpersonen und Kommunen diese gesellschaftspolitisch unverzichtbare Aufgabe. Seitens der Staatsregierung unterstützen wir sie dabei mit rund 22 Millionen Euro jährlich. Damit garantieren wir den Aufbau und den Erhalt zukunftsfähiger Wälder.
Dabei ist eine besonders wichtige Aufgabe die Anpassung der Wälder an den Klimawandel. Um hier noch schneller voranzukommen, stehen uns in den nächsten beiden Jahren zusätzlich jährlich 7 Millionen Euro für Waldumbau, für Schutzmaßnahmen im Bergwald und für begleitende Forschung zur Verfügung. Damit werden wir unser Fitnessprogramm für den Wald weiter forcieren und unsere Beratungsinitiative in Brennpunktregionen intensivieren und die erfolgreiche Bergwaldoffensive fortsetzen.
Für eine wirtschaftliche Entwicklung in den ländlichen Räumen bieten wir vielseitige Hilfen an, und zwar personeller und vor allem finanzieller Art. Mit unserem ILE-Dorferneuerungs-, dem Flurneuordnungs- und dem Leader-Programm und den Angeboten unterstützen wir nachhaltig unsere Kommunen. Aktuelle Schwerpunkte sind unter anderem die Innenentwicklung, die Sicherung attraktiver Lebens- und Arbeitsbedingungen und die Schaffung moderner Infrastruktur bei möglichst geringem Flächenverbrauch. Ich nehme mich dieses Themas intensiv an. 18 Hektar täglicher Landverbrauch in Bayern sind auf Dauer nicht verkraftbar und nicht hinnehmbar!
- Ich habe hier die neuesten Zahlen, Frau Müller. Es sind 18 Hektar. − Dafür stehen rund 118 Millionen Euro und weitere 7 Millionen Euro zur Begleitung des demografischen Wandels bereit.
Eine Herausforderung, die uns gerade im Jahr 2013 besonders viele intensive Diskussionen abverlangen wird, ist die gemeinsame Agrarpolitik. Diese entscheidet in dem neuen Förderzeitraum der nächsten sieben Jahre, was wir unseren Landwirten an Rahmenbedingungen anbieten. Deswegen vertraue ich nicht nur auf Gespräche, die andere führen. Ich war Ende November selber wieder in Brüssel und habe mit dem Haushaltskommissar Lewandowski die aktuelle Situation erörtert und bayerische Interessen nachhaltig eingebracht. Wir wollen weiterhin nach dem Leitbild eines bäuerlichen Familienbetriebs wirtschaften und die flächendeckende Landbewirtschaftung sicherstellen. Wir können nicht zulassen, dass das Budget der Agrarwirtschaft einseitig überdurchschnittlich beschnitten wird.
Wir sind verantwortungsbewusst. Wir haben uns bereit erklärt, eine fünfprozentige Kürzung einzuplanen, die aber nicht nach der Rasenmähermethode umgesetzt werden soll, damit das Agrarbudget nicht erneut geschmälert wird.
Ich werde im Frühjahr eine Strategietagung zum ländlichen Raum zusammen mit den Österreichern abhalten. Ich versuche mit den Kommunen, bei regionalen Kongressen Visionen für den ländlichen Raum bis zum Jahr 2030 zu entwickeln. Daran können Sie erkennen, dass es mir nicht nur darum geht, sozusagen die Hausaufgaben zu machen, sondern Konzepte und Strategien für die Zukunft zu entwickeln.
Meine Damen und Herren, wenn die Kürzungen auf EU-Ebene nicht abgewendet werden können, wird es noch wichtiger sein, unseren Landwirten mit einer aktiven und offensiven Agrarpolitik auf bayerischer Ebene Perspektiven für die Zukunft zu eröffnen. Denn nach wie vor ist der Bauernstand das Rückgrat des ländlichen Raumes und die Staatsregierung ein verlässlicher Partner für unsere Bäuerinnen und Bauern.
Ich danke Ihnen allen, dem Hohen Haus für das Wohlwollen gegenüber meiner Politik und den Anliegen der Land- und Forst- sowie der Ernährungswirtschaft. Ich darf mich besonders bei den Ausschussvorsitzenden Füracker und Winter, bei den Berichterstattern Eckstein, Professor Barfuß, Herrn Dechant und bei Karsten Klein für die konstruktive
Bevor wir fortfahren, möchte ich zum Tagesordnungspunkt 15 zurückspringen und Ihnen das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Einzelplan 06, Staatsministerium für Finanzen, bekannt geben. Mit Ja haben 93 Abgeordnete gestimmt, mit Nein 60, Stimmenthaltungen keine. Damit ist der Einzelplan 06 angenommen.
Gemäß unserer Geschäftsordnung gelten zugleich die vom Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen zur Ablehnung vorgeschlagenen Änderungsanträge als erledigt, soweit über sie nicht einzeln abgestimmt worden ist. Eine Liste dieser Änderungsanträge liegt Ihnen vor.
Außerdem schlägt der Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen noch folgende Beschlussfassung vor:
Das Staatsministerium der Finanzen wird ermächtigt, die aufgrund der beschlossenen Änderungen erforderlichen Berichtigungen insbesondere in den Erläuterungen, der Übersicht über Verpflichtungsermächtigungen und den sonstigen Anlagen beim endgültigen Ausdruck des Einzelplans vorzunehmen.
Wer dem allem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. − Gegenstimmen? − Stimmenthaltungen? − Damit stimmt das gesamte Hohe Haus zu. Der Einzelplan 06 ist so beschlossen. Die Beratungen zum Tagesordnungspunkt 15 sind beendet.
Wir kommen wieder zurück zum Einzelplan 08 zum Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und setzen die Aussprache mit Frau Kollegin Noichl für die SPD-Fraktion fort.