Keine Frage: Die Wunschliste staatlicher Leistungen in Kunst und Kultur ist lang, sehr lang. Immer wieder stoßen wir an die Grenzen der Finanzierbarkeit. Nicht selten lassen sich Projekte nur mit großzügiger Unterstützung von privaten Mäzenen und mannigfachem bürgerschaftlichen Engagement verwirklichen. Ich nenne hier an dieser Stelle nur die Initiative zum Bayerischen Naturkundemuseum.
Verehrte Damen und Herren, ich möchte die Gelegenheit nutzen, um mich bei diesen Mäzenen von ganzem Herzen im Namen der gesamten Bayerischen Staatsregierung und ganz persönlich dafür zu bedanken.
Diese vielfältigen, wertvollen Leistungen für den Kulturstaat Bayern sind im wahrsten Sinne des Wortes unbezahlbar.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, viel stärker als bisher sollten wir die ökonomische Kraft von Kunst und Kultur ins öffentliche Bewusstsein rücken und nach Wegen suchen, diese Kraft zur Entfaltung zu bringen; denn die Kultur ist nicht nur Kostenfaktor. Sie hat auch eine ganz handfeste ökonomische Relevanz. Bei Standortentscheidungen und Investitionen spielt heute mehr denn je die kulturelle Attraktivität einer Region eine wichtige Rolle. Unser Tourismus profitiert ganz wesentlich vom reichen kulturellen Angebot im Freistaat. Ich darf an dieser Stelle auch darauf hinweisen, dass viele Verhandlungen mit Wissenschaftlern, die wir nach Bayern holen wollen, gerade wegen der Breite und Reichhaltigkeit unserer Kultur oftmals zu einem sehr guten Abschluss kommen. Die Kultur- und Kreativwirtschaft bietet vielen Menschen attraktive Arbeitsplätze. Gerade Bayern steht hier bundesweit hervorragend da. Die Bruttowertschöpfung dieses Wirtschaftszweiges im Freistaat macht mehr als ein Fünftel des Bundeswertes aus.
Verehrte Damen und Herren, die Kunst ist eine Tochter der Freiheit − so hat Friedrich Schiller es formuliert. Frei und verantwortungsbewusst sollten wir unsere traditionsreiche Kulturgeschichte fortschreiben. So kann es uns in der Kulturpolitik gelingen, unsere einzigartige bayerische Kulturlandschaft weiterzuentwickeln und unseren Kulturstaat weiter zu festigen, so wie es Generationen vor uns für Bayern auch geschafft haben. Dabei dürfen wir eines nie vergessen: Im Mittelpunkt des Kulturstaates steht immer der Mensch. Ihn zu erreichen, ist Ausgangspunkt und gleichsam Ziel unserer Kulturpolitik. Kunst und Kultur haben in der Mitte des gesellschaftlichen Lebens ihren festen Platz; denn dort, in der Mitte der Gesellschaft halten sie unser Land im Inneren zusammen und geben ihm nach außen Kraft. Das können wir in Krisenzeiten nicht hoch genug einschätzen.
Ein lebendiger bayerischer Kulturstaat ist Ausdruck der Qualität unseres Zusammenlebens. Lassen Sie uns deshalb gemeinsam, ausgehend von diesem Haus, seine Traditionen bewahren und seine Zukunft sichern, indem wir ihm immer wieder Gestaltungsfreiraum zur Entwicklung schaffen. Schließlich geht es auch um unsere Visitenkarte in der Welt. Wir könnten uns keine beeindruckendere und überzeugendere wünschen.
che. Im Einvernehmen mit den Fraktionen wurde hierzu eine Redezeit von dreißig Minuten je Fraktion vereinbart. Das Wort hat jetzt Frau Kollegin Zacharias. Bitte sehr.
Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen, Herr Minister Heubisch! Lieber Herr Seehofer, ich freue mich, dass Sie sich auch zur Regierungserklärung Ihres Fachministers für Kultur gesellt haben − das ist schön. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das war die erste Regierungserklärung von Fachminister Heubisch. Ich habe sie soeben angehört. Ich muss Ihnen sagen: Ich habe noch nie eine solche inhaltsbefreite, monologe,
ohne jegliche Vision abgelesene, schlechte Regierungserklärung hören müssen. Ich bin entsetzt, Herr Minister.
- Ach, Herr Kollege, ich habe noch 29 Minuten Zeit, und ich werde Ihnen noch eine Fülle auf die Leere der Regierungserklärung übermitteln.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist das erste Mal nach vier Jahren, dass der Fachminister eine kunst- und kulturpolitische Regierungserklärung abgibt.
So viel ist dem Ministerpräsidenten und dem Fachminister die Kultur wert. Und was hören wir? - Wir hören eine Rede, die ohne Konzept, ohne Vision ist. Diese Rede, lieber Herr Minister, hätten Sie auch -
- Muss Ihre Not groß sein, Herr FDPler! Aber das Gute ist: Fachminister Heubisch hat heute seine erste und seine letzte Regierungserklärung abgegeben. Das stimmt mich dann wieder fröhlich.
Bundesländer haben sich auf den Weg gemacht. In NRW wird über ein Kulturkonzept gesprochen, in Thüringen wird über ein Kulturraumgesetz gesprochen. Alle Länder reden über die Enquete-Kommission "Kultur in Deutschland", Bayern nicht, der Fachminister auch nicht.
Kommen wir gleich zu den großen Feldern, um zu beweisen, Herr Kollege Hacker, dass Ihr Fachminister keine Inhalte geliefert hat, obwohl er das gut hätte machen können. Aber der geheime Kulturpolitiker sitzt auch hier zu meiner Rechten und nicht zu meiner Linken. Der Ministerpräsident hat die großen kulturpolitischen Fanale gesetzt, nicht der Fachminister.
Kommen wir zum großen Thema kulturelle Bildung. Kulturelle Bildung wird in seiner Rede mit den kleinen Worten "Die kulturelle Bildung fördern wir" abgespeist. Ganz Deutschland, die ganze mitteleuropäische, die europäische Fachwelt spricht über nichts anderes als das große Instrument der kulturellen Bildung, mit dem wir Kinder und Jugendliche in ihrer Identität auf Kultur vorbereiten können. Was sagt er? - Wir fördern sie. Da frage ich Sie, Herr Minister: Wie fördern Sie denn? - In Ihrem Ministerium gar nicht. Wenn überhaupt, macht das der Kultusminister, Herr Spaenle. Er hat das auch einmal zu seinem großen Thema gemacht. Als er KMK-Präsident war, hat er kulturelle Bildung identifiziert. Dafür bin ich Ihnen immer noch sehr dankbar, Herr Spaenle. Sie haben auch Herrn Weidenhiller in Ihrem Ministerium. Er macht dort großartige Dinge. Der Wissenschaftsminister, der Kunstminister macht überhaupt nichts.
Kulturelle Bildung ist die große Voraussetzung für die Teilhabe an Kultur. Wir wissen das, das Fachpublikum auch und auch die Bundesländer. Was ist denn da von Ihnen übrig geblieben, Herr Fachminister? Sie bauen immer noch darauf, dass es engagierte Lehrerinnen und Lehrer in den Schulen gibt, die natürlich kulturelle Bildung umsetzen. Sie bauen immer noch auf die Schulleiter und Schulleiterinnen, die das ohne jeglichen Cent der Unterstützung vor Ort auch mit Hilfe der Eltern großartig machen.
Wir kämpfen seit Jahren für ein Programm "Künstler und Künstlerinnen in die Schulen", Sie haben hier noch keinen Akzent gesetzt. Sie waren sogar dagegen, dass jetzt im Doppelhaushalt die städtische "Netzwerkstelle Kultur" einen Haushaltstitel bekommt. Alle Oppositionsparteien haben dazu einen Antrag gestellt, Sie haben ihn abgelehnt. Es ist wieder ein Geschäftsstellenantrag zur "Landesvereinigung Kulturelle Bildung Bayern" gestellt worden, die das Netzwerk für die Schulen stellen wollte, um hier die Vermittlung
Schulen bekommen keine Ausstattung. Schlimmer noch! Sie haben vor zwei Jahren unserem Antrag zum Landeskulturtag zugestimmt. "Landeskulturtag" heißt, an diesem Tag gehen die Schüler in eine Kultureinrichtung oder werden von einer Kultureinrichtung besucht. Was haben Sie dafür gemacht? Haben Sie die Lehrerinnen und Lehrer fortgebildet? Haben Sie Rahmenbedingungen geschaffen? Sie, Herr Minister, haben nichts gemacht. Das bleibt mal am Ende des Tages festzustellen.
Kommen wir zum Thema Kulturfonds. Sie haben davon gesprochen, wie wunderbar der Kulturfonds sei. Ach, Herr Minister, natürlich ist der Kulturfonds wichtig. Das ist übrigens kein Fonds mehr - ich bitte Sie, auch hier in Ihrer Formulierung eindeutig zu sein -, sondern es ist ein Titel im Doppelhaushalt. Er ist deutlich geringer als in seinen Anfangszeiten, und dieser Titel steht jedes Mal bei den Beratungen zum Doppelhaushalt zur Disposition.
Jener Kulturfonds ist seinerzeit geschaffen worden, nicht um München und Nürnberg, sondern um den Rest des Landes mit Projekten zu unterstützen. Herr Minister, Sie wissen wie ich, dass die Disparität in den Regierungsbezirken eklatant groß ist. Unterfranken hat so gut wie nichts abbekommen, andere Regierungsbezirke haben extrem viel bekommen. Wenn Sie das als gleichberechtigt, als fair bezeichnen, kann ich nur sagen: Es war ein intransparentes Verfahren. Das werden wir morgen im Ausschuss noch einmal behandeln. Regionale Ungleichheiten zeichnen jenen Kulturfonds aus. Die wunderbaren Projekte in diesem Land werden viel zu wenig gefördert.
"Nachhaltigkeit" ist für Sie ein Fremdwort. "Nachhaltigkeit" bedeutet nämlich nicht zuletzt, dass man auch Künstlerinnen und Künstler wirklich unterstützt. Dieser Kulturfonds ist einmal im Nachklapp zur Pinakothek der Moderne und zum Neuen Museum in Nürnberg entstanden. Wir müssen neu diskutieren, ob es zehn Jahre später immer noch gerechtfertigt ist, dass München und Nürnberg hier nicht dabei sind.
Nun möchte ich noch einmal zu Ihrem engen Bild der Kultur kommen, Herr Minister. Ihr Bild der Kultur − das muss ich wirklich feststellen − entstand im letzten Jahrtausend. Zeitgenössische Kunst, aktuelle Musiktrends, neue Medien, Weltkulturen und das Thema Migration tauchen bei Ihnen höchstens am Rande auf, schon gar nicht als Gegenstand von Fördermaßnahmen. Man bleibt beschränkt auf das bewährte Musikschulenförderwerk, man beschränkt sich auf wenige kleine Förderungen. Die großen Themen wie Sozio
kultur und Jugendkunstschulen unterstützen Sie jetzt, worüber ich mich freue, mit − geben Sie Obacht! − 50.000 Euro pro Jahr. Das ist nichts! 50.000 Euro für Jugendkunstschulen bayernweit - dass Sie sich da nicht schämen!
Somit komme ich zum armseligen Leitbild Kultur, also zu der Kulturleitlinie, die Sie uns im Hochschul- und Kulturausschuss präsentiert haben. Auf zwölf mageren, dünnen Seiten haben Sie versucht, Ihren Vorschlag, wie Sie Kulturpolitik verordnen, darzustellen. Sie brüsten sich immer noch mit dem Erbe des Hauses Wittelsbach, seinen historischen Schätzen und Denkmälern. Sie pflegen ein Bild der Kunst, das von der Vergangenheit geprägt ist. Die Vielfalt allerdings, die im dritten Jahrtausend, Herr Minister, vorhanden ist, scheint an Ihnen, am Ministerium, völlig vorbeigegangen zu sein. Wir haben im Landtag eine Anhörung zu diesem Thema durchgeführt, die das eindeutig und einhellig bestätigt hat.
Nun kommen wir einmal zu Ihren Leuchtturmprojekten. Ich weiß nicht, wie oft ich Ihnen noch erklären muss, dass "Leuchtturm" hier die völlig falsche Metapher ist, zumal in einen Leuchtturm immer nur einer reingeht, nämlich nur der Leuchtturmwärter. Sie wollen doch hoffentlich mit Ihren Leuchtturmprojekten, dass viele Menschen hineingehen. Das sei nur am Rande erwähnt.
Sie haben hier zu Recht gesagt, pro Regierungsbezirk werde ein staatliches Museum kommen. Das ist die richtige Entscheidung. Ich finde es gut, dass Sie hier ein Fanal setzen, auch in den nicht so großen Kulturzentren etwas zu tun.
Aber kommen wir zu dem von Ihnen eben beschriebenen Museum der Bayerischen Geschichte. Der Herr Ministerpräsident hat das in seiner ersten Regierungserklärung verkündet, nicht Sie. Er hat auch verkündet, wo es hinkommt, nicht Sie. Es ist immer der Chef im Kabinett, der bestimmt, wo ein Haus hinkommt, und nicht der jeweilige Kunstminister. Transparent war das Verfahren nicht. Es wäre klug gewesen, zu überlegen, ob man die Landesausstellungen, die damit vor dem Aus stehen, doch noch beleben möchte.
Jetzt komme ich zum Konzertsaal. Ich finde es wunderbar, Herr Heubisch, dass wir am Samstag schon wieder aus der Zeitung erfahren durften, was die Machbarkeitsstudie uns verrät: Aha, es geht also um die Museumsinsel. Ich sage Ihnen eines: Der Grund und Boden gehört der Landeshauptstadt München, die ihn in Erbpacht an das Deutsche Museum gege
ben hat! Das Kuratorium hat sich eindeutig qua Satzung gegen einen Anbau, einen Umbau, einen Vorbau für den Konzertsaal ausgesprochen. Die Satzung sagt, dass man dort naturwissenschaftlich agieren muss.
Wenn Sie jetzt sagen − ich höre schon Ihr Argument -, Musik sei doch auch eine Naturwissenschaft, denn es sei Physik beteiligt, sage ich Ihnen: Tennis ist auch eine physikalische Angelegenheit, und somit könnten wir dort auch Tennishallen bauen. Aber ganz ehrlich: Wenn Sie den Konzertsaal tatsächlich planen wollen, frage ich Sie heute und hier: Wie finanzieren Sie das? Wie nutzen Sie ihn? Wer ist der Eigentümer? Wie ist das Betriebskonzept? Gibt es andere Orte? Ich hätte den Inhalt der Machbarkeitsstudie gern vor der Zeitungsveröffentlichung erfahren und nicht schon wieder aus der Zeitung. Nein, das ärgert mich. Das ist eine Missachtung des Parlaments. Da brauchen Sie sich gar nicht herauszureden!
Ja, Sie können sich gern verteidigen, aber das glaube ich Ihnen in diesem Falle nicht. Wenn die Presse Informationen hat, hätten Sie die uns auch vorher geben können. So einfach ist das nun einmal.
Und jetzt zum großartigen Kulturkonzept: 50 Millionen mehr in den Jahren 2013/2014 sollen es sein. Wunderbar! Obendrein hat Kollege Jörg weitere 26 Millionen herausgelockt. Er sprach von einem kleinen Meilenstein. Ein kleiner Meilenstein, das geht nicht. Entweder ist es ein Meilenstein, oder es ist etwas Kleines.