Protocol of the Session on May 10, 2007

Ich verstehe nicht, warum diese vernünftige Forderung bis heute in Deutschland nicht umgesetzt worden ist. Wir sind der einzige EU-Staat, der auf Autobahnen kein Tempolimit hat. Auch wenn man über die EU-Grenzen hinweg schaut, gibt es eigentlich kein Land mit einer nennenswerten Anzahl an Autobahnen und mit nennenswertem Straßenverkehr, das kein Tempolimit hat. Mit diesem Tempowahn, damit, dass wir das Tempo nicht begrenzen, stehen wir fast alleine auf der Welt. Wir wollen mit unserem Antrag erreichen, dass sich dies endlich ändert.

Da ist zum einen der Bereich Klimaschutz und Umweltschutz. Mit einem Tempolimit auf Autobahnen könnte der Kohlendioxidausstoß, aber auch der Schadstoffausstoß – Kohlenmonoxid, Stickoxide, Reifenabrieb und Ähnliches – deutlich reduziert werden, ohne dass damit auch nur ein Euro an Kosten entstünde. Im Gegenteil wäre dies volkswirtschaftlich sinnvoll, weil Sprit und damit auch Geld gespart würden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Einige argumentieren: Was wollt ihr denn mit einem Tempolimit? Das bringt doch nichts; nur 2 % unserer Straßen sind Autobahnen. Dies ist natürlich eine falsche Betrachtungsweise. Richtig ist, dass nur 2 % unserer Straßen Autobahnen sind. Aber auf diesen 2 % wird etwa ein Drittel des Gesamtverkehrs abgewickelt. Insoweit könnten wir den Kohlendioxidausstoß hier also nennenswert reduzieren.

Wenn man sich den Messzyklus der EU anschaut, in dem der Kohlendioxidausstoß ermittelt wird, dann stellt man fest, dass hierbei in dem Bereich über 120 km/h überhaupt nicht gemessen wird. Das heißt: Die Werte für den Kohlendioxidausstoß, die von den Autoherstellern angegeben werden, sind für Deutschland eigentlich völlig falsch, weil sie ein ganz wesentliches Segment, in dem wie gesagt ein Drittel abgewickelt wird, nämlich die Autobahnen, überhaupt nicht berücksichtigen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Schauen wir uns neuere österreichische Messungen an. Auf der Inntal-Autobahn ist man von 130 km/h auf 100 km/h zurückgegangen. Es hat sich gezeigt, dass selbst eine solche Reduzierung noch einmal zu einer nennenswerten Reduktion des Schadstoffausstoßes führt.

Wir müssen also klar und deutlich festhalten: Aus Klimaschutzgründen, aus Umweltschutzgründen ist es zwingend geboten, dass wir bei uns endlich ein Tempolimit einführen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ein Tempolimit von 120 km/h würde auch den Verkehrsfl uss auf unseren Autobahnen deutlich verstetigen und

die Anzahl der Staus auf den Autobahnen reduzieren. Nicht umsonst hat die Straßenbaubehörde auf der Autobahn München – Augsburg ein Tempolimit von 120 km/h angeordnet, und zwar tagsüber von 5 Uhr morgens bis 22 Uhr abends, also nicht aus Lärmschutzgründen in der Nacht, sondern tagsüber, um auf dieser vierspurigen Autobahn den Verkehrsfl uss zu verstetigen und damit die Staus zu reduzieren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir könnten uns manche Ausbaumaßnahme ersparen, würden wir endlich Tempo 120 auf Autobahnen einführen.

Ein weiterer Grund, ein Tempolimit einzuführen, besteht darin, dass die Zahl der Unfälle und insbesondere der schweren Unfälle durch ein solches Tempolimit auf unseren Autobahnen deutlich reduziert werden könnte. Auch hier sage ich: Volkswirtschaftlich wäre es geboten; denn Unfälle sind natürlich auch mit unendlich hohen Kosten und natürlich noch mehr mit unendlichem Leid verbunden. Wer einmal von einem Verkehrsunfall betroffen war, der weiß, wovon gesprochen wird. Also auch aus Sicherheitsgründen wäre es dringend und zwingend notwendig, ein Tempolimit auf Autobahnen einzuführen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der Reifenabrieb und die daraus resultierenden Schadstoffbelastungen unter anderem durch Schwermetalle würden ebenfalls deutlich reduziert. Es gibt Untersuchungen, die besagen, dass der Reifenabrieb bei Tempo 180 neunmal so hoch ist wie bei Tempo 100. Man muss sich einmal vorstellen, wie viele unsinnige Kosten hierdurch entstehen, im Übrigen auch für die Autofahrer.

(Zuruf von der CSU: Dann brauchen wir bessere Reifen! – Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Sehr zielführend!)

Ja, Frau Kollegin, der Zwischenruf war „sehr zielführend“. – Nächster Punkt. Die Entwicklung vernünftiger Autos wird durch den Höchstgeschwindigkeitswahn auf deutschen Autobahnen ganz erheblich gebremst.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Schauen wir uns einmal die Statistiken der letzten Jahre an. Die durchschnittliche Anzahl PS pro Pkw hat sich in den letzten 20 Jahren fast verdoppelt.

Auch die Höchstgeschwindigkeiten sind in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Schauen Sie in die Statistik „Werkverkehr in Zahlen“ und vergleichen Sie die Ausgaben der letzten 20 Jahre. Sie werden feststellen, in Deutschland können die meisten Autos Höchstgeschwindigkeiten von 180 km/h und mehr fahren. Es geht darum, einmal zu Autos zu kommen, die weniger PS haben und damit weniger verbrauchen, um die angestrebten Grenzwerte von 120 km/h auch erreichen zu können. Dafür brauchen wir auf unseren Autobahnen ein Tempolimit.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie von der CSU – bedauerlicherweise auch Sie von der SPD – führen an, es bedürfe dafür der Akzeptanz. Die mir vorliegenden Umfragen sind klar: 60 % der Deutschen fordern für Autobahnen ein Tempolimit. Das heißt, die große Masse der Bevölkerung steht bei dieser Forderung auf unserer Seite.

Herr Kollege Beyer, ich könnte es für die CSU ähnlich sagen: Sie sagen im Ausschuss, die Festlegung auf ein allgemeines Tempolimit von 120 km/h lasse Realitätssinn vermissen.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Ja, ja, ja!)

Eine Regelung, die Akzeptanz fi nden solle, müsse im gesellschaftlichen Kontext stehen. 60 % der Bevölkerung wollen das Tempolimit. Kennen Sie denn die Umfragen nicht?

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Doch!)

Meinen Sie denn, alle unsere Nachbarn in der Europäischen Union sind realitätsfern? – 26 andere Staaten sind also Ihrer Auffassung nach realitätsfern, weil sie ein Tempolimit eingeführt haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie nehmen die Realitäten draußen nicht ernst und nicht zur Kenntnis. Ich kann Sie alle, wie Sie hier sitzen, nur zur Umkehr auffordern. Stimmen Sie unserem Antrag zu. Er ist aus Gründen des Umweltschutzes, der Sicherheit und der Verkehrspolitik zielführend. Es gibt zu diesem Antrag keine Alternative.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. Passend zu meiner eben erfolgten Begrüßung, möchte ich hier jetzt noch Herrn Dannyel Morag, Mitglied der Jüdischen Gemeinde Regensburg und deren Rabbiner, herzlich willkommen heißen.

(Allgemeiner Beifall)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Richter.

Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf jetzt seit 2003 in diesem Hause tätig sein, und wir bekommen von Ihnen regelmäßig solche Anträge zum Thema „Tempolimit 120 km/h“ vorgelegt; dann heißen die Anträge wieder „Tempo 80 km/h auf der Landstraße“. Die CSU verschließt sich dem Umweltgedanken nicht, aber das kann in der Summe nur ein Teilaspekt des Ganzen sein. Herr Kollege Magerl hat dies vorhin auch schon angesprochen.

(Zuruf der Abgeordneten Maria Scharfenberg (GRÜNE))

Im Endeffekt heißt es für uns: Wir brauchen beim Umweltschutz ein gesamtheitliches Denken; das heißt, wir

brauchen nicht nur verkehrspolitische Maßnahmen, wenn der Pkw-Verkehr selbst nur 12 % des CO2-Ausstoßes ausmacht, sondern wir brauchen auch ein entsprechendes Vorgehen bei den Kohlekraftwerken. Ich habe heute in der Zeitung in einem Artikel gelesen, dass sechs der zehn schädlichsten Kohlekraftwerke in Deutschland stehen. Das heißt, auch diese Kraftwerke müssen wir schleunigst abschalten.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Da haben Sie recht!)

Das zweite Problem ist das Thema Wasserkraftwerke. Wasserkraftwerke wären eine natürliche Ressource und Energiegewinnung ohne CO2-Ausstoß. Ich habe das Problem, dass in meinem Landkreis die GRÜNEN solche Kraftwerke regelmäßig ablehnen, egal ob an größeren oder an kleineren Flüssen.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Das muss ökologisch vertretbar sein!)

Das heißt meines Erachtens, hier wird mit gespaltener Zunge gesprochen. Auf den gesamten Straßenverkehr bezogen, liegt das Mindestpotenzial bei Tempo 120 km/h für die Stickoxid- und Kohlendioxidemission bei nur 2 %, und das wissen Sie. Das heißt, wir müssen andere Wege gehen. Wir brauchen – ich wiederhole mich – ein gesamtheitliches Denken. Ziel muss die Entwicklung sparsamer Motorentypen und strömungsoptimierter Karosserien sein. Das sind meines Erachtens wesentlich wichtigere Punkte, als über das Tempolimit 120 km/h zu diskutieren. Dass dieses technisch möglich ist, haben wir bei der Einführung des Katalysators gesehen.

Als zweites Thema haben Sie die Verkehrssicherheit angesprochen. Auch da geht die CSU-Fraktion andere Wege. Wir haben Verkehrsleitsysteme; diese regeln bereits heute auf den Autobahnen den Verkehr bestens. Wir wissen auch, dass auf den Autobahnen bereits größtenteils Geschwindigkeitsbeschränkungen vorhanden sind, sodass ich mich dagegen wehre, zusätzliche Geschwindigkeitsbeschränkungen zu installieren. Dass grundsätzlich ein geringerer Kraftstoffverbrauch und Schadstoffausstoß notwendig ist, ist klar. Darüber brauchen wir nicht groß zu reden. Ich habe auch damals im Ausschuss gesagt, ich bin von der selbst auferlegten Verpfl ichtung der Industrie nicht begeistert, hier einiges zu machen, weil das nicht eingehalten wurde. Auch bei diesem Punkt bedarf es weiterer Schritte. Hier müssen wir uns auch an die Käufer und Kunden wenden; denn die geforderten Autos – ich spreche etwa von einem Drei-Liter-Auto, das in diesem Zusammenhang erwähnt werden kann – werden vom Kunden schlichtweg nicht gekauft.

Ich sehe deshalb, zusammenfassend gesagt, sehr viel Arbeit auf uns zukommen. Das Tempolimit 120 km/h auf Autobahnen ist aus unserer Sicht keine Lösung. Wir werden aus diesem Grund Ihren Antrag ablehnen.

(Beifall bei der CSU – Zuruf der Abgeordneten Maria Scharfenberg (GRÜNE))

Vielen Dank, Herr Kollege. Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Dr. Beyer.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Magerl, wir beide haben das Vergnügen, aber auch die Pfl icht, Mitglied im Beirat der Bayerischen Staatsforsten zu sein. Ich sage das deshalb, weil wir neulich dort über Schattierungen und Umkehrungen dieses Satzes gesprochen haben, man sehe den Wald vor lauter Bäumen nicht; ich glaube, Sie erinnern sich.

Ich möchte hier mit keiner Silbe die Notwendigkeit bestreiten, sich des Themas Klimawandel zu stellen. Ich möchte auch die Ernsthaftigkeit aller Fraktionen dieses Hauses – jedenfalls für meine Fraktion –, dieses Thema anzugehen, mit keiner Silbe in Abrede stellen. Ich möchte auch nicht sagen, dass sich mir das Wort „Aktionismus“ aufdrängt, wenn ich mir die Aktionen der GRÜNEN zum Thema Klimawandel ansehe. Das sage ich ausdrücklich nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU – Zuruf der Abgeordneten Maria Scharfenberg (GRÜNE))

Aber mir fällt schon auf, dass wir eine gewisse Flut an fast schon – ich glaube auch, für Sie selbst – nicht mehr überschaubaren Einzelmaßnahmen und Einzelanträgen in diesem und jenem Paket haben. Ich frage mich, wo darüber die große ordnende Hand ist.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Klimaschutz!)