Meine Damen und Herren! Diese Art der Befragung kann nur lebendig sein, wenn gleichzeitig wechselseitig ein gewisses Maß an Selbstdisziplin herrscht.
Es wäre schon etwas, wenn man dem Minister, bevor er antwortet, die Chance gibt, die Frage zu verstehen.
Ich glaube, auch die Opposition ist daran interessiert, dass sie ihre Fragen stellen kann. Darum bitte ich, dies auch der CSU-Fraktion zu ermöglichen. Vor allem ich lege Wert darauf, dass ich die Fragen beantworten kann.
Wir haben mehr als 5000 Schulen und haben in den vergangenen zehn Jahren etwas mehr als 6000 zusätzliche Lehrerplanstellen an bayerischen Schulen geschaffen. Wir haben in den letzten drei Jahren mehr als 1600 zusätzliche Planstellen in Bayern geschaffen. Wir haben in diesem Schuljahr insgesamt 1950 Planstellen für Mobile Reserven.
Nur ein Beispiel: Mittlerweile teilt in Berlin der neue Bildungssenator Zöllner von der SPD den Schulen mit, dass sie für 100 Lehrer entweder drei Mobile Reserven oder das Geld dafür bekommen, dass sie sich auf dem freien Markt Leute suchen können. Also, für 100 Lehrer drei Mobile Reserven. Wir haben eine Mobile Reserve für 17 Klassen. Das heißt, wir haben für circa 60 Lehrer drei Mobile Reserven, in Berlin sind es für 100 Lehrer drei Mobile Reserven.
Das zeigt sehr deutlich, dass wir in Bayern sehr stark in Bildung investieren. Wir geben in Bayern pro Schüler im Schnitt 5200 Euro aus. Das ist mit Abstand der höchste Betrag aller westlichen Flächenländer. Nur ein Vergleich: Das von der SPD regierte Land Rheinland-Pfalz gibt 4600 Euro pro Schüler aus, bei uns sind es 5200 Euro.
Um das deutlich zu machen: Vielleicht haben Sie heute die Presse gelesen und auch die Studie der UNICEF nachvollzogen. Diese Investition in bayerische Bildungspolitik lohnt sich; denn die neueste Studie belegt, dass Deutschland im Lesen, in Mathematik und in den Naturwissenschaften auf Platz 11 der untersuchten Länder liegt. Es gibt ein Land in Deutschland, das überhaupt in der Spitzengruppe dabei ist, nämlich Bayern, und zwar auf Platz 2 nach Finnland, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Sie können das heute im „Münchner Merkur“ und in anderen Zeitungen nachlesen. Bayern ist das einzige Land in Deutschland, das international mithalten kann, und befi ndet sich international nach Finnland auf Platz 2. Das ist das Ergebnis auch unserer Investitionen in Bildung.
Einen Moment, bitte. Das Wort hat Frau Kollegin Tolle. Ich weiß nicht, weshalb jetzt auf beiden Seiten Aufregung herrscht. Können wir uns wieder beruhigen? – Einen kleinen Moment, Herr Staatsminister, es pressiert nicht. Zunächst warten wir, bis wieder Ruhe im Haus ist. – Frau Kollegin.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrter Herr Minister, ich stelle fest, in Bayern gibt es ziemlich viele Sonderfälle. Wenn Sie registrieren, dass der Sonderfall nahezu zur Regel wird, ist es, glaube ich, das Gebot der Stunde, dass Sie diese Sonderfälle regeln.
Ich erinnere mich sehr genau an die Zeit, als Sie vor zwei Jahren noch Vorsitzender des Bildungsausschusses waren. Damals war die Situation hinsichtlich des Lehrermangels ähnlich.
Ich will Ihnen nur zum Beweis dafür, dass wir viele Sonderfälle haben, noch einmal ein paar Beispiele nennen. Ein 67-jähriger Professor und fünf Lehramtsstudenten unterrichten am Carl-Orff-Gymnasium in Unterschleißheim regelmäßig als Aushilfslehrer. In Neuried wird Sportunterricht zusammengelegt. Ich zitierte: Bis zu 50 Kinder werden gleichzeitig durch die Halle gejagt. – In Kirchdorf wurden die 2. und 3. Klasse zwangsfusioniert. Nach Mobilen Reserven fragt die Direktorin erst gar nicht, weil sie weiß, dass es keine gibt. Im Kreis Dachau ist die Mobile Reserve rasant geschmolzen. Von 29 Springern sind 23 fest verplant.
In der „Süddeutschen Zeitung“ konnten wir alle von einem Schulleiter namens Pfeffer lesen, dass er in diesem Jahr schon zweimal einer Klasse unterrichtsfrei geben musste, weil das für ihn der letzte Ausweg war. Er sah auch keine Chance, an Mobile Reserven heranzukommen. Dabei hätte er zu Spitzenzeiten gut drei Aushilfslehrer brauchen können.
Die Beispiele, Herr Minister, sind nur eine Auswahl aus einer Palette, für die drei Minuten Redezeit nicht reichen. Herr Pfeffer hat auch gesagt, die personelle Zuweisung vom Staat sei von Anfang an zu gering gewesen. Damit setze sich eine Entwicklung fort, die er seit fünf Jahren beobachte. Er sagt weiter, dass er immer weniger Lehrerstunden zugewiesen bekomme. Sein Vertrauen in die Unterstützung der Schulen sei verloren gegangen.
Ich frage Sie nun: Wie wollen Sie dieses Vertrauen mit 180 zusätzlichen Stellen wiederherstellen, wenn im Haushalt den Volksschulen in diesem Jahr 1300 Stellen und im nächsten Jahr noch einmal 300 Stellen weggenommen werden? Wo kommen haushaltstechnisch die von Ihnen gestern versprochenen zusätzlichen 180 Lehrerstellen her?
Ich nehme das Beispiel Unterschleißheim. Das ist ein Gymnasium. Dort gibt es aufgrund des Fachlehrerprinzips kaum Mobile Reserven, weil es wenig Sinn macht, wenn ich einen Deutschlehrer als Mobile Reserve habe und Mathematik- oder Sportunterricht ausfällt. Deshalb hat das Gymnasium ein Budget. Es organisiert selbst Aushilfskräfte. Das liegt also in der Verantwortung des Schulleiters vor Ort. Ich habe selbst mit dem Schulleiter in Unterschleißheim gesprochen und bin sehr froh, dass er sehr darauf bedacht ist, den Schülern das bestmögliche Angebot zu machen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass ein etwas älterer Herr und auch jüngere Menschen ein sehr gutes Angebot für junge Schülerinnen und Schüler machen können, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Als zweites Beispiel ist von Ihnen Kirchdorf angesprochen worden. Ich weiß, dass die Schulleitung die Art und Weise, wie das in der Presse dargestellt worden ist, so nicht akzeptiert und auch Widerspruch erhoben hat.
Zum Thema Mobile Reserven: Bayern ist so ziemlich das einzige Land, das eine solche Qualität an Mobilen Reserven hat. Es gibt 1950 Mobile Reserven. Sie sind gerade dazu da, Ausfälle zu kompensieren. Dann gibt es in einem Schulamt auch Sonderfälle.
Ich nehme das Beispiel, das ich heute im Radio gehört habe. In Nürnberg sind im langjährigen Mittel in der Regel 20 Lehrerinnen schwanger. In diesem Jahr sind es mehr als 60.
Ich nehme das Beispiel Dingolfi ng, weil ich gestern dort war. Die Schulamtsdirektorin sagt mir, im langjährigen Mittel gebe es acht bis neun Schwangerschaften pro Schuljahr. In diesem Jahr seien es 20. Das ist eine Situation, die uns alle freuen sollte, aber das heißt natürlich,
dass wir im September bei den Planungen von einem langjährigen Mittel ausgehen. Diese 180 Stellen dienen dazu, in bestimmten Bereichen, in denen in der Tat die Mobile Reserve durch Krankheitsfälle, Risikoschwangerschaften, Mutterschaft usw. länger gebunden ist, schwerpunktmäßig intervenieren zu können. Wo kommen diese Stellen her? Die Wiederbesetzungssperre wurde insoweit aufgelöst. Daraus gewinne ich dieses zusätzliche Potenzial. Ich bin sehr dankbar, dass wir mit dem Vorsitzenden des Haushaltsausschusses vereinbart haben, dass wir, falls diese Zahl nicht ausreichen sollte und Spitzenbelastungen auftreten sollten, zusätzlich auch noch etwas einrichten können.
Ich möchte mich aber an dieser Stelle auch ganz herzlich bei den Schulleitern und bei den Lehrkräften bedanken, die in einer Zeit, in der durch grippale Infekte und andere Dinge besonders viele Krankheiten verursacht werden, bereit sind, Mehrarbeit zu leisten, die bereit sind, eine höhere Belastung zu tragen, indem sie eine Klasse einmal mitführen, oder dadurch, dass eine Differenzierung nicht mehr aufrechterhalten werden kann.
Insgesamt haben wir festzustellen – Sie werden von mir die Erhebung bekommen und im nächsten Bildungsausschuss sicherlich diskutieren –, dass – untersucht an über 490 Schulen – der Unterrichtsausfall nicht gestiegen ist, sondern im Gegenteil bis auf eine Schulart in jeder Schulart zurückgegangen ist. Ich werde für das nächste Jahr einen Schulversuch, das sogenannte Forchheimer Modell, ausweiten, bei dem man im September und Oktober noch nicht alle Planstellen der Mobilen Reserve zuteilt, sondern dem Schulamt in Form von ein, zwei oder drei Mobilen Reserven Mittel und Zusatzstunden gibt, damit es in bestimmten Bereichen, wenn besonderer Ausfall zu verzeichnen ist, stärker reagieren kann.
Alle, mit denen ich bisher gesprochen habe – nämlich in den Schulamtsbezirken, die diesen Modellversuch in diesem Schuljahr durchführen; er wird in jedem Regierungsbezirk von einem Schulamt bzw. der Regierung durchgeführt –, sagen mir: Das ist der richtige Weg, und diesen werden wir auch konsequent weitergehen.