Protocol of the Session on February 7, 2007

Sie versuchen in den letzten Wochen und Monaten sich als die Retter der Hauptschule zu präsentieren. Mit diesem Bild darf ich aufräumen. Im letzten Jahr haben sie die Mittel für unsere Hauptschulen dramatisch gekürzt. Dramatisch! Ich darf Ihnen das noch einmal vor Augen führen: Im Nachtragshaushalt 2006 haben Sie bei den Volksschulen 422 Stellen gestrichen. Im Doppelhaushalt 2007/2008 haben Sie 1660 Stellen bei den Hauptschulen gestrichen. 1660 Stellen!

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Da schau her!)

Das können Sie im Kapitel 05 12 auf Seite 308 des Stellenplans nachlesen. Ich sage das, weil die Streichungen hier immer abgestritten werden. Erst vor Kurzem haben Sie die Zuweisung der Lehrerstunden für Ganztagsschulen von 19 auf 12 gekürzt. In den letzten zwei Jahren

fand in Bezug auf die Hauptschulen also geradezu eine Kürzungsorgie statt. Die Konsequenz daraus können Sie heute in der Zeitung lesen. Richten Sie Ihren Blick nach Höchstadt: Dort musste eine komplette Schule schließen, und zwar eine Hauptschule, weil die Schule keine Lehrer mehr hatte. Eine ganze Schule musste schließen! Das ist die Konsequenz Ihrer jahrelangen Sparpolitik, meine Damen und Herren von der CSU!

(Beifall bei der SPD – Thomas Kreuzer (CSU): Weil zehn Lehrer krank waren! Das müssen Sie schon auch sagen!)

Ja, wenn die Lehrer krank sind, dann müsste es doch eigentlich Ersatz geben. Sorgen Sie für Ersatz für kranke Lehrer, dann muss keine Hauptschule geschlossen werden. An den Hauptschulen geben Eltern Unterricht. All dies sind Folgen Ihrer Politik. Das muss an dieser Stelle auch gesagt werden.

Zu den Ganztagshauptschulen darf ich auch eine Pressemitteilung des Herrn Kultusministers vom 8. September 2006 zitieren. Auch das ist interessant. Kultusminister Schneider hat dem staunenden Volk in Bayern verkündigt, es gebe 28 % mehr Ganztagsklassen in Bayern. Das sei ein großer Erfolg.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Das kommt immer darauf an, wovon man ausgeht!)

Das wäre ein riesengroßer Erfolg, wenn man die Grundzahlen betrachtet. Die Tatsachen, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehen aber ganz anders aus. 28 % bedeuten zehn Ganztagsklassen an Grundschulen und zehn Ganztagsklassen an Hauptschulen.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Das sind nicht gerade viele!)

Das ist eine Steigerung um 28 %. Die Zahl am Gymnasium: Null, und die Zahl an den Realschulen: Null. Wenn man 28 % mehr Ganztagsklassen schafft, indem man 20 Ganztagsklassen bayernweit mehr einrichtet, dann zeigt das doch deutlich, dass die Ganztagsschulversorgung in Bayern grottenschlecht war und ist.

(Beifall bei der SPD)

Sie sagen seit Jahren, Sie wollen die Hauptschulen stärken. Die Wahrheit aber ist, dass Sie die Hauptschulen schwächen, und zwar fi nanziell und strukturell. Das gilt auch für den Stellenplan, den Sie dramatisch einschränken. Mit der Einführung der R 6, der sechsjährigen Realschule, haben Sie die Hauptschulen an die Wand gefahren, und dafür tragen Sie die volle Verantwortung. Das ist die Realität!

(Beifall bei der SPD)

Aus diesem Grund, Kolleginnen und Kollegen von der CSU, glaubt man Ihnen auch nicht mehr. Ihre Glaubwürdigkeit ist in Sachen Hauptschule am Ende. Das will ich hier noch einmal sagen. Wir brauchen deswegen zur

Sicherheit und zur Nachhaltigkeit bei der Ankündigung einer fl ächendeckenden Versorgung mit Ganztagsklassen für die Hauptschulen einen Nachtragshaushalt. Wenn Sie hier reden, dann müssen Sie dafür auch die fi nanziellen Fakten schaffen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir kennen nämlich Ihr Verfahren mittlerweile: In Pressemitteilungen kündigen Sie an, was Sie alles Gutes tun, aber die Voraussetzungen dafür wollen Sie nicht schaffen. Es muss aber Schluss sein mit der Ankündigungspolitik, es muss Schluss sein mit großen Reden. Wir in diesem Hause wollen wissen, wie viel Geld Sie im Nachtragshaushalt einzustellen bereit sind.

(Beifall bei der SPD)

Erst dann werden Sie glaubwürdig. Zur Glaubwürdigkeit darf ich noch sagen, dass sich die Sachaufwandsträger, die Gemeinden und Kommunen, auf Ihre Äußerungen verlassen können müssen. Derzeit können sie das nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich darf Ihnen sagen, Ihre Glaubwürdigkeit in Bezug auf das G 8, das achtjährige Gymnasium, ist gleich null. Vor der Wahl hieß es, es gibt kein G 8. Nach der Wahl wurde das G 8 eingeführt. Sie haben deshalb bei den Schulträgern keine Glaubwürdigkeit mehr. Gleiches gilt für die Schulen. Auch die Schulen müssen sich auf Ihre Aussagen verlassen können. Wenn Sie sagen, Sie wollen die Hauptschulen stärken, dann streichen Sie gleichzeitig Stellen an den Hauptschulen. Das ist doch keine Verlässlichkeit! Das Gleiche gilt für die Familien und die Schüler. Sie sagen, Sie wollen die Zukunft und eine gute Ausbildung der Schülerinnen und Schüler absichern. Gleichzeitig aber führen Sie das Büchergeld ein und verschlechtern damit die Chancen von Kindern, deren Eltern ein niedriges Einkommen beziehen.

(Beifall bei der SPD)

Darum, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, ist Ihre Glaubwürdigkeit nicht mehr gegeben. Wir verlangen deshalb bei der Ankündigung, dass es Ganztagsklassen an allen Hauptschulen geben soll, einen Nachtragshaushalt, über den hier diskutiert wird. Es muss klar aufgezeigt werden, wo die fi nanziellen Mittel hierfür eingestellt sind. Nur wer bereit ist, ausreichende fi nanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen, handelt nachhaltig, langfristig und verlässlich.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Und glaubwürdig!)

Deshalb glauben wir Ihnen nicht mehr.

Zum Nachtragshaushalt selbst möchte ich sagen, dass dort stehen muss, dass die Kosten für die Ganztagsklassen nicht auf die Kommunen abgewälzt werden. Wenn man hier großspurig etwas ankündigt, dann muss man auch dafür sorgen, dass das Geld dafür bereitge

stellt wird. Was wir außerdem brauchen, ist ein Sonderinvestitionsprogramm zur Ausstattung. Sie können viel verkünden, wenn die Kommunen es bezahlen müssen. Wenn Sie also Ganztagsklassen wollen, was auch wir wollen, dann sorgen Sie für ein Sonderinvestitionsprogramm für die Ausstattung der Schulen. Ich sage Ihnen außerdem: Machen Sie die Kürzungen rückgängig.

(Beifall bei der SPD)

Ganztagsklassen sind nicht nur ein Instrument der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, sondern sie sind auch ein pädagogisches Instrument. Dafür braucht man Lehrerinnen und Lehrer. Das schaffen Sie aber nicht, wenn Sie die Stellen der Lehrerinnen und Lehrer kürzen.

Ein Nachtragshaushalt muss auch die Lehrerversorgung auf der Basis eines Stellenplans berücksichtigen, mit 19 Wochenstunden wie vorher auch, nicht auf der Basis irgendwelcher Mittel irgendwoher. Nehmen Sie Ihre Kürzungen bei den Ganztagsschulen zurück, dann werden Sie glaubwürdiger als bisher.

Zum Schluss noch eine Bemerkung. Man ist ja immer wieder versucht, wenn es darum geht, Ganztagsklassen einzuführen, damit auszudrücken, die Hauptschulen seien damit gerettet. Dem ist mitnichten so. Für den Fall, dass Sie sich auf der Strategie ausruhen wollen: Jetzt machen wir Ganztagsschulen und dann ist es gut, sage ich Ihnen: Sie sind auf dem Holzweg. Das Problem der Hauptschule ist nicht nur ein Problem der fehlenden Ganztagsklassen, sondern ein ganz grundsätzliches. Das wollte ich zum Schluss noch gesagt haben.

(Beifall bei der SPD)

Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Tolle.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich auch sehr gewundert, als ich am Montag im Bayerischen Rundfunk von Ihrer Hauptschuloffensive gehört habe. Denn das, was zu hören und zu lesen war, ist ja letzten Endes nichts Neues, wenn wir mal ganz ehrlich sind. Das war ein Marketinggag, aber es ist nichts dahinter.

(Beifall der Abgeordneten Christine Stahl (GRÜNE))

Um Sie festzunageln, ist ein Antrag richtig und wichtig, dass da auch Geld fl ießen muss.

Herr Staatssekretär Freller, der Herr Minister ist leider häufi g ein Ankündigungsminister geblieben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich denke an die berufl iche Oberschule – außer Plänen haben wir dazu bisher nichts gehört – oder die Hauptschulreform. Im Ausschuss habe ich einen Bericht über die Pläne angefragt. Da hat man vom Ministerium gesagt – –

Bitte verzeihen Sie mir, aber ich komme gerade von einer Besuchergruppe. Die Besucher haben mir gesagt, hier gehe es sehr unhöfl ich zu. Herr Minister, es geht um Bildung, und Sie unterhalten sich mit einem Kollegen. Ich bitte Sie um die Höfl ichkeit zuzuhören, auch Sie, Herr Beckstein, Herr Minister Sinner, weil es keinen guten Eindruck macht.

(Beifall auf der Besuchertribüne)

Ich bitte, von Beifallskundgebungen auf der Besuchertribüne Abstand zu nehmen. Das ist nicht gestattet hier im Hause.

Dann können Sie sagen: Wir sind ehrlich. Wenn keiner zuhört, dann gibt man es zu Protokoll.

Frau Kollegin, fahren Sie bitte in Ihrer Rede fort. Ich bleibe dabei, dass von der Besuchertribüne keine Beifallskundgebungen möglich sind, und das nehmen bitte auch Sie zur Kenntnis.

Ja, natürlich. Ich wollte es nur sagen, weil es störend ist.

(Manfred Ach (CSU): Das müssen Sie sich aber auch sagen lassen!)

Ich bemühe mich darum, Herr Kollege Ach.

(Manfred Ach (CSU): Gut, dann stimme ich zu!)

Ich habe es uns allen gesagt, da schließe ich mich selber auch mit ein.

Ich mache weiter. Der Minister ist in vielen Punkten ein Ankündigungsminister geblieben: Für die berufl iche Oberschule, vor über einem Jahr angekündigt, ist er uns ein Konzept schuldig geblieben, über die Hauptschulreform soll Ende Juni im Ausschuss berichtet werden.