Protocol of the Session on December 12, 2006

Das gefällt mir hervorragend. Jawohl, wir rechnen mit Menschen.

In der Tat findet in unserem Lande eine Abstimmung mit den Füßen statt. Seit Beginn der Amtszeit von Edmund Stoiber sind über eine Million mehr Menschen nach Bayern gekommen, weil sie hier eine bessere Zukunft für sich gesehen haben, weil sie hier eine bessere Zukunftschance für sich persönlich gesehen haben. Das ist in der Tat eine Abstimmung mit Füßen. Da können Sie Ihre Zahlen alle vergessen. Wir rechnen mit Menschen, und zwar sehr gerne, Herr Kollege Maget.

(Beifall bei der CSU)

Dieser Zuzug von Menschen nach Bayern sagt mehr als vieles andere, weil er die echte Wahrnehmung der Menschen in Deutschland über die Verhältnisse in verschiedenen Bundesländern und bei uns in Bayern zum Ausdruck bringt.

(Franz Maget (SPD): Von Hof nach München!)

In einem Punkt sind wir uns mit dem Obersten Rechnungshof und zum Teil vielleicht auch mit Ihnen einig – vielleicht sogar auch mit ein paar von den GRÜNEN –: Wir wollen die Investitionsquote mittelfristig wieder steigern. Wir sind mit den gegenwärtig knapp 12,7 % auf Dauer nicht zufrieden. Daraus hat die CSU-Fraktion in der letzten Zeit überhaupt keinen Hehl gemacht. Angesichts der positiven Haushaltsentwicklung bin ich durchaus zuversichtlich, dass wir schon im Nachtragshaushalt

für das Jahr 2008 die Investitionsquote wahrscheinlich wieder steigern können.

(Franz Maget (SPD): Leere Versprechungen!)

Lieber Herr Kollege Maget, wenn ich mir die aktuellen Werte der SPD bei den Meinungsumfragen anschaue, dann kommt mir die Überlegung in den Sinn, ob es sich nicht vielleicht lohnen würde, sich zumindest als Zwischenziel vorzunehmen, dass die Investitionsquote des Freistaates Bayern höher liegen sollte als die Meinungsumfragewerte der SPD. Das würde eine schöne Motivation sowohl für Sie als auch für uns bedeuten. Bei den 17 %, die Sie aktuell haben, ist das gar nicht so unrealistisch.

(Beifall bei der CSU – Franz Maget (SPD): Das wäre doch etwas. Bei uns geht es nach oben! Strengen Sie sich an, damit Sie Schritt halten!)

Herr Kollege Maget, Sie haben auch die Finanzlage der Kommunen angesprochen. Die Investitionsquote der bayerischen Kommunen liegt aktuell bei 16 %. Auch das ist vielleicht auf Dauer zu niedrig. Interessant ist nur, dass der Durchschnitt der Investitionsquote der Kommunen in den westdeutschen Flächenländern bei 11,5 % liegt.

(Franz Maget (SPD): Und hier in München?)

In München liegt sie noch höher.

(Franz Maget (SPD): 17 %!)

So ist es. Das bestätigt aber nur, Herr Kollege Maget, dass es offensichtlich keinen Grund gibt zu behaupten, den bayerischen Kommunen ginge es schlechter als den Kommunen in anderen Ländern, sondern dass sie offensichtlich besser behandelt werden als die Kommunen in den anderen Ländern. Sie sollten zuerst einmal das Ende überlegen, bevor Sie etwas erzählen.

(Beifall bei der CSU – Franz Maget (SPD): Was halten Sie von denen, die nach Thüringen gehen wollen? Weg von Bayern nach Thüringen!)

Was Herr Kollege Maget und Herr Ude vorgestern über die Haushaltssituation von Landeshauptstadt und Freistaat Bayern verlautbart haben, ist gelinde gesagt dreist. Man könnte auch sagen: Es ist schlichtweg irreal. Tatsache ist zunächst einmal, dass München die höchste Pro-Kopf-Verschuldung aller deutschen Großstädte hat. Kurt Faltlhauser hat darauf vorhin bereits bei einer Zwischenfrage hingewiesen. Für die Verschuldungssituation der Landeshauptstadt München sind ganz allein der Münchner Stadtrat und seine rot-grüne Mehrheit selbst verantwortlich. Es gibt Kommunen in Bayern, die mit einem wesentlich niedrigeren Steueraufkommen, auch in der Relation, auskommen müssen und es trotzdem schaffen, einen ausgeglichenen Haushalt hinzubekommen. München hat trotz Rekordsteuereinnahmen, von denen andere Kommunen nur träumen können, in den letzten Jahren immer neue Schulden gemacht. Ich sagen Ihnen – da können Sie erzählen, was Sie wollen –:

Das ist eine unverantwortliche Politik, die im Münchner Stadtrat von der Mehrheit betrieben wird.

(Beifall bei der CSU)

Ich halte es für richtig, dass die CSU-Fraktion im Münchner Rathaus das kritisiert. Nachdem über so viele Jahre eine solche Politik betrieben wurde, bin ich schon sehr skeptisch, wenn jetzt, ein Jahr vor der Kommunalwahl, plötzlich große Versprechungen gemacht werden, man würde in den nächsten Jahren plötzlich die Schulden abbauen, man wollte nicht nur die Neuverschuldung begrenzen, sondern auch die alten Schulden abbauen. Das kommt schon sehr plötzlich von einem Tag auf den anderen.

Herr Kollege Maget, Sie haben den Freistaat Bayern mit der Landeshauptstadt München verglichen. Der Film „Deutschland. Ein Sommermärchen“ findet überall große Zustimmung. Ich rate Ihnen aber dringend, diese Selbstsuggestion nicht mißzuverstehen. Allein mit Selbstsuggestion gewinnt man keine Spiele. Ein bisschen ordentliche Leistung auf dem Spielfeld braucht es schon auch noch dazu. Sie müssen jetzt aufpassen, dass Sie sich nicht in eine Sackgasse bewegen und sich selbst einreden, wie toll Sie sind, um dann zu merken, dass nichts dahinter steht. Zu dieser Selbsttäuschung und zu diesem Realitätsverlust gehört es auch, dass Sie sich jetzt mit den famosen Investitionsentscheidungen in der Landeshauptstadt brüsten. Tatsache ist auf jeden Fall, dass es ohne Engagement des Freistaates manchmal sehr mager aussähe. Mit Rot-Grün hätte es jedenfalls keinen neuen Flughafen München gegeben.

(Franz Maget (SPD): Was? – Karin Radermacher (SPD) und Ludwig Wörner (SPD): Mit Wiesheu auch nicht!)

Wir haben ihn jedenfalls durchgesetzt.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Wer ist bitte „wir“?)

Hin und wieder gab es ein bisschen Zustimmung von Ihnen. Wie hingen Sie aber mit der Messe in München herum? Mit Rot-Grün hätte es auch keine neue Messe gegeben. Ohne den Freistaat, aber auch ohne die CSU im Münchner Stadtrat wäre gar nichts gelaufen. Der Ausbau des Mittleren Rings ist gegen den heftigen Widerstand von Ude und von Ihnen durchgesetzt worden. Der neue Forschungsreaktor in Garching ist gegen den erbitterten Widerstand der SPD und der Grünen in der Landeshauptstadt durchgesetzt worden. Es ist für manche Kollegen aus meiner Fraktion aus anderen Teilen Bayerns manchmal schon schwierig, sich dazu durchzuringen, dass man in der Landeshauptstadt München immer wieder ein Stück Zwangsbeglückung durchführen muss. Wir müssen diese Investitionen gegen Ihren erbitterten Widerstand durchsetzen.

(Beifall bei der CSU)

Und wenn dann alles läuft, brüsten Sie sich mit der tollen Investitionspolitik, die Sie in München betreiben würden. Das ist doch wirklich abenteuerlich.

(Franz Maget (SPD): Wann haben Sie zum letzten Mal die Mehrheit in München gehabt? Das ist 25 Jahre her! Die letzte Entscheidung haben Sie vor 25 Jahren getroffen!)

Lieber Herr Kollege Maget, reden Sie doch nicht so schwach daher. Sie wissen ganz genau, dass der Mittlere Ring von den Bürgerinnen und Bürgern in einem Bürgerentscheid gegen die rot-grüne Mehrheit im Stadtrat durchgesetzt worden ist. Die Bürger haben ihn aufgrund entsprechender Bürgerbegehen durchgesetzt.

(Franz Maget (SPD): Und was ist mit Messe und Flughafen?)

Und wie ist die neue Messe in München zustande gekommen?

(Franz Maget (SPD): Vielleicht auch ohne uns?)

Nein, aber mit Rot-Grün hätte es keine Mehrheit gegeben. Es gab nur mithilfe der CSU eine Mehrheit im Münchner Stadtrat, weil die Grünen blockiert haben.

(Franz Maget (SPD): Aber wir haben es durchgesetzt!)

Sie stellen sich jetzt zusammen mit Herrn Ude hin und sagen, Sie seien stärker als der Freistaat Bayern. Das ist so lächerlich, lieber Herr Maget, dass es kaum nachzuvollziehen ist.

(Beifall bei der CSU – Franz Maget (SPD): Darüber haben Sie sich doch nur geärgert!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, zu den größeren Investitionen gehört sicherlich auch der Staatsstraßenbau. Damit werden wir uns in absehbarer Zeit noch einmal beschäftigen. Herr Kollege Dürr, wir werden uns auch mit der klimaschutzgerechten Sanierung von Immobilien des Freistaates noch intensiver beschäftigen.

(Dr. Sepp Dürr (Grüne): Und wann?)

Ich will gar nicht bestreiten, dass Ihr Beitrag ein paar richtige Ansatzpunkte enthielt. Sie können sich darauf verlassen, dass die CSU das aufgreifen wird.

(Karin Radermacher (SPD): Im Jahr 2020!)

Das Wichtigste in Sachen Zukunftsinvestition ist die Investition in die Zukunft unserer Kinder. Allein im letzten Kindergartenjahr sind über 2000 neue Krippenplätze und über 2000 neue Kinderhortplätze geschaffen worden. So wird es auch weitergehen. Parallel dazu bauen wir auch die Ganztagsbetreuung an den Schulen aus. Die Staatsregierung hatte für den Doppelhaushalt 20 zusätzliche

Ganztagsschulen geplant. Wir haben die Zahl der neuen Standorte seitens der CSU-Fraktion auf 40 erhöht.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Und mit so etwas brüsten Sie sich!)

Ende 2008 wird es insgesamt 1000 offene und 111 gebundene Ganztagsschulen in Bayern geben.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Von insgesamt 5000!)

Hinzu kommen inzwischen 3300 Gruppen, die an der Mittagsbetreuung an Grundschulen teilnehmen.

Wir haben den früheren Kurs in dieser Frage etwas geändert – das ist durchaus richtig –, weil wir erkannt haben, dass das alles wichtig ist für die Zukunft unserer Kinder und ihrer Eltern. Wir sollten uns dabei aber auch nichts vormachen, meine Damen und Herren: Wie kinder- und familienfreundlich unser Bayern ist, wie kinder- und familienfreundlich unsere Kommunen sind, wird am Ende nicht allein davon abhängig sein, wie groß die Zahl der Krippenplätze und der Mittagsbetreuungsgruppen sein wird.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Nicht allein, aber auch!)

Es wird auch nicht allein davon abhängen, ob das Kindergeld zehn Euro niedriger oder höher ist.

Ich sage, dass das nicht allein davon abhängen wird. Kinderfreundlichkeit hängt vor allem davon ab – und das sollten wir bei diesem Thema nie aus dem Blickfeld verlieren –, wie wir uns alle täglich verhalten. Das hängt davon ab, ob eine junge Familie, die mit ihren Kindern durch München geht, den Eindruck hat, dass sich die Menschen um sie herum freuen und sagen, toll, dass hier jemand mit kleinen Kindern geht, oder ob sie den Eindruck hat, dass ihnen die Menschen nur sagen, die kleinen Kinder machen immer nur Lärm, Dreck und irgendetwas kaputt und dergleichen. Das ist die Lebensrealität. Wenn heute eine Familie den Mut zu einem dritten oder vierten Kind hat, sollte sie den Eindruck haben, dass die Nachbarn sagen: Toll, da ist jemand, der sich ein drittes oder viertes Kind zutraut; sie sollten nicht den Eindruck haben, dass die Nachbarn sagen: Bei denen hat wohl die Verhütung versagt, wie kann man heute noch ein viertes Kind haben? Das ist die Realität, die wir heute in unseren Städten und Gemeinden haben. Hier geht es sehr stark darum, welches Klima bei uns herrscht, wie wir uns alle täglich verhalten.

Im vorvergangenen Jahr hat in Hamburg wieder einmal ein Verwaltungsgerichtsprozess stattgefunden zu der Frage, ob der Lärm, der von einem Kindergarten in einem reinen Wohngebiet ausgeht, mit dem Ruhebedürfnis der Anwohner vereinbar ist. Das müssen wir draußen im Alltag erleben. Kinderlärm ist Zukunftsmusik. Nur dann hat unsere Gesellschaft insgesamt eine Zukunft.