Protocol of the Session on October 17, 2006

Ihnen, Herr Dupper, möchte ich sagen: Respekt vor Ihrer Rede. Sie haben ohne Schaum vor dem Mund Ihre Auffassung dargelegt, gut strukturiert – inhaltlich falsch.

(Lachen bei den GRÜNEN)

Aber ich habe mit Respekt zur Kenntnis genommen, was Sie vorgetragen haben und wie Sie es vorgetragen haben.

(Zuruf von den GRÜNEN: Das war der Ritter- schlag! – Weitere Zurufe von den GRÜNEN und von der SPD)

Sie werden verstehen, dass der Finanzminister dem, was Sie dargelegt haben, nicht zustimmt. An einer Stelle haben Sie etwas völlig Falsches gesagt. Darf ich das korrigieren, ohne oberlehrerhaft zu wirken?

(Lachen bei den GRÜNEN)

Ich bin nicht derjenige, der Klarsichthüllen hin- und hergeschoben hat.

Sie haben gesagt, dass die Finanzausgleichsleistungen 2007 das Niveau von 2003 noch nicht einmal erreicht hätten. Herr Kollege, das ist falsch. Die Landesleistungen betrugen im Jahre 2003 4,8 Milliarden Euro,

(Anhaltendes Lachen bei den GRÜNEN)

und im Jahre 2007 liegen die reinen Landesleistungen bei 5,4 Milliarden Euro. Das ist eine erhebliche Steigerung.

(Lachen bei den GRÜNEN – Unruhe)

Ist das heute eine fröhliche Mädchenrunde, oder was?

Das ist eine Steigerung von 12 %. Das darf ich doch sagen. Das heißt, die massiven Steigerungen beim Finanzausgleich kommen auch an dieser Stelle eindeutig zum Ausdruck.

Zur Investitionsquote, die Sie in besonderer Weise noch einmal herausgestellt haben: Ich halte es für angemessen, wenn Sie die Investitionsquote – gemeinsam mit uns – mit Sorge betrachten. Es ist dies meiner Ansicht nach eine Entwicklung in den Landeshaushalten insgesamt, die Verwaltungshaushalte sind, und Verwaltung schlägt sich auch in Personal nieder. Bei uns schlägt es sich nicht in Zinszahlungen nieder, weil wir seriös wirtschaften. Aber diese Entwicklung stellen wir überall fest.

Warum wir in diesem Doppelhaushalt nun einen Rückgang haben, beruht allerdings – das muss ich erläutern – vor allem auf einem einmaligen Sondereffekt. Wir haben im laufenden Haushalt die Leistungen, das Kapital für die Landesbank und für die Messe München aufgestockt, und diese Aufstockungen gelten definitionsgemäß als Investitionen. Das ist ein einmaliger Vorgang, der im nächsten Jahr nicht mehr entsprechend zählt. Dementsprechend kommen wir von diesem einmalig nach oben gefahrenen Niveau wieder herunter.

Allerdings muss ich doch fragen, wenn Sie, Herr Dupper, fordern, wir müssten 15 % – das ist im Übrigen, wie Sie wissen, auch das erklärte Ziel des Haushaltsausschussvorsitzenden Ach und von mir – wieder erreichen. – Man braucht Ziele, um sie wirklich heftig anstreben zu können. – Ich frage: Wie wollen Sie das erreichen, wenn Sie gleichzeitig, im gleichen Atemzug 400 Millionen Euro für die Bildung, insbesondere im konsumtiven Bereich, sprich: Lehrer usw., ausgeben wollen?

Sie werden, wenn Sie einen derartigen Brocken, wie Sie es gefordert haben, in Angriff nehmen, keine Chance mehr haben, tatsächlich die Investitionsquote zu erhöhen. Das ist eine grundsätzliche Fragestellung, über die wir uns permanent unterhalten müssen.

Sie sollten sich aus dieser Fragestellung, die uns im gemeinsamen Ringen betrifft, jedoch nicht durch eine Neudefinition der Investitionsquote herausreden. Wenn ich die Investitionen in Bildung, in Lehrer usw. auch zur Investitionsquote rechne, dann habe ich keine Schwierigkeit, nicht nur 15 %, sondern sehr schnell wesentlich höhere Prozentsätze zu erreichen.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Eben!)

Lassen Sie uns in den Beratungen und auch in den zukünftigen Aussprachen immer wieder die Frage stellen:

Was bedeutet das für die Investitionsquote? Ich fürchte für Sie, dass Sie oftmals dabei erwischt werden, dass Sie durch Ihre Forderung die Investitionsquote reduzieren und nicht der von Ihnen vorgetragenen Zielsetzung, 15 % zu erreichen, dienen werden. Das ist ein schwieriger Vorgang.

Kollege Mütze, Sie haben rhetorisch gefragt, wo die zusätzlichen Mittel sind. Sie würden erwarten, dass ich Ihnen das erkläre. Auch ich stehe da mit Fragezeichen vor Ihnen. Das sind auf der einen Seite zusätzliche Haushaltsmittel aufgrund der entsprechenden Sparvorschläge und zusätzlich Steuereinnahmen über das Niveau des Jahres 2006 hinaus. Da uns das nicht gereicht hat und da wir der Meinung waren, vor allen Dingen im investiven Bereich noch etwas unternehmen zu müssen, haben wir noch 303 Millionen Euro aus Privatisierungserlösen für diese Investition zur Verfügung gestellt. Das sind zwei verschiedene Quellen für ein Gesamtkonzept unter einem Dach. Es sind also von zwei Seiten zusätzliche Mittel: zusätzliche Privatisierungserlöse und zusätzliche Haushaltsmittel, die wir unsererseits entsprechend unseren programmatischen Vorgaben zielbewusst eingesetzt haben.

Politik ist Richtungsentscheidung. Ich glaube, die Zahlen, die wir Ihnen mit diesem Investitionsprogramm, mit diesem Zukunftsprogramm vorlegen, zeigen, dass wir Richtungsentscheidungen mutig vornehmen.

Dabei muss man auch – ich wiederhole das, weil dazu so vorwurfsvoll gesprochen wurde – Umschichtungen innerhalb einzelner Haushalte vornehmen. Deshalb halte ich es für richtig – ich wiederhole das ausdrücklich, und die Schulpolitiker werden das bestätigen –, dass Grund- und Hauptschullehrer, weil die Zahl der Kinder in diesen Schularten sinkt, versetzt bzw. haushaltspolitisch gewissermaßen in andere Schulen umgesetzt werden. Alles andere wäre doch glatter Unsinn.

(Zurufe von der SPD und von der CSU)

Unserer Politik würde kein Mensch mehr Glauben schenken, wenn wir das nicht machen würden.

Herr Mütze, zum Thema ländlicher Raum haben Sie etwas herausgegriffen, was mich wirklich erstaunt. Sie haben gefragt, was die Investition in die Skiweltmeisterschaft in Garmisch mit ländlichem Raum zu tun habe. Es erstaunt mich doch sehr, dass Sie die Zusammenhänge hier nicht wahrnehmen. Was wollen wir denn tun, um im ländlichen Raum zu fördern und anzustoßen?

(Zuruf von den GRÜNEN: Die Schulen fördern!)

Wollen wir aus der Gießkanne Geld verstreuen? Das dürfen wir nicht, und das wäre auch sinnlos, meine Damen und Herren.

(Zuruf von der CSU: Die vorhandenen Strukturen stärken! – Weitere Zurufe – Glocke der Präsi- dentin)

Das Einzige, was wir tun können, ist, vorhandene Strukturen zu stärken und dort, wo Chancen bestehen, diese Chancen zu fördern. Wenn ein Fremdenverkehrsort wie Garmisch glücklicherweise durch den vehementen Einsatz einer Reihe von Persönlichkeiten, nicht zuletzt auch des Ministerpräsidenten, tatsächlich den Zuschlag bekommt, dann müssen Sie erkennen, dass das eine Chance ist. Dafür müssen Sie dann freiwillige Mittel zur Verfügung stellen – man wäre dazu nicht verpflichtet –, um die Weltmeisterschaft möglichst glanzvoll auszurichten und auf diese Weise diesen Ort auch langfristig wieder attraktiv zu machen.

(Beifall bei der CSU)

Das ist doch das Problem aller unserer Alpengemeinden. Von Partenkirchen bis Oberstdorf haben wir das Problem, dass dieser ländliche Raum spezifischer Art im Fremdenverkehr hinter der Schweiz und Österreich hinterherhinkt. Das ist nicht auf politisches Versagen zurückzuführen, sondern darauf – ich darf das hier sagen –, dass etliche Verantwortliche in der Gastronomie usw. die letzten 20 oder 30 Jahre verschlafen haben. Wenn Sie dort politisch etwas machen wollen, können Sie das nur mit zusätzlichen Maßnahmen tun, indem Sie am Tegernsee neue Schiffe ins Wasser setzen, um die Attraktivität des Tales zu erhöhen, indem Sie dafür sorgen, dass beispielsweise in Berchtesgaden ein ordentliches Hotel und eine ordentliche Dokumentationsstelle gebaut werden, indem Sie Oberstdorf und Garmisch bei der Skiweltmeisterschaft helfen. Mehr Möglichkeiten haben Sie nicht. Aber das ist ein klassischer Fall von Förderung punktueller Art im ländlichen Raum.

(Beifall bei der CSU)

Wenn das nicht mehr geht, verstehe ich nichts mehr.

Meine Damen und Herren, Herr Mütze hat gesagt, dass wir unbedingt 1000 Stellen für die Schulsozialarbeit brauchen würden. Ich nehme an, das haben Sie mittel- und langfristig gemeint.

(Margarete Bause (GRÜNE): Vier Jahre, hat er gesagt!)

Wer ruft denn da immer dazwischen? – Ich weise darauf hin, dass in diesem Doppelhaushalt Mittel für 71 Stellen vorgesehen sind. Ich verstehe Sie überhaupt nicht – ich mache Sie nur auf Ihre Widersprüche in Ihren Aussagen zum Haushalt aufmerksam –, wenn Sie auf der einen Seite vor der Presse mit Tremolo in der Stimme sagen, die Staatsregierung gebe im Gegensatz zu den Beschlüssen im Finanzplanungsrat mehr als 1 % aus, gleichzeitig aber hier im Haus auf den Putz hauen und 1000 Stellen allein für die Schulsozialarbeit fordern. Ich frage Sie: Was wollen Sie eigentlich? Wollen Sie sparen und die Ausgaben begrenzen, oder wollen Sie 1000 Stellen allein in einem Spezialbereich?

Ich verstehe auch nicht, wie Sie sagen können, wir seien so unglaublich unsozial, weil wir bei den Altenheimen sparen. Darf ich Sie auf die Marktlage hinweisen? Die pri

vaten Altenheime schießen überall aus dem Boden. Wir haben ein massives Überangebot.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Ach, das ist doch Schmarrn! – Gegenruf des Abgeordneten Markus Sackmann (CSU))

Also, Sie versuchen im Sozialausschuss sicherlich das Gegenteil zu beweisen. Aber das ist die Realität, die uns mit Daten und Fakten flächendeckend auf dem Tisch liegt. Sie müssen in der Haushaltspolitik dann Prioritäten festlegen, indem Sie sagen, dass in diesem Bereich staatlicher Zuschuss offenbar nicht mehr notwendig ist, weil die privaten Kräfte, auf die ich auch nicht immer vertraue, weiß Gott nicht, in diesem Markt eine große Rolle spielen.

Herr Staatsminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Mütze?

Aber selbstverständlich.

Bitte schön, Herr Kollege.

Danke schön, Herr Finanzminister. – Ich weiß, Sie sind nicht der Bildungspolitiker. Aber ich frage Sie: Halten Sie angesichts von fast 4000 Schulen in Bayern die Zahl von 350 Schulsozialarbeitern für ausreichend?

Herr Staatsminister.

Da ich kein Bildungspolitiker bin, wage ich hier nicht die Aussage, die ich machen möchte. Ich bin der Ansicht, dass die Spezialisierung von Schulsozialarbeitern ein hochproblematischer Vorgang ist. Aber das ist meine sehr persönliche Auffassung. Das Kümmern um die sozialen Belange ist nämlich in vorrangiger Weise auch eine Aufgabe des Lehrers.

(Beifall bei der CSU)

Es darf nicht sein, dass sich der Lehrer nur noch so definiert, dass er sagt: Ich bin derjenige, der für die Wissensvermittlung gegenüber dem Kind zuständig ist, aber die sozialen Belange, wie das zu Hause aussieht, wie der Schüler betreut wird oder ob er gefrühstückt in die Schule kommt, das interessiert mich nicht. – Diese Trennung der Aufgaben sehe ich in der Bildungspolitik nicht. Aber ich bin nur Laie. Insofern haben Sie recht. Es ist meine persönliche Auffassung.

(Beifall bei der CSU)