Protocol of the Session on September 28, 2006

Es geht um die Wirkung, die das Kopftuch auch auf muslimische Kinder haben kann. Wir alle wissen, dass Lernen unter Drucksituationen nicht fruchtbringend ist. Es gibt Untersuchungen und Rückmeldungen, die sagen, dass sich Mädchen tatsächlich unter Druck fühlen, wenn ein Erwachsener oder eine Lehrkraft mit Vorbildfunktion ein Kopftuch trägt, während man aus eigener Überzeugung das Kopftuch nicht trägt. Dies wollen wir nicht in unseren Schulen haben. Wir wollen ein angstfreies Lernen.

Eines, meine sehr verehrten Damen und Herren, müssen wir festhalten: Es kann und es wird in großem Umfang ein persönliches Glaubenszeugnis sein, ein Kopftuch zu tragen. Aber die Wirkung, die das Kopftuchtragen auch als Symbol einer bestimmten Haltung nach außen trägt, kann auch zu Drucksituationen für kleine Mädchen, Mädchen in der Grundschule führen. Das wollen wir in unseren Schulen nicht.

Deshalb haben wir dieses Gesetz auf den Weg gebracht, und wir sind sehr froh, dass wir dieses Gesetz in Bayern

haben. Wenn Lehrkräfte, wie Sie es angesprochen haben, in Niederbayern dies anders auslegen, kann man das nach dem Gesetz nicht tun. Das steht nicht im Gesetz und stand nie zur Debatte. Darum dürfen Sie das auch nicht als Begründung anführen.

(Beifall bei der CSU)

Damit ist die Aussprache geschlossen. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Das ist der Fall. Dann ist es auch so beschlossen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Sie erlauben, dass ich jetzt zu dem komme, was uns heute auch wichtig ist.

Ich darf Sie bitten, Kolleginnen und Kollegen, zunächst einmal einer ehemaligen Kollegin zu gedenken.

(Die Anwesenden erheben sich)

Am 9. September ist Frau Maria Wiederer im Alter von 84 Jahren verstorben. Sie gehörte dem Bayerischen Landtag von 1967 bis 1978 an und vertrat für die CSU den Wahlkreis Unterfranken und danach den Stimmkreis Schweinfurt-Süd.

Frau Wiederer war Landwirtin mit Leib und Seele. Als Landesbäuerin im BBV und als Vizepräsidentin des Deutschen Landfrauenverbandes war sie eine weithin geachtete Vertreterin ihres Berufsstandes.

Ihr Fachwissen und Ihre Erfahrungen aus der Lebenspraxis brachte sie auch in ihre parlamentarische Arbeit in den Ausschüssen für Ernährung und Landwirtschaft sowie für Eingaben und Beschwerden ein. Das gilt ebenso für Ihre Zeit im Bayerischen Senat, dem sie von 1980 bis 1987 angehörte.

Maria Wiederer hat viel für die Entwicklung des ländlichen Raumes getan. Der Bayerische Landtag wird der Verstorbenen ein ehrendes Angedenken bewahren. Ich bedanke mich, dass Sie sich von Ihren Plätzen erhoben haben.

Herr Ministerpräsident, an Ihrem Geburtstag haben wir hier im Bayerischen Landtag Vollversammlung. Natürlich wollen wir auch hier Ihren Geburtstag nicht wortlos vorbeigehen lassen. Wir freuen uns, dass Sie da sind und gratulieren Ihnen ganz herzlich zum heutigen Geburtstag.

(Ministerpräsident Dr. Edmund Stoiber: Danke schön! – Anhaltender allgemeiner Beifall)

Herr Ministerpräsident, Sie haben in Ihren Staatsämtern die zukunftsorientierte Entwicklung Bayerns in den letzten Jahrzehnten ganz entscheidend mitgeprägt. In Bayern haben Politik, Wirtschaft und Wissenschaft schon in den Neunzigerjahren gemeinsame Antworten auf die Herausforderungen der modernen Technologien und damit auch der Globalisierung gefunden. Wenn Bayern heute zu den herausragenden Wirtschafts- und Wissenschaftsstand

orten nicht nur in Deutschland, sondern auch international zählt, dann ist Ihr Beitrag dafür, Herr Ministerpräsident, wohl unbestritten.

Sehr früh haben Sie auch die Bedeutung der Europäischen Union für die Zukunft unsres Landes erkannt und in die Politik der Staatsregierung einbezogen.

Einen weiteren Schwerpunkt Ihrer politischen Arbeit möchte ich ganz besonders hervorheben. Das ist die Fortentwicklung des Bund-Länderverhältnisses. Aus jüngster Zeit ist hier vor allem Ihre ganz entscheidende Rolle beim Gelingen der Föderalismusreform zu nennen. Ohne Ihr hartnäckiges und entschiedenes Engagement wäre dieses für Deutschland und Bayern so wichtige Projekt nicht zustande gekommen. Wir wissen, dass Sie auch hier noch sehr viel vorhaben, vor allem was die Finanzreform anbelangt. Da kommt noch sehr viel Arbeit auf Sie und diejenigen zu, die sich damit beschäftigen.

(Allgemeiner Beifall)

Herr Ministerpräsident, ich darf Ihnen noch einmal – wie ich es schon eingangs getan habe – im Namen des Bayerischen Landtags und natürlich auch persönlich unsere herzliche Gratulation aussprechen. Wir wünschen Ihnen viel Kraft, viel Energie, Gottes Segen und vor allen Dingen Gesundheit bei Ihrem Einsatz für die Zukunft Bayerns, und wir wünschen nicht nur Ihnen, sondern auch Ihrer Familie alles Gute und wir wünschen Ihnen Zeit für die Enkel, die auch ihr Anrecht haben wollen. Alles Gute und herzlichen Glückwunsch!

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der CSU – ver- einzelter Beifall bei der SPD)

Herr Ministerpräsident, ich habe noch eine Überraschung für Sie. Schauen Sie mal nach oben zur Diplomatenloge. Dort haben Gäste aus Québec, unserer Partnerregion, Platz genommen. Die Damen und Herren der Delegation sind extra länger geblieben, weil auch sie die Gelegenheit nehmen wollten, zu gratulieren. Es gratuliert Ihnen der Präsident der Nationalversammlung von Québec, Herr Michel Bissonnet, sowie die Vizepräsidentin der Nationalversammlung von Québec, Frau Diane Leblanc, zusammen mit den Damen und Herren der sie begleitenden Delegation. Also auch aus der Diplomatenloge ein herzlicher Glückwunsch an Sie, und ein Danke an unsere Gäste, dass sie bis jetzt hier im Hohen Hause geblieben sind. Auch ihnen alles Gute.

(Allgemeiner Beifall)

Ich darf nun, verehrte Kolleginnen und Kollegen, mit einigen Gratulationen weiterfahren. Mit dem Ministerpräsident feiert am heutigen Tag hier im Hohen Haus seinen Geburtstag Herr Kollege Helmut Guckert. Herzlichen Glückwunsch, lieber Herr Kollege und alles Gute.

(Allgemeiner Beifall)

Ebenfalls heute hat Kollege Peter Hufe Geburtstag. Ich sehe ihn jetzt nicht. Richten Sie ihm bitte aus, dass wir

auch ihm alles Gute, Gesundheit und weiterhin viel Erfolg wünschen.

(Allgemeiner Beifall)

Nun zu den Geburtstagen der vergangenen Wochen. Wir tagen zum ersten Mal nach der Sommerpause hier im Hohen Hause. Unsere Glückwünsche gelten im Nachhinein Herrn Staatsminister Erwin Huber, der am 26. Juli Geburtstag hatte und Herrn Kollegen Dr. Thomas Zimmermann, der am 9. September Geburtstag feierte. Kollege Robert Kiesel konnte am 11. September seinen Geburtstag feiern und Herr Kollege Dr. Kaiser gestern, am 27. September.

Einen ganz besonderen Geburtstag hatte der Fraktionsvorsitzende der CSU, Herr Kollege Joachim Herrmann, am 21. September. Es ist da hervorragend gefeiert worden. Herr Kollege, noch einmal heute von uns allen alles Gute, viel Kraft, Gesundheit und weiter gutes Gelingen.

(Allgemeiner Beifall)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, jetzt kehren wir wieder zur Arbeit zurück. Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 c auf:

Gesetzentwurf der Staatsregierung Gesetz zur Ausführung der Sozialgesetze (AGSG) (Drs. 15/6305) – Erste Lesung –

Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Staatsregierung begründet. Bitte, Frau Staatsministerin Stewens.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf leistet die Staatsregierung einen weiteren ganz wichtigen Beitrag zur Deregulierung. Im Bereich des Sozialrechts werden sechs Einzelgesetze in ein einheitliches Gesetz zur Ausführung der Sozialgesetze zusammengefasst. Es handelt sich dabei zum einen um das Gesetz zur Ausführung des Sozialgesetzbuches AGSGB. Ich hatte damals schon angekündigt, dass ein entsprechendes AGSG folgen wird.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Es folgt wahrscheinlich noch ein weiteres!)

Wir hatten damals aufgrund der fehlenden Zeit gesagt, es werde dies mit entsprechender Zeitvorgabe geleistet.

Ferner gehört dazu das Gesetz zur Ausführung des Elften Buches des Sozialgesetzbuchs – Soziale Pflegeversicherung, das Gesetz über die Regelungen im Sozialwesen, das Bayerische Kinder- und Jugendhilfegesetz, das Gesetz zur Durchführung der Kriegsopferfürsorge und das Gesetz zur Ausführung des Verbraucherinsolvenzverfahrens nach der Insolvenzordnung.

Neben der Reduzierung der Zahl geltender Stammnormen verbessert sich durch die Verschmelzung der Einzelgesetze gleichzeitig natürlich auch die Qualität des Landes

rechts durch bessere Überschaubarkeit und Lesbarkeit für die Bevölkerung und für den jeweiligen Rechtsanwender. Die Handhabung der breit gestreuten Ausführungsvorschriften im Bereich des Sozialrechts wird wesentlich vereinfacht und natürlich dadurch auch erleichtert.

Im Zuge der Zusammenfassung der Einzelgesetze haben wir aber auch notwendige materielle Änderungen vorgenommen. Das betrifft zunächst – ich möchte hier auf die wichtigsten Änderungen eingehen – den Inhalt des bisherigen Ausführungsgesetzes zum Pflegeversicherungsgesetz. Das Gesetz trifft vor allem Regelungen zur Bedarfsplanung und zur Förderung von Investitionen in Pflegeeinrichtungen. Der Freistaat Bayern hat sich in der Vergangenheit mit einem hohen finanziellen Engagement für einen bedarfsgerechten Ausbau der stationären Altenpflegeeinrichtungen eingesetzt. Allein von 1997 bis 2005 wurden insgesamt staatliche Haushaltsmittel in Höhe von 260 Millionen Euro zu diesem Zweck aufgewendet.

In Zeiten angespannter Haushaltsmittel ist der Staat gebunden, seine Aufgaben nach dem Grundsatz der Subsidiarität kritisch zu überprüfen. Im Pflegebereich hat sich in den letzten Jahren ein Markt gebildet, in dem immer mehr Pflegeeinrichtungen ohne staatliche Förderungen errichtet wurden.

Bayern ist inzwischen gut mit Pflegeplätzen versorgt. Die Zahlen des Statistischen Landesamtes in Bayern zeigen sogar, dass es Leerstände gibt. Zum Stichtag 15. Dezember 2004 waren von 97 795 Pflegeplätzen 3410 Pflegeplätze in Bayern frei, das heißt unbelegt. Insgesamt ist derzeit der Bedarf an Pflegeplätzen in Bayern im Schnitt gedeckt. Aufgrund des ausgebauten Versorgungsnetzes an stationären und ambulanten Betreuungsmöglichkeiten ist ein weiteres finanzielles Engagement des Freistaats im Bereich der Investitionskostenförderung für Altenheime nicht mehr erforderlich. Ich erinnere hier an die Vormerkungen des Obersten Rechnungshofes. Die Rechnungsprüfung hat klar gemacht, dass diese Förderung des Staates überprüft werden muss.

Mittlerweile können wir durch Wettbewerb effiziente und preiswerte Strukturen ohne Qualitätsverluste in Bayern schaffen. Selbstverständlich ist uns die demografische Entwicklung bekannt. Wir wissen, dass sich die Zahl der pflegebedürftigen Menschen in Bayern weiter erhöhen wird. Es wäre aber nicht richtig, den zukünftigen Bedarf an Pflegeplätzen einfach anhand der prognostizierten Entwicklung der pflegebedürftigen Menschen hochzurechnen. Hier sind weitere Faktoren zu berücksichtigen. Zum einen ist zu berücksichtigen, dass die Privaten immer mehr an Pflegeplätzen abdecken, zum anderen setzen wir auf die Stärkung des Grundsatzes „ambulant vor stationär“.

Rüstige alte Menschen sollen – weil sie dies wollen –, möglichst lange in ihrem eigenen Zuhause, in ihren eigenen vier Wänden betreut werden. Hier geht es um die Lebensqualität der älteren Menschen. In diesem Zusammenhang sind die Reformen der Sozialversicherungssysteme zu berücksichtigen, die ambulante Strukturen, die gerontopsychiatrische Reha, die geriatrische Reha, die Palliativ

pflege und die Weiterentwicklung von ambulanten Wohnformen auf den Weg bringen wird. Wir werden aber weiterhin beobachten, wie sich der Markt bei der Altenhilfe entwickelt und ob der Wettbewerb tatsächlich funktioniert.

Eine weitere wesentliche materielle Änderung haben wir beim Finanzierungssystem des bayerischen Maßregelvollzugs vorgenommen. Bislang erfolgte die Finanzierung des den Bezirken übertragenen Maßregelvollzugs durch eine nachträgliche Erstattung der Kosten durch den Staat. Ein Blick in den Einzelplan 10 zeigt, dass jedes Jahr Steigerungen im Maßregelvollzug zu verzeichnen sind. Die Kostensteigerungen sind enorm. Dieses System der Kostenerstattung hat sich schlicht und einfach als nicht mehr zeitgemäß herausgestellt, da es auch im Verwaltungsvollzug ausgesprochen aufwendig ist. Mit Beschluss vom 17. März 2004 hat der Landtag daher die Staatsregierung zu einer Reform des Finanzierungssystems hin zu einer Budgetierung der Unterbringungskosten aufgefordert. Wir haben diesen Beschluss in enger Abstimmung mit den Bezirken umgesetzt.

Zu der seit längerem diskutierten Neuordnung der Zuständigkeiten in der Sozialhilfe sind in dem Gesetzentwurf noch keine Regelungen enthalten. Die Betonung liegt dabei auf dem Wort „noch“. Die Staatsregierung hält an dem Ziel fest, stationäre, teilstationäre und ambulante Leistungen in einer Hand zusammenzuführen. Wir dürfen die Entwicklungen im Bereich der Altenhilfe nicht verschlafen. Wir beabsichtigen, die Eingliederungshilfe ab dem 1. Juli 2007 vollständig in die Verantwortung der Bezirke zu geben. Hinsichtlich der Hilfe zur Pflege müssen wir noch mit den kommunalen Spitzenverbänden weitere Gespräche führen. Wir müssen dabei gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden nach einvernehmlichen Lösungen suchen. Ich bitte um eine wohlwollende Behandlung des Gesetzentwurfs in den Ausschüssen.

(Beifall bei der CSU)

Bevor ich die Aussprache eröffne, möchte ich auf eine Bitte des Herrn Kollegen Stöttner hin eine Delegation des Wirtschaftsausschusses des Schleswig-Holsteinischen Landtags begrüßen. Die Leitung dieser Delegation hat Herr Landtagsabgeordneter Jürgen Feddersen. Ich heiße Sie herzlich willkommen und wünsche Ihnen gute Erfahrungen und gute Gespräche.