Wir wollen natürlich auch untersuchen, wie andere Länder mit dem Tanktourismus umgehen. In Italien gibt es das Konzept der Chipkarte. Kann das auf Deutschland übertragen werden? Wie sind die Erfahrungen damit? Welche Vor- und Nachteile gibt es? Wie würde sich das Konzept auf den Staatshaushalt auswirken?
Ja, wir werden es überlegen, Frau Kollegin Kronawitter. Wenn Sie Ihre Überlegungen schon abgeschlossen haben, dann ist das wunderbar für Sie.
Wie könnte eine Steuerharmonisierung, insbesondere bei der Mineralölsteuer, auf der EU-Ebene aussehen? Welche Systeme haben andere Länder bezüglich der Nutzung von Autobahnen entwickelt, und wie sind deren Erfahrungen?
Ich sage ganz klar: Wir wollen das alles untersuchen. Wir werden auch die Frage einer deutlichen Senkung der
Mineralölsteuer und einer Gegenfi nanzierung durch eine Autobahnvignette untersuchen. Das ist nämlich ein bedenkenswerter Vorschlag.
Wie gesagt: Das Problem ist dadurch entstanden, dass die Mineralölsteuer in den Nachbarländern immer noch niedriger ist als bei uns oder unsere Mineralölsteuer wesentlich höher ist als in den anderen Ländern. Nach meiner Überzeugung kann deshalb eine echte Lösung des Problems in der Marktwirtschaft nur durch eine Senkung unserer Mineralölsteuer darstellbar sein. Anders lässt sich dieses Problem im Grenzbereich nicht lösen, wenn man es denn lösen will.
Man darf das Pferd nicht vom Schwanz her aufzäumen. Dies ist das Wesentliche des Vorschlags, den Günther Beckstein in die Diskussion geworfen hat. Er hat als Erstes gesagt: Wir müssen die Mineralölsteuer senken, damit wir wieder wettbewerbsfähig sind. Zweitens hat er gesagt: Wenn das im Moment im Rahmen des Bundeshaushalts nicht dargestellt werden kann, dann muss ein Stück weit eine Gegenfi nanzierung gemacht werden. Bei der Gelegenheit muss ein Konzept dafür entwickelt werden, wie vor allem die ausländischen Autobahnbenutzer zur Tragung unserer Kosten mit herangezogen werden können. Das steht hinter dem Vorschlag, eine Autobahnvignette einzuführen.
Eine Autobahnvignette hat sicherlich auch Nachteile. Herr Magerl hat zu Recht den Verwaltungsaufwand, die Vielfahrerproblematik in Gegenüberstellung zu der Problematik der Wenigfahrer usw. angesprochen. Es sind legitime Argumente, die in die Abwägung einbezogen werden müssen. Aber aus unserer Sicht sind das keine Argumente, die dazu führen müssten, einen solchen Vorschlag von vornherein in den Papierkorb zu werfen und zu sagen: Darüber wollen wir nicht diskutieren.
Aus unserer Sicht ist Folgendes entscheidend: Wenn wir den Vorschlag einer Autobahnvignette weiter diskutieren, dann gehört dazu, dass die aus einer solchen Vignette erzielten Einnahmen ausschließlich für den Autobahnbau in Deutschland verwendet werden. Diese Einnahmen müssen zweckgebunden sein. Ähnlich verhält es sich ja in Österreich mit den Einnahmen der Asfi nag. Auch in Österreich stehen die Einnahmen aus der Autobahnvignette ausschließlich dem Autobahnbau zur Verfügung.
Für die Glaubwürdigkeit unserer Politik ist weiterhin entscheidend, dass bei den Bürgerinnen und Bürgern die Gewissheit entsteht, dass es nicht zu einer Mehrbelastung der deutschen Autofahrerinnen und -fahrer kommt. Es muss klar sein, dass die deutschen Autofahrer nicht stärker belastet werden sollen. Es geht nur um eine Umschichtung, um den Tanktourismus zu reduzieren und auch ausländische Benutzer unserer Autobahn an den Kosten zu beteiligen.
Darüber zu diskutieren ist aus der Sicht der CSU-Fraktion richtig. Vor- und Nachteile sind gegeneinander abzuwägen. Gleichzeitig sind andere Lösungsvorschläge zu diskutieren. Wir dürfen nicht die Augen davor verschließen, dass wir im Bereich des Tankstellentourismus in den
Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon interessant, sich zu vergegenwärtigen, wie wir noch vor wenigen Monaten über das Thema Tanktourismus geredet haben, wie die CSU Purzelbäume schlug und behauptete, es müsse etwas geschehen, wie sie überhaupt nicht in der Lage war, die sorgfältigen und intensiven Bemühungen von Wolfgang Clement um eine Lösung auch nur zur Kenntnis zu nehmen, wie sie in keiner Weise willens war, die vielfältigen, schwierigen europarechtlichen Probleme zur Kenntnis zu nehmen.
Vor diesem Hintergrund ist es eine Unverschämtheit, sehr verehrter Herr Kollege Herrmann, wenn Sie sich heute hier hinstellen und so tun, als hätten Sie jetzt eine Lösung gefunden.
Das ist mir nur insoweit verständlich, als Sie natürlich in einem weiteren Feld Ihren Problembären Glos schützen müssen, der auch darin keinen Fuß auf die Erde bekommt.
Mir ist natürlich verständlich, dass Sie heute ritterhaft – unter Mittelfranken ist das selbstverständlich – den Innenminister verteidigen. Das ist ehrenwert. Das macht man, wenn es passt. Aber inhaltlich ist es trotzdem eine Unverschämtheit, was Sie geboten haben.
Sie haben vor zwei Tagen zu dem Vorschlag von Günther Beckstein, eine 100-Euro-Vignette einzuführen und im Gegenzug die Mineralölsteuer um 8 Cent pro Liter zu senken, gesagt, man müsse jetzt sehr vorsichtig sein, Sie sagten nicht Ja und nicht Nein. Aber heute sagen Sie zu dem Antrag der GRÜNEN doch Nein. Das kann nur den Grund haben, den ich eben genannt habe: eine Diskreditierung Ihrer beiden Minister zu verhindern. Allerdings haben diese eine Diskreditierung selber zu verantworten. Deshalb könnten Sie auch den Mumm haben, diesem Antrag heute zuzustimmen.
Sie haben wörtlich gesagt – das ist natürlich ein vergiftetes Kompliment –, Becksteins Vorschlag habe den Vorteil, dass er „zumindest mal in sich halbwegs schlüssig und logisch“ sei.
Sie haben heute viel um das Thema herum und an dem Thema vorbei gesagt. Genau: Sie haben dazu überhaupt nichts gesagt. Es bleibt der Eindruck, dass Sie mittlerweile überzeugt sind, dass die Argumentation nicht schlüssig ist.
Ich lasse hier jetzt die Frage der Vereinbarkeit solcher Überlegungen mit dem EU-Recht völlig beiseite. Der Kollege Magerl hat etwas dazu gesagt. Ich brauche es deshalb nicht zu vertiefen. Ich erspare Ihnen, verehrter Herr Kollege, auch die Wiedergabe der hämischen Kommentare, die Ihre beiden Nürnberger CSU-Diven im Bundestag abgegeben haben. Wenn diese beiden sich einig sind, ist das schon bemerkenswert. Da weiß man wenigstens, wo der Feind steht; das ist klar.
Ich nenne Ihnen einige gute Gründe gegen die Idee. Zunächst einmal halte ich sie für vorgeschoben. Ja, es ist geradezu naiv, zu behaupten, damit könne man irgendetwas gegen den Tanktourismus tun. Die Differenz der Benzinpreise ist natürlich nicht in Abrede zu stellen, wenngleich man auch eine Annäherung bemerkt; auch hierüber müssen wir einmal reden.
Das Einzige, was Sie machen – darauf hat der Vorsitzende des Verkehrsausschusses des Bundestages, Herr Lippold von der CDU, hingewiesen –, ist eine Preissenkung, die die Mineralölsteuerkonzerne geradezu einlädt, die Senkung sofort durch eine nächste Preiserhöhung auszugleichen.
Das wäre das Einzige, was Sie erreichen würden, aber das kann doch wohl nicht ernsthaft Ihr Ziel sein.
Ihr Vorschlag ist aus guten Gründen abzulehnen, wenn er denn überhaupt ernst gemeint war. Er ist verkehrspolitisch nicht nur nicht schlüssig, sondern er setzt gerade die falschen Anreize. Sie belasten alle und sie entlasten die, die viel fahren. Sie entlasten diejenigen, die die Umwelt viel nutzen, die die Straßen viel nutzen. Sie entlasten die, die ein Auto haben, das viel verbraucht. Das ist keine sinnvolle Verkehrs- und Umweltpolitik – Herr Kollege Herrmann nickt, also weiß er wenigstens, dass wir insoweit Recht haben.
Das Nächste: Sie haben ein buntes Sammelsurium von Dingen gebracht, die man auch machen könnte. Das ist bezeichnend. Noch vor sechs Wochen, glaube ich, kam im Abstand von zwei Wochen zweimal der Vorschlag aus der Bauindustrie nahen Kreisen der CSU, man solle eine Vignette einführen und daraus Mittel für eine deutsche Asfi nag, eine Straßenbaufi nanzierungsgesellschaft, generieren. Sechs Wochen später sagt der Innenminister: Wir machen eine Vignette und verwenden die Mittel zur Senkung der Mineralölsteuer. Ich stelle fest: Sie haben kein Konzept in diesem Bereich.
Sie langen sich an den Kopf, Herr Schmid. Ich habe mir auch an den Kopf gelangt, als ich das gehört habe.
Manchmal muss man natürlich – weil wir zunächst einmal nicht unterstellen, dass unser Innenminister naive Vorschläge vorlegt – etwas genauer hinhören und genauer hinsehen. Da lohnt es sich, die Pressemitteilung Ihres Hauses vom 18. Juli zu lesen. Zunächst behaupten Sie, die Vignette schaffe die Voraussetzungen dafür, die Bundesfernstraßenfi nanzierung mittelfristig auf eine Nutzerfi nanzierung mit konsequenter Zweckbindung aller Einnahmen umzustellen. Das ist gerade falsch. In Wahrheit führt Ihr Vorschlag nur zu einer Umfi nanzierung. Sie generieren gerade keine Mittel für den Straßenbau. Also streuen Sie den Menschen Sand in die Augen, wenn Sie das behaupten.
Darum wird es viel interessanter, was Sie im nächsten Satz sagen. Das ist vielleicht der interessanteste Satz in der Diskussion, das hat auch der Kollege Magerl jetzt noch nicht ansprechen können. Sie sagen:
Schließlich führt die Absenkung der Mineralölsteuer zu erheblichen Entlastungen der deutschen Wirtschaft im Allgemeinen und des Transportgewerbes im Besonderen.
Das also ist gewollt, liebe Kolleginnen und Kollegen. Der Minister lässt die Katze aus dem Sack. Es geht wieder einmal um Entlastungen der Wirtschaft. Was heißt das im Klartext? Sie wollen, dass die Pkw-Fahrer einen Teil der Lkw-Maut erstatten. Das ist es, worauf Sie abzielen, und Sie denken, wir seien zu blöd, um das zu merken.
(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN – Staatsminister Dr. Günther Beckstein: Dummes Geschwätz!)
Herr Minister, dass Sie sich an dem Punkt so erregen, könnte den Schluss nahe legen, dass wir den Finger genau in die Wunde gelegt haben.
Ich habe das schon gehört, Herr Minister, und ich erkenne auch, wenn Sie sich gekünstelt aufregen. Sie regen sich jetzt sehr gekünstelt auf, weil wir den Punkt benennen. Darum geht es Ihnen.
Auch Kollege Herrmann hat in dieser Richtung gesprochen. Sie wollen wieder einmal zulasten der breiten Masse von der Wirtschaft umfi nanzieren. Darum geht es Ihnen, und das nennen wir beim Namen. Das ist unseriös, was Sie tun.
Es geht noch um etwas anderes, was in diesen Tagen sehr genau zu bedenken wäre und wovon Sie allen Grund haben abzulenken, Herr Minister. Wir haben das Problem des Mautausweichverkehrs, und wir haben dieses Problem mitnichten gelöst. Sie haben sich dafür stark gemacht, dass keine Ausweitung der Maut auf die Bundesstraßen kommt. Sie haben gesagt, da sind Sie dagegen.
Dann sagen Sie: Wir schützen unsere Bevölkerung durch Durchfahrtsverbote. Sie kennen die Probleme. Sie kennen die Anträge – Sie sagen selbst, Sie haben Dutzende von Anträgen. Sie haben unter großen Geburtswehen jetzt gerade mal zwei positiv beschieden, und auch da wird vor Ort intensiv darüber diskutiert, dass Sie zu kurz springen. Das heißt also, anstatt dieses Problem zu lösen, kommen Sie jetzt mit einer Pkw-Maut und lenken von den Problemen ab. Auch das lassen wir Ihnen nicht durchgehen, Herr Beckstein.
Ihre Maut führt in die falsche Richtung. Sie bringen in diesem Konzept keine Finanzierungsbeiträge für den Straßenbau, weil Sie sie für eine Senkung der Steuer auf das Mineralöl verwenden wollen. Sie entlasten Vielfahrer und Vielverbraucher.