Sehr geehrter Herr Minister, das mag an Ihrer Persönlichkeitsstruktur liegen, die ich etwas absolutistisch angelegt nennen möchte, die Beifall fi ndet, aber Sie sollten diese absolutistische Gesinnung nicht zur Grundlage von Gesetzen machen.
Die Aufgaben eines Uniklinikums sind selbstverständlich und unbedingt eben auch die stationäre und die ambulante Versorgung der Bevölkerung. Aber genau das kommt in dem Gesetzentwurf, der die Betonung sehr stark auf Forschung und Lehre legt, zu kurz. Sie sagen zwar, das sei im Krankenhausgesetz mit abgedeckt, aber ich glaube, das kann man nicht miteinander vergleichen. Das hätte in diesem Gesetz festgeschrieben werden müssen. Deshalb haben wir den Einstieg in die Debatte über den momentan laufenden Streik und jetzt Gott sei Dank über die wieder weiterlaufenden Verhandlungen gewählt, weil wir uns schon noch fragen, wie es zukünftig mit der Tarifgebundenheit aussieht, je mehr ein Uniklinikum privatisiert wird, und ob diese bei Ausgründungen behalten wird. Es gibt zwar eine ganze Reihe von Zusicherungen für die Beschäftigten, aber diese hält Verdi – von Verdi ging ein entsprechendes Schreiben an den Minister, ich weiß nicht, ob er Verdi wenigstens diesen Brief beantwortet hat – für nicht ausreichend.
Behält der Personalrat seine Rechte? Ich kann gut nachvollziehen, dass auch diese Fragen dringend beantwortet werden müssen, denn es geht hier um ein Stück mehr Sicherheit für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich im Moment in einem extrem schwierigen Schwebezustand befi nden. Dass aber die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Letzten sind, die Ihnen wichtig sind, erleben wir insgesamt nicht nur bei den laufenden Tarifverhandlungen, sondern auch in diesem Gesetzentwurf, der meines Erachtens die Missachtung, die man dem Personal entgegenbringt, widerspiegelt. Das sieht man beispielsweise an der Zusammensetzung des Aufsichtsrates. Da ist man sehr kleinlich in Bezug auf die Mitbestimmung, die man nur suchen kann; sie ist nämlich nicht da. Außerdem: Ich möchte gar nicht so weit gehen und von paritätischer Mitbestimmung träumen, weil es mir schon genügen würde, wenn es eine anständige Vertretungsregelung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gäbe.
Es ist zwar so, dass die paritätische Mitbestimmung an den großen Universitätskliniken wunderbar läuft, aber in Ihrem neuen Gesetzentwurf ist sie jedenfalls nicht vorgesehen. Daher habe ich schon ein bisschen die Sorge, dass man bereits im Vorfeld versucht, ein Klinikum auch für Betreiber privater Art insoweit attraktiv zu gestalten, dass sich diese am Ende nicht mehr mit so einer grauslichen Mitbestimmung rumschlagen müssen.
Es wird offi ziell bestritten, dass Sie die volle Privatisierung wollen. Doch ich habe die Debatte im Sozialausschuss im Protokoll nachgelesen und heute Früh Herrn Zimmermann zugehört. Auch er lobt die Möglichkeiten der privaten Rechtsform ein bisschen zu sehr. Ich denke, wir müssen bei dieser Richtung, die mit dem Gesetzentwurf einge
schlagen wird, sehr aufpassen; denn die Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts ist vermutlich nur der erste Schritt.
Wenn wir die hohe Qualität und auch die hohen Leistungen, die bayerische Universitätskliniken erbringen, sichern wollen, müssen wir auch bereit sein, eine Reihe von rechtlichen Sicherungen einzubauen. Ich appelliere daher dringend an Sie, sich mit den Fachleuten zusammenzusetzen und zu versuchen, im Nachhinein noch einmal auf die Beschäftigten einzugehen. Denn wir können sicher sein, dass wir, wenn diese Sicherungen fehlen, damit rechnen müssen, dass dieser Gesetzentwurf letztendlich auf Kosten der Patientinnen und Patienten, der Beschäftigten und der Forschung und Lehre gehen wird, weil es, wie heute Herr Zimmermann ausgeführt hat, ihm und Herrn Goppel in diesen Fragen sehr stark um die Wirtschaftlichkeit geht. Deshalb werden wir dem Gesetzentwurf sicher nicht zustimmen; meine Kollegin Gote hat dies schon gesagt.
Frau Präsidentin, Hohes Haus! Zunächst möchte ich zwei Anmerkungen zu den Ausführungen des Prof. Stockinger machen. Er hat allen gedankt und vor allem den großen Einsatz aller Beteiligten hervorgehoben. Ich kann mich dem voll anschließen, muss allerdings sagen: Bei diesem sehr großen Einsatz von allen hätte ich mir ein besseres Ergebnis erwartet.
Ich hätte mir vor allem erwartet, dass bei der Diskussion ein bisschen mehr auch von den Argumenten, die wir gebracht haben, angenommen und rüber gekommen wäre. Ich habe oft den Eindruck gehabt, dass wir Sie zwar mit vielen Argumenten erreicht, aber dass Sie zuletzt im Gesetz wenig rübergebracht haben. Das ist schon etwas traurig.
Die zweite Anmerkung dient mir gleichzeitig als Überleitung: Sie haben den großen Wunsch geäußert, dass vor allem die Studierenden – und sie stehen im Mittelpunkt unserer Diskussion und aller Hochschulen – hier Gewinner sein werden. Ich glaube, dass gerade in Bezug auf die Rahmenbedingungen und auf die Studiengebühren die Studierenden nicht Gewinner, sondern im Gegenteil die Verlierer dieser Gesetzesvorlage sind.
Ich glaube, dass die Studierenden neben der Umstellung auf das Bachelor- und Mastersystem die Studiengebühren am meisten tangieren werden. Auch in der Presse ist über diese Studiengebühren am meisten geschrieben werden. Sie werden im Sommersemester 2007 erhoben, wenn nicht noch ein Wunder geschieht, und Wunder geschehen vor allem hier im Hohen Haus wirklich selten.
Nach der langen Diskussion kennen die meisten – und so ist es auch bei mir – alle Argumente, die für Studiengebühren sprechen. Sie wurden ja auch heute zum Teil noch einmal von Minister Dr. Goppel vorgetragen. Aber wir von der SPD und von den GRÜNEN kennen natürlich auch alle Argumente, die dagegen sprechen. Deswegen gilt es, hier noch einmal gründlich abzuwägen.
These Nummer eins: Die Studienbedingungen werden verbessert, denn die Gebühren verbleiben an den Hochschulen. Auch das ist heute wieder mehrfach betont worden. Wie sieht es denn im Moment an den Hochschulen aus? Es sieht mit Sicherheit nicht rosig aus: überfüllte Hörsäle, schlechte Betreuung aus Mangel an Professoren und Dozenten, vor allem auch schlechte Ausstattung der Räume und Bibliotheken. Minister Goppel hat aber in seinem Schlusswort noch einmal genau das Gegenteil behauptet und hier eine Spitzenposition dargestellt. Deswegen möchte ich die Hochschulen selber noch kurz zu Wort kommen lassen; das habe ich nicht vorgehabt, erscheint mir aber wichtig. Ich möchte aus dem neuesten Bericht der Universitätsbibliothek Bayreuth zitieren, die immer ihren Jahresbericht gibt. Es heißt hier wörtlich:
Die zusätzlich verhängten Einsparmaßnahmen bei dem in den letzten Jahren bereits massiv reduzierten und stets defi zitärer gewordenen Etatansatz beeinträchtigen in erheblichem Umfang Forschung, Lehre und Studium an den Universitäten.
Wir sind in einer Situation, in der wir immer mehr darauf angewiesen sind, uns im stets härter werdenden internationalen Wettkampf zu behaupten. Es muss von uns verantwortlich mit allem Nachdruck darauf hingewiesen werden, dass die zukunftsorientierten Zielvorgaben der Politiker nicht zu realisieren sind, wenn gleichzeitig gezwungen wird, dass die dafür erforderlichen Ressourcen unter das Existenzminimum absinken.
Die Zukunftsfähigkeit unseres Landes kann nur gesichert werden, wenn – der Regierungserklärung des bayerischen Ministerpräsidenten vom 6. November 2003 entsprechend – in Wissenschaft, Forschung, Ausbildung und Technologie auch tatsächlich wieder stärker investiert wird.
Es entstehen Langzeitschäden, die künftig nicht wieder gutzumachen sind. Die internationale Konkurrenzfähigkeit unseres Landes ist nicht mehr zu halten, wenn diese wichtige Grundlage für die Arbeit unserer Wissenschaftler und für die Ausbildung der nächsten Generation nicht unver
züglich wieder saniert wird. Auch die Haushaltslage der Universitätsbibliothek Bayreuth hat sich in den letzten Jahren dramatisch weiter verschlechtert. Die Bayerische Staatsregierung, die zu Recht immer wieder betont, dass die Zukunftssicherung höchste Priorität haben muss, sollte diesen Grundsatz endlich auch bei den Universitäten anwenden.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ich glaube, hier ist noch einmal eindrucksvoll geschildert, in welch schwieriger Situation die Hochschulen insgesamt sind. Und das soll jetzt alles durch die Studiengebühren besser werden? Ich glaube, dass es an der einen oder anderen Stelle vielleicht durchaus zu Verbesserungen kommen kann. Aber insgesamt wird die Situation unbefriedigend bleiben, wenn der Freistaat nicht genügend Mittel bereitstellt.
Dann – auch das wurde heute wieder angesprochen – kommt immer wieder dieses Innovationsbündnis. Dazu möchte ich noch einmal klar feststellen, dass dieses Innovationsbündnis bereits ein Jahr nach Einführung der Studiengebühren ausläuft. Die Studiengebühren bleiben, die Finanzausstattung der Universitäten aber ist unsicher. Hier von einer strategischen Ausrichtung nach 2008 zu sprechen bringt auch nichts.
Deswegen sagen wir Sozialdemokraten, auch hier im Landtag, ganz deutlich: Dieses Spiel machen wir nicht mit.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Ende vom Lied wird so aussehen: Der bayerische Staat investiert immer weniger in die staatlichen Universitäten und Fachhochschulen, und die Studierenden zahlen immer mehr. 300 oder 500 Euro werden erst der Einstieg sein. Damit zieht sich der Staat immer mehr aus der Verantwortung für die Bildungsfi nanzierung zurück, und das ist der eigentliche Skandal an den Studiengebühren.
Es geht, liebe Kolleginnen und Kollegen, um die grundsätzliche Frage, welche Aufgaben der Staat wie zu erfüllen hat. Der allseits bekannte Erhard Eppler hat sich mit diesen Fragen in seinem neuen Buch „Auslaufmodell Staat“ auseinander gesetzt, und er meint dazu:
Ist Bildung auch eine Ware, die man entweder kaufen kann oder auch nicht, oder ein Menschenrecht, dem der Staat zu dienen hat?
These zwei: Durch Studiengebühren kommen die Studierenden in eine Art Kundenposition, und sie können quasi die Qualität der Lehre anmahnen und einfordern. Auch darauf haben wir heute schon die richtige Antwort bekommen. Hinter diesem Argument, das immer wieder vorgetragen wird, steht die Volksweisheit, dass derjenige, der die Musik bestellt und bezahlt, auch bestimmen kann, was gespielt wird.
Aber schauen wir uns die Situation an den Hochschulen einmal genau an. Ich kann mir durchaus vorstellen – Österreich wird immer wieder als Argument angeführt –,
dass ein gewisser Mentalitätswandel eintritt und dass viele Studentinnen und Studenten bei schlechten Studienbedingungen auf die Gebühren hinweisen und massiv Verbesserungen fordern. Das wird kommen.
Ich kann mir auch vorstellen, dass der Druck der Studierenden auf kürzere Studiendauer zunehmen wird, auch durch die Studiengebühren. Aber bessere Studienbedingungen fordern und sie durchsetzen, das sind zwei verschiedene Dinge.
Der Antrag der GRÜNEN, die Studiengebühren zurückfordern zu können, geht meiner Meinung nach in die richtige Richtung. Er ist pfi ffi g, allerdings, liebe Kollegin Gote, auch etwas unrealistisch. Wie soll das im Einzelfall ausschauen? Ich kann mir vorstellen, dass einer mit seinen ganzen Studienbedingungen nicht zurecht kommt und vielleicht auch die Qualifi kation nicht hat und dann sagt. Ich möchte das zurückfordern. Wir können uns vorstellen, was das für eine Riesenfl ut an Aufwand bedeutet. Das wird schwer durchzusetzen sein. Aber normalerweise müsste das aus dieser Kundenposition folgen.
Zwei Anmerkungen von meiner Seite dazu. Es gibt – und das ist ganz entscheidend – kein verbindliches Recht der Studierenden, das einklagen zu können, was in einer Kundenposition eben einzuklagen wäre. Wir wissen, dass der Einfl uss der Studentinnen und Studenten schon jetzt gering ist und durch das neue Hochschulgesetz keineswegs gestärkt wird. Warum sollen also gerade die Studiengebühren die Beteiligungsrechte erhöhen? Das ist doch illusorisch.
Ich möchte ein Beispiel nennen: Das ist so, wie wenn einer in ein Geschäft geht und sagt: Für das, was ich hier kaufe, möchte ich eine Garantie. Der Inhaber des Geschäftes sagt: Ich verkaufe Ihnen das gern. Garantie kann ich Ihnen aber keine geben. Wenn etwas nicht hinhaut, dann können Sie sich beschweren. Dann wird der sagen: Was habe ich denn davon, wenn ich mich beschweren kann, aber keine Garantierechte habe? Nur wenn ich einen Garantieschein habe, habe ich das Recht, das einzuklagen, wenn irgendwas nicht hinhaut. Eine Erklärung, dass man sich beschweren darf, wenn irgendetwas nicht hinhaut, nützt dem Einzelnen überhaupt nichts.
Es ist einfach so, wie wir das auch aus anderen Bereichen gehört haben: Die Beteiligung der Studierenden ist ein unbestimmter Rechtsbegriff. Das haben wir vorhin deutlich gehört, als es um die Studiengebühren und die Beteiligung ging. Da hat es so schön geheißen, dass es „in angemessener Weise“ den Studierenden möglich sein muss, sich zu beteiligen. Was heißt das: in angemessener Weise? Das heißt, dass sie halt mitwirken sollen, aber dass nichts irgendwie rechtlich verbrieft ist. Die Juristen sagen dazu „unbestimmter Rechtsbegriff“, und das ist es, was uns bei dieser Kundenposition stört.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Auf der einen Seite besteht Klarheit bei den Pfl ichten der Studenten, hier 300 Euro oder 500 Euro. Aber auf der anderen Seite, bei den Rechten, bleibt alles unverbindlich. Deswegen machen wir diese Sache nicht mit und auch nicht die Scheindebatte über die Kundenposition.
Das Letzte zu dieser Kundenposition: Ich bin der Meinung, dass jeder Studierende schon jetzt, auch ohne Studiengebühren, das Recht auf angemessene Rahmenbedingungen hat, und jeder Dozent ist jetzt schon verpfl ichtet, für sein Gehalt optimale Leistung zu erbringen. Es ist doch wirklich ein Treppenwitz, dass sich durch die Studiengebühren die Motivation der Professoren und der wissenschaftlichen Mitarbeiter erhöhen wird und dass auf entsprechende Forderungen der Studierenden dann erst reagiert wird. Das glaubt doch keiner.
These Nummer 3: Studiengebühren können sozialverträglich gestaltet werden. Es gibt Ausnahmen von der Beitragspfl icht, etwa bei Studierenden, die ein Kind haben, das nicht älter als zehn Jahre alt ist. Warum gerade zehn Lebensjahre eine Grenze sein sollen, leuchtet mir nicht ein. Und es gilt auch bei Promotionsstudien. Diese Ausnahmen sind natürlich zu befürworten; dagegen hat niemand von uns etwas sagen können. Allerdings - das muss uns klar sein - betrifft das nur äußerst wenig Studierende. Es ist deshalb ein soziales Feigenblatt. Die große Masse der Studierenden wird zahlen, und zwar den Höchstsatz; denn keine Universität kann auf diese Gelder verzichten.