Ich fordere Sie auf, mir Ross und Reiter zu nennen. Andernfalls sage ich Ihnen: Es ist eine Unverschämtheit, aus parteipolitischen Gründen derartige Vorwürfe zu erheben. Das ist unanständig. So kann man miteinander nicht umgehen.
Wann standen Sie denn das letzte Mal im Gespräch mit dem Islam? Wann waren Sie das letzte Mal in einer Moschee? – Ich habe allein in diesem Monat mindestens drei Gespräche mit Muslimen geführt. Da kann ich nur sagen: Dann reden Sie hier nicht so saudumm daher!
Anstatt einzuräumen, dass Sie mit Ihrer Idee der multikulturellen Gesellschaft von A bis Z gescheitert sind, erheben Sie unverschämte Anwürfe.
(Beifall bei der CSU – Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Frau Präsidentin, das war kein parlamentarischer Ausdruck!)
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, selbstverständlich bewegen mich die Gewaltakte in Frankreich sehr.
Das Erste, was ich feststelle – ich sage schlichtweg: feststelle –, lautet: Derjenige, der ein Auto anzündet, der eine Kirche in Brand setzt oder einen Kindergarten, macht keine abstrakte Demonstration für irgendwelche Eingliederung oder irgendwelche Politik, sondern begeht eine ganz konkrete Straftat, die mit aller Konsequenz zu unterbinden ist.
Selbstverständlich ist die Polizei in Bayern sensibilisiert. Sie sieht sich um, ohne dass sie gleich jede Gruppe von fünf oder zehn Jugendlichen, seien das nun Deutsche, Spätaussiedler, Türken oder Jugoslawen, unter Verdacht stellt. Selbstverständlich hat die Polizei aber die Augen offen zu halten. Ich bin froh, dass bei uns bisher Gott sei Dank nichts passiert ist. Ich hoffe, dass auch in Zukunft alle Menschen gleich vernünftig sind und der Gewalt abschwören. Es ist völlig klar, dass friedliches Zusammenleben die Voraussetzung dafür ist, dass man in einem Staat gemeinsam gut leben kann. Das wissen Migranten übrigens doppelt so gut. Deswegen sage ich: Gott sei Dank haben wir keine Probleme, wie sie in Bremen, Berlin und auch Chemnitz aufgetreten sind. Wir hatten in Bayern bisher keine Gewaltakte und werden sie hoffentlich auch in Zukunft nicht haben. Wir werden aber nicht zögern, etwaige Gewaltakte mit jeder Konsequenz zu unterbinden. Das ist die eine Seite.
Die andere Seite: Man muss ganz klar sagen: Das Konzept einer multikulturellen Gesellschaft ist gescheitert.
Es ist nicht richtig, viele Kulturen nebeneinander zu haben. Aus dem Nebeneinander wird irgendwann ein Gegeneinander. Unser Modell ist die Integration in eine weltoffene und tolerante Gesellschaft, wo sich Menschen ganz unterschiedlicher Herkunft und ganz unterschiedlicher Religion einbringen können. Es geht um die Integration in eine Gesellschaft, weil wir schließlich auch in einem Staat oder in einer Stadt gemeinsam wohnen.
Das heißt, wir müssen die Integration in diese Gesellschaft fördern und fordern. Ich räume ein, das ist nicht so gut geschafft worden, wie wir uns das alle erhofft hatten, wobei ich denjenigen, die sich so selbstherrlich und selbstgerecht wie Herr Dürr gebärden, sage:
Wo die GRÜNEN sind – wie in Berlin und in anderen Städten –, ist es weniger gelungen, weil man dort der Illusion nachhing, Kulturen könnten nebeneinander herleben,
während wir immer gesagt haben, wir verlangen die Integration in eine weltoffene, tolerante Gesellschaft. In der Zwischenzeit ist wohl allseits bekannt und anerkannt, dass Multikulti gescheitert ist, während die Integration in eine Gesellschaft Notwendigkeit ist.
Was bedeutet es, Integration zu fördern und zu fordern? – Ohne Sprachkenntnisse gibt es keine Integration. Deswegen sage ich noch einmal, damit es jeder versteht: Wer auf Dauer in Deutschland leben will, muss bereit sein, die deutsche Sprache zu lernen.
Ich sage in derselben Klarheit: Wer diese Bereitschaft nicht hat, ist auf Dauer nicht willkommen. Deswegen haben wir in der letzten Phase der Verhandlungen über das Zuwanderungsgesetz, das vom Kollegen Otto Schily, vom saarländischen Ministerpräsidenten Peter Müller und mir gemacht worden ist, klar in das Gesetz hineingeschrieben, dass Integrationskurse verlangt werden können, dass sie gefördert, aber auch gefordert werden. Ich bin froh, dass das in Bayern sehr viel umfangreicher gemacht wird als in allen andern Ländern.
Herr Kollege Dürr hat davon keine Ahnung, aber er redet. Wir haben bereits in den Kindergärten eine Sprachförderung. Für den Besuch der Regelschule werden die Sprachkenntnisse vorausgesetzt. Wir haben Förderklassen in den Schulen, und wir haben als eines der ersten Länder die mittelbare Belegung im sozialen Wohnungsbau eingeführt. Das alles sind Dinge, die Sie nicht gerne hören, weil Sie Ihre Scheuklappen nicht ablegen wollen.
Integration zu fördern ist wichtig, aber ich sage auch: Integration zu fordern ist wichtig. Es ist mitnichten damit getan, denen, die als Migranten zu uns kommen, einen zweiten Pass zu geben. In Frankreich sieht man das. Das sind alles Franzosen, lauter französische Staatsbürger. Sie haben früher gedacht, damit seien alle Probleme erledigt.
(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Das haben wir nie gedacht. Wir haben schon vor zehn Jahren Anträge zur Integration gestellt. Da wussten Sie doch noch gar nicht, was das ist! Sie sind doch ein Ahnungsloser!)
Es heißt doch: Zuerst denken und danach reden, nicht erst plärren und danach, vielleicht zwei Tage später, anfangen nachzudenken.
(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Sie denken wohl, es reicht, wenn man einmal gedacht hat – dann kann man ein ganzes Jahr lang reden, oder, Herr Kollege? Fünf Minuten denken, zwei Stunden reden – das ist zu wenig!)
Also, wir sagen: Integration fördern, aber auch Integration fordern. Denen, die hierher kommen, muss man sagen: Integration ist eine anstrengende Arbeit. Man muss die Bereitschaft haben, sich in eine andere Kultur einzuleben. Das ist für diejenigen, die aus Kasachstan kommen, genauso mühsam wie für diejenigen, die aus Anatolien kommen. Man tut den Leuten aber nichts Gutes, wenn man den Eindruck erweckt, wie die GRÜNEN es früher immer getan haben, man brauche sich nicht zu integrieren und könne trotzdem im aufnehmenden Land gut leben.
(Beifall bei der CSU – Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Das ist doch eine Lüge, was Sie sagen! Sie lügen! – Ulrike Gote (GRÜNE): Das ist eine Verleumdung! Sie von den GRÜNEN müssen gestehen, dass Ihr Konzept total gescheitert ist. Anstatt sich dieses Scheitern einzugestehen, fl üchten Sie sich in lautstarke Reden. (Ulrike Gote (GRÜNE): Das wird doch nicht wahrer, wenn Sie es wiederholen! Sie verleumden!)
Wir können feststellen: Das Konzept „Integration fordern, Integration fördern“ ist das richtige. Diejenigen, die sich plagen, werden selbstverständlich vom Staat unterstützt. Diejenigen, die sich nicht plagen, müssen mit der Kürzung von Sozialleistungen rechnen. Das geschieht übrigens mit Zustimmung der GRÜNEN. Wir haben die Regelung in der Schlussphase noch ins Zuwanderungsgesetz hineingebracht, dass Arbeitslosengeld und selbst die Sozialhilfe um 10 % gekürzt werden können. Ich freue mich, dass dem auch die GRÜNEN zustimmen mussten. Sie haben das zwar mit Schaum vor dem Mund getan, aber die GRÜNEN haben der Regelung zugestimmt, dass man endlich auch Sozialleistungen kürzen kann, wenn jemand zumutbare Integrationsleistungen verweigert.
Ich möchte meine Redezeit nicht über Gebühr in Anspruch nehmen und komme deshalb zu den beiden letzten Bemerkungen.
Wir wollen natürlich auch eine religiöse Grundsubstanz für Migranten aus dem Islam. Darum ist es selbstverständlich, dass Muslime auch ihre Moscheen haben. Andererseits halte ich es aber auch für sinnvoll, den anderen Religionsgemeinschaften, zum Beispiel der DITIM, zu sagen: Bitte nehmt auf die einheimische Bevölkerung Rücksicht. Der Träger des Sendlinger Bauprojekts, die DITIM, wäre durchaus bereit gewesen, auf manches zu verzichten, wenn man ihnen nicht seitens Rot-Grün gesagt hätte, es solle eine Moschee sein, die dem typischen Moscheenstil mit Minarett aus Anatolien entspreche. Die DITIM als Träger hat mir gegenüber erklärt, sie wäre zu sehr viel mehr Konzessionen und zu sehr viel mehr Kompromissen bereit, weil sie auf gut nachbarschaftliches Zusammenleben mit der Bevölkerung Wert lege. – Ich halte es für vernünftig, hier Toleranz zu unterstützen, anstatt die Konfrontation zu schüren, wie es von anderer Seite gemacht wird.
Der letzte Punkt: Wir haben uns bei den Koalitionsgesprächen mit Zwangsverheiratungen und arrangierten Ehen beschäftigt. Bei Zwangsverheiratungen gibt es keinen Streit darüber, dass das eine Straftat ist. Die Koalitionsvereinbarung wird wahrscheinlich vorsehen, dass man einen eigenen Straftatbestand der Zwangsverheiratung aufnimmt, um das deutlicher zu machen.
Es bewegt mich, dass wir im Moment einen Fall in Bayern haben, wo eine junge Frau aus der Türkei zwangsverheiratet werden sollte. Sie hat sich dem nicht gefügt und ist vor den Augen ihrer Angehörigen von dem von der Familie ausgesuchten Mann vergewaltigt worden. Ich sage Ihnen: Ich werde nicht eher ruhen, bevor ich in einem solchen Fall die Leute nicht aus Deutschland ausgewiesen habe.
Das viel größere Problem ist aber das der arrangierten Ehen. In dem Buch „Die fremde Braut“ von Necla Kelek, der türkisch-stämmigen Soziologin, wird behauptet, dass in Deutschland – nicht in Bayern, sondern in Berlin-Kreuzberg wurden die soziologischen Untersuchungen durchgeführt – mehr als die Hälfte der Ehen arrangiert wird. Die Partner haben sich weniger als zehn Minuten gesehen, wenn die Ehe geschlossen wird. Das entspricht nicht dem Leitbild unserer Kultur. Wir müssen Maßnahmen ergreifen, um das zu verhindern.
Zur Anhebung des Nachzugsalters, worüber in den Niederlanden diskutiert wird und was in Dänemark geregelt ist: Wir haben vor, in der Koalitionsvereinbarung eine Überprüfungsregelung vorzusehen, nachdem wir noch keine abschließende Regelung zuwege gebracht haben. Das Leitbild unserer Kultur, dass junge Frauen selbstbestimmte, eigenständige Persönlichkeiten sind, die sich ihre Partner selber aussuchen, muss durchgesetzt werden. Dafür treten wir auch ein.