(Joachim Wahnschaffe (SPD): Das ist eine Wochenzeitung! – Anhaltende allgemeine Heiterkeit – Unruhe – Glocke des Präsidenten)
Verehrte Anwesende, zum Stichtag 1. Oktober 2002 gab es in Bayern 2321 Grundschulstandorte mit 21 708 Klassen.
Ein Jahr später, am 1. Oktober 2003, ist in 21 937 Klassen an 2304 Grundschulstandorten unterrichtet worden. Wie bereits in der Sitzung des Ausschusses für Bildung, Jugend und Sport am 23. Juni durch Herrn LMR Hahn auf Anfrage ausgeführt, ist keine einzige Schließung bzw. geplante Schließung einer Grundschule in Bayern bekannt, es sei denn, Kommunen würden Schulen freiwillig zusammenlegen. Es ist auch nicht richtig, wie von der SPD behauptet, dass das Budget für die Schulämter gekürzt worden ist. Das hat Kollege Pachner schon festgestellt.
Die vorliegenden Anträge der SPD und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN gehen deshalb ins Leere. Die Einstellungssituation im Schuljahr 2005/2006 an Grund- und Hauptschulen ist sehr solide. Auch die Arbeitsgemeinschaft bayerischer Junglehrer im Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband hat diese Tatsache gelobt. Das ist auch Fakt. Seit 1998 hat der Freistaat Bayern unter größter Anstrengung und trotz angespannter Haushaltssituation mehr als 6000 zusätzliche Lehrerkapazitäten geschaffen. Liebe Frau Kollegin Tolle, ehe wir über Kombiklassen an Teilhauptschulen 1 reden, müssten wir die Zusammenführung machen. Man muss den ersten Schritt vor dem zweiten tun.
Herr Kollege Stahl, Kollege Pachner hat vorhin ausgeführt, dass 1218 Grundschullehrer und Grundschullehrerinnen übernommen werden. Haben Sie Zahlen dazu, wie viele in den Ruhestand gehen, damit wir uns ausrechnen können, ob Sie auch ausreichend eingestellt haben?
Ich stelle nicht in Abrede, dass die Situation immer wieder verbesserungswürdig ist. Wir haben aber alles getan, damit auch im neuen Schuljahr die Lehrerversorgung gut ist.
Ich komme zum Schluss. Die Schulpolitik ist Mittelpunkt in Bayern. Diese Aufgabe erfüllen die CSU und die Staatsregierung mit Bravour.
Herr Präsident, Hohes Haus! Wenn die Staatsregierung von Herrn Abgeordneten Stahl dafür gelobt wird, dass sie ihre Arbeit mit Bravour erledige, dann erfüllt uns das mit großer Freude und Dankbarkeit und ermuntert uns dazu, mit gleicher Anstrengung weiterzumachen.
Ich bin nicht nur für den Beitrag des Kollegen Stahl dankbar, sondern auch für den Beitrag des Kollegen Pachner, der sehr detailliert und präzise erwähnt hat, was in den letzten Jahren geleistet wurde und immer noch geleistet wird. Ich möchte das hier im Detail ausführen, vor allem deswegen, weil das Thema „jahrgangskombinierte Klassen“ im Augenblick verdientermaßen hohe Aufmerksamkeit von Eltern, Lehrern und insgesamt von der Schulpolitik erfährt. Das bayerische Erziehungs- und Unterrichtsgesetz sieht seit Jahren in der Grundschule ausdrücklich die Möglichkeit von jahrgangskombinierten Klassen vor. Das ist bei den Vorrednern der Opposition untergegangen. Wörtlich heißt es in Artikel 32 BayEUG:
Die Volksschulen sind so zu errichten, dass die Schüler grundsätzlich auf Jahrgangsklassen verteilt sind. Bei besonderen örtlichen Gegebenheiten können an den Grundschulen auch zwei Jahrgangsstufen in einer Klasse zusammengefasst werden.
Derartige Klassen wurden bisher zumeist nur dann eingerichtet, wenn die Schülerzahlen für eine jahrgangsbezogene Klasse zu gering waren. Die Richtlinien zur Klassenbildung für das kommende Schuljahr sehen nunmehr auch die Möglichkeit vor, jahrgangskombinierte Klassen in verstärktem Umfang neben jahrgangsreinen Klassen zu bilden. Hier ein Hinweis: Die Richtlinien zur Klassenbildung sind im April hinausgegangen. Seit April gibt es auch diese neuerliche Diskussion an den Schulen. Wir gehen
natürlich davon aus, dass diese Information an den Schulen auch richtig weitergegeben wurde. Den Vorwurf, dass das erst vor wenigen Tagen bekannt gegeben worden sei, möchte ich nicht auf dem Kultusministerium sitzen lassen. Vom Ministerium ist das Ganze schon vor vier Monaten nach außen gegangen.
Jahrgangskombinierte Klassen können auch parallel zu Jahrgangsklassen errichtet werden. Dies ist vor allem dann anzustreben, wenn an einer Grundschule die durchgängige Errichtung von Jahrgangsklassen zu sehr kleinen Klassen führen würde. In diesen Fällen können durch die Bildung von jahrgangskombinierten Klassen ausgewogene Klassenstärken im Schulamtsbezirk erreicht werden. Jahrgangskombinierten Klassen können bis zu fünf Unterrichtsstunden, Lehrerstunden oder Förderlehrerstunden zusätzlich zugewiesen werden.
Die Erfahrungen der letzten Schuljahre haben gezeigt, dass die Klassenstärken der Schulen in einzelnen Schulamtsbezirken stark voneinander abweichen. Während an einigen Grundschulen durchgängig Klassen mit weniger als 20 Schülern gebildet wurden, weisen andere, sehr große Schulen Klassen mit nahezu 30 Schülern aus. Die Maßnahme dient daher auch dem Ziel, sehr große Unterschiede in den Unterrichtsbedingungen abzubauen. Sie leistet damit auch einen Beitrag zum Erhalt des Netzes wohnortnaher Grundschulen. Ich möchte damit auch deutlich hervorheben, dass das Grundschulnetz in Bayern in keiner Weise eingeschränkt wurde, ganz im Gegenteil: Wir bemühen uns, auch kleine Grundschulen aufrechtzuerhalten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich würde mir wünschen, dass alle Länder in Deutschland ein derart engmaschiges Grundschulnetz behalten würden. Wir haben über Jahre hinweg bis zum heutigen Tag den Satz vertreten: „Die Kinder mit den kürzesten Beinen brauchen den kürzesten Schulweg.“ Wir haben in der CSU-Fraktion – ich weiß es noch – oft genug darum gerungen, die Schülermindestzahlen gering zu halten und damit auch Schulstandorte aufrechterhalten zu können. Das Grundschulnetz in Bayern wird nicht angetastet. Das ist für uns eine ganz wichtige Angelegenheit.
(Beifall bei der CSU – Joachim Wahnschaffe (SPD): Vor der Wahl wird bei der CSU immer alles anders!)
Wenn es allerdings in einer Ortschaft sehr wenige oder gar keine Kinder mehr gibt, kann auch die Schule nicht mehr aufrechterhalten bleiben. Das ist etwas anderes. Wir haben aber auch – das will ich ausdrücklich hervorheben – bei der Diskussion um den Erhalt von Teilhauptschulen nie das Thema „Grundschulen“ zum Fixpunkt der Entwicklung gemacht. Im Gegenteil, wo immer der Minister oder ich gewesen sind, wo immer unsere Schulpolitiker
aufgetreten sind, wurde, wenn es um die Aufl ösung einer Schule ging, stets gesagt, dass es nur um die fünfte und sechste Klasse der Teilhauptschule und nicht um die Grundschule geht.
Was ich aber leidvoll erlebt habe, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass Oppositionspolitiker so getan haben, als ob die ganze Schule am Ort verlustig ginge. Wo das kommuniziert wurde, hat man Eltern bewusst verunsichert. Ich halte das für eine unseriöse Art der Information.
Wir haben das Modell „kombinierte Klassen neben Jahrgangsklassen“ für das Schuljahr 2005/2006 für 97 Klassen geplant. Damit werden in 52 Fällen erstmals jahrgangskombinierte Klassen eingerichtet. Deutlich wird sicherlich auch die Tendenz zu jahrgangskombinierten Klassen, vor allem im Eingangsbereich der Grundschulen. Viele dieser Klassen werden nach intensiven Gesprächen zwischen der Schulaufsicht, der Schulleitung und den Eltern mit freiwillig gemeldeten Schülerinnen und Schülern gebildet. Betrachtet man zudem die Relation der 97 jahrgangskombinierten Klassen zu den etwa 22 000 Grundschulklassen in Bayern, so wird deutlich, dass nur in einigen wenigen Fällen Widerstände entstanden, die allerdings mit nicht unerheblicher Öffentlichkeitswirksamkeit kommuniziert wurden.
Ein eigenes pädagogisches Konzept für die jahrgangskombinierten Grundschulklassen ist aufgrund des auch bisher schon auf der Basis des Artikels 32 des bayerischen EUG praktizierten Modells nicht nötig. Ich erwähne das; denn es scheint Ihnen entgangen zu sein, dass der neue Grundschullehrplan, den wir seit fünf oder sechs Jahren haben, die Klassen 1 und 2 zusammenfasst. Das heißt, 1 und 2 werden als Einheit gesehen. Das ist eine ganz wichtige Aussage, weil man in der Tat daran sieht, dass die Zusammenfassung der Klassen 1 und 2 sehr wohl bei der Lehrplangestaltung berücksichtigt worden ist.
Um die Leistungen in jahrgangskombinierten Klassen auf eine breitere und wissenschaftlich fundierte Basis zu stellen, wurde ab dem Schuljahr 1998/1999 zudem aufgrund des Landtagsbeschlusses ein Modellversuch durchgeführt. Das Ziel des Modellversuchs, „jahrgangsgemischte Eingangsklassen“ war, die Folgen des jahrgangsübergreifenden Unterrichtens für kognitive und soziale Lernprozesse zu untersuchen. An dem Modellversuch nahmen in der Zeit von 1998 bis 2002 insgesamt 26 Grundschulen teil. Wesentliche Ergebnisse des Modellversuchs sind: Die kognitiven Leistungen der Schüler in jahrgangsgemischten Eingangsklassen entsprechen denen der Schüler von Jahrgangsklassen.
Durch die Altersmischung der Schüler werden soziale Lernprozesse der Schüler besonders begünstigt, und besonders begabte Schüler können die jahrgangsgemischte Eingangsklasse in einem Schuljahr durchlaufen und so letztlich – anders als beim Überspringen – mit der Hälfte der Klasse weitergehen. Das ist weitaus sozial verträglicher, als es das Überspringen wäre. Das gilt im Übrigen auch im umgekehrten Fall. Wenn ein entwick
lungsverzögertes Kind beginnt, kann es ein Jahr länger in der Klasse bleiben. Das ist kein Wiederholen im strengen Sinn, dass es sich in eine völlig neue Klassengemeinschaft einordnen muss und eventuell gehänselt wird, weil es die erste Klasse „nicht bestanden“ hat. In diesem Fall bleibt es mit der Hälfte der Kinder in der gleichen Klasse und kann weitermachen.