Protocol of the Session on July 20, 2005

Ich komme zur EU-Wasserrahmenrichtlinie. Diese Richtlinie ist in nationales Recht umgesetzt. Sie gilt bei uns. Sie fordert bis zum Jahre 2015 einen guten Zustand für alle Gewässer. Begründete einzelne Ausnahmefälle darf es geben. Es ist skandalös, dass im Rahmen des Meldeverfahrens der bayerische Umweltminister die niederbayerische Donau, diesen ökologisch wertvollsten Streckenabschnitt, den wir in allen größeren Bächen oder Flüssen überhaupt in Bayern haben, als erheblich verändert einstuft. Mit diesem billigen Trick einer sachlich völlig absurden Einstufung

(Beifall bei den Grünen – Ruth Paulig (GRÜNE): Da haben Sie aber Recht!)

will sich die Bayerische Staatsregierung die sonst fällige ökologische Anerkennung der Donau ersparen und den künftigen Bau von Staustufen erleichtern. An der Elbe mit ihrer geringeren Wertigkeit, die aber auch internationale Wasserstraße ist, geht es offensichtlich anders. Sie ist nicht als erheblich verändert eingestuft.

Ich überspringe zu Ihrer Freude jetzt einen ganzen Haufen.

(Beifall des Abgeordneten Bernd Sibler (CSU))

Danke, lieber Bernd Sibler. Ich bekomme selten von dir Beifall, obwohl ich es häufi ger verdient hätte.

Die Art, wie die Bayerische Staatsregierung bisher mit dem Europarecht umgegangen ist, ist sachlich gravierend fehlerhaft und führt zu einer deutlichen und kostspieligen Verlängerung des Verfahrens über den Donauausbau. Deshalb bitten wir das Hohe Haus um Zustimmung zu unserem Dringlichkeitsantrag. Der SPD-Antrag ist hierzu ein ganz nettes Anhängsel, dem wir auch zustimmen werden.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Nun hat Frau Kollegin Peters das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Noch fl ießt die Donau frei, trotz Wiesheu

und CSU. Es gibt noch viele Fischarten und es gibt die Auwälder und Retentionsfl ächen auf 70 Kilometer zwischen Straubing und Vilshofen.

(Beifall bei der SPD)

Wir müssten dieses Thema heute nicht erörtern, wenn der Beschluss aus dem Jahre 2002 umgesetzt und nicht das Kasperltheater mit den drei Varianten aufgeführt worden wäre.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CSU)

Herr Sibler, es macht mich sehr nachdenklich und sollte eigentlich alle zum Nachdenken zwingen, dass ausgerechnet ein Franke von der CSU anschließend ans Podium tritt und kein Niederbayer.

(Beifall bei der SPD)

Warum denn? – Die Niederbayern in der CSU sind dazu offensichtlich nicht in der Lage.

(Zurufe von der CSU)

Lassen Sie mich ein Zitat von Minister Schnappauf vom 21.01. dieses Jahres bringen:

Beim Donauausbau ist nur ein Weg denkbar, der im Einklang steht mit dem europäischen Recht, zum Beispiel mit den EU-Richtlinien für Vogelschutz und FFH.

(Anhaltende Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Die Frage ist erlaubt, liebe Kolleginnen und Kollegen: Warum weiß dieses nur der Umweltminister? Verfährt man im Wirtschaftsministerium so nach dem Motto: Nix hören, nix sehen, nix wissen?

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Da unterschreibt Minister Wiesheu einen Landtagsbeschluss am 17. Juni 2004, in dem es heißt:

Weiterhin sind nach der Vereinbarung die Eingriffe in bisher noch nicht bekannte FFH- und Vogelschutzgebiete zu ermitteln und aufzuzeigen.

Das ist mehr als Chuzpe; das ist an Dreistigkeit nicht zu überbieten.

(Beifall bei der SPD)

Nur weil der Minister die FFH- und die Vogelschutzgebiete nicht zur Kenntnis nehmen wollte, hat er sie nicht gekannt und nichts gewusst. Das ist ungefähr so, wie wenn ich die Augen schließe und Blindengeld beantrage.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Das haben die aber abgeschafft! – Zuruf des Abgeordneten Günter Gabsteiger (CSU))

Das passt, Herr Gabsteiger, da werden Sie sich wundern. Der Minister tut heute so, als hätte man das Natura2000-Gebiet zwischen Straubing und Vilshofen nicht gekannt. Ich darf ihn an die Anträge der SPD und der GRÜNEN seit 1995 erinnern und muss nicht erwähnen, dass sie alle hier im Hohen Hause abgelehnt wurden. So verfährt man nach Gutdünken, je nachdem, wie es einem ins Konzept passt. Bei der Marzlinger Spange weiß der Minister genau, dass FFH den Bau dieser Spange unmöglich macht, aber da passt es ins Konzept des Stimmkreisabgeordneten. Bei der Donau pokert er wider besseres Wissen seines Umweltministers. Eigentlich müsste doch auch der Wirtschaftsminister wissen, was im hauseigenen Ministerialblatt steht – im bayerischen natürlich:

Wegen der verspäteten Umsetzung der FFH- und Vogelschutzrichtlinie ist davon auszugehen, dass die Verpfl ichtungen aus den Richtlinien bereits zu einem früheren Zeitpunkt unmittelbar eingetreten sind (Direktwirkung).

Dies gilt, so das hauseigene Ministerialblatt in Bezug auf die FFH-Gebiete ab 4. Juni 1995 und in Bezug auf die Vogelschutzrichtlinie ab 4. Juni 1994.

Das alles besagt: Die Umweltverträglichkeitsprüfung nach FFH ist mehr als überfällig. Ich bewundere wirklich die Kunst des Hakenschlagens, indem es im Ministerialblatt heißt:

Die Verträglichkeitsprüfung erfolgt erst im Zulassungsverfahren, aber das Raumordnungsverfahren ist dann mit zu berücksichtigen.

Ich erspare Ihnen, meine Damen und Herren, den Vortrag der restlichen vier Seiten meines Manuskripts. Es wäre da noch etwas zu der Wasserrahmenrichtlinie zu sagen. Da gibt es auch einen an Dreistigkeit nicht zu überbietenden Akt,

(Beifall der Abgeordneten Johanna Werner-Mug- gendorfer (SPD))

indem man die Donau als schwer beeinträchtigt einstuft. Das kann aber nicht sein. Ich möchte diese Ausführungen zu Protokoll geben und Sie auffordern, endlich Flagge zu zeigen und für die Verträglichkeitsprüfungen zu stimmen.

(siehe Anlage 7)

Sie haben bei der Isental-Trasse gehört, dass es dort Abwägungs- und Verfahrensfehler gegeben hat. Die gleichen Fehler wollen Sie jetzt noch einmal machen. Hindern Sie Ihren Minister, vor allem den Herrn Wirtschaftsminister daran, diese Fehler zu begehen und stimmen Sie unserem Antrag zu, damit wir mit dem Donauforum den Menschen die Verfahrensweise erklären können.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Letzte Wortmeldung: Herr Kollege Dr. Hünnerkopf.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Ganz nüchtern und sachlich von einem Franken.

(Henning Kaul (CSU): Einem Unterfranken!)

Jeder von uns weiß, dass es bei einem Raumordnungsverfahren darum geht, summarisch zu prüfen, welche überörtlich raumbedeutsamen Belange von einer Maßnahme betroffen sind. Eine förmliche Verträglichkeitsprüfung erfolgt nicht im Raumordnungsverfahren, sondern erst im Zulassungsverfahren. Das können wir in der gemeinsamen Bekanntmachung „Schutz des Europäischen Netzes Natura 2000“ nachlesen.

Gleichwohl sind auch im Rahmen des Raumordnungsverfahrens naturschutzfachliche Unterlagen zu erstellen, damit eine Prüfung der Belange nach der FFH- und der Vogelschutzrichtlinie erfolgen kann. Diese Prüfung geht jedoch nicht so tief, wie eine Verträglichkeitsprüfung. Sie können davon ausgehen, dass eine solche Prüfung sorgfältig durchgeführt wird, weil alle daran interessiert sind, an der Donau einen guten Gewässerzustand zu erreichen, wie dies mit der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie beabsichtigt ist. Derzeit liegt noch kein Maßnahmenkatalog vor. Dies wird jedoch bis zum Ende des Jahres 2009 der Fall sein. Dann wird das Bewirtschaftungsziel für die Ausbaustrecke an der Donau feststehen.

Wir werden, wie schon im Umweltausschuss und im Wirtschaftsausschuss, diesen Antrag ablehnen. Noch zwei Sätze zur Wiedereinberufung des Donauforums: Jeder weiß, dass in den betroffenen Landkreisen zahlreiche Anhörungen und Informationsveranstaltungen stattfi nden. Alle möglichen Unterlagen und Fakten sind bekannt und zugänglich. Deshalb ist kein weiteres Diskussionsforum notwendig. Das Donauforum hätte keine Entscheidungskompetenz. Konfl ikte könnten dadurch weder minimiert noch beseitigt werden. Meine Damen und Herren, wir werden nicht mit den Emotionen der betroffenen Menschen spielen.

(Beifall bei der CSU)

Die CSU-Fraktion wird demzufolge die Einberufung des Donauforums nicht unterstützen. Deshalb lehnen wir diesen Antrag ab.

(Beifall bei der CSU)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Dazu werden die Tagesordnungspunkte wieder getrennt.

Ich lasse zunächst über den Dringlichkeitsantrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 15/3079 abstimmen. Der federführende Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz empfi ehlt die Ablehnung des Dringlichkeitsantrags. Wer dagegen dem Dringlichkeitsantrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und die SPD-Fraktion. Wer ist dagegen? – Das ist die CSU-Fraktion. Stimment