Protocol of the Session on June 29, 2005

Die kindbezogene Förderung hat sich in einem zweijährigen Praxistest in der Stadt Bayreuth und im Landkreis Landsberg am Lech bestens bewährt. Neben dem Basiswert und der Buchungszeit der Eltern wird ein so genannter Gewichtungsfaktor berücksichtigt,

(Susann Biedefeld (SPD): Schönrednerei!)

der sich individuell an den Bedürfnissen des Kindes orientiert. Elementar ist, dass für Kinder unter drei Jahren, für Kinder mit Behinderung sowie für Schulkinder und Migrantenkinder eine höhere Förderung anerkannt wird. Zudem stärken wir die Planungsverantwortung der Kommunen und nehmen diese in die Verantwortung für den Ausbau der Kinderbetreuung, was bisher nicht in diesem Maße der Fall war. Ich meine, das ist ein Wettbewerbsfaktor für eine Kommune, ein Vorteil, wenn sie hier mit gutem Beispiel vorangeht.

Bereits seit 2002 wird das Buchungszeitsystem in Kinderkrippen angewandt; bisher gibt es damit keine Probleme.

Gerade die Familien gewinnen durch die Reformen. Es ist enorm, was bei der Fortbildung geleistet wird. Rund 24 000 Erzieherinnen und Erzieher, Kinderpfl egerinnen und -pfl eger sowie Sozialpädagoginnen und -pädagogen nahmen 2004 an Fortbildungen teil. Das sind rund 64 % aller Kräfte in Kindertageseinrichtungen in Bayern. Sie zeigten damit ein überdurchschnittlich hohes Interesse an berufl icher Bildung. 767 000 Euro an Förderung hat hier der Freistaat Bayern geleistet, und diese Regelfortbildungen „Startchance Bildung“ werden bestens besucht. Wir haben hier einen Verbund im Bereich des bayerischen Bildungs- und Erziehungsplans zur Vorbereitung sowie die Sprachförderung bei „Startchance Bildung“. Alle Kin

dergartenleiterinnen und -leiter werden geschult. Auch 2005 werden wir dieses Programm fortsetzen.

Weil die Sprachförderung von Migrantenkindern hier ein Thema war: Hierzu wurden rund 1700 Fachkräfte pädagogisch geschult. Das heißt, bereits jeder vierte Kindergarten hat sich eingehend mit der Sprachförderung auseinander gesetzt.

Die Zusammenarbeit der Kindergärten mit den Eltern wird noch verstärkt durch partnerschaftliches Miteinander und regelmäßige Informationen der Eltern. Vernetzung der Kindertageseinrichtungen mit Frühförderstellen, Erziehungs- und Familienberatungsstellen ist mir ein wichtiges Anliegen. Schulvorbereitende Einrichtungen verzahnen Kindergarten und Schule. Auch im heilpädagogischen Bereich gibt es die Zusammenarbeit mit der Grundschule. Die Abstimmung von Erzieherinnen und Lehrkräften an den Schulen ist ein wichtiges Element.

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Kollegin Scharfenberg?

Nein. Sie hat anschließend Gelegenheit.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Schade!)

Bildungs- und Erziehungsarbeit bei der Betreuung in der Tagespfl ege: Gerade die Tagespfl ege ist ein Schwerpunkt bei uns. Bei uns im Landkreis Regensburg haben wir die Tagespfl ege schon vor Jahren angeschoben. Ich fi nde, es ist eine richtige Entscheidung, dass das Tagesmütterprojekt, die Tagespfl ege in Bayern ausgebaut werden soll, dass die Ausbildung und Fortbildung, der Informationsaustausch und die Vermittlung vorangetrieben werden sollen. Wir können Kinderkrippen nicht fl ächendeckend fordern, weil das auf dem fl achen Land nicht überall möglich ist, sondern wir brauchen das Miteinander von Kinderkrippen; wir brauchen das Miteinander mit Tagesmüttern. Das sollten wir forcieren. So wird das ein rundes Angebot für die Betreuung unserer Kinder.

Ein weiterer Punkt, den ich ansprechen möchte, ist die Weiterentwicklung der Eltern- und Familienbildung. Gerade jetzt, in einer Zeit, in der viele Eltern unsicher sind bei der Erziehung, brauchen sie dringend Unterstützung. Diese Aussage möchte ich mit Nachdruck unterstreichen. Angesichts veränderter Familienformen, gestiegener Erwartungen von Eltern sowie der Zunahme der Zahl von Müttern und Vätern, die sich in ihrer Erziehungsaufgabe überfordert fühlen, gewinnt eine qualifi zierte Eltern- und Familienbildung zur Stärkung der Erziehungskompetenz der Eltern immer größere Bedeutung.

Neben der Stärkung der Eltern- und Familienbildung durch die Initiierung von Förderung von innovativen Produkten und deren Verbreitung liegt ein Schwerpunkt des Kinderbildungs- und -betreuungsgesetzes auf der Intensivierung von Erziehungspartnerschaften zwischen Eltern und dem pädagogischen Personal in den Kindertageseinrichtungen und den Schulen. Selbstverständlich ist in erster Linie die Familie der Ort, an dem Kinder Kompetenzen und Einstellungen erwerben, die für ihr gesamtes weiteres Leben entscheidend sind: Werte und Selbstbe

wusstsein, soziale Kompetenzen, Sprachfertigkeit, Motivation zu lernen oder Neugier. In erster Linie haben die Eltern das Recht, aber auch die Pfl icht, ihre Kinder zu erziehen, wie es sowohl im Grundgesetz als auch in der Bayerischen Verfassung verankert ist.

Die Eltern brauchen insbesondere in den ersten Lebensjahren der Kinder Unterstützung, und deshalb werden wir für das Förderprogramm für Eltern- und Familienbildung bei den Kindertagesstätten jeweils 500 000 Euro in den Haushaltsjahren 2007 und 2008 bereitstellen.

Der Bildungs- und Erziehungsplan ist ein weiterer Schwerpunkt. Herr Fleck, der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Elternverbände in Bayern, hat es auf den Punkt gebracht: Etwas Besseres als den Bildungs- und Erziehungsplan hätte uns nicht passieren können.

(Karin Radermacher (SPD): Das sagen wir auch!)

Ich kann das nur unterstreichen.

(Karin Radermacher (SPD): Wenn ihr ihn umsetzt!)

Der Bildungs- und Erziehungsplan setzt folgende Schwerpunkte: Einbeziehung der mathematischen Bildung, Stärkung der naturwissenschaftlichen Bildung und der technischen Bildung, Medienerziehung und stärkere Förderung der musikalischen Bildung, Erwerb sozialer Kompetenzen, trainiert aktives Hören, regt Phantasie und Kreativität an, zudem neue Akzente in der Spracherziehung, Lernkompetenz, Bewegungserziehung.

(Karin Radermacher (SPD): Das ist nicht umstritten!)

Das sind Punkte, die bereits jetzt schon in vielen Kindergärten aufgegriffen werden und mit diesem Bildungs- und Erziehungsplan noch weiter und intensiver vorangetrieben werden sollen.

Bei einer aktuellen Umfrage zum Thema „Mehr Kinder- und Familienfreundlichkeit“ entscheiden sich auf die Frage, ob die Eltern bessere Betreuungsmöglichkeiten, mehr Kindergeld oder eine kinder- und familienfreundlichere Gesellschaft wünschen, knapp ein Fünftel der Eltern – 18 % – für bessere Betreuungsmöglichkeiten, fast ein Drittel – 30 % – favorisieren mehr Kindergeld. Aber die überwiegende Mehrheit – 47 % – wünscht sich mehr Kinder- und Familienfreundlichkeit in unserer Gesellschaft. Ich meine, dass in Deutschland zuerst ein Bewusstseinswandel notwendig ist,

(Kathrin Sonnenholzner (SPD): Das wäre die Begründung für ein gutes Gesetz!)

hin zu einer kinder- und familienfreundlichen Gesellschaft, Prioritäten für Familie.

(Susann Biedefeld (SPD): Das ist leicht, wenn ausreichend Kindertageseinrichtungen vorhanden sind!)

Ich bin mir sicher, dass wir letztlich ein Gesetz verabschieden werden, das die Kinder und ihre Eltern in den Mittelpunkt stellt. Wir werden mit dem Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz den notwendigen Rahmen für einen bedarfsgerechten, qualitativ hochwertigen Ausbau der Kinderbetreuung in Bayern setzen. Mit der Einführung des bayerischen Bildungs- und Erziehungsplans werden wir dem individuellen Bildungsanspruch jedes Kindes Rechnung tragen, damit unsere Kinder weiterhin eine Zukunft haben.

(Beifall bei der CSU – Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Fragt sich, was für eine!)

Nächste Wortmeldung: Frau Narnhammer – anschließend Frau Weikert und dann Kollege Mütze.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Stierstorfer, auch wenn Sie noch so oft die Zahlen zitieren, die Qualität des Gesetzes wird davon auch nicht besser.

(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie von mehr Kinder- und Familienfreundlichkeit reden, dann würde ich Ihnen empfehlen – Sie sind noch nicht so lange im Landtag – sich unsere alten Anträge anzuschauen. Sie würden sehen, wie oft wir das schon beantragt haben. So haben wir zum Beispiel einen Familienfreundlichkeits-TÜV gefordert, genauer gesagt, eine Familienfreundlichkeitsprüfung. All diese Anträge wurden von Ihrer Fraktion abgelehnt.

Nun zum Gesetz: Wir alle sind uns wohl darin einig, dass dieses Gesetz eines der wichtigsten Vorhaben in dieser Legislaturperiode ist;

(Beifall bei der SPD)

denn dieses Gesetz hat Auswirkungen auf alle gesellschaftlichen Bereiche des Lebens: auf die Kinder, auf die Eltern, auf das Personal, auf die Träger und auf die Kommunen. Deshalb denke ich, es ist dem Gesetzentwurf angemessen, dass er in diesem Hause ausführlichst diskutiert wird und, dass auch die Kritikpunkte ausführlichst zur Sprache kommen.

(Beifall der Abgeordneten Karin Radermacher (SPD))

Ich glaube, wir sind uns auch darin einig, dass das alte Kindertagesstättengesetz von 1972 einer Modernisierung bedarf. Was aber jetzt vorliegt, wird den Bedürfnissen von Kindern, Eltern, Personal und Trägern nicht gerecht.

(Beifall der Abgeordneten Karin Radermacher (SPD))

Es ist heute schon ein paar Mal angesprochen worden: Es gab Hunderte von Petitionen mit Tausenden von Unterschriften. Es gab Anhörungen zu dem Thema, und überall kam heraus, dass dieses Gesetz auf einhellige Ablehnung

stößt. Bedauerlicherweise werden oder wurden – vielleicht wird es auch noch – die Anregungen aus den Petitionen und den Anhörungen von der Mehrheitsfraktion nicht aufgenommen. Die Anregungen von der Opposition werden sowieso nicht aufgenommen, doch hier wurde noch nicht einmal auf die Anregungen der Bürgerinnen und Bürger draußen gehört. Manchmal habe ich den Eindruck, dass Sie das Motto haben: Die können sagen und schreiben was sie wollen – wir machen, was wir wollen.

(Beifall bei der SPD – Susann Biedefeld (SPD): Genau so ist es! – Zuruf des Abgeordneten Herbert Fischer (CSU))

Sie können sich gern zu Wort melden, Herr Kollege. Die Meinungen der Bürgerinnen und Bürger wurden ignoriert. Ich möchte hier noch einmal wiederholen: Es ist ein Grundrecht, und es ist das gute Recht jeder Bürgerin und jedes Bürgers in Bayern, sich mit Petitionen und Anliegen an den Bayerischen Landtag zu wenden. Ich habe viele der Petitionen gelesen. Man muss feststellen: Es steckt sehr viel Herzblut und Engagement in diesen Eingaben. Die wurden nicht einfach nur so hingeschrieben. Der Umgang der Mehrheitsfraktion damit ist aber leider undemokratisch. Das möchte ich hier noch einmal festgehalten haben.

(Beifall der Abgeordneten Heidi Lück (SPD))

Es wurde schon angesprochen, dass dieses Gesetz mehr Verwaltungsaufwand und mehr Bürokratie mit sich bringt. Die Zeit, die dafür aufgewendet werden muss, geht schlicht und einfach für die Zeit am Kind verloren.

(Karin Radermacher (SPD): Genau! – Beifall bei der SPD)

Die Verfügungszeit wird nämlich nicht im Gesetz festgeschrieben. Ich habe die Protokolle sehr genau gelesen. Die Frau Ministerin hat in einer Ausschusssitzung irgendwann einmal gesagt, in dem Basiswert sind 5,7 Stunden Verfügungszeit mit eingerechnet. Ich habe Herrn MR Dunkl letzthin im Ausschuss gefragt: Warum schreibt man das dann nicht in das Gesetz hinein? – Er hat geantwortet: Na ja, die einen geben 2 Stunden, die anderen geben 10 Stunden. Wir wollen den Trägern in dieser Frage nicht dreinreden. – Das ist in Ordnung. Aber so, wie es jetzt ist, dass gar nichts im Gesetz steht, bedenkt, dass die Träger mit dem Basiswert letztendlich machen können, was sie wollen. Sie müssen keine Verfügungszeiten geben. Man hätte zwar keine Stunden in das Gesetz hineinschreiben müssen, aber man hätte hineinschreiben können, dass Verfügungszeiten verpfl ichtend gegeben werden müssen. Das hätte man sehr wohl hineinschreiben können.

(Beifall bei der SPD)

Da jetzt immer wieder auf die Ausführungsverordnung verwiesen wird, Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, dann möchte ich dazu Folgendes sagen: In der letzten Woche habe ich aus dem Ministerium gehört, dass uns zur Schlussberatung dieses Gesetzes die Verwaltungsverordnung oder die Durchführungsverordnung oder die Rechtsverordnung oder wie immer diese Verord

nung heißen wird, vorliegen wird. Also, ich habe sie nicht. Herr Unterländer, ich weiß nicht, ob Sie sie haben. Ich jedenfalls habe sie nicht.

(Zuruf von der CSU: Jeder wie er es verdient! – Gegenruf der Abgeordneten Karin Radermacher (SPD): Das ist ja ein tolles Demokratieverständnis! – Margarete Bause (GRÜNE): Das Ministerium wird es schon richten!)