Protocol of the Session on April 21, 2005

Auch wenn man die Steigerungen für Versorgung und Beihilfe herausrechnet, hat man im Bildungshaushalt steigende Zahlen und im Wissenschaftshaushalt erst recht.

(Simone Tolle (GRÜNE): Haben wir nicht! – Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Natürlich schauen wir uns die an!)

Weitere Schwerpunkte zeigen sich am Stellenplan, der auch eine erhebliche Rolle spielt.

(Marianne Schieder (SPD): Da wird einem schummrig!)

In den Jahren 1993 bis 2004 wurden rund 5400 Lehrerstellen neu geschaffen.

(Marianne Schieder (SPD): Sagen Sie dazu, wie viele in Pension gegangen sind!)

Im gleichen Zeitraum sind in der Verwaltung 6000 Stellen eingezogen worden. Das war ein Kraftakt mit der klaren Orientierung: Bildung hat Vorrang.

Für den Doppelhaushalt 2005/2006 kann ich mich kurz fassen. Ich verweise auf die Ausführungen im Plenum vom 15.02.2005. Es sind 887 Lehrerstellen, nämlich 646 aus der Erhöhung der Unterrichtspfl ichtzeit der Lehrer und 241 zusätzliche neue Stellen ausgewiesen,

(Marianne Schieder (SPD): 1000 Stellen an den Hauptschulen sind weg!)

und es gibt erhebliche Stellenausweisungen auf der Nachschubliste,

(Marianne Schieder (SPD): 1000 Stellen minus!)

die ich bitte, zur Kenntnis zu nehmen. Im Protokoll der von mir genannten Plenarsitzung ist das ausführlich nachlesbar.

(Heidi Lück (SPD): Auch dann stimmt es nicht!)

Die Ausweisung – auf diesem schwierigen Weg müsste uns die Opposition eigentlich begleiten – der notwendigen Haushaltsmittel geschah einerseits durch solidarische Einsparungen in anderen Haushaltsplänen.

(Simone Tolle (GRÜNE): Solidarisch, ha ha!)

Aber allein 300 Lehrkräfte müssen im Jahr 2005 über eine Nettokreditaufnahme bzw. im Jahr 2006 durch die Anhebung der rückzahlbaren Grundstockablieferung mit 10 Millionen Euro frischen Geldes fi nanziert werden. Dies alles ermöglicht uns in fi nanzpolitisch schweren Zeiten, im Vergleich zum Vorjahr über 40 000 zusätzliche Unterrichtsstunden zu erteilen.

(Marianne Schieder (SPD): Die stehen auf dem Stundenplan, werden aber nicht erteilt, weil es keine Lehrer gibt!)

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, das zeichnet den bayerischen Weg in der Bildung aus.

(Susann Biedefeld (SPD): Ein Irrweg!)

Von der Grundschule bis zum Abitur – das hat auch etwas mit Zukunftschancen unserer Kinder zu tun – haben wir in Bayern zwei Jahre Vorsprung an Unterrichtsstunden.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Denen verwehrt man das, die kein Abitur machen können!)

Wir haben zwei Jahre Vorsprung an Unterrichtsstunden. Diese zwei Schuljahre Vorsprung schlagen sich auf dem Weg dorthin nieder. Wenn wir bei Pisa an der Spitze sind – das ist eindeutig nachweisbar – hat das seinen Grund in der hervorragenden Arbeit unserer Lehrerinnen und Lehrer

(Marianne Schieder (SPD): Und die soziale Abhängigkeit ist auch nachweisbar – in derselben Studie!)

und auch den Grund in dem Umfang des erteilten Unterrichts. Wir gehen nicht zurück. Wir wissen, dass wir Klassengrößen haben, die in fi nanzpolitisch besserer Zeit auch zurückgeführt werden müssen. Aber wir haben eine Linie eingeschlagen, zu der man sagen kann: Wer mehr guten

Unterricht erhält, ist für das spätere Leben besser gerüstet. Offen stehen diese Bildungsangebote allen Schülerinnen und Schülern und zwar in freier Entscheidung und unabhängig von der fi nanziellen Leistungskraft der Eltern. Dies alles wird durch vielfältige Maßnahmen und fi nanzielle Hilfen auf schulischer, kommunaler und staatlicher Ebene ermöglicht, worauf ich an dieser Stelle im Detail nicht eingehe.

Die Opposition hat das Thema „Büchergeld“ angeschnitten. Hierzu gibt es demnächst die Erste Lesung.

(Simone Tolle (GRÜNE): Heute!)

Dazu darf ich doch noch hier einige Anmerkungen anbringen. Mit der Einführung des Büchergeldes geschieht die verstärkte Einbindung der Schüler und der Eltern in die Verantwortung durch einen moderaten Eigenbetrag.

(Marianne Schieder (SPD): Das Geld wird ihnen aus der Tasche gezogen, sonst nichts!)

Das Geld bleibt zu 100 % bei den Schulen. Zur Größenordnung werde ich gleich noch etwas sagen.

(Marianne Schieder (SPD): Wer zahlt die Verwaltung?)

Das pädagogische Argument, Frau Kollegin, können Sie nicht von der Hand weisen. Mit dem Büchergeld wird ein verbesserter Bezug zum gemeinschaftlichen Eigentum erreicht. Eltern haben eine verstärkte Verantwortung bei der Verwendung der Gelder. Außerdem entstehen verbesserte Rahmenbedingungen, weil die Ausstattung mit aktuellen Schulbüchern erfolgt. Es müssen nicht mehr nach aktuellen Gegebenheiten viele Kopien gezogen werden, die auch Geld kosten. Diesen Weg müsste die Opposition im Sinne eines gemeinsamen Weges zur besseren Ausstattung unserer Schulen in fi nanzpolitisch schwieriger Zeit positiv sehen.

(Karin Radermacher (SPD): Man kann das auch schönreden!)

Der soziale Hintergrund, werte Kolleginnen und Kollegen – man muss nur in den Gesetzentwurf schauen –, sieht folgendermaßen aus: Diejenigen, die der Fürsorge besonders bedürfen, wie Empfänger von Sozialhilfe, Arbeitslosengeld II, sozialem Wohngeld oder Familien ab dem dritten Kind, sind vom Büchergeld befreit.

(Simone Tolle (GRÜNE): Wir sprechen heute noch über das Büchergeld!)

Die Gesamtbelastung der Eltern und der Familien haben wir sehr wohl im Blick. Rechnen Sie das runter. Es sind im Endeffekt 1,66 Euro pro Monat in den Grundschulen und 3,33 Euro in den übrigen Schulen.

(Marianne Schieder (SPD): Schönrechnen und schönreden, ist Ihre Devise!)

Erlauben Sie mir am Ende ein kleines Gedankenspiel. Wir haben mit der bisherigen Kostenfreiheit der Lehrmittel, die wir auch weiterhin in einer großen Form haben und für die aus dem Staatshaushalt erhebliche Gelder bereitgestellt werden, eine Art Lehrmittel-Vollkaskoversicherung. Jetzt kommt ein Eigenbehalt.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Ha, ha, so eine Unverschämtheit!)

Diesen Eigenbehalt kann man vor Ort, wenn weniger Kopien anfallen, auch noch einmal reduzieren. Man kann sagen, das Kopiergeld wird geringer und damit verringert sich auch der fi nanzielle Gesamtaufwand für die Büchergeldzahler. Wir brauchen eine breite Verantwortungskultur und Gestaltungsbereitschaft für das Wohl unserer Schulen und für das Wohl unserer Kinder. Hierzu ist die Opposition ebenfalls aufgerufen. Von einer sozialen Ausgrenzung von Schülern nach Finanzkraft der Eltern, wie von der SPD unterstellt, kann in keiner Weise die Rede sein.

(Beifall bei der CSU)

Als nächste Rednerin hat Frau Kollegin Tolle für die GRÜNEN das Wort. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! „Keiner darf verloren gehen“, das verbindet man gemeinhin mit der Bildungsdebatte. Ich würde es aber jetzt auch der CSU als Auftrag mitgeben, weil nur vereinzelte Kollegen aus dieser Fraktion anwesend sind. Ich denke, Herr Kollege Kreuzer, Sie sollten schon einmal Ihr Körbchen auspacken und Ihre „Fraktionäre“ einsammeln.

(Zuruf des Abgeordneten Thomas Kreuzer (CSU))

„Einmal arm immer arm“ – dieser Satz gilt in Bayern wie in keinem anderen Bundesland. Es ist traurige Tatsache, dass man einem Kind bei seiner Geburt schon mit großer Wahrscheinlichkeit vorhersagen kann, welche Chancen es, unabhängig von den Talenten, die in ihm stecken, einmal haben wird.

Es gibt für meine Behauptung sehr viele Belege. Ich nenne zwei:

Erstens. Pisa: Im Vergleich zu Facharbeiterkindern haben Akademikerkinder eine zehnmal so hohe Chance, ein Gymnasium zu besuchen.

Zweiter Beleg ist aus meiner Sicht Iglu: Iglu hat ganz klar bewiesen, dass unabhängig von der individuellen Intelligenz eine höhere Wahrscheinlichkeit besteht, für das Gymnasium empfohlen zu werden, wenn die Eltern einen besseren sozialen Status haben. Herr Kollege Waschler, wenn die Bayerische Staatsregierung weitsichtig wäre, dann hätten Sie es nicht abgelehnt, den ersten Bericht zur sozialen Lage in Bayern fortzuschreiben. Ich nehme an – das spiegelt sicherlich auch die Zahl der anwesenden Mitglieder Ihrer Fraktion wider –, Sie hatten daran auch

gar kein Interesse. Vielleicht hatten Sie auch Angst, es könnte dabei herauskommen, dass Sie nichts unternommen haben, um die hohe Korrelation zwischen gesellschaftlicher Herkunft und Bildungserfolg zu verringern.

Die GRÜNEN im Bayerischen Landtag interessiert dieser Umstand sehr wohl und deswegen haben wir Geld in die Hand genommen und eine eigene Studie in Auftrag gegeben; Sie können sich diese aus dem Internet herunterladen. Wir meinen, nur auf der Grundlage einer empirisch abgesicherten Datensammlung lassen sich zielgerichtete Maßnahmen ableiten.

Ich nenne Ihnen nur ein paar Ergebnisse, Herr Kollege Waschler: Ein Viertel aller Männer, deren Vater keinen Schulabschluss hat, bleibt ebenfalls ohne Schulabschluss. Bei den Frauen ist es mehr als ein Drittel. 8 bis 10 % haben gar keinen Schulabschluss und 15 bis 20 % der Jugendlichen erreichen keinen berufl ichen Abschluss. In Bayern gibt es ein massives regionales Gefälle bei der Bildung. Ich nenne nur ein Beispiel: Übertrittsquote auf das Gymnasium in Oberbayern: 38 %, in Niederbayern: 28 %. Im statistischen Vergleich zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg liegt Bayern im bundesdeutschen Vergleich unter dem Durchschnitt.