Protocol of the Session on March 3, 2005

ländlichen Raum und bedeutet für die derzeit noch bestehenden Grund- und Teilhauptschulen eine gravierende und nicht zu akzeptierende Schwächung. Gerade diese Schulen haben bereits bei der Einführung der sechsstufi gen Realschule einen großen Aderlass hinnehmen müssen und werden nun auf dem Altar der bayerischen Schulpolitik geopfert und sind ein weiterer Schritt in Richtung Zentralisierung analog des Kahlschlags bei der Verwaltungsreform, um weitere Sparmaßnahmen durchzusetzen.

(Siegfried Schneider (CSU): Von wem ist das?)

Holmeier! Originalzitat Holmeier! Da staunen Sie, Herr Schneider.

(Siegfried Schneider (CSU): Ja, da staune ich in der Tat! Können Sie das auch belegen?)

Aber ja! Ich sage es Ihnen gleich. Aber ich muss Sie dann doch enttäuschen.

(Zuruf von den GRÜNEN: Da wundert bei der Hohlmeier nichts mehr! – Siegfried Schneider (CSU): Und die Quelle?)

Ich gebe es Ihnen. Ich habe die Quelle.

(Siegfried Schneider (CSU): Die haben Sie nicht!)

Doch, ich habe sie!

Ich muss Sie dann doch enttäuschen. Die Kultusministerin ist leider nicht vom Blitz der Erkenntnis getroffen worden und plötzlich einsichtsfähig und wahrheitsliebend geworden; deshalb staunen Sie auch so ungläubig. Wir glauben schließlich alle nicht mehr an den Osterhasen. Nein, diese ganz offenen und klaren Worte stammen nicht von Monika Hohlmeier, sie stammen von Karl Holmeier.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Karl Holmeier – vielleicht kennen ihn manche; er ist Parteimitglied von Ihnen – ist seines Zeichens Erster Bürgermeister von Weiding im Landkreis Cham und CSU-Ortsvorsitzender in Weiding.

(Sebastian Freiherr von Rotenhan (CSU): Ein bedeutender Mann!)

Vielleicht sollten Sie Hohlmeier durch Holmeier ersetzen, dann hätten wir wenigstens einen ersten Fortschritt in der bayerischen Bildungspolitik.

(Marianne Schieder (SPD): Er ist inzwischen auch schon eingeknickt!)

Die Fakten sind eindeutig. Im letzten Jahr wurden in Bayern 69 von 498 Teilhauptschulen geschlossen. Das heißt, an jedem fünften Tag im letzten Schuljahr ist in Bayern eine Teilhauptschule dichtgemacht worden.

(Zuruf von der CSU: Das stimmt nicht!)

Genauso ist es. Das steht im Bericht des Kultusministeriums an den Landtag vom Juli letzten Jahres: 69 von 498. Wenn Sie es umrechnen auf die Tage im Jahr, haben Sie die Situation, dass an jedem fünften Tag im Jahr eine Teilhauptschule geschlossen wurde. Im nächsten Jahr soll das noch massiver so weitergehen. Auch das steht im Bericht; Sie hoffen, dass im nächsten Jahr, also im laufenden Schuljahr noch mehr Maßnahmen erfolgreich abgeschlossen werden können. Das heißt, die Teilhauptschulen sollen erfolgreich abgewickelt, sprich geschlossen werden.

Auch im Haushalt ist das eindeutig so belegt. Es steht dort, dass in diesem Schuljahr 200 Lehrer durch die Schließung der Teilhauptschulen eingespart werden sollen und im nächsten Jahr 300. Das hat auch Herr Faltlhauser in seinen Eckpunkten zum Haushalt deutlich gemacht, dass durch die Schließung von Teilhauptschulen in den Jahren 2005 und 2006 insgesamt weitere 500 Stellen eingespart werden sollen.

Das bedeutet konkret, dass die Kinder in vielen ländlichen Gebieten noch längere Schulwege zurücklegen müssen, das bedeutet, dass die Klassen, die in Bayern eh schon mit am größten im Bundesdurchschnitt sind, noch größer werden, das bedeutet, dass für individuelle Betreuung und Förderung der Kinder noch weniger Zeit und Gelegenheit vorhanden ist. Und für die Kommunen bedeutet es nun wirklich riesige Probleme. Sie fühlen sich zu Recht hinters Licht geführt. Sie haben in den letzten Jahren im Vertrauen auf die Zusagen aus der Staatsregierung – das war natürlich ein Fehler – in diese Teilhauptschulen investiert. Sie haben Millionen Euro in den Ausbau und die Renovierung der Teilhauptschulen sowie in die bessere Ausstattung mit PCs und Werkbänken und in bessere Arbeitsmöglichkeiten gesteckt.

Dieses Geld ist nun völlig in den Sand gesetzt, wie die Kommunen zu Recht befürchten. Und nicht nur, dass sie das Geld vergeblich investiert haben, sie müssen noch einmal in die Taschen greifen, um für die dann anstehende Schülerbeförderung zu bezahlen und vielleicht auch noch für die Schulbeiträge in anderen Orten.

Da ist doch völlig klar, dass sich sowohl Schüler als auch Eltern und Lehrer als auch Kommunen von Ihnen getäuscht und hinters Licht geführt fühlen. Absurder geht’s nicht mehr.

Zu Recht formiert sich fl ächendeckender Protest. Herr Holmeier hat einen Brief an all seine Kollegen geschickt, die von ähnlichen Schließungen betroffen sind.

(Zuruf des Abgeordneten Georg Stahl (CSU))

Er hat entsprechend Rücklauf bekommen. Ich bin froh, dass es in den Kommunen solche Leute gibt, die sich nicht darum scheren, was von der Staatskanzlei angeordnet wird, sondern die ganz klar nach den Interessen der Menschen vor Ort entscheiden. Ich bin froh, dass diese Leute aufstehen und ihre Meinung so deutlich sagen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Herr Holmeier hat auch deutlich gemacht, warum er sich so hinters Licht geführt fühlt. Er hat gesagt, dass noch auf einer CSU-Delegiertenversammlung im Oktober letzten Jahres, an der Herr Herrmann teilnahm, der CSU-Fraktionsvorsitzende, der jetzt gerade auf dem Nockherberg weilt – –

(Lebhafte Zurufe von der CSU)

Ich war auf dem Nockherberg, aber bin hier hergekommen, um zu arbeiten, während Frau Hohlmeier noch nicht hier ist und Herr Herrmann auch noch nicht hier ist.

(Lebhafte Zurufe von der CSU – Unruhe)

Herr Herrmann hat bei einer CSU-Delegiertenversammlung in Cham gesagt: „Es gibt und wird keine Entscheidung geben, dass Teilhauptschulen abgeschafft werden.“ Das hat er laut Aussage Ihres CSU-Kollegen aus Weiden bei dieser Veranstaltung gesagt. Herr Holmeier sagt zu Recht, dass das eine glatte Unwahrheit ist. Zu diesem Zeitpunkt gab es nämlich schon den entsprechenden Landtagsbeschluss, den entsprechenden Haushaltsentwurf und die einschlägigen Äußerungen hier im Landtag und in Unterlagen.

Ihnen geht es nicht nur darum, wie Sie den Leuten weiszumachen versuchen, die Teilhauptschulen abzuschaffen, in denen die erforderliche Klassengröße von 15 Kindern nicht mehr erreicht wird. Da würden manche noch sagen – obwohl ich das auch für einen Fehler halte –, bei kleinen Klassen muss man vielleicht über eine Abschaffung nachdenken. Mittlerweile ist klar geworden, dass fl ächendeckend alle Teilhauptschulen, auch jene, die noch genügend Schülerinnen und Schüler hätten, auf dem Spiel stehen. Das ist nicht nur wegen der Interessen der Kinder, Eltern und Kommunen die falsche Lösung. Wir kommen auf diesem Weg nämlich nicht weiter.

Wenn wir darüber hinaus die demografi sche Entwicklung im Auge haben, dann hätten wir irgendwann ganze Landstriche ohne eigene Schulen. Wir müssen einen anderen Weg gehen; wir müssen eine andere Pädagogik machen, nämlich eine Pädagogik, die es zulässt, dass in kleineren Einheiten unterrichtet wird, dass Schüler verschiedener Jahrgangsstufen zusammen unterrichtet werden. Wir müssen die Pädagogik ändern und nicht die Kinder im Lande immer weiter herumfahren. Wir müssen den Hebel umlegen und zu anderen Unterrichtsformen kommen. Ich fordere Sie dazu auf: Lassen Sie die Schule im Dorf, und öffnen Sie Ihren Horizont für eine moderne Bildungspolitik!

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Als Nächste hat Kollegin Schieder das Wort. – Frau Kollegin Schieder, waren Sie auf dem Nockherberg? – Dann halten Sie doch bitte die Redezeit ein.

(Allgemeine Heiterkeit – Margarete Bause (GRÜ- NE): War das der Nockherbergbonus?)

Verehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die von der Staatsregierung und der CSU-Fraktion auf den Weg gebrachte Reform der Hauptschulen sollte meines Erachtens besser „Reform zur Streichung der Hauptschul-Lehrerstellen und Halbierung der Hauptschulstandorte“ genannt werden statt „Reform zur Stärkung der Hauptschulen“.

(Zustimmung bei der SPD)

Es ist in der Tat ein Etikettenschwindel, wenn Sie diese Reform auch noch mit einem positiven Begriff belegen.

(Susann Biedefeld (SPD): Eine Mogelpackung!)

Mit diesem Beschluss beabsichtigen Sie drei Dinge: erstens die Aufl ösung der Teilhauptschulen, zweitens die Aufl ösung der kleinen einzügigen Hauptschulen und drittens die Streichung von insgesamt fast tausend Lehrerstellen für die Hauptschulen in Bayern. Natürlich wird im Antrag auf diese bitteren Fakten und diese Grausamkeiten nicht deutlich hingewiesen. Die Folgen, die sich aus diesem Antrag ergeben, werden geschickt umschrieben. So ist davon die Rede, dass die Hauptschulen jetzt die Jahrgangsstufen fünf bis neun umfassen sollen. Das aber bedeutet die Aufl ösung der Teilhauptschulen. Sie wissen ganz genau, dass die Bezirksregierungen inzwischen schon emsig dabei sind, die nötigen Aufl ösungskonzepte zu erarbeiten; denn sie haben den Auftrag erhalten, diesen Beschluss vor Ort konkret umzusetzen.

Eines ist klar: Bei der Erarbeitung dieses Konzepts geht es in keiner Weise mehr um das Ob, sondern nur noch um das Wie. Ich bitte alle Kolleginnen und Kollegen, das vor Ort deutlich zu sagen und nicht so zu tun, als hätte man im Parlament nur dafür gestimmt, dass Gespräche geführt werden und untersucht wird, ob es da oder dort eine Hauptschule zum Aufl ösen gäbe. Das trifft nicht zu. Es trifft auch nicht zu, wie ich bei uns in den Heimatzeitungen gelesen habe, dass man sich nur an die CSU-Mandatsträger wenden müsse, und dann könnten die einzelnen Hauptschulstandorte schon noch gerettet werden; man müsse nur auf die Mehrheitspartei vertrauen.

(Margarete Bause (GRÜNE): Ha, ha, ha!)

Sagen Sie bitte den Betroffenen vor Ort ganz ehrlich, dass es da nichts mehr zu retten gibt, wenn Ihre Beschlüsse Realität werden sollten. Alles, was es dann noch gibt, sind ausgelagerte Klassen. Sie wissen auch, dass im Falle von ausgelagerten Klassen die organisatorische Selbstständigkeit der Hauptschule beseitigt ist.

(Siegfried Schneider (CSU): Nein!)

Na selbstverständlich. Diese Klassen sind organisatorisch der nächstgrößeren Hauptschule untergeordnet, und der zuständige Rektor ist der Rektor der größeren Hauptschule. Das dient Ihren Einsparbemühungen; denn damit fallen viele der Grundschulen, die übrig bleiben werden, unter die Grenze von 180 Schülern. Damit können Sie Verwaltungskräfte und Schulleiter einsparen. Die Eingliederung der fünften und sechsten Klassen an die nächst

größere Hauptschule führt auch nicht zu einer besseren Besoldung der Schulleiterinnen und Schulleiter.

Fügen Sie ehrlicherweise hinzu, dass die Auslagerung dieser Klassen nur wenige Jahre dauern wird. Diese Klassen können mit einem Federstrich beseitigt werden, wenn sich durch Ihre Eingliederung in den nächstgrößeren Schulstandort oder in eine Hauptschule, der sie zugeordnet werden, ein oder zwei Lehrer einsparen lassen. Ich durchschaue Ihren Plan schon: Sie wollen Ihren CSU-Bürgermeistern Gelegenheit geben, bis zur Kommunalwahl schadlos aus diesem Vorgang herauszukommen. Bis zur Kommunalwahl lassen Sie diese Klassen ausgelagert, und sobald die Wahl vorbei ist, werden die Klassen auf alle Fälle eingezogen. Sagen Sie es doch bitte auch dem Regierungspräsidenten von Schwaben weiter, dass der Beschluss so ist, wie ich ihn dargestellt habe. Man kann nämlich nur noch den Kopf schütteln, wenn man in der Zeitung liest, dass der Regierungspräsident sagt, jetzt werde ein bisschen beraten, und dann könne man immer noch über die konkrete Umsetzung reden. Ein Beamter in dieser Funktion sollte eigentlich schon wissen, welchen Auftrag er hat, und sollte die Betroffenen vor Ort nicht für dumm verkaufen. Das ist etwas, was ich am allerwenigsten leiden kann.

(Beifall bei der SPD)

Ebenso harmlos klingt in diesem Antrag die Formulierung, die die einzügigen Hauptschulen betrifft. Da heißt es auch positiv, die wohnortnahe Hauptschule solle erhalten bleiben, wenn sie auf Dauer im Bestand gesichert ist.

(Simone Tolle (GRÜNE): Genau!)