Protocol of the Session on October 20, 2004

(Beifall bei der CSU)

Sind für Sie denn diejenigen, die das Fachabitur machen und anschließend die Fachhochschule besuchen, minderwertige Abiturienten, oder was sind das für Abiturienten?

(Marianne Schieder (SPD): Nein, aber sie haben keine allgemeine Hochschulreife! – Ulrike Gote (GRÜNE): Sie lassen sie ja nicht an die Hochschule!)

Ich halte sie für hoch qualifiziert. Wenn jemand an die Fachhochschule geht, dann kann er ebenfalls danach an die Universität gehen. Sie sollten mittlerweile wissen, dass ein Wechsel von der Fachhochschule zur Universität sehr gut möglich ist aufgrund von Qualifizierung. Wir haben ein durchlässiges Bildungswesen.

(Beifall bei der CSU – Zuruf der Abgeordneten Marianne Schieder (SPD))

Noch einmal eine Klarstellung zur Einstellung der Lehrer. Wir haben 3800 Lehrkräfte eingestellt, im Gegensatz zu dem, was Sie behaupten. Sie tun so, als hätten wir keinen einzigen Lehrer eingestellt.

(Marianne Schieder (SPD): Das ging wohl nicht!)

Ich möchte auch dazusagen, dass wir für Jugendliche ohne Ausbildungsplatz mittlerweile viele Lehrkräfte zur Verfügung stellen müssen, weil Sie mit Ausbildungsplatzabgabe, mit Plattmachen des Mittelstands immer mehr Unternehmern die Möglichkeit nehmen, Auszubildende anzustellen und entsprechend auszubilden, selbst wenn sie wollten. Aber da, wo Sie regieren, ist es Ihnen gleich. Aber uns Vorwürfe zu machen für die Dinge, für die Sie Verantwortung tragen, ist nicht legitim.

(Beifall bei der CSU – Franz Maget (SPD): Sie klatschen, Herr Kreuzer, bilden Sie aus oder wir?)

Bei 20 bis 40 Euro Büchergeld regen Sie sich auf. Bei der Erhöhung der Kindergartengebühr um zum Teil 100 % in der Landeshauptstadt München regen Sie sich nicht auf. Das halten Sie für völlig legitim. Da, wo Sie regieren, wird kräftig erhöht, aber das macht gar nichts aus.

Wenn wir einmal einen kleineren Betrag fordern, regen Sie sich auf. Sie erhöhen je Monat um doppelt so viel. Ich kann nur sagen: Wo Sie regieren, zeigen Sie keine Verantwortung. Wo wir regieren, kritteln Sie selbst bei 20 Euro in der Gegend herum.

(Beifall bei der CSU)

Ihre Erhöhung der Energiesteuern auf Bundesebene trifft jede Familie mit 200 bis 300 Euro. Das ist Ihnen völlig gleich. Dagegen kann man nichts machen; denn es ist legitim.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Frau Hohlmeier, versuchen Sie es mit Ehrlichkeit!)

Besonders den Grünen und Herrn Trittin ist es zu verdanken, dass die Leute mehr Energiesteuern zahlen. Gerade Familien brauchen mehr Benzin, müssen mehr waschen und brauchen mehr Strom. Aber das alles ist Ihnen gleichgültig. Für sie ist das legitim. Aber wenn wir aufgrund der mangelhaften finanziellen Verhältnisse, die uns der Bund beschert, einmal Konsequenzen ziehen müssen, beschweren Sie sich.

(Beifall bei der CSU – Zurufe von den GRÜNEN)

Frau Staatsministerin, erlauben Sie eine Zwischenfrage der Frau Kollegin Paulig?

Nachdem die Redezeit nicht allzu lang ist, leider nein. – Ich komme abschließend auf die Erwerbsquote bei den Müttern zu sprechen. Wir haben in Bayern bei den Müttern die höchste Erwerbsquote. Also müsste eigentlich alles in Ordnung sein. Nur: Wo Sie regieren, ist diese Erwerbsquote niedriger; denn das hängt vom Arbeitsplatzangebot ab. Das ist überall dort, wo Sie regieren, miserabel.

Finanzielle Leistungen: Die Anzahl der Ganztagesangebote ist um 78 Schulen, die Anzahl der Ganztagesschulen um 15 gestiegen. Wir haben darüber hinaus die M-Klassen um 127 auf mittlerweile über 1900 Klassen erhöht. Ich darf Ihnen nüchtern und trocken sagen: Wir haben ein durchlässiges und gutes Bildungswesen. Es ist nicht alles idyllisch und perfekt. Aber wir haben ein so gutes Konzept, dass unsere Schüler besser sind als die Schüler in den von Ihnen regierten Ländern, die sämtlichen Reformen und Experimenten ausgesetzt waren.

(Beifall bei der CSU – Zuruf von der SPD)

Sie haben gesagt, man brauche Visionen. – Ich brauche nicht dauernd Visionen, sondern muss in der Realität Bildungspolitik umsetzen. Bei Ihnen gibt es dauernd Visionen, aber keine Umsetzung.

(Beifall bei der CSU – Zurufe von den GRÜNEN)

Im Gegensatz zu den Ländern, in denen Sie regieren, spielen wir in der Bildungspolitik in der Champions League, aber Sie in der Regionalliga.

(Anhaltender Beifall bei der CSU – Franz Maget (SPD): Eine solche Schauspielerei!)

Das Wort hat nun Herr Kollege Pfaffmann. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist müßig, sich zu den Ausführungen der Frau Staatsministerin zu äußern. Offensichtlich beschäftigt die Kultusministerin einen Stab von Beamten und Mitarbeitern nur mit der Frage, wie sie bei der Bildungspolitik unter allen Umständen und unter Verkennung der Wahrheiten die Tatsachen in diesem Land verdrehen und hier darstellen kann. Das haben wir jetzt erlebt.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte das anhand eines Beispiels verdeutlichen. Frau Schieder sagte vorhin, in Bayern hätten 18 % der Schüler die allgemeine Hochschulreife. Diese Zahl stimmt nach wie vor.

Liebe Frau Hohlmeier, wir haben nie behauptet, es seien weniger oder mehr. Die Zahl 18 % geht aus Ihrer eigenen Antwort auf eine Anfrage hervor. Sie können hier also nicht sagen, Sie hätten 32 % Hochschüler, sondern es sind 18 %. Wir sprachen von den Menschen mit allgemeiner Hochschulreife, und das sind nach Ihren eigenen Angaben 18 %. Es sind auch Ihre eigenen Angaben, die darauf schließen lassen, dass 10 % aller Schulabgänger keinen Schulabschluss haben. Auch das sind Ihre eigenen Zahlen, auch wenn Sie sich immer wieder – ich gebe zu: geschickt – hinstellen und diese Zahlen so verdrehen, dass sie Ihre Politik legitimieren.

(Beifall des Abgeordneten Franz Maget (SPD))

Ich möchte dieser gnadenlosen Ignoranz, die hier offensichtlich vor den Fakten und Zahlen an den Tag gelegt wird, ein paar Zitate entgegenhalten. Der Fraktionsvorsitzende der CSU behauptete gestern, jeder, der sage, es gebe an den Schulen einen Notstand, rede „offenkundigen Unfug“; ich habe es mir aufgeschrieben. Sie sagen, es sei ein „allgemeines Katastrophengerede“, wenn man die Probleme der Schule nennt. Frau Staatsministerin, wir sind nicht die Einzigen, die das so sehen. Deswegen zitiere ich ähnliche oder gleiche Äußerungen anderer. Ich bin gespannt, ob auch Sie das als „offenkundigen Unfug“ oder „Katastrophengerede“ bezeichnen. Der Bayerische Philologenverband etwa, den Sie in gymnasialpolitischen Fragen immer gerne anhören, erklärt, die Politik täusche sich und die Öffentlichkeit mit der Behauptung, es stehe an den Gymnasien alles zum Besten, das G 8 sei voll und ganz akzeptiert. Ist das, was der Philologenverband sagt, auch offenkundiger Unfug, nachdem Sie in Ihrer eigenen Pressekonferenz erklären, mit dem G 8 sei alles wunderbar?

(Zuruf von der CSU)

Zum Abenteuer – so der Philologenverband weiter – werde oftmals auch die Erteilung der Intensivierungsstunden. Was Sie hier als bestens und akzeptabel darstellen, wird vom Philologenverband als Abenteuer bezeichnet. Wir sehen also, dass nicht nur die Opposition „offensichtlichen Unfug“ oder Katastrophen herbeireden möchte.

Über die Umfragen bei den Eltern sprach Frau Kollegin Tolle bereits. Das kann ich mir also sparen. Ich zitiere aus einem Brief des Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverbandes vom 18.10.2004, der Ihnen sicher zugegangen ist. Da wird es wieder interessant. Das ist wieder „offenkundiger Unfug“ und „Katastrophengerede“.

Die Schülerzahlen an den Hauptschulen brechen ein. An 62 Schulen konnten zum Schuljahr 2004/ 2005 keine fünfte und keine sechste Klasse mehr gebildet werden. Zum Schuljahr 2005/2006 sind diese Schulen in ihrem Bestand gefährdet.

Offenkundiger Unfug? – Das ist ein Warnschuss, den Sie ernst nehmen und nicht als Katastrophengerede abtun

sollten. Es geht nämlich noch weiter und wird noch dramatischer:

Vorschläge, an den Hauptschulen mindestens 500 Lehrerplanstellen in den nächsten zwei Jahren abzubauen, sind abzulehnen.

Die Wahrheit ist, Sie bauen an den Schulen, an denen es heute schon Probleme gibt, Lehrerstellen ab.

(Beifall bei der SPD)

Dies ist die Wahrheit, die hier als „offenkundiger Unfug“ bezeichnet wird.

Des Weiteren heißt es, an den Schulen halte die Imagekrise an. Ich zitiere:

Trotz der Hauptschulreform ist es nicht gelungen, das Image der Hauptschule zu verbessern. Das Gegenteil ist der Fall. Eltern und Medien sehen in der Hauptschule trotz M-Klassen und Mittlerem Abschluss keine Alternative zu Realschule und Gymnasium. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass die Hauptschule von vielen Eltern als soziale Deklassierung ihres Kindes empfunden wird.

Das sind Warnsignale und kein „offenkundiger Unfug“. Sie stellen sich hier mit der Schutzbehauptung hin, in Bayern sei alles wunderbar wie der blaue Himmel und die Alpen. Was Sie hier machen, ist eine Unverschämtheit, nichts anderes.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das Image der Hauptschule ist heute so schlecht wie nie. Das ist weder eine sozialistische Erfindung noch eine programmatische Forderung der SPD oder anderer linker Parteien, sondern eine Formulierung des Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverbandes, Frau Kultusministerin.

Ich bin sehr gespannt, Herr Schneider, ob Sie Herrn Dannhäuser und seinem Vorstand auch sagen: Herr Dannhäuser, reden Sie nicht einen solchen Unfug daher. Das erwarte ich von Ihnen, wenn Sie es hier im Haus tun, aus Gründen der Ehrlichkeit und auch der Klarheit in der Politik. Wir werden den Kollegen sagen, dass Sie, Fraktion und Ihr Ministerium, meinen, Sie reden offenkundigen Unfug und eine Katastrophe herbei.

„Die Zahl der Hauptschulabgänger ohne Abschluss steigt“, schreibt der Bayerische Lehrerinnen- und Lehrerverband. Ist auch das offenkundiger Unfug? Er belegt dies. Sie schütteln den Kopf, aber es gelingt Ihnen nicht, diese Zahlen zu widerlegen. Mit polemischen Äußerungen ist es nicht getan. Das muss widerlegt werden, und das ist Ihnen bisher nicht gelungen. Das ist auch kein offenkundiger Unfug.

Weiter: „Disziplinarprobleme wachsen dramatisch“, steht da.

Die Hauptschule wird zum Auffangbecken sozialer Probleme mit schwierigeren Schülern, größeren

Klassen und schlechterer Präventions- und Fördermöglichkeit als in der Förderschule. Gewalt gegen Mitschüler und Bedrohungen gegen Lehrer greifen immer stärker um sich.