Protocol of the Session on June 30, 2004

Insgesamt haben wir eine Verbesserung des Gesetzes erreicht. Ich kann mich vor jedermann hinstellen und dieses Gesetz – das ist kein fauler Kompromiss – als Verbesserung der Rechtslage empfehlen. Ich habe mehrfach vor der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag und meiner eigenen Landesgruppe im Bundestag gesagt: Es ist ein besseres Gesetz, als wir es mit der FDP erreichen würden, weil hier durch die Konstellationen die GRÜNEN gezwungen sind, Verschärfungen zuzustimmen, die es mit der FDP nie gegeben hätte.

(Christine Stahl (GRÜNE): Ach was!)

Es war eine gute Konstellation, dass hier eine große Koalition zwischen Herrn Schily und den rechten Kräften – das hat nichts mit der Farbenlehre zu tun, sondern mit den Rechtschaffenen – in der SPD und der Union bestanden hat. Dadurch haben wir ein gutes Ergebnis erreicht.

(Zuruf des Abgeordneten Rainer Volkmann (SPD))

Herr Volkmann, Sie sollten mich nicht angreifen, denn schließlich hatte ich das Vertrauen des Herrn Bundeskanzlers, der mich entgegen aller Gepflogenheiten beauftragt hat, in einer Koalition des besonderen Vertrauens die Formulierung eines Gesetzes auf den Weg zu bringen.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Das muss ein toller Bundeskanzler sein!)

Entscheidende Fragen stellten sich zunächst bei der nicht arbeitsbezogenen Migration; die Zuwanderung nach Punktesystem musste herausgenommen werden. Das war immer eine Forderung von uns. Denn das ist der erste Schritt für einen Einstieg in die demografische Zuwanderung. Die angebotsorientierte Zuwanderung, ohne dass konkret Arbeitsplätze nachgewiesen werden, kann nicht richtig sein. Das heißt, Leute hierher zu holen, die sich bei uns ihre Arbeitsplätze erst noch suchen. In einer Zeit, in der wir fünf Millionen Arbeitslose haben, in der die Osterweiterung der EU bevorsteht und pro Tag 1000 Arbeitsplätze in Deutschland verloren gehen, kann es nicht richtig sein, das Arbeitskräftepotenzial zu erweitern. Darum ist das Punktesystem ersatzlos weggefallen - ein großer Erfolg.

(Beifall bei der CSU)

Zweiter Punkt: Arbeitsmigration. Ich erinnere die CSU an die Beschlüsse des CSU-Parteitags im Jahr 2000, auf dem ich formuliert habe: „Für Spitzenqualifikationen wollen wir den Arbeitsmarkt etwas öffnen, weil für Spitzenleute der Arbeitsmarkt weltweit ist“. Das ist für jedermann bei den Fußballspielern offensichtlich. Selbst bei der besten deutschen Mannschaft im Profi-Fußball, der des 1. FC Nürnberg, spielen mehrere Spieler, die aus Ländern außerhalb der EU stammen.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Weil die Nachwuchsförderung in Bayern so katastrophal ist!)

Sehr kluge Bemerkung, Herr Dürr.

(Jakob Kreidl (CSU): Typisch Dürr! – Alexander König (CSU): Eher eine dürre Bemerkung!)

Ich empfehle Ihnen, dass Sie darüber mit Herrn MayerVorfelder und Herrn Roth sprechen. Ich werde Herrn Roth heute darüber informieren. Der wird sagen: So blöd kann nur einer reden, der vom Fußball überhaupt keine Ahnung hat.

(Beifall bei der CSU – Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Die sind genauso schlau wie Sie! – Weitere Zurufe von den GRÜNEN)

Die Nachwuchsförderung im hoch bezahlten Profi-Fußball als staatliche Aufgabe: Das kann nur einer erzählen, der nicht ernst genommen werden will. Bitte erzählen Sie das vor einem GRÜNEN-Kindergarten, aber nicht vor Leuten, die von der Sache Ahnung haben.

(Beifall bei der CSU – Widerspruch des Abgeord- neten Dr. Sepp Dürr (GRÜNE))

Bei der Arbeitsmigration gilt für Zuwanderer mit Spitzenqualifikation: Mehr als das Doppelte der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung - hier wird die Aufnahme gelockert. Es wird auch die Aufnahme für Selbstständige gelockert. Der Beschluss des CSUParteitags wurde eins zu eins aufgenommen: Bei einer Million Euro Investition und Schaffung von zehn Arbeitsplätzen liegen in der Regel ein übergeordnetes wirtschaftliches Interesse und ein regionales Bedürfnis sowie positive Auswirkungen auf die Wirtschaft vor.

Wir haben dies gefordert, weil wir natürlich nicht den Bordellbesitzer, der 10 Millionen Euro investiert und 100 Frauen aus Russland beschäftigt, unterstützen wollen.

Wir hatten bis zuletzt einen großen Streit bei der durchschnittlichen Qualifikation. Herr Volkmann, es stimmt doch nicht, dass die GRÜNEN keine weite Öffnung wollten. Das war einer der Knackpunkte: Herr Beck hat empfohlen, dass man nicht mehr weiterverhandelt, Herr Bütikofer hat gesagt: „Das Spiel ist aus“, Herr Schily und ich waren uns einig. Herr Wiefelspütz hat hier übrigens auch eine gute Rolle gespielt.

Der jetzt gefundene Kompromiss, eine vorsichtige Lockerung im Bereich der Beitrittsländer, stammt von mir persönlich und ist akzeptiert worden. Dass man gegenüber Drittländern eine restriktive Haltung vertritt, halte ich für unabdingbar. Die GRÜNEN wollten aber etwas anderes.

Dritter Bereich: humanitäre Zuwanderung. Wir haben keine Altfallregelung. Wir haben bei der nichtstaatlichen und geschlechtsspezifischen Verfolgung eine Regelung, die exakt derjenigen auf europäischer Ebene entspricht. Bei den Verhandlungen auf europäischer Ebene war das bayerische Innenministerium auf Beamtenebene mit Herrn Dr. von Scheurl vertreten. Wir sind der Meinung, das ist eine verantwortbare Regelung, um in bestimmten Fällen der Verfolgung humanitär zu helfen. Das ist im Wesentlichen eine Statusverbesserung gemäß der EU-Richtlinie.

Wir erhalten die Möglichkeit, eine Härtefallkommission einzusetzen. Die Formulierung ist auf mich zurückzuführen. Wenn ein Land eine Aufenthaltserlaubnis aufgrund der Härtefallregelung erteilt, dann müssen für drei Jahre sämtliche Kosten, die für den Betreffenden entstehen, auch wenn er in ein anderes Land umzieht, von dem Träger der Sozialhilfe, in dessen Zuständigkeitsbereich die Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde, gezahlt werden. Wer Humanität fordert, muss auch bereit sein, die daraus entstehenden Kosten zu tragen. Das wird hier Gesetz. Ob wir eine Härtefallkommission einrichten, und wenn ja wie, müssen wir noch überdenken; dafür bin ich völlig offen. Wir werden abwarten, wie sich andere verhalten. Hier gibt es aber keine Zwänge. Wir werden das auf einen vernünftigen Weg bringen.

Vierter Punkt: Was ist mir von Ihrer Seite alles vorgehalten worden, als ich vor drei Jahren im Deutschen Bundestag gesprochen habe bzw. wir hier im Hohen Haus über die Frage der Sprachprüfung bei der Staatsangehörigkeit diskutiert haben?

Was ist mir von Ihrer Seite denn vorgehalten worden auf meinen Vorschlag, dass jemand, der deutscher Staatsangehöriger werden will, eine Sprachprüfung ablegen muss? Haben Sie denn nicht massive Einwendungen erhoben? – Jetzt legt man für die Aufenthaltserlaubnis schon fest, dass jemand, der auf Dauer in diesem Land leben will, die deutsche Sprache lernen muss. Das ist ein Quantensprung. Wir haben uns durchgesetzt.

(Beifall bei der CSU)

Nichts mehr mit multikulturellen rot-grünen Träumereien, sondern endlich gibt es Realismus; denn wir können nicht auf Dauer hinnehmen, dass die Arbeitslosigkeit unter Migranten drastisch höher ist als unter den Einheimischen. Die Sätze liegen bundesweit bei 2,5-mal höherer Arbeitslosigkeit bei Migranten. Für die Sozialhilfe kann ich es nur für Bayern sagen. Bei den Migranten gibt es 3,5-mal mehr Empfänger. Das liegt nicht daran, dass dies faule Leute sind, sondern weil jemand, der wegen mangelnder Sprachkenntnisse nicht umgeschult werden kann, kaum eine Chance hat einen neuen Arbeitsplatz zu kriegen. Das Risiko ist höher.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (GRÜ- NE))

Der türkische Ministerpräsident Erdogan hat in BerlinKreuzberg massive Vorwürfe gegen Deutschland erhoben und gesagt, dass die Hälfte der türkischstämmigen Leute in Berlin-Kreuzberg unter 25 Jahren arbeitslos seien und deshalb im Jahr 2004 in Deutschland eine massive rassische Diskriminierung stattfinde. Ich sage Ihnen dazu: Das waren rot-grüne Träumereien, zu glauben, die Leute kämen hierher und würden automatisch Deutsche.

(Beifall bei der CSU – Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN: Das sind die Nachkommen der Gastarbeiter der 60-iger Jahre! – 16 Jahre CDU/CSU-Verantwortung in Berlin!)

Wir setzen die Sprachprüfung jetzt durch, und ich freue mich, dass auch Sie zustimmen. Sie sollten aber gleichzeitig erklären, dass Sie alle Einwendungen, die Sie gegen die Sprachprüfungen für die Erlangung der deutschen Staatsangehörigkeit erhoben haben, zurücknehmen. Ich erwarte eigentlich, dass Sie sich für jedes böse Wort gegen mich entschuldigen.

(Beifall bei der CSU – Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Mein Gott! – Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN)

Nun wird die Sprachprüfung nicht nur für die Staatsangehörigkeit nötig, sondern auch bei der Aufenthaltsgewährung wichtig. Dafür ist die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs, der Sprachkurs und zusätzliche Elemente enthält, nachzuweisen. Wer ihn nicht hat, kann Rechtsnachteile bei der Aufenthaltserlaubnis und bei den Sozialleistungen haben. Herzlichen Dank. Das war in der letzten Sitzung am 30. April und 1. Mai 2004 nicht möglich. Herr Volker Beck sagte, mit ihm, den GRÜNEN und dem Bundeskanzler werde es diese Regelung nicht geben. Ich räume ein, dass die Verhandlungen mit Innenminister Schily, Ministerpräsident Peter Müller und mir deutlich weitergegangen sind als beim Gespräch bei Bundeskanzler Schröder.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Das ist ein Fortschritt für unser Land. Das will ich deutlich machen. Ich hoffe, dass wir gemeinsam deutlich machen, dass derjenige, der auf Dauer in unserem Land leben will, die Bereitschaft haben muss, die deutsche Sprache zu lernen. Wenn er das nicht will, ist er in unserem Land nicht willkommen.

Wir müssen die Bildungschancen ausbauen. Fördern und Fordern – ist das Thema. Hier ist noch eine Menge zu tun.

Bei den Spätaussiedlern verbleibt es dabei – anders als der Beschluss des CDU-Parteitags –, dass bei der statusbegründenden Prüfung der deutschen Sprachkenntnisse eine Wiederholung nicht möglich ist. Liebe Kollegin Matschl, wir haben uns vorhin darüber unterhalten, dass dann, wenn hier jemand Deutscher ist, die Frage ob er Sprachkenntnisse hat, eine große Rolle spielt. Es ist das wichtigste Element zur deutschen Volkszugehörigkeit. Diese statusbegründende Prüfung kann nicht wiederholt werden, weil der Betroffene in seiner Jugendzeit als Deutscher geprägt werden musste. Deswegen muss es wenigstens elementare Grundkenntnisse der deutschen Sprache geben. Unter Umständen können dies Dialekte sein, wie sie in Kasachstan oder anderswo gesprochen werden. Schriftdeutsch gibt keinen Hinweis auf die deutsche Volkszugehörigkeit. Vielmehr muss es eine Ausprägung der deutschen Volkszugehörigkeit sein.

Für die miteinreisenden Familienangehörigen, die im Aufnahmebescheid stehen, ist eine Sprachprüfung notwendig. Wir haben uns auf den Kompromiss geeinigt, dass es Grundkenntnisse der deutschen Sprache sein müssen, um auf diese Weise die Lernwilligkeit bezüglich der deutschen Sprache deutlich zu machen. Die weitere Integrati

on erfolgt in Integrationskursen und mit Förderung auf dem Arbeitsmarkt.

Wegen der Sicherheit sagte ich bereits, dass wir uns in einem Maße durchgesetzt haben, wie ich das vor drei Monaten für ausgeschlossen gehalten und es vor sechs Monaten noch nicht gewusst habe. Immer wieder gab es Leute, die behaupteten, wir hätten draufgesattelt. Das stimmt, weil man nach dem Anschlag am 11. März 2004 in Madrid Folgerungen ziehen musste. Deswegen haben wir weitgehende Verbesserungen, die die gewaltbereiten Extremisten, also einen minimalen Anteil der Ausländer betreffen. Ich werde nicht müde immer wieder darauf hinzuweisen, dass die überwiegende Mehrzahl der Muslime anständige, fleißige und tolerante Leute sind. Der kleine Teil Extremisten darf uns nicht auf der Nase herumtanzen. Ihn müssen wir härter anfassen.

(Beifall bei der CSU)

Ich freue mich, dass es den besonderen Ausweisungstatbestand gibt, die tatsachengestützte Gefahrenprognose, die lediglich vom Bundesinnenminister und den Innenministern der Länder erfolgen kann und dann nur noch von einer einzigen Instanz, nämlich dem Bundesverwaltungsgericht, zu prüfen ist. Damit können wir die Top-Gefährder in einem schnellen Verfahren mit politischer Verantwortung abhandeln. Über jeden dieser Fälle kann im Parlament diskutiert werden.

Ich sage Ihnen vorher, dass das Gesetz am 1. Januar 2005 in Kraft treten wird. In den ersten Tagen nach dem InKraft-Treten werde ich einige Fälle vorführen, die Anfang Januar die Koffer zu packen haben. Anhand dieser Fälle können wir deutlich machen, dass wir härter hinlangen werden.

(Beifall bei der CSU)

Das sind Einzelfälle. Letzte Woche nahm ich an der christlich-islamischen Woche in Nürnberg teil und ich habe mich gefreut, dass ein Vertreter von DITIP in Nürnberg und Frankfurt lautstark sagte, er begrüße die Verschärfung uneingeschränkt, weil die Extremisten den guten Ruf der Mehrzahl der Ausländer in unserem Land gefährdeten. Er hat immer wieder gefragt, wie es sein könne, dass ein Herr Kaplan nicht endlich in die Türkei abgefahren sei. Wir sind jetzt endlich weitergekommen.

Die Regelanfrage beim Verfassungsschutz wird es künftig nicht nur bei der Einbürgerung sondern schon vor der Erteilung einer Niederlassungserlaubnis geben. Ich freue mich, dass die GRÜNEN die Wichtigkeit der Regelanfrage endlich anerkennen. Vielleicht gibt es noch weitere Angelegenheiten, für die diese Regelung umgesetzt werden kann.

Zum Antrag der SPD habe ich zwei Bemerkungen. Meines Erachtens beinhaltet er Fehler. Ich bitte das zu überprüfen. Es heißt, die freiwillige Rückkehr solle stärker gefördert werden. Bei der Verhandlung am Frankfurter Flughafen war ich bereit, auf diese Forderung zu verzichten, weil Innenminister Schily sagte, da der Bund 100 Prozent der Integrationskosten trage, könne ihm nicht zugemutet wer

den, die Leistungen an GARP und REAG zu erhöhen. Deshalb wurde das nicht gemacht. Ich nehme den Vorschlag selbstverständlich gerne mit und werde in den nächsten Tagen bei den Beratungen vortragen, dass die bayerische SPD die Bundesregierung zur Nachbesserung auffordert und die Forderung stellt, die Rückkehrbereitschaftsmittel zu erhöhen. Ich kann Ihnen aber vorher sagen, dass mich Innenminister Dr. Schily zumindest in kleiner Runde auf die bekannte „Stärke“ der SPD in Bayern hinweisen und das bei Wahlen nicht als entscheidendes Argument ansehen wird.

(Beifall bei der CSU)

Im letzten Tiret befindet sich dezidiert ein Fehler. Es heißt, die Zuwanderung von Spätaussiedlern setze Grundkenntnisse der deutschen Sprache voraus. Das ist nicht richtig. Es muss vielmehr differenziert werden: Der Spätaussiedlerbewerber muss nach wie vor ein einfaches Gespräch auf deutsch führen können. Dabei geht es um die Prüfung als statusbegründendes Merkmal. Im SPD-Antrag sind die miteinreisenden Ehegatten und Abkömmlinge gemeint, die nunmehr über Grundkenntnisse der deutschen Sprache verfügen müssen, um in den Aufnahmebescheid einbezogen zu werden.

Das ist in Ihrem Antrag nicht präzise. Ich bitte, das einfach zu berichtigen. Ich sage das nur, weil wir in dieser Frage unter keinen Umständen auch nur den leisesten Dissens haben können. Herr Schily, Herr Müller und ich haben uns darauf geeinigt, dass nur dann, wenn wir drei irgendwo übereinstimmend sagen, dass ein Komma geändert wird, die Möglichkeit besteht, vom Wortlaut abzuweichen, weil es sowieso eine schwierige Frage war. In den eigenen Reihen hat es durchaus kritische Fragen gegeben, beispielsweise hat Horst Seehofer gesagt: Ein Gesetz, dem die GRÜNEN zustimmen, kann gar nicht so gut sein, wie du das darstellst! – Ich habe darauf geantwortet: Du musst wissen, für Dienstwagen machen die GRÜNEN eine Menge. Sie haben beim Kosovo und bei Militäreinsätzen auch zugestimmt; dann werden sie es hier auch tun.

(Beifall bei der CSU)