Protocol of the Session on July 16, 2008

(Gerhard Eck (CSU): Das sollten Sie bezahlen!)

War aber nicht möglich, weil am Samstag, dem Zustelltag des Bescheides, keine solche Versicherung abgeschlossen werden konnte. Solche Vorgaben erschweren auch schon jetzt die Durchführung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ihr Gesetzentwurf verschärft und erschwert die Situation und macht alles nur noch komplizierter.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Kollegin, ich wollte mich eigentlich bedanken, weil Ihre Redezeit schon seit einer halben Minute abgelaufen ist.

(Dr. Manfred Weiß (CSU): Das reicht schon!)

Also, Herr Präsident, es ist eine halbe Minute abgelaufen. Ich bin aber sowieso am Ende meiner Rede.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN)

Dieser Art. 7 Nr. 3 wurde durch Ihren Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, nicht gestrichen, sondern er wurde lediglich aus dem Versammlungsgesetz herausgenommen und in das Landesstraf- und Verordnungsgesetz überführt. Das ändert aber nichts an der Problematik dieser Regelung. Das ändert auch nichts daran, dass wir hier eine sehr unklare Situation haben. Es wäre als Versammlung anzeigepflichtig, wenn mehrere Personen mit T-Shirts, die einen Aufdruck tragen wie beispielsweise „Genfood: Nein“, gemeinsam durch die Fußgängerzone einer Stadt gingen. Das Ganze ist umso problematischer, weil bei Verstößen gegen die Anzeigepflicht einer Versammlung drakonische Strafen drohen. In diesem Fall ein Strafrahmen bis zu einem Jahr Gefängnis oder 3000 Euro Bußgeld. So etwas ist abschreckend.

Ich habe in einer Schriftlichen Anfrage an den Innenminister nachgefragt, ob das Tragen von gleichartigen T-Shirts anzeigepflichtig ist. Ich trage Ihnen die Antwort des Innenministeriums vor, damit Sie sehen können, wie unsinnig solche Regelungen sind. Da heißt es, es hängt von den Umständen eines Einzelfalls ab, ob beim Tragen gleichartig bedruckter T-Shirts eine anzeigepflichtige öffentliche Versammlung vorliegt.

Haben sich die Personen im Vorfeld in der Absicht verabredet, durch das Tragen gleicher TShirts an einem bestimmten Ort oder zu einer bestimmten Zeit an der öffentlichen Meinungsbildung teilzunehmen und so bewusst ein Zeichen zu setzen, ist dies grundsätzlich eine anzeigepflichtige öffentliche Versammlung. Haben sich die Personen in derselben Absicht, allerdings spontan, mit demselben T-Shirt getroffen, dann wäre es eine nicht anzeigepflichtige Spontanversammlung. Tragen die Personen die TShirts nur zufällig gemeinsam, weil der Aufdruck ganz allgemein ihrer Grundhaltung zu einem bestimmten Thema entspricht und sie das T-Shirt daher als gewöhnliches Kleidungsstück tragen, oder haben sie sich zuvor nicht verabredet, an dem bestimmten Ort zu einem bestimmten Zeitpunkt mit einer bestimmten Kleidung eine gemeinsame Meinung öffentlich kundtun zu wollen, liegt keine öffentliche Versammlung vor.

So die Rechtslage hinsichtlich des Tragens von T-Shirts. Diese Regelung führt letztendlich dazu, dass wir außerordentlich absurde Diskussionen und Auseinandersetzungen haben und weiterhin haben werden, ob Verstöße gegen das Versammlungsgesetz gegeben sind oder nicht. Diese Unklarheiten, die durch Ihr Gesetz nicht beseitigt, sondern noch verschärft werden, werden auch noch erschwert, weil die Kreisverwaltungsbehörden in Bayern bereits das jetzige Versammlungsrecht außerordentlich uneinheitlich und willkürlich vollziehen. Dazu könnte ich sehr viel sagen. Was wird dann erst passieren, wenn derart schwammige Passagen jetzt zur Grundlage des Vollzugs gemacht werden?

Ich möchte einige Beispiele nennen. Im Umfeld von Atomkraftwerken kommt es bereits jetzt vor, dass, wenn Versammlungen angemeldet werden, die Verkehrsregelung nicht von der Polizei vorgenommen wird. Die Gemeinde Gundremmingen, die reichste Gemeinde

tenten nicht als Claqueure beschimpfen, nur weil sie das schreiben, was Ihnen nicht gefällt. Man muss sie vielmehr ernst nehmen, denn sie drücken ihre Sorge um diese Demokratie aus. Man sollte sie ernst nehmen und nicht als Querulanten oder als Masse abstempeln, die eigentlich gar nicht weiß, wovon sie spricht. Für wie blöd halten Sie eigentlich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer?

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben meist mehr Gespür dafür, wann es in den Graben geht, als viele andere. Ich darf nur einmal daran erinnern, wer lange Zeit versucht hat, das Ende der letzten Demokratie zu verhindern. Das waren allerdings nicht unbedingt die, die es machen sollten, sondern es waren die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die dafür bis zur letzten Minute gekämpft haben.

Meine Damen und Herren, dann wurde uns auch noch unterstellt, und zwar sehr subtil, wir wollten die Rechten nicht bekämpfen.

Von keinem meiner Kollegen mussten im letzten Wahlkampf dumme Nazi-Sprüche eines Engländers von der Internetseite gelöscht werden. Es war ein Kollege Ihrer Partei in München, dessen Internetseiten man löschen musste. Darüber sollten Sie einmal nachdenken.

(Beifall bei der SPD)

Ich will Ihnen ein Weiteres sagen: Wer Rechts bekämpfen will, kann das nicht mit dem Versammlungsrecht. Rechts muss man an den Wurzeln bekämpfen. Sie würden gut daran tun, zum Beispiel beim Mindestlohn Ja zu sagen, damit Menschen nicht in die Not und den Rechten zugetrieben werden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Sie sollten gegen Lohn-Dumping vorgehen – was Sie bisher nicht getan haben – und sicherstellen, dass man Menschen nicht in gegenseitige Konkurrenz hetzt. Das wäre das Beste, was Sie tun könnten, um Rechts zu verhindern.

(Beifall bei der SPD)

Da sind Sie nicht dabei. Sie versuchen mit dem Versammlungsrecht zu reparieren, was Sie möglicherweise selbst mit verursachen. So muss man die Dinge einmal betrachten, um sicherzustellen, dass so etwas nicht passiert.

Herr Kollege Herrmann, Sie haben offensichtlich, wie die gesamte Staatsregierung, ein gewisses Missverhältnis zur Spontaneität. Ich kann es aber verstehen: Wenn man so lange an der Macht ist und so träge geworden ist, dann wird Spontaneität irgendwie zum Werk des Teufels, man kann nicht mehr richtig darauf reagieren.

Wenn es in Zukunft, zum Beispiel wie kürzlich bei Siemens, zu solchen Äußerungen des Vorstandsvorsitzenden kommt, wollen Sie dann den Menschen sagen, sie

Ach so. Vielen Dank, Frau Kollegin. Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Wörner.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Zunächst eine Bemerkung zu Herrn Kollegen Obermeier. Herr Kollege, offensichtlich haben Sie so intensiv mit den Petenten telefoniert, dass sich niemand an Ihren Anruf erinnern kann. Das kann aber auch an Ihrem Namen liegen. Wir versuchen jedenfalls seit zwei Stunden herauszubekommen, mit wem Sie telefoniert haben. Niemand weiß etwas. Offensichtlich haben Sie dem Hohen Haus eine Story aufgetischt, die nicht haltbar ist.

(Zuruf der Abgeordneten Christine Stahl (GRÜNE))

Wir haben im Übrigen in diesem Zusammenhang auch die ersten massiven Beschwerden über Ihre Äußerungen und über die Äußerungen von Herrn Kollegen Welnhofer, nämlich darüber, wie hier mit Petenten umgegangen wird.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die Petenten verwahren sich massiv dagegen, dass sie von Ihnen als Claqueure der GRÜNEN und der SPD bezeichnet werden.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vor allem Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die um ihre Rechte kämpfen, weil sie in diesem Staat zu Recht Angst vor einem Abbau ihrer Rechte haben. Diese Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kämpfen darum, dass ihre Rechte gewahrt und gesichert bleiben, und sie verwahren sich dagegen, von Ihnen so abgekanzelt zu werden, wie Sie das gerade getan haben. Sie sollten sich dafür schämen, wie Sie mit den Interessen der Demokratie umgehen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wer eine Petition schreibt, der macht sich auf den Weg, etwas zu verteidigen, von dem er glaubt, dass es in Gefahr ist. Wir sollten froh sein, dass es noch genug Menschen gibt, die noch nicht so eingeschüchtert sind, die sich das auch weiterhin trauen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Kolleginnen und Kollegen, schade, dass Herr Kollege Welnhofer nicht mehr da ist, denn er hat ein besonderes Verhältnis zu unserer Verfassung, wie er erst kürzlich bei den Beratungen zu einem Verfassungsartikel der GRÜNEN gezeigt hat. Herr Kollege Welnhofer ist nämlich der Meinung, die Staatsorgane bräuchten sich nicht um die Verfassung zu kümmern. So eine Meinung zu haben, sich dann aber auf die Verfassung zu berufen. – Wenn Sie das nicht wahrhaben wollen, können Sie es gerne im Protokoll nachlesen, es wurde so gesagt. – Wir sind der Meinung, die Verfassung ist ein schützenswertes Gut. Dazu gehören auch Petitionen. Deshalb kann man Pe

Herr Minister Herrmann, Sie haben sich entlarvt. Sie sagen: Wir in Bayern haben es bisher mit dem bestehenden Recht geschafft, bei Aufmärschen der Braunen und des Schwarzen Blockes zu verhindern, dass diese aufeinandergeprallt sind. Das ist richtig, das hat funktioniert. Wenn dem aber so ist, warum brauchen Sie dann ein neues Gesetz? Das müssen Sie mir einmal erklären.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

Sie verkünden hier mit stolzgeschwellter Brust, dass dank einer guten Polizei in Bayern feindliche Lager voneinander getrennt gehalten werden können – mit welchen Mitteln auch immer, darüber könnten wir einmal in aller Ruhe reden, das gehört aber jetzt nicht hierher. Wenn das schon jetzt funktioniert – Kollege Schuster und ich waren selbst ein paar Mal dabei, wir bewegen uns dann mit den Polizeibeamten, um zu sehen, wie man so etwas richtig macht –, warum wollen Sie dann ein neues Gesetz? Sie sagen selbst, es hat in Bayern besser funktioniert als in Berlin oder in Hamburg.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Und gegen Rechts haben wir auch Gesetze!)

Das entlarvt Ihre Meinung, man brauche ein neues Gesetz. Das ist Schmarrn. Es hat schließlich bisher auch funktioniert. Deshalb glauben wir, das Gesetz ist abzulehnen. Wir meinen, Demokratiepflege muss anders geschehen, als Sie das hier tun. Wir sollten die viel beschworene bayerische Liberalität genau an dieser Stelle ansetzen: Leben und leben lassen. Das wäre ein Oberprinzip in Bayern gewesen. Darauf waren wir immer stolz. Warum nicht auch da: Leben und leben lassen, freie Meinungsäußerung, nicht in die Feigheit treiben? Menschen, gerade junge Menschen, reagieren spontan. Es sollte Sorge dafür getragen werden, dass sie spontan bleiben können und nicht in Angst leben müssen, dass sie irgendwann eine auf den Deckel kriegen und daraus später berufliche Nachteile entstehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie sollten sich gut überlegen, ob man diesem Gesetz in dieser Fassung zustimmen kann. Ich bewundere manche von der CSU, dass sie ihren Finger dafür heben können. Ich bedaure das zutiefst und finde das schade.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

Herr Kollege, vielen Dank. Laut unserer Tagesordnung folgt jetzt die Mittagspause. Diese endet um 14.00 Uhr; um 14.00 Uhr Fortsetzung der Sitzung.

(Unterbrechung von 13.26 bis 14.02 Uhr)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Mittagspause ist beendet. Ich nehme deshalb die Sitzung wieder auf und darf den anwesenden Besucherinnen und Besuchern sagen, dass wir die Sitzung für die Mittagspause unterbrochen haben. Wir diskutieren über die Sicherung der Versammlungs

dürfen nicht spontan und unmittelbar nach Bekanntwerden der Äußerung auf die Straße gehen? Das geht dann nicht mehr.

(Staatsminister Joachim Herrmann (CSU): Wieso geht das nicht mehr?)