Protocol of the Session on July 16, 2008

1995 bei der – –

(Prof. Dr. Gerhard Waschler: 1785!)

Herr Kollege, dass Sie es nur schwer ertragen können,

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

sich anhören zu müssen, dass alles das – –

(Ernst Weidenbusch (CSU): Sie sind schwer zu ertragen, so wie Sie sich heute benehmen!)

Dann gehen Sie doch hinaus.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Es ist für Sie nur schwer zu ertragen, dass das alles – altersgemischte Kindergruppen, Krippenfinanzierung, Nachmittagsbetreuung, Ganztagsschulen – unsere Forderungen waren, die Sie nach 10 bis 15 Jahren endlich erfüllt haben. Aber das müssen Sie sich jetzt anhören. Da kann ich Ihnen nicht helfen.

(Beifall bei der SPD)

Es gab 1995 einen Staatssekretär, der zu unserem Antrag auf staatliche Förderung von Kinderkrippen wörtlich gesagt hat: Tagesmütter, Tagespflege und Nachbarschaftsbetreuung würden kaputtgemacht werden, wenn wir Kinderkrippen staatlich fördern würden. Dies wäre ein Rückschritt zulasten der Mütter und Kinder. – Würden Sie das heute noch sagen? Man muss Ihnen doch sagen dürfen, dass Sie in zehn Jahren Ihre Meinung geändert haben.

(Beifall bei der SPD)

Besonders verändert hat sich Ihre Meinung in Bezug auf die Hauptschule. Es gab Lippenbekenntnisse und Sonntagsreden, eine Hauptschulreform hat die andere gejagt. Letztendlich sind wir noch längst nicht so weit, dass diese Schulen stabil sind. Die Teilhauptschulen sind alle geschlossen. Ein Drittel der noch vorhandenen Hauptschulen soll geschlossen werden.

Frau Kollegin Radermacher, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Spaenle?

Nein, ich lasse keine Zwischenfragen zu.

(Zurufe von der CSU: Oh!)

Als wir 1987 noch eine echte Chance hatten, die Hauptschule aufzuwerten, haben wir ein freiwilliges 10. Schuljahr beantragt. Herr Zehetmair hat damals Folgendes gesagt:

Ein 10. Schuljahr ist zur Aufwertung weder notwendig noch sinnvoll. Es nützt den Schülerinnen und Schülern nichts.

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Weidenbusch?

Diese Annäherungen an sozialdemokratische Positionen kann ich Ihnen schon noch einmal erläutern.

(Lachen bei der CSU)

Was die Integration behinderter Kinder in die Regelschule betrifft, so waren Hunderte von Petitionen unter meiner Leitung als Ausschussvorsitzende nötig, bis Sie sich endlich bewegt haben. Es war Herr Thätter, der sich damals bewegt hat, aber keiner von Ihnen.

(Beifall bei der SPD)

Die Regelungen zu mehr Mitentscheidung von Schülerinnen und Schülern, die wir erst kürzlich verabschiedet haben, waren jahrelang ein Thema, bei dem Sie sich überhaupt nicht bewegt haben. Es hat 20 Jahre lang gedauert, bis Meistern endlich der Zugang zur Hochschule ermöglicht wurde,

(Beifall bei der SPD – Johanna Werner-Muggen- dorfer (SPD): Das war unvorstellbar!)

von der Einführung des freiwilligen 10. Schuljahres bis hin zur Schulsozialarbeit gar nicht zu reden. Auch die Diskussion über Ganztagsschulen, die wir jetzt führen, und die Diskussionen über regionale Schulmodelle, die noch kommen werden, werden mit Sicherheit so ausgehen, dass Sie sozialdemokratische Positionen übernehmen.

(Beifall bei der SPD)

Lassen Sie mich zu Ihrer Freude einige Beispiele für Ihre ideologische Haltung geben; denn Sie haben sich geändert, nicht wir.

(Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU): Sie reden von der Vergangenheit, Frau Kollegin! Schauen Sie einmal in die Zukunft!)

Passen Sie nur auf. Wenn wir in der Vergangenheit nichts geändert hätten, gäbe es diese Zukunft nicht. Es gäbe doch keine Ganztagsschule.

(Beifall bei der SPD)

1992 bei der Plenardebatte über altersgemischte Gruppen – hören Sie gut zu! – in Kindergärten – damals hat Frau Kollegin Narnhammer gesprochen – gab es einen Zwischenruf aus Ihren Reihen. Es hieß wörtlich: Reiner Sozialismus. Wie in der DDR. – Ein weiterer Zwischenruf war: Sozialismus in Vollendung. – Frau Stewens, ich gratuliere Ihnen. Sie haben den Sozialismus mit dem BayKiBiG eingeführt. Herzlichen Glückwunsch!

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

Darum mussten wir den Begriff – so war es doch, Herr Kollege Eykmann – „Schule mit ganztägiger Betreuung“ schaffen. Wenn Herr Knauer, der jetzt Landrat ist, schon damals daran gedacht hätte, dass es nur um die Kosten geht, hätte er dem in dieser Form sicher nicht zugestimmt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit will ich Ihnen sagen, dass Sie doch wenigstens ein einziges Mal von Ihrem hohen Ross steigen und zugeben mögen, dass Sie der Entwicklung um 10 bis 15 Jahre hinterherhinken.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Weiter zu den Ganztagsschulen. Ich fände es schon begrüßenswert, wenn ein Mitglied des Bildungsausschusses die einzelnen Formen auseinanderhalten könnte. Aber ich werfe jetzt noch einen Blick auf die Ganztagsklassen, die es gibt. Ich habe Ihren Unterlagen entnommen, Herr Minister, dass jetzt 146 solcher Klassen bestehen und im neuen Schuljahr um 170 Klassen erweitert werden. Dann hätten wir 316.

Zum Vergleich muss man sich vergegenwärtigen, wie viel Klassen wir in Bayern haben. Ich habe einmal nur die Klassen von Grund- und Hauptschulen sowie Gymnasien zusammengezählt. Da haben wir ungefähr 48 000 Klassen. Ich kann nur sagen: Wir sind mit 316 Ganztagsklassen spitze.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Sie lehnen unsere Anträge oftmals ab. Das ist auch heute bei unserer Gesetzesvorlage der Fall. Dafür gibt es schon abenteuerliche Begründungen. Eine davon hat in der letzten Woche im Haushaltsausschuss gelautet: Die Zeit ist noch nicht reif.

(Zuruf von der SPD: Die CSU ist noch nicht reif!)

Wann die Zeit reif ist, damit Männer und Frauen Beruf und Familie miteinander vereinbaren können, und wann die Zeit reif ist, dass Kinder nach ihren Fähigkeiten und nicht nach dem Geldbeutel der Eltern gefördert werden, sollte nicht weiter Ihrer Machtarroganz überlassen bleiben. Es wird Zeit, dass die Bürgerinnen und Bürger sagen: Die Zeit ist reif.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der SPD)

Mir liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Die Aussprache ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Abstimmung liegt der Initiativgesetzentwurf Drucksache 15/10480 zugrunde. Der federführende Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport empfiehlt auf Drucksache 15/11131 Ablehnung des Gesetzentwurfs.

Wer dagegen dem Gesetzentwurf zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die SPD und

Das sagte er unter dem frenetischen Beifall Ihrer Fraktion.

Noch 1991 haben Sie in namentlicher Abstimmung gegen das freiwillige 10. Schuljahr gestimmt. Damals wäre die Zeit gewesen, die Hauptschule in eine Situation zu versetzen, die dazu geführt hätte, dass wir heute nicht die Probleme hätten, mit denen wir uns täglich beschäftigen.

Aber es geht noch weiter. Wir sind jetzt wieder in einer Debatte darüber, dass – Sie haben angemahnt, wir sollten in die Zukunft denken – regional angepasste Lösungen für unser Schulsystem gefunden werden müssen.

Es gibt einen CSU-Bürgermeister in der schönen Gemeinde Schonungen. Bei ihm stehen 15 Klassenzimmer leer. Er hat die Bitte geäußert, dass man angesichts der durch den Leerstand bedingten immensen Kosten aus dem benachbarten Schweinfurt, wo zwei Realschulen überquellen und angebaut werden müsste, eine Außenstelle dieser Realschulen einrichtet. Er hat nicht etwa gesagt, dass gemeinsamer Unterricht veranstaltet werden sollte, sondern nur gesagt, er möchte erreichen, dass dem Schulverband der Gemeinde Schonungen und der übrigen Gemeinden keine weiteren Kosten entstehen. Er wollte schlicht und einfach die leeren Klassenzimmer füllen und dadurch kostenintensive Neubauten verhindern.