Wir haben am Dienstag die neuen Arbeitsmarktzahlen bekommen. Es lohnt sich, dort einen Blick auf die Jugendarbeitslosigkeit zu werfen. Da ist es dasselbe Bild: In Bayern liegt die Arbeitslosigkeit bei den Jugendlichen unter 25 Jahren bei 2,9 %, bei den Jugendlichen unter 20 Jahren nur mehr bei 1,9 %. Damit steht Bayern zusammen mit Baden-Württemberg in Deutschland an der Spitze. Der Bundesdurchschnitt ist 6,4 %. Wir liegen bei 2,9 %.
Irgendwann sollten Sie einmal überlegen, warum das so ist. Bayern und Baden-Württemberg haben ein klar strukturiertes Bildungsangebot und legen auf Qualität Wert. Das zahlt sich für die jungen Menschen aus.
Bessere Rahmenbedingungen bedeuten auch Abbau großer Klassen. Auch damit haben wir begonnen. Wir werden diesen Weg konsequent weitergehen. Unser Ziel ist, zu erreichen, dass im nächsten Schuljahr in Grund- und Hauptschulen keine Klasse mehr stärker als 30 Schüler ist. An Realschulen und Gymnasien wollen wir keine Klassen mit mehr als 33 Schülern haben.
Am Ende der Legislaturperiode wollen wir an den weiterführenden Schulen keine Klassen mehr mit über 30 Schülern haben. Dann soll es an Grundschulen keine Klasse mehr mit über 25 Schülern geben. Wo ein hoher Migrationshintergrund herrscht – das bedeutet mehr als 50 % –, sollen in allen weiterführenden Schulen keine Klassen mehr mit über 25 Schülern sein.
Das ist ein ehrgeiziges Programm. Dazu brauchen wir auch die Qualität der Lehrkräfte. Wir werden sie in den nächsten Jahren bekommen und unsere Vorstellungen durchsetzen.
Bessere Rahmenbedingungen bedeuten auch Deutschförderung. Wir haben die verpflichtende Sprachstandsdiagnose eingeführt. Wir weiten die Vorkurse in der Deutschförderung auf 240 Stunden aus. Derzeit werden 15 000 Kinder in 1800 Gruppen gefördert, damit sich ihre Sprachkompetenz erhöht. Auf diesem Weg gehen wir weiter durch Deutschfördermaßnahmen an Grundschulen. Wir stellen weit über 700 Lehrerstellen bereit, um die Chancen der Kinder mit Migrationshintergrund zu erhöhen.
Zum zweiten Bereich. Der konsequente Aufbau von Ganztagsschulen hat begonnen. In 800 offenen Ganztagseinrichtungen werden 45 000 Schüler gefördert. Außerdem haben wir 222 gebundene Ganztagsschulen. Im nächsten Jahr kommen 175 Hauptschulen und 30 Förderschulen hinzu. Das heißt, an über einem Drittel der Hauptschulen haben wir gebundene Angebote. Dieses System werden wir in den nächsten Jahren konsequent ausbauen.
Die Mittagsbetreuung fördern wir für 3400 Gruppen an Grundschulen. Für 1700 Gruppen wird diese Betreuung im nächsten Schuljahr bis 16 Uhr verlängert.
Der Kabinettsbeschluss vom 24. Juni macht deutlich, dass wir in den nächsten Jahren auch den Ausbau der Grundschulen und der Förderschulen vorantreiben werden. Bei Realschulen und Gymnasien werden wir in der fünften und sechsten Jahrgangsstufe die gebundene
Wer Bayern verstehen will, muss den aufs Gymnasium fokussierten Blick zurückstellen und den Gedanken aufgeben, dass die Quote traditioneller Gymnasiasten das entscheidende Gütekriterium des Schulsystems sei. Dann sieht man, dass 42 % der Studienanfänger in Bayern die Hochschulreife über Fachoberschule und Berufsoberschule erreicht haben.
Stärker auf Anschlüsse achten und weniger auf Abschlüsse fixiert sein – so könnte eine bayerische Lektion lauten.
Ich will Ihnen noch ein Zitat aus der Verbandszeitschrift der Lehrer an beruflichen Schulen in Bayern vortragen. Da lautet eine Überschrift „Ein Hauptschüler wird Landessieger“. In dem Zitat wird deutlich gemacht, worum es uns in der Bildungspolitik geht: Dirk S. aus Goldbach, so wird berichtet, besuchte die Hauptschule, wechselte dann nach der Neunten auf den M-Zug, machte dort die Mittlere Reife, hat die Kammerprüfung für Informationselektriker als Bezirkssieger in Unterfranken abgeschlossen, dann den bayerischen Landesentscheid gewonnen, macht jetzt mit 21 Jahren den Meisterkurs und kann anschließend entscheiden, ob er in seinem Betrieb Karriere macht oder ob er mit dem Meisterbrief in der Tasche auf die Fachhochschule geht. – Das ist für uns genauso ein Bildungserfolg!
Meine Kolleginnen und Kollegen, Bayern ist gut, Bayern ist besser als jedes andere Land in Deutschland. Aber wir wollen noch besser werden. Deshalb werden wir die Bildung in Bayern konsequent weiter stärken.
Zunächst einmal verbessern wir die Rahmenbedingungen für Unterricht und Erziehung an unseren Schulen. Das heißt zuerst, dass mehr Lehrer eingesetzt werden. Von 1999 bis 2008 sind in unseren Schulen zusätzliche Lehrerkapazitäten im Umfang von 9139 Stellenäquivalenten geschaffen worden. Das sind also in 10 Jahren über 9000 zusätzliche Stellenäquivalente. Allein im laufenden und im kommenden Schuljahr werden – dem wurde im Landtag bereits zugestimmt – zusätzlich 2245 Lehrer eingesetzt.
In den letzten Jahren ist die Zahl der Schüler um 0,2 % gestiegen, während die Anzahl der Lehrer um 2,8 % zugenommen hat.
Wir stehen zu einer starken Hauptschule ohne Wenn und Aber, auch zu einer starken einzügigen Hauptschule gemeinsam mit unseren Partnern von der Handwerkskammer, von der Industrie- und Handelskammer und vom Verband der Bayerischen Wirtschaft.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, beim Bildungsbericht habe ich die Frage gestellt: Gibt es in den Ländern, die die Hauptschule abgeschafft haben, keine Probleme mehr? Das ist doch gerade das Thema: Uns gelingt es mit der Hauptschule besser, die Schüler zu fördern, als das in den Ländern der Fall ist, die die Hauptschule abgeschafft haben. Das ist Tatsache!
Natürlich ist mir die Zahl 7 % derer, die derzeit die Schule ohne Abschluss verlassen, noch zu hoch. Wir haben hierbei einen Abbau erreicht. Vor einigen Jahren waren es noch mehr als 10 %. Hier müssen und werden wir uns weiter anstrengen; denn das Ziel der Hauptschulinitiative ist es, dass alle Schülerinnen und Schüler die Hauptschule mit der Ausbildungsreife, mit einem Schulabschluss verlassen. Das ist auch unser Anspruch. In der Zwischenzeit qualifizieren wir die Hauptschüler, die noch nicht ausbildungsreif sind, in Kooperation mit der Wirtschaft. Zum nächsten Schuljahr stellen wir für das Berufsvorbereitungsjahr 3000 Plätze, für das Berufseinstiegsjahr 3000 Plätze und für das Berufsintegrationsjahr für Kinder, die noch Sprachprobleme haben, 1000 Plätze zur Verfügung. Unser Ziel ist es, dass jeder einen Anschluss bekommt. Im neuen Schuljahr wird das gewährleistet sein.
Es ist schon bezeichnend, dass der künftige Chef von Pisa, Herr Klieme, der den Bildungsbericht vorgestellt hat, als eine Schlagzeile in der „Welt“ fast flehend gerufen hat: „Bloß keine Einheitsschule!“ – Die Wissenschaft weiß heute, dass das der verkehrte Weg ist. Aus Frankreich bekommen wir fast tagtäglich Meldungen die besagen, dass man dort mit der Einheitsschule gescheitert ist. Ich zitiere aus der „Badischen Zeitung“: „Leider erfüllt die Einheitsschule“ – in Frankreich – „immer weniger den Anspruch an eine fundierte Qualifikation für den Arbeitsmarkt.“
Und jetzt das Entscheidende: „Es sind die Schwächeren, die den Preis der Einheitsbehandlung bezahlen.“ Es sind die Schwächeren!
Schauen Sie nach Frankreich, schauen Sie nach England. Was passiert dort? Wer Geld hat, wer es sich leisten kann, der flieht aus der staatlichen Einheitsschule zu teuren Privatschulen.
Im Schuljahr 2009/2010 werden wir in den Grundschul- und Förderschulausbau einsteigen. Im Anschluss daran kommen die Gymnasien, die Realschulen und die Wirtschaftsschulen dran.
Ich komme zum dritten Bereich. Alle Kinder sollen individuelle Förderung bekommen. Dadurch, dass wir das schon machen, ist es uns gelungen, die Pflichtwiederholerzahl deutlich zu senken, und zwar seit 2000/2001 in den Hauptschulen um 36 %, in den Realschulen um 35 % und an Gymnasien um 45 %. Wir fördern die Schwachen und fordern und stärken die Starken. Das ist für uns Chancengerechtigkeit.
Deshalb bauen wir die Diagnostik und die Förderung von Begabungen in der Grundschule aus. Wir werden letztlich in jedem Regierungsbezirk ein Gymnasium mit einem Hochbegabtenzug einrichten. Die Begabtenförderung werden wir wissenschaftlich begleiten und evaluieren.
Wir halten an unserem vielfältig gegliederten Schulwesen fest. Wir brauchen starke Säulen und ein starkes Gymnasium, das kindgerecht und leistungsorientiert ist. Dazu haben wir gemeinsam mit Eltern und Lehrerverbänden die Rahmenbedingungen festgelegt. Sie werden jetzt vor Ort umgesetzt. Sie vermindern die Belastungen, sichern die Qualität des Gymnasiums und ermöglichen es, die individuelle Förderung auszubauen.
Wir setzen auf eine starke Realschule, die Wege öffnet, ob duale Berufsausbildung oder Abitur. Die bayerischen Realschulen leisten eine hervorragende Arbeit. Deshalb sind sie auch so attraktiv für unsere Eltern und für unsere Schüler.
Wir können festhalten, dass 50 % der Schüler in der fünften Jahrgangsstufe der Realschulen auch auf ein Gymnasium hätten gehen können. In Bayern bekommen 49 % das Übertrittszeugnis für ein Gymnasium ausgestellt. 38 % nutzen das Gymnasium. 11 % sagen: Mein Kind geht den Weg über die Realschule, kann dann die Fachoberschule oder die Berufsschule absolvieren. Das ist ein Angebot, das von den Eltern angenommen wird. Wir wollen keine Zwangsverpflichtung.