Protocol of the Session on July 3, 2008

(Beifall bei der CSU – Florian Ritter (SPD): Das ist ein Witz!)

Bei der Online-Durchsuchung beim Verfassungsschutz geht es um extreme Ausnahmesituationen, um extreme Ausnahmefälle. Das sollten Sie den Menschen draußen ehrlich sagen. Anhand des Themas akustische Wohnraumüberwachung kann man das konkret aufzeigen. Wir haben in diesem Gesetz die Verpflichtung stehen, dass ich als Innenminister dem Parlament berichte, was im zurückliegenden Jahr an solchen Maßnahmen stattgefunden hat. Ich habe diesem Parlament vor kurzem berichtet: Akustische Wohnraumüberwachung des Bayerischen Verfassungsschutzes im Jahr 2007 genau null – weil es nämlich keinen konkreten Anlass gab, dieses Instrument anzuwenden. Das ist etwas völlig anderes.

(Zuruf der Abgeordnete Christine Stahl (GRÜNE))

Nein, das ist das Schlimme an Ihrer Argumentation. Sie werfen nämlich Instrumente wie das Kfz-Kennzei

sind. Natürlich waren die Interessen von Polizei und Verfassungsschutz andere. Die Debatte hat aber gezeigt, dass die ganzen Instrumente, über die diskutiert wird, auch wenn sie der Sicherheit dienen sollen, nicht schrankenlos angewendet werden können. Das müssen Sie sich immer wieder sagen lassen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir haben in der Bayerischen Verfassung und im Grundgesetz schlicht und einfach einen Wertekanon stehen, den alle zu beachten haben. Wenn Sie, was Sie ja so gerne tun, eine Wertedebatte führen wollen, machen wir gerne mit. Ich möchte diese Wertedebatte dann aber in einem Gesamtkontext führen. Dazu gehört für mich nicht nur, dass es ein Wert ist, dass die Bürgerinnen und Bürger in Sicherheit und Frieden leben können, sondern dazu gehört für mich auch der Wert Freiheit. Über diesen will ich auch diskutiert haben. Dazu gehört für mich natürlich auch, dass es ein Wert ist, dass die Bürgerinnen und Bürger vor staatlicher Willkür und vor Übergriffen geschützt werden. Das muss man zusammen diskutieren,

(Beifall bei den GRÜNEN)

nicht immer nur die Werte, von denen Sie behaupten, dass sie die allein selig machenden sind. Sie hoffen ja, dass jetzt alles verfassungsgerecht ist; das haben Sie vorhin gesagt.

(Dr. Manfred Weiß (CSU): Wir gehen davon aus!)

Nein, Sie haben gesagt, dass Sie es hoffen. Ich kann Ihnen das an verschiedenen Stellen zeigen; aber das können Sie dann im Protokoll korrigieren. Wir wissen, dass die Unverletzlichkeit der Wohnung ein so hohes Gut ist, dass man dort nicht einfach mit einer Online-Durchsuchung und den Begleitmaßnahmen eingreifen kann.

Die Online-Durchsuchung ist sowohl im Polizeirecht als auch für den Verfassungsschutz technisch unausgereift. Sie ist ungeeignet, weil die Zielgruppe – das hat Professor Pfitzmann in der Anhörung sehr deutlich ausgeführt –, nicht erreicht wird. Die Erkenntnisse sind beweistechnisch nicht verwertbar, da nicht fälschungssicher. Die Vorschriften sind in Teilen verfassungswidrig. Herr Ritter hat schon sehr genau ausgeführt, dass es nicht nur um das Betreten des Wohnzimmers einer Person geht, sondern dass es auch um das virtuelle Wohnzimmer geht. Weil es sich um Maßnahmen im präventiven Bereich und im Vorfeld handelt, lehnen wir sie ab.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Wort hat Herr Staatsminister Herrmann.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben den Kern der Themen, um den es letztendlich geht, gerade in der Debatte über das Polizeiaufgabengesetz diskutiert, sodass wir, wie ich meine, nicht noch

Summa summarum: Mit diesem Gesetz sind wir auf einem guten Weg, ein gutes Verfassungsschutzgesetz zu erhalten. Ich bedanke mich für die konstruktive Beratung in den Ausschüssen in den letzten Wochen und bitte Sie um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf.

(Beifall bei der CSU)

Es liegt keine weitere Wortmeldung vor. Dann ist die Aussprache geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Abstimmung liegen der Gesetzentwurf auf Drucksache 15/10313, die Änderungsanträge auf den Drucksachen 15/10733 und 15/10873 sowie die Beschlussempfehlung mit Bericht des federführenden Ausschusses für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit auf Drucksache 15/10947 zugrunde.

Ich lasse zunächst über den vom endberatenden Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen zur Ablehnung empfohlenen Änderungsantrag auf Drucksache 15/10873 abstimmen. Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Änderungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Das ist die CSU-Fraktion. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Zum Gesetzentwurf 15/10313 empfiehlt der federführende Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit auf Drucksache 15/10947 Zustimmung mit der Maßgabe verschiedener Änderungen. Der Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen stimmt bei seiner Endberatung der Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses zu. Ergänzend schlägt er vor, in § 5 als Datum des Inkrafttretens den „1. August 2008“ einzufügen.

Wer dem Gesetzentwurf in der Fassung des endberatenden Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die CSU-Fraktion. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Stimmenthaltungen? – Keine. Dann ist das so beschlossen.

Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wurde, folgt die Schlussabstimmung. Zur Schlussabstimmung wurde soeben namentliche Abstimmung beantragt, das heißt, 15 Minuten Pause, bis wir abstimmen können.

(Zurufe von der CSU, der SPD und von den GRÜNEN)

Ich korrigiere mich gerne. Demnach erfolgt jetzt die namentliche Abstimmung. Die Abstimmungsurnen stehen bereit, die Uhr läuft. Besteht damit Einverständnis, die Zeit für die Abstimmung auf drei Minuten zu begrenzen? – Kein Widerspruch.

(Namentliche Abstimmung von 18.33 bis 18.39 Uhr)

chen-Scanning mit extremen Ausnahmemaßnahmen in einen Topf. Natürlich ist eine akustische Wohnraumüberwachung oder eine Online-Durchsuchung ein extremer Grundrechtseingriff. Davon wird aber auch nur in extremen Ausnahmefällen Gebrauch gemacht. Darum gab es beispielsweise im vergangenen Jahr keine einzige akustische Wohnraumüberwachung. Es kann sein, dass morgen aufgrund eines konkreten Falles in Bayern plötzlich eine Situation entsteht, in der wir davon Gebrauch machen müssen und dann bei den zuständigen Stellen einen Antrag stellen.

Solange es aber dafür keine dringende Notwendigkeit gibt, machen bayerische Sicherheitsbehörden davon auch keinen Gebrauch. Deshalb haben wir im vergangenen Jahr keine einzige akustische Wohnraumüberwachung gehabt. Genauso sorgfältig restriktiv und zurückhaltend werden wir auch mit dem Thema Online-Durchsuchung durch den Bayerischen Verfassungsschutz umgehen. Das ist die Realität der Arbeit bayerischer Sicherheitsbehörden. Diese operieren sehr wohl sehr freiheitsbewusst und mit Rücksicht auf die Grundfreiheiten der Menschen in unserem Lande, aber eben auch im Interesse des Schutzes der Menschen.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Kollegin Stahl? –

Herr Staatsminister, abgesehen davon, dass ich davon ausgehe, dass die Wohnraumüberwachung zunächst einmal deshalb nicht mehr stattgefunden hat, weil Sie dafür keine ordentliche Rechtsgrundlage haben, muss ich Sie schon fragen, wie Sie die Zunahme der Maßnahmen nach § 100 c StPO bewerten wollen.

Sie wissen sicherlich, dass ich für Maßnahmen nach der StPO nicht zuständig bin.

Das sind die Maßnahmen, die hier in Bayern stattfinden.

Ich bitte darum anzuerkennen, dass das ein völlig anderer Zusammenhang ist. Sie müssen das doch auseinanderhalten können. Es geht dabei um Maßnahmen, die ein konkretes Ermittlungsverfahren einer Staatsanwaltschaft betreffen und bei dem die Staatsanwaltschaft – zum Beispiel hinsichtlich der von Ihnen vorhin angesprochenen Telefonüberwachung – den Antrag auf Genehmigung einer Telefonüberwachung stellt. Das ist Sache der Staatsanwaltschaft, die einen Antrag beim Ermittlungsrichter stellt, und der Ermittlungsrichter ordnet die Maßnahme an. Das hat weder etwas mit dem Verfassungsschutz noch mit der Online-Durchsuchung durch die Polizei zu tun. Das ist im Gesetz so vorgesehen und es handelt sich auch um kein Gesetz, das der Bayerische Landtag beschlossen hat. Das Gesetz hat der Deutsche Bundestag beschlossen und wenn Sie der Meinung sind, dass diese Maßnahme fehl am Platze wäre, können Sie Änderungen entsprechend in Berlin beantragen.

Ich unterbreche die Sitzung bis zur Bekanntgabe des Ergebnisses. Anschließend wird die Sitzung geschlossen.

(Unterbrechung: 18.40 Uhr)

Herr Kollege Herold, jetzt ist keine Stimmabgabe mehr möglich. Die dafür in der Geschäftsordnung vorgesehenen fünf Minuten sind vorbei. Ich hatte ursprünglich drei Minuten angekündigt. Das wurde reklamiert. Diese Stimmabgabe kann nicht mehr gelten. Sie erfolgte nach dem Abschluss des Abstimmungsvorgangs.

(Wiederaufnahme der Sitzung: 18.43 Uhr)

Meine Damen und Herren, ich nehme die Sitzung wieder auf und gebe das Ergebnis der namentlichen Schlussabstimmung zum Regierungsentwurf 15/10313 bekannt. Mit Nein stimmten 29 und mit Ja 47 Kolleginnen und Kollegen. Damit ist das Gesetz angenommen. Es hat den Titel: „Gesetz zur Änderung des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes, des Ausführungsgesetzes Art. 10-Gesetz und des Parlamentarischen Kontrollgremium-Gesetzes“.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 5)

Mit der Annahme des Gesetzentwurfs in der soeben beschlossenen Fassung hat der CSU-Änderungsantrag auf Drucksache 15/10733 seine Erledigung gefunden.

Damit ist die Sitzung geschlossen.