Protocol of the Session on November 15, 2007

Das Wort hat Herr Kollege Eisenreich.

Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Ich stelle fest, dass für die SPD heute nicht Kollege Pfaffmann zum Büchergeld geredet hat. Wahrscheinlich ist er müde, immer das Gleiche zu wiederholen. Aber Herr Kollege Strobl, Sie haben das gut gemacht.

Ich möchte zu diesem Thema einige Dinge im Rückblick sagen. Ich spreche zu den Realitäten. In dieser Debatte wurde die Realität des Öfteren ausgelassen.

Ich weise auf die Situation hin, wie sie in den Jahren 2004 und 2005 war. Wir hatten zum Teil veraltete Bücherbestände und eine schwierige finanzielle Lage. In den Jahren 2004 und 2005 hat die rot-grüne Bundesregierung regiert. Niemand wünschte sich eine Rekordarbeitslosigkeit, aber wir hatten sie, und wir mussten mit schwierigen finanziellen Bedingungen fertig werden. Das haben Sie in Ihren Ausführungen leider immer außer Acht gelassen.

Unser Ziel war von Anfang an eine Erneuerung der zum Teil veralteten Bücherbestände. Wir mussten uns damals leider – es war notwendig – zu einer Elternbeteiligung durchringen. Das bedeutete, keine Abschaffung der Lehrmittelfreiheit. Die Elternbeteiligung war maßvoll und sozial abgefedert. Sie haben als Opposition eine „Wünsch dir was“-Politik gemacht und Forderungen wie in allen anderen Bereichen erhoben. Wir mussten aus finanzpolitischen Gründen unsere Entscheidung aber leider so treffen.

Ich wiederhole, dass dies kein bayerischer Sonderweg war. Ich wiederhole auch, obwohl Sie es schon öfter gehört haben – aber anscheinend nicht oft genug –: Auch andere Bundesländer haben eine Elternbeteiligung. Das sind die Länder Berlin, Brandenburg, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Sachsen-Anhalt, Thüringen und die Heimat Ihres SPD-Vorsitzenden, Rheinland-Pfalz.

Zu den Realitäten gehört auch, dass das Büchergeld den Schulen gut getan hat.

(Zuruf von den GRÜNEN: Aber nicht den Schü- lern!)

Selbstverständlich auch den Schülern, weil sie gute, neue Bücher bekommen haben. Das hat den Schulen und den Schülern gut getan.

Es ist Ihnen trotz Ihrer Bemühungen nicht gelungen, dieses Thema ständig am Leben zu erhalten. Um das Büchergeld ist es vielmehr erstaunlich ruhig geworden, weil die Eltern und die Schüler vor Ort gesehen haben, dass die Erneuerung des Bücherbestandes voranschreitet.

Sie haben mit Ihrem Vorwurf, dass es sich hier um ein Bürokratiemonster handle, ein Fabelwesen geschaffen, das außer in der Stadt München nirgends in diesem Land existiert hat. Nur in München war dies tatsächlich ein Bürokratiemonster. Aber da waren wohl die politischen Freunde hilfreich.

Zur Realität gehört auch, dass sich Bayern in den letzten Jahren durch eine solide Finanzpolitik einen finanziellen Spielraum erarbeitet hat, sodass wir die Mittel nicht zum Stopfen von Haushaltslöchern verwenden müssen, sondern für Investitionen verwenden können. Ein Bereich ist jetzt die Abschaffung des Büchergeldes für das nächste Schuljahr. Das ist eine gute Nachricht. Die brauchen wir uns von niemandem in diesem Hause schlechtreden zu lassen. Wir können auf sie stolz sein.

Wir können darauf auch deshalb stolz sein, weil Bayern von den aufgeführten Ländern, die eine Elternbeteiligung haben, das einzige Bundesland ist, das die Elternbeteiligung wieder abschafft.

Deswegen möchte ich auf einen Vorwurf des Kollegen Pfaffmann eingehen, der in einer der letzten Ausschusssitzungen gesagt hat – nachzulesen im Protokoll –, das Büchergeld sei eine unendliche Geschichte der bayerischen Schulpolitik. Dies ist falsch. Es ist eine endliche Geschichte, weil das Büchergeld zum nächsten Schuljahr wieder abgeschafft wird.

Aber wissen Sie, wo die Elternbeteiligung eine unendliche Geschichte ist? Das ist sie unter anderem in RheinlandPfalz, weil dort schon seit Jahren und Jahrzehnten eine Elternbeteiligung vorhanden ist, die nicht abgeschafft wurde. Herr Kollege Pfaffmann sollte doch einmal mit seinen Parteifreunden in Rheinland-Pfalz reden.

Jetzt komme ich zum Ausblick und zur Umsetzung. Das Büchergeld soll nach unseren Plänen also zum nächsten Schuljahr abgeschafft werden. Jetzt haben wir eine Übergangsphase von einem Jahr. Für dieses Jahr sind wir auf den Wunsch der Vertreter der kommunalen Spitzenverbände eingegangen. Zurzeit haben wir die Pflicht zur Erhebung der Beträge. Durch das laufende Gesetzgebungsverfahren wird diese Erhebungspflicht abgeschafft. Damit soll der Wunsch realisiert werden, den Kommunen ein Ermessen zu ermöglichen. Das heißt, die Kommunen sollen vor Ort flexibel entscheiden können, ob das Büchergeld notwendig ist oder nicht. Wenn es notwendig ist, sollen die Kommunen auch darüber entscheiden, in welcher Höhe dies in Frage kommt.

Der Freistaat Bayern zahlt für dieses Jahr weiterhin vier Euro. Das ist die Situation, die wir jetzt in der Übergangsphase haben.

Ich komme zu der Regelung für das nächste Schuljahr. Die Elternbeteiligung soll wieder abgeschafft werden. Entsprechend der bestehenden Revisionsklausel müssen zunächst der Bücherbedarf und der Finanzbedarf festgestellt werden.

Zur Feststellung gehört auch, dass für den Sachaufwand die Kommunen zuständig sind. Wir wollen diese Last aber nicht den Kommunen allein überlassen, sondern zu einer gemeinsamen Finanzierung durch Freistaat und Kommunen zurückkehren. In den nächsten Wochen und Monaten muss über die Aufteilung diskutiert werden.

Die in dem vorliegenden Gesetzentwurf vorgesehene Rückkehr zu der Regelung, dass ein Drittel der Kosten von den Kommunen und zwei Drittel vom Freistaat Bayern getragen werden, ist gut. Die Rückkehr zur alten Regelung ist auch unser Ziel.

Ich hoffe, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der SPD und den GRÜNEN, dass Sie, wenn unser Gesetzentwurf für das nächste Schuljahr eingebracht wird, der Aufteilung der Kosten in ein Drittel – Kommunen – plus zwei Drittel – Freistaat Bayern – zustimmen werden. Jedenfalls können wir als Ergebnis feststellen: Wir können dem Gesetzentwurf jetzt nicht zustimmen, aber nicht wegen der vorgesehenen Aufteilung in ein Drittel und zwei Drittel, sondern weil Sie die Neuregelung schon für das laufende Schuljahr verwirklichen wollen. Da besteht ein Dissens. Sie wollen es schon im laufenden Schuljahr verwirklichen, wir wollen dies erst im nächsten Schuljahr erreichen. Aber dann soll es eine Rückkehr zur alten Regelung geben: ein Drittel Kommunen, zwei Drittel Freistaat Bayern.

(Beifall bei der CSU)

Um das Wort hat noch einmal Frau Kollegin Tolle gebeten.

Manches kann man nicht so stehen lassen, Herr Kollege Eisenreich. Sie haben sich eben widersprochen. Sie haben gesagt, Sie verhandeln mit den Kommunen, verkünden hier aber schon, was dabei herauskommen soll. Das finde ich merkwürdig. Warum verhandeln Sie denn, wenn Sie schon wissen, wie es ausgehen wird?

Es ist noch eine unendliche Geschichte, deren Ausgang Sie jetzt prophezeien. Ich möchte anmahnen, dass wir, wenn wir zur alten Regelung zurückkehren – worauf ich sehr gespannt bin –, etwas einbauen müssen, das verhindert, dass der Bücherbestand wieder veraltet. Darauf möchte ich nochmals hinweisen.

Ich möchte auch Ihren Ausspruch nochmals kommentieren, den Schulen habe das Büchergeld gutgetan. Der Begriff „Bürokratiemonster“ stammt weder von der SPD noch von den GRÜNEN; vielmehr haben die kommunalen Spitzenverbände diesen Begriff ins Spiel gebracht, aber auch die Lehrer- und Lehrerinnenverbände, die als unmittelbar Betroffene damit zu tun haben. Wenn Letztere Ihnen einen solchen Vorwurf machen, müssen Sie schon versuchen, darauf zu reagieren, denn faktisch ist das Büchergeld eigentlich noch ein Bürokratiemonster.

Herr Kollege Eisenreich, Sie sagen, das Büchergeld habe den Schulen gutgetan. Ich möchte aber in diesem Parlament darauf hinweisen, dass das Büchergeld, wenn es den Schulen gutgetan hat, weil die Bücherbestände zwar nicht überall, aber teilweise aufgefrischt wurden, nicht der Freistaat Bayern bezahlt hat, sondern dass Sie diese Aufgabe auf die Eltern abgewälzt haben. Die Eltern, die in diesen zwei Jahren dran waren, haben quasi die Aufgabe des Freistaats Bayern übernommen, diese Bücher zu finanzieren. Jetzt fällt Ihnen ein, das Büchergeld wieder

abzuschaffen. So kann es nicht gehen, wenn es der CSU danach ist, weil sie meint, sie habe andere Prioritäten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich erinnere nur daran, dass Sie für den Transrapid über Nacht 15 Millionen Euro aus der hohlen Westentasche gezogen haben. Wenn die CSU meint, sie habe andere Prioritäten, kann sie nicht eine Zeitlang die Eltern zur Kasse bitten. Sie senden damit auch das Signal aus, dass nicht gesichert ist, dass Bildung eine staatliche Aufgabe bleibt, sondern Eltern immer damit rechnen müssen, dass sie für Sie in die Bresche springen müssen.

In einem Bundesland, in dem wie in keinem anderen Land dieser Republik Bildungserfolg vom Einkommen der Eltern abhängt, dürfen wir kein solches Signal aussenden. Darauf lege ich großen Wert.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Wohltat stammt nicht aus Ihrem Füllhorn, sofern Sie in den vergangenen Jahren für das Schulwesen eines zur Verfügung gestellt haben. Diese Maßnahme haben die bayerischen Eltern finanziert. Wir müssen wieder dahin zurückkommen, dass Bildung ein freies Gut ist, zu dem jedes Kind Zugang hat, unabhängig vom Einkommen seiner Eltern.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Abgeordneten Johanna Werner Muggendorfer (SPD))

Herr Kollege Pfaffmann steht schon bereit. Bitte schön.

Lieber Herr Kollege Eisenreich, erstens, immer wieder dieselben Sprechblasen und Verweise auf andere Bundesländer! Sie sind immer schnell dabei, wenn es gilt, hier nicht besonders gute Beispiele aus anderen Bundesländern anzuprangern. Ich bin der Meinung, auch die anderen Bundesländer sollten darüber nachdenken, ob Lernmittelfreiheit nicht besser wäre. Aber wenn man schon mit dem Finger auf andere Bundesländer zeigt, muss man sich auch die Frage stellen lassen: Wollen Sie nicht auch einmal die guten Beispiele der anderen Bundesländer übernehmen, zum Beispiel kleinere Klassen und Ganztagsklassen?

(Beifall bei der SPD)

Wenn wir uns darin einig sind, dass Sie in Bayern mehr Ganztagsklassen, kleinere Klassen und mehr Lehrer realisieren, dann werden wir gemeinsam nach Rheinland-Pfalz reisen und sagen, sie sollen das Büchergeld abschaffen. Aber sich hier hinzustellen, auf andere Bundesländer zu schimpfen und diese Beispiele nicht zu nennen, das ist unredlich, Herr Eisenreich.

Zweitens. Sie sagen, Sie wollen zu der alten Regelung zurück. Das ist doch nichts anderes, als das, was in unserem Gesetzentwurf steht. Stimmen Sie ihm doch einfach zu.

(Beifall bei der SPD)

Warum um Himmels willen wollen Sie denn erst nächstes Jahr zur alten Regelung zurückkehren? Angesichts von Mehreinnahmen von über 4 Milliarden Euro in diesem Jahr ist es geradezu beschämend, dass Sie die Kommunen ein weiteres Jahr belasten wollen, und das vor dem Hintergrund der großen Worte Ihres Ministerpräsidenten von heute Morgen, die CSU sei Partner der Gemeinden. Von wegen Partner der Gemeinden – Sie schieben jetzt den Schwarzen Peter von den Eltern auf die Gemeinden, die Ihre Politik bezahlen müssen, und das ist das Schlimme.

(Beifall bei der SPD)

Die Abschaffung des Büchergeldes ist übrigens schon eine unendliche Geschichte, die durch ein Missgeschick Ihres Ministerpräsidenten ausgelöst worden ist; denn er hat gesagt, er würde das Büchergeld abschaffen. Aber er wollte es als Wahlgeschenk abschaffen. Leider ist das jetzt schiefgegangen. Deswegen sind Sie so in der Bredouille.

Die einzige vernünftige Möglichkeit wäre: Machen Sie Schluss mit dem Trauerspiel Büchergeld und schaffen Sie es jetzt ab, indem Sie unserem Gesetzentwurf zustimmen, lieber Herr Eisenreich. Dann bekommen auch die Kolleginnen und Kollegen in der CSU keine Probleme mehr, die in ihren Stimmkreisen jetzt reihenweise sagen, ich war ja immer schon gegen das Büchergeld. Diese Heuchelei erleben wir hier jeden Tag.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Genau!)

Sie sagen in den Stimmkreisen: „Ich war schon immer gegen das Büchergeld“, haben aber hier drinnen nicht den Mut, einem Gesetzentwurf zuzustimmen, der das Büchergeld sofort abschafft.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt hat für die Staatsregierung Herr Staatssekretär Sibler um das Wort gebeten. Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Ein paar wenige Anmerkungen: Ich bin dem Kollegen Eisenreich sehr dankbar, dass er darauf hingewiesen hat, dass der Buchbestand besser geworden ist; das ist objektiv Fakt.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Frau Kollegin Tolle redet vom Schwarzen Peter für die Kommunen. Ich möchte demgegenüber darauf hinweisen, dass diese Regelung mit den kommunalen Spitzenverbänden so abgesprochen war. Das haben wir bereits letzte Woche bei dem von uns eingebrachten Gesetz zur angestrebten Lösung des Problems betont. Ich möchte es auch heute nochmals betonen.