Protocol of the Session on November 7, 2007

In diesem Sinne möchte ich hiermit meinen Redebeitrag abschließen.

(Beifall bei der CSU – Ludwig Wörner (SPD): Arme bayerische Wirtschaft!)

Damit ist die Aussprache zu diesem Antrag geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie empfiehlt die Ablehnung des Dringlichkeitsantrags. Wer zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der SPD. Gegenstimmen? – Die Fraktion der CSU. Stimmenthaltungen? – Die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Damit ist der Antrag mit der Mehrheit der CSU abgelehnt.

Der Tagesordnungspunkt 9 hat sich erledigt, nachdem die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN ihren Antrag auf der Drucksache 15/8564 zurückgezogen hat.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 10 auf:

Antrag der Abg. Susann Biedefeld, Ludwig Wörner, Herbert Müller u. a. (SPD) Zustimmung Bayerns zur Bundesratsinitiative Hessens zur Änderung des § 4 a des Tierschutzgesetzes hinsichtlich des betäubungslosen Schächtens von Tieren in Deutschland (Drs. 15/8263)

Die Fraktionen haben vereinbart, ohne Aussprache darüber abzustimmen. Der federführende Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz hat bei der Zweitberatung des Antrags eine von der Erstberatung abweichende Neufassung vorgeschlagen. Ich verweise insoweit auf die Drucksache 15/9158. Wer dieser Neufassung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Das sind alle drei Fraktionen – – Darf ich die Kollegen bitten, sich an der Abstimmung zu beteiligen? – Gegenstimmen? – Niemand. Stimmenthaltungen? – Auch niemand. Damit einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 12 a auf:

Eingaben betreffend die geplante bauliche Veränderung an einem Gebäude in Tutzing (HO.0382.15, 0397.15 und 0429.15)

Ich darf schon jetzt darauf hinweisen, dass dazu namentliche Abstimmung beantragt ist.

Der Ausschuss für Hochschule, Forschung und Kultur hat sich mit der Eingabe in seiner Sitzung am 17. Oktober 2007 befasst und beschlossen, die Eingaben gemäß § 80 Nummer 3 der Geschäftsordnung der Staatsregierung zur Würdigung zu überweisen. Die SPD-Fraktion hat gemäß Artikel 5 Absatz 2 Satz 2 des Bayerischen Petitionsgesetzes fristgerecht beantragt, die Eingaben auf die Tagesordnung des Plenums zu setzen. Ich eröffne hierzu die Aussprache. Im Ältestenrat wurde hierzu eine Redezeit von 15 Minuten pro Fraktion vereinbart. Erster Redner ist Herr Kollege Dr. Rabenstein. –

Einen Moment, Herr Dr. Rabenstein. Darf ich dazwischen das Ergebnis der letzten namentlichen Abstimmungen bekannt geben: Beim Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Dr. Sepp Dürr, Maria Scharfenberg und anderer und Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, betreffend „Tempolimit auf Autobahnen“,

Drucksache 15/9194, stimmten mit Ja 45, mit Nein 90, mit „Enthaltung“ 1. Damit ist der Antrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 3)

Beim Dringlichkeitsantrag der CSU „Kein Tempolimit auf deutschen Autobahnen“, Drucksache 15/9195, stimmten mit Ja 87, mit Nein 38. Damit ist dieser Antrag angenommen. –

(Abstimmungsliste siehe Anlage 4)

Nun haben Sie das Wort, Herr Kollege.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Worum geht es bei dieser Angelegenheit, die am Starnberger See seit zwei Jahren die Schlagzeilen der Presse prägt? Bisher gibt es etwa hundert Artikel über das Problem „Villa Trutz“. Es geht um eine wunderschön gelegene Villa und um einen wunderschönen Park, der zur Villa gehört. Beide stehen unter Denkmalschutz. Das Ensemble ist in die Denkmalliste aufgenommen worden. Der Denkmalschutz wurde mehrfach vom Landesamt für Denkmalpflege unterstrichen und bestätigt. So schreibt der oberste bayerische Denkmalschützer Prof. Dr. Greipl – ich zitiere –: „Dem historisch überlieferten Villenpark kommt eine hohe denkmalpflegerische Bedeutung zu. Der Verlust dieses Herzstückes würde zu einer massiven Entwertung des Baudenkmals führen“. Ende des Zitats. Zusammenfassend heißt es: „Das Bauvorhaben ist aus denkmalfachlicher Sicht nicht hinnehmbar“. Eindeutiger geht es nicht.

Um was für ein Bauvorhaben handelt es sich? – Es handelt sich um ein modernes Mehrfamilienhaus mit Tiefgarage, das in den historischen Park hineingebaut – oder sagen wir besser: hineingeklotzt – werden soll. Damit wäre das Ensemble ein für allemal zerstört. Dabei gab und gibt es einen Interessenten mit Namen Alexander Lorenz, der die Villa und den Park kaufen wollte und kaufen will und alle Auflagen des Denkmalschutzamtes gern erfüllt hätte, da diese in seinem Interesse waren. Denn er wollte dort mit seiner Familie wohnen.

Die erste Frage war: Wusste das Landratsamt vom Denkmalschutz? – Antwort: Natürlich. Das kann ich mehrfach nachweisen. Zur Kaufabwicklung wurde nämlich ein erfahrener Gutachter mit dem Namen Zapletal eingeschaltet, der zu Anfang des Jahres 2005 im Landratsamt Starnberg anfragte. Er erfuhr von dort: Aus Denkmalschutzgründen kein Baurecht. Denn für die Wertermittlung ist natürlich entscheidend, ob in den 4000 Quadratmeter großen Park etwas hineingebaut werden darf oder nicht. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, es kommt ganz anders, als Anton Leitner mit seiner Wohnungsbau GmbH auftritt und in den großen Park ein großes Mehrfamilienhaus mit Tiefgarage bauen will, was er eigentlich gar nicht darf. Und er darf es trotzdem. Das geht so: Der Tutzinger Bürgermeister ist sein persönlicher Freund, und, wie man hört, auch weitschichtig verwandt mit ihm. Der Landrat Frey, der Tutzinger Bürgermeister und natürlich auch der

Bauunternehmer Anton Leitner sind zufälligerweise in der gleichen Partei.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

So etwas soll es in Bayern geben. Man kann schalten und walten, wie man will. Plötzlich, liebe Kollegen, gilt alles, geht alles, bloß eines gilt nicht mehr, nämlich der Denkmalschutz. Es gibt das schöne Sprichwort „Beim Geld hört die Freundschaft auf“. Aber ich muss es umdichten, denn die Freundschaft beginnt hier. Das Sprichwort muss neu lauten: Beim Geld hört der Denkmalschutz auf. Diese – ich möchte sagen: üble – Seilschaft

(Eduard Nöth (CSU): He, he!)

macht es möglich, dass alle Gesetze und alles bestehende Recht ausgehebelt werden. Ich werde diese Seilschaften nachweisen. Eine Szene aus dieser üblen Seilschaft: Als Anton Leitner erfährt, dass ein Konkurrent vorhanden ist, der den Denkmalschutz beachten will, fährt er ins Landratsamt. Laut „Münchner Merkur“, Starnberger Ausgabe, spielt sich dort Folgendes ab – ich zitiere –:

Leitner habe die Mitarbeiter der unteren Denkmalschutzbehörde

das ist das Landratsamt –

mit Worten angegangen: Euch mache ich fertig; das erzähle ich alles dem Landrat.

Weiter heißt es:

Leitner soll bei seinem lautstarken Auftritt im Landratsamt in Bezug auf das Villenareal behauptet haben, „Das ist meins“, obwohl der Kaufvertrag noch nicht notariell vollzogen war.

Der Merkur-Redakteur Thomas Lochte folgert in seinem Artikel – ich zitiere –:

Das grüne Licht der Kreisbehörde, also der positive Vorbescheid, erfolgte offenkundig ziemlich rasch nach Leitners Intervention bei der Behörde.

Ende des Zitats aus dem „Münchner Merkur“.

(Ludwig Wörner (SPD): Amigoland Bayern!)

Der ökonomische Druck – oder sagen wir besser: das große Geld; es geht hier immerhin um eine knappe Million Euro – führt dazu, dass das Landratsamt einknickt und Herr Leitner trotz Denkmalschutz bauen darf.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, das ist Amigo, das ist Filz in reinster Form. Diese Vorgänge erinnern mich an eine Bananenrepublik. Wenn die Bagger kommen und das erste Mehrfamilienhaus in

diesem Park gebaut wird, habe ich endgültig den Glauben an den Rechtsstaat verloren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ein weiterer Vorgang mag diese Seilschaften, diese Mauschelei, verdeutlichen: Die Gemeinderäte der Gemeinde Tutzing sind in dieser Angelegenheit unsicher und unschlüssig. Deshalb kam schon am 20. Dezember 2005 – bitte beachten Sie diese Termine – eine Bitte an die Verwaltung, beim Landratsamt Starnberg, also der unteren Denkmalschutzbehörde, nachzufragen, wie es um den Denkmalschutz bestellt ist. Landrat Frey behauptet nach wie vor, die Gemeinde Tutzing hätte vom Landratsamt keine Auskunft in Bezug auf den Denkmalschutz verlangt.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, das ist nachweislich falsch. Mir liegt die Niederschrift über die Sitzung vom 20. Dezember 2005 vor. Dort heißt es unter Punkt 12 wörtlich: „Die Verwaltung wird beauftragt, beim Landratsamt Starnberg (Denkmalschutz) eine schriftliche Stellungnahme zur Situierung des Neubaus und des Ausbaus eines Treppenhauses und der Liftanlage an das denkmalgeschützte Gebäude einzuholen.“ Man könnte jetzt meinen, dass dieser Beschluss nicht vollzogen wurde, also von der Gemeinde nicht an das Landratsamt weitergeleitet wurde. Dazu ein Zitat aus dem „Münchner Merkur“ vom 17. Mai 2006:

Bürgermeister Peter Lederer (CSU) und sein Tutzinger Bauamtsleiter Klaus Menzinger erklärten übereinstimmend, man habe vom Landratsamt vor beiden Sitzungen vergeblich die Stellungnahme angefordert. Bei der Bemühung um nachträgliche Aufklärung habe sich die Kreisbehörde darauf berufen, Menzinger hätte nur die des Landratsamtes selbst haben wollen, nicht aber die der oberen Denkmalschutzbehörde. Der Tutzinger Ausschuss wertete das Verhalten des Landratsamtes als Riesensauerei.

Herr Kollege Dr. Spaenle, damals wurde das schon als „Riesensauerei“ bezeichnet.

Ein Gemeinderat – selbst Architekt – äußerte laut „Starnberger Zeitung“ vom 22. Dezember 2005: „Das Landesamt für Denkmalpflege muss von allen guten Geistern verlassen sein, bei derart vagen Plänen Unbedenklichkeit zu signalisieren.“ Ein anderer Gemeinderat wundert sich laut „Starnberger Merkur“ vom 10. Februar 2006: „Unglaublich, dass wir das ohne vorherige Stellungnahme behandeln sollen.“ Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, zu diesem Zeitpunkt war das Gutachten schon erstellt. Es trägt das Datum vom 17. Januar und wurde von Herrn Dr. Könner vom Landesamt erarbeitet. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätten überall im Landratsamt und in der Gemeinde die Alarmglocken schrillen müssen. Natürlich hätte man diese Stellungnahme der obersten bayerischen Denkmalpfleger vor der entscheidenden Sitzung weitergeben müssen.

Warum wurde das Gutachten nicht an die Gemeinde weitergeleitet? Warum hat der Bürgermeister nicht energisch nachgefragt, was er eigentlich hätte machen müssen und können? Ganz einfach: Weil der Gemeinderat nie und nimmer eine Genehmigung gegeben hätte. Das wollte weder das Landratsamt noch der Bürgermeister; denn dann hätte der Parteifreund die Baugenehmigung nicht erhalten.

Meine Damen und Herren, es ist geradezu zynisch und lächerlich, wenn Landrat Frey in einem Brief an mich behauptet, erst am 28. April 2006 hätte die Gemeinde die Stellungnahme des Landesamtes beim Landratsamt erbeten und diese am gleichen Tag per Fax zugesandt bekommen. Wie schon erwähnt, hat die Gemeinde bereits am 20. Dezember 2005 um eine Stellungnahme bezüglich des Denkmalschutzes gebeten. Meine Damen und Herren, nun, da die Entscheidung längst gefallen ist und die Fristen verstrichen sind, sendet der Landrat die Stellungnahme per Fax noch am gleichen Tag. Das hätte er vor vier Monaten, als die Fristen angelaufen sind, machen sollen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, das gibt keinen Sinn. Es wurde unterlassen, diese Stellungnahme weiterzuleiten, und das wohl bewusst.

Hier liegt ein eindeutiger Fall von Vetternwirtschaft, Gefälligkeitspolitik und parteipolitischer Seilschaft vor. Ich appelliere daher an alle Abgeordneten, denen der Denkmalschutz noch etwas wert ist, die Tradition vor Kommerz setzen und die nicht das große Geld über die Heimatpflege siegen lassen wollen, für den Erhalt dieser Villa und des Parks zu stimmen. Dies ist die Nagelprobe für alle Denkmalschützer in Bayern.

(Beifall bei der SPD)

In Sonntagsreden ist jeder für den Denkmalschutz. Wenn jedoch einflussreiche Geldmenschen ins Spiel kommen, dann gelten andere Regeln.

Ich möchte noch ein paar kurze Bemerkungen zum Juristischen machen. Zu diesem Thema wird aus CSU-Kreisen immer wieder behauptet, wegen des Vorbescheids bestünde ein unverrückbares Baurecht, schon deshalb könnte die Petition nicht berücksichtigt werden. Das ist eindeutig falsch. Ein rechtswidriger Bescheid kann nämlich zurückgenommen werden. Gemäß Artikel 48 Absatz 1 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.