Protocol of the Session on July 18, 2007

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 c auf:

Gesetzentwurf der Staatsregierung Gesetz zum Schutz der Gesundheit (Gesundheits- schutzgesetz – GSG) (Drs. 15/8603) – Erste Lesung –

Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Staatsregierung begründet. Ich darf hierzu das Wort Herrn Staatssekretär Dr. Bernhard erteilen.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute einen Gesetzentwurf der Staatsregierung – Gesundheitsschutzgesetz, Nichtraucherschutzgesetz –

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Sehr spät!)

ich komme schon noch darauf, Herr Kollege! –, den wir für dringend erforderlich halten, weil der Schutz der Nichtraucher wegen der Gefährlichkeit des Mitrauchens absolut notwendig ist. Wir haben in Deutschland jährlich etwa 3300 Todesfälle, die auf das Konto des Passivrauchens gehen, und wir haben vor allem bei Kindern ein erheblich erhöhtes Atemwegs-Infektionsrisiko, wenn sie Rauch ausgesetzt sind. Ich brauche nicht näher zu erläutern, dass es im Tabakrauch eine Vielzahl von Schadstoffen gibt, krebserregende etc.

Ich glaube, in dem Punkt sind wir uns alle einig: Wir müssen hier dringend handeln.

Die Mehrheit der Bevölkerung raucht nicht. Etwa 70 % der Bevölkerung sind Nichtraucher, 30 % rauchen. Aber ich glaube, auch bei den Rauchern setzt sich mehr und mehr die Einsicht durch, dass es selbstverständlich ist, dass die Nichtraucher geschützt werden müssen.

Das Gesetz des Bundes ist im Bundesrat kürzlich verabschiedet worden. Es tritt am 01.09. in Kraft. Darin hat der Bund für seine Einrichtungen geregelt, wie der Nichtraucherschutz aussieht. Auch das Abgabealter für Tabakprodukte ist von 16 auf 18 Jahre heraufgesetzt worden.

Jetzt kommt es darauf an, dass wir unseren Gesetzentwurf möglichst bald hier im Parlament beraten und dann auch verabschieden.

(Zuruf von den GRÜNEN)

Ich habe schon den Einwurf des Kollegen Wahnschaffe wahrgenommen, wonach der Gesetzentwurf sehr spät vorgelegt werde. Das ist sehr vordergründig, denn wir sind zu diesem Thema im Moment

in ganz Deutschland in der Diskussion. Die einzelnen Länder verabschieden ihre Gesetze.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Sie haben doch getönt, Sie wollten es als Erste verabschieden! – Weitere Zurufe von den GRÜNEN und von der SPD)

Ich komme schon noch darauf, warum der Vorwurf nicht gerechtfertigt ist.

Soweit wir das übersehen, werden fast alle zum 01.01.2008 in Kraft treten. Deshalb ist es doch ganz vernünftig, so zu handeln. Ich sage, es ist vernünftig. Wir wollten immer verhindern, dass es hier zu völlig unterschiedlichen Regelungen kommt. Das gilt auch für den Zeitpunkt.

(Zuruf des Abgeordneten Joachim Wahnschaffe (SPD))

Es ist doch vernünftig, wenn alle oder fast alle Ländergesetze zum 01.01.2008 in Kraft treten, was dann auch bei uns der Fall ist.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Der wahre Grund für die Verzögerung ist doch ein ganz anderer!)

Warum haben wir das nicht verzögert? Herr Kollege, warum denn nicht?

Erstens haben wir einen Tag, nachdem die Ministerpräsidenten ihre Eckpunkte beschlossen hatten, diesen Gesetzentwurf im Kabinett beschlossen. Dann haben wir 130 Verbände angehört – eine ganze Menge. Dann ist es bei uns in Bayern so, da das Gesetz eine gewisse Relevanz in der Frage hat, welche Kosten auf die Kommunen zukommen, dass wir das Konsultationsverfahren durchführen. Dazu sind wiederum vier Wochen Zeit notwendig.

(Zuruf von den GRÜNEN)

Also kann keine Rede davon sein, dass hier irgendetwas verzögert worden ist.

(Zuruf von der SPD)

Wir haben insgesamt – ich muss mich jetzt etwas beeilen, weil ich nur fünf Minuten Redezeit habe –, glaube ich, ein Gesetz vorgelegt, das den Nichtraucherschutz sichert, aber auch ein Gesetz mit Augenmaß ist.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Na, na! Da übertreiben Sie jetzt maßlos!)

Ohne Frage! Es enthält ein Rauchverbot in den Innenräumen einschließlich Gaststätten etc.; in Kinder- und Jugendeinrichtungen gilt das Rauchverbot auch auf dem Außengelände mit der Ausnahme: Suchteinrichtungen etc.

(Zuruf des Abgeordneten Joachim Wahnschaffe (SPD))

Ausnahmen gibt es mit einem Rauchernebenraum; wenn es den in einer Gaststätte gibt, ist der Nichtraucherschutz gesichert.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Wenn es einen gibt!)

Das ist der Sinn dieses Gesetzes.

Wir haben eine Regelung für Verkehrsfl ughäfen, die auch abgestimmt ist mit der Regelung, die in Hessen für Frankfurt kommen wird. Wir haben vorgesehen, dass in großen Behörden mit mehr als 500 Beschäftigten die Möglichkeit besteht, mehrere Raucherräume einzurichten.

Es gibt kein Rauchverbot in der Außen-Gastronomie. Dafür gibt es auch keinen Grund, weil es keinen Nichtraucherschutz im Außenbereich gibt. Das Gesetz soll die Nichtraucher schützen und nicht das Rauchen verbieten. Das muss man sich einmal ganz klar machen, und anhand dieser Maxime kann man dann auch die einzelnen Regelungen beurteilen.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Eine Bemerkung zum Rauchverbot in Gaststätten. Ich habe schon gesagt: Es gibt dort, wo ein Nebenraum vorhanden ist, die Möglichkeit, dass er zum Rauchen zugelassen wird. Wir sind der nachhaltigen Meinung, dass dies auch für Ein-Raum-Gaststätten gelten soll, weil alle Abgrenzungsversuche zu keinem vernünftigem Ergebnis geführt haben, aber auch dort ein konsequenter Nichtraucherschutz notwendig ist. Ich glaube, dass sich auch dort, auf längere Zeit gesehen, das Verhalten ändern muss. Ich will nur daran erinnern, dass wir zu der Zeit, als ich in den Landtag gekommen bin, in den Ausschüssen noch geraucht haben. Das wäre heute völlig undenkbar. Aber das wird sich alles ändern.

Insofern halten wir also daran fest, dass wir auch in Ein-Raum-Gaststätten das Rauchen nicht mehr haben wollen. Im Übrigen hat sich auch in Unternehmen hier in München gezeigt, dass das Erwartete eingetreten ist: zunächst eine Umsatzeinbuße für kurze Zeit und dann sogar eine Umsatzerhöhung.

Wir wollen keine sogenannte Innovationsklausel aufnehmen, weil das kein vernünftiges Signal ist; denn es gibt keine Einrichtungen, die den Nichtraucherschutz wirklich sichern. Es gibt keine Grenzwerte, keine Anhaltspunkte für all diese Dinge. Es gibt Ausnahmen für Bier-, Wein- und Festzelte, wenn die Festdauer nicht länger als 21 Tage beträgt.

Wir haben in die Regelung jetzt auch die Diskotheken einbezogen. Auch da kann ein Nebenraum als Raucherraum genutzt werden. Alle Versuche, den Begriff „Diskothek“ abzugrenzen, um seine Bedeutung für die Jugend zu erfassen, führten nicht zu einem vernünftigen Ergebnis. Es gab keine Anhaltspunkte, die es ermöglicht hätten, hier zu einer praktikablen Abgrenzung zu kommen. Deshalb lassen wir hier einen Rauchernebenraum zu.

Abschließend sage ich Folgendes. Wir haben eine Regelung vorgelegt, die konsequent ist. Übrigens haben sich ihr einige Bundesländer angeschlossen, die zunächst andere Regelungen vorsehen wollten. Ich nenne etwa Niedersachen und Nordrhein-Westfalen. Da ging es um die Kennzeichnung von Gaststätten usw. Inzwischen hat sich gezeigt, dass wir mit freiwilligen Regelungen nicht vorankommen. Sie wissen ja alle, dass es eine Vereinbarung mit dem Hotel- und Gaststättenverband gegeben hat, aufgrund deren versucht werden sollte, auf freiwilliger Basis etwas zu erreichen. Man wollte auch wissen, wie viele Wirte mitmachen und wie man auf dem Gebiet vorankommen kann. Damit ist man aber nicht weit gekommen; darüber sind wir uns wohl einig.

Insgesamt denken wir, eine ausgewogene Regelung gefunden zu haben, die den Nichtraucherschutz massiv voranbringen wird. Damit wird uns ein großer Schritt in der Gesundheitspolitik ermöglicht.

(Beifall bei der CSU)

Jetzt darf ich der Frau Kollegin Sonnenholzner das Wort erteilen.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Was lange währt, wird endlich gut. An dieser Stelle muss man tatsächlich ein riesiges Fragezeichen machen. Lange gewährt hat es in der Tat.

(Beifall bei der SPD)

Gut ist, dass es die Staatsregierung jetzt nach langem, zähem Ringen überhaupt geschafft hat, einen Gesetzentwurf vorzulegen, den Sie zu diskutieren bereit sind. Es hätte allerdings auch die Möglichkeit bestanden, dieses Thema, das nicht parteipolitisch belegt ist, anhand unseres Gesetzentwurfs zu diskutieren, den wir bereits im Januar in Erster Lesung beraten haben. Wenn wir das gemacht hätten, wären wir jetzt ein Stück weiter, und das alles hätte der Gesundheit der Menschen in diesem Land gedient.

Im Übrigen, Herr Staatssekretär, scheint es Bundesländer zu geben, die trotz gleicher Bedingungen und gleicher Verfahren deutlich schneller diskutieren als Sie in Ihrer Staatsregierung. Zumindest haben Niedersachsen und Baden-Württemberg schon Regelungen geschaffen, die zum 1. August in Kraft treten werden. Allerdings gehen uns diese Regelungen nicht weit genug.

Nicht gut ist die Verzögerung, und nicht gut sind die Ausnahmeregelungen, die Sie an verschiedenen Stellen vorsehen und mit denen Sie im Übrigen die Problembeschreibung in Ihrem eigenen Gesetzentwurf konterkarieren. Sie wollen ja angeblich an exponierter Stelle einen wirksamen Nichtraucherschutz schaffen. Einen solchen kann es aber nur geben, wenn alle Menschen vor den Gefahren des Passivrauchens geschützt sind und nicht überall Schlupfl öcher gelassen werden.

(Beifall bei der SPD)

Die Gefahren sind vielfach genannt worden. Ich will jetzt nicht die Zahlen wiederholen, die Sie genannt haben, Herr Bernhard. Hierüber gibt es ja keine Diskussion.

Aber ich nenne zwei zusätzliche Zahlen. Die Zahl der tabakassoziierten Krebserkrankungen in Deutschland steigt seit 1985. Studien belegen, dass Passivrauchen auch ein erhöhtes Diabetesrisiko bedeutet. Wenn man die Folgen ökonomisch sehen will, stellt man fest, dass die Allgemeinheit in der Bundesrepublik pro Jahr Kosten von 17 Milliarden Euro zu tragen hat. Das ist viel Geld, welches die Haushalte belastet.

Sie nennen Ihren Entwurf ebenso wie wir Gesundheitsschutzgesetz. Das ist zu begrüßen. Wir würden uns wünschen, dass Sie den Aspekt der Prävention, der in unserem Text enthalten ist, berücksichtigen. Die Prävention hat hier zum Ziel, dass Jugendliche durch Vorbilder von dem Einstieg in den Tabakkonsum abgehalten werden. Vielleicht lassen Sie darüber mit sich reden.