Protocol of the Session on July 18, 2007

Ich möchte ein Argument, das Kollege Schuster eingebracht hat, noch einmal eindeutig klarstellen. Sie argumentieren in der Hauptsache ständig damit, dass die Polizeireform – Herr Beyer, jetzt komme ich auf Ihren Zwischenruf gern zu sprechen – nur dem Zweck gedient haben soll, Stellen abzubauen. Natürlich war es im allgemeinen Bereich der Verwaltungsreform durchaus ein erklärtes Ziel, zu straffen und Stellen abzubauen.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Thomas Beyer (SPD))

Bei der Polizei ist dies – bitte nehmen Sie das einmal zur Kenntnis – in einem außerordentlich maßvollen Umfange gegenständlich. Ganz im Gegenteil: Wir haben die Stellen dazu benutzt, um die neuen Aufgaben- und Verantwortungsbereiche der Polizei zu stärken, zum Beispiel durch den Aufbau der fl ächendeckenden Kriminaldauerdienste, durch eine sehr, sehr gute Ausstattung der neuen Einsatzzentralen, durch die Verstärkung der Kriminalpolizeiinspektionen mit besonderen Aufgaben, sprich: OKDienststellen, die nun vermehrt ganz spezielle Aufgaben der Kriminalitätsvorbeugung, aber auch der -bekämpfung wahrnehmen. Ich glaube, hier zeigt sich die neue Linie der Polizei,

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Thomas Beyer (SPD))

die sich dem ganz verstärkt auch zuwenden wird.

Der neue Gesetzentwurf sieht natürlich nach einem sehr erfolgreichen Probelauf vor, dass alle Eventualitäten, sowohl die Überführung der Rest-Grenzpolizei, aber auch die künftige Rolle des Bayerischen Landeskriminalamtes, zu berücksichtigen sein werden.

Wir stehen mit diesem Polizeiorganisationsmodell vor einer neuen Zeit. Es ist jetzt bereits in der Polizei eine Aufbruchstimmung zu spüren und festzustellen. Natürlich möchte ich gar nicht bestreiten, dass noch viele Schwierigkeiten en detail vor uns liegen werden. Das ist gar keine Frage. Darauf werden wir Antworten fi nden, und zwar werden wir qualifi zierte Antworten auf diese Fragen haben und auch entsprechend vorstellen.

Es ist ganz klar, dass es ein Unterschied ist, ein ehemaliges Präsidium zweizuteilen oder einen Präsidialbereich, der nicht geteilt wird, so darzustellen, wie es nach dem Probelauf der Fall war. Aber auch hier werden wir – da bin ich ganz sicher – gute Wege fi nden. Wir sind auf dem besten Weg zu einer neuen Polizei, die sich mit neuen

Aufgaben vorstellen wird, aber auch mit neuen Grundlagen.

Eine abschließende Bemerkung: Die Bürgernähe durch die Polizeiinspektionen bleibt uneingeschränkt bestehen. Das ist ein ganz wichtiger Baustein dieser Polizeireform,

(Zuruf von den GRÜNEN)

die hiermit ihren formellen Gang nehmen soll.

(Beifall bei der CSU)

Herr Kollege, vielen Dank. Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Kamm.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Jetzt, nach mehreren diversen Umsetzungen, dem Finden von Wegen, wie es Kollege Peterke genannt hat, und noch kurz vor dem möglichen Ausscheiden Herrn Becksteins als Innenminister, bekommen wir einen Gesetzentwurf zur Polizeireform vorgelegt.

Ich möchte den Blick noch einmal zurücklenken. Dieser dreistufi ge Umbau ist damals nicht durch den Innenminister, sondern durch den nun scheidenden Ministerpräsidenten in seiner Regierungserklärung zum Projekt „Verwaltung 21“ zu Beginn dieser Legislaturperiode auf den Weg gebracht worden. Das Organisationskonzept wurde in Unterfranken erst einmal erprobt, und obwohl sich in Unterfranken keineswegs gezeigt hat, dass die ursprünglichen Versprechungen – mehr Beamte auf die Straße, keine Kosten; es wurde damals deutlich gesagt, es entstehen keine Kosten – erfüllt werden können, soll nun diese angedachte Polizeireform mittels dieses Gesetzes auf ganz Bayern ausgeweitet werden.

Es gibt sicherlich vieles, was an der Organisation der Polizei zu verbessern wäre.

Aber ich sage Ihnen: Moderne Einsatzzentralen und den Kriminaldauerdienst hätte man auch ohne das Organisationskonzept „Verwaltung 21“ einrichten können. Wenn auch durch den Kriminaldauerdienst vor Ort an verschiedenen Stellen mehr Effi zienz geschaffen werden kann, so gilt es doch, zu berücksichtigen, dass die Einrichtung des Kriminaldauerdienstes durch die Zurverfügungstellung von Stellen aus der Kripo und aus der Basis für diese Stäbe erkauft wird.

Der für die Polizeireform ausgerechnete Synergiegewinn von 600 Beamten ist mehr als fraglich. Gleichwohl wurden erst einmal 180 Stellen eingespart, und bis 2010 sollen in Bayern 1200 Beamte abgebaut werden.

Ob sich dieses Modell, das in Unterfranken erprobt worden ist, so auf die gesamte neugeschaffene Präsidiumslandschaft übertragen lässt, muss mehr als bezweifelt werden. Insbesondere in den Teilungspräsidien müssten die Stabsstellen gedoppelt werden. Dann werden

über 100 Beamte nicht nur in Schwaben, sondern auch in Oberbayern und auch bei der Teilung des Präsidiums Oberpfalz/Niederbayern fehlen. Es werden nicht mehr Beamte auf der Straße sein, wie vorausgesagt, sondern es wird mehr Beamte in den Stäben geben.

Wir bezweifeln, dass Ihr Ziel, die Wasserköpfe abzubauen und die Verbesserung der Versorgung auf dieser Basis sicherzustellen, durch dieses Organisationsmodell gewährleistet werden kann. Für eine vernünftige Polizeireform müsste man erst einmal den Bedarf erheben und ermitteln, wo wie viele Beamte für welche Aufgaben gebraucht werden und welche Schwerpunkte man setzen will. Aber dies ist nicht geschehen. Es fehlt an einer sachgerechten Zuordnung der Beamten nach Bedarfslage und Anforderungen. Es gibt also Fragen über Fragen, wie der weitere Weg der Polizeireform in Bayern vonstattengehen soll.

Irgendwo in Ihrem Gesetzentwurf ist dann auch noch von Trennungsgeldern und Umzugsentschädigungen die Rede. Es ist die Rede von Einnahmen aus dem Immobilienverkauf. Ich hätte von Ihnen natürlich gern gewusst, welche Inspektionen geschlossen werden sollen und wo diese Trennungsgelder und Umzugsentschädigungen entstehen sollen. Da wird etwas angedeutet, was uns durchaus Sorgen macht.

Die angedachte und andiskutierte Schließung kleinerer Dienststellen – damit sind Dienststellen mit unter 45 Mitarbeitern bei Nacht gemeint – macht durchaus Sorgen. Viele Dienststellen in ländlichen Landkreisen haben diese Größe. Die Befürchtung, dass sich die Versorgung der Bevölkerung mit Sicherheit in verschiedenen Regionen verschlechtert, ist nach wie vor existent und keineswegs ausgeräumt.

Wir lehnen diese Form der Polizeiorganisationsreform ab. Sie ist nicht tauglich, die Sicherheit in Bayern zu verbessern.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin. Die Aussprache ist geschlossen.

Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit als federführendem Ausschuss zu überweisen. – Darüber besteht Einverständnis. Dann ist so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 6 auf:

Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung der Bayerischen Bauordnung und Änderungsgesetz (Drs. 15/7161) – Zweite Lesung –

hierzu:

Änderungsanträge von Abgeordneten der CSU-Fraktion auf den Drucksachen 15/7970, 8319 mit 8321 und 8326

Änderungsanträge von Abgeordneten der SPD-Fraktion auf den Drucksachen 15/7962 mit 7969

Änderungsanträge von Abgeordneten der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN auf den Drucksachen 15/7757 mit 7760, 7873 mit 7878 sowie 7995 und 8143

und den nach Abschluss der Ausschussberatungen eingereichten

Änderungsantrag der Abg. Rainer Volkmann, Dr. Hildegard Kronawitter, Stefan Schuster u. a. (SPD) zum Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung der Bayerischen Bauordnung und Änderungsgesetz (Drs. 15/7161) hier: Rettungswege (Drs. 15/8653)

Bevor ich die Aussprache eröffne, weise ich darauf hin, dass die SPD-Fraktion und die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN zu ihren Änderungsanträgen auf den Drucksachen 15/7757, 7965 und 7995 Einzelabstimmung in jeweils namentlicher Form beantragt haben. Ich bitte, das bekannt zu geben.

Ich eröffne nun die allgemeine Aussprache. Als Redezeit wurden zehn Minuten pro Fraktion vereinbart. Erste Wortmeldung ist der Kollege Rotter.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Bayerische Bauordnung ist in den vergangenen zwölf Jahren in zwei Reformschritten mit dem Ziel eines möglichst weitgehenden Verzichts auf bauaufsichtliche Genehmigungsverfahren, eines Rückbaus der bauaufsichtlichen Prüfung in den verbleibenden Genehmigungsverfahren und einer Straffung und Vereinfachung der materiell-rechtlichen Anforderungen dereguliert worden.

Am 7./8. November 2002 hat die Bauministerkonferenz einstimmig eine weitgehend neu gefasste Musterbauordnung – MBO – beschlossen. Diese wurde unter bayerischer Federführung erarbeitet. Im Verfahrensrecht lehnt sich die MBO eng an das bayerische Modell mit vereinfachten Genehmigungsverfahren und Genehmigungsfreistellungen an. Sie bietet aber auch – teilweise optional – die Möglichkeit zu weiterem Verfahrensabbau.

Durch diese Vereinheitlichung der Bauvorschriften wird es natürlich Bauplanern, Architekten und Bauingenieuren erleichtert, in jeweils anderen Bundesländern tätig zu sein, weil die Vorschriften besser vergleichbar sind, als es vorher der Fall war.

Der vorliegende Gesetzentwurf zielt auf die Umsetzung der MBO 2002 in bayerisches Landesrecht. Dabei wird größtmögliche Mustertreue angestrebt, die auch erhebliche Veränderungen im Aufbau der bayerischen MBO bewirkt, aber auf bewährte Strukturen des Landesrechts Rücksicht nimmt und über das Muster hinausgehen will. Erleichterungen, die bereits jetzt im Bayerischen Bauordnungsrecht enthalten sind, sind unberührt. Im materiellen Recht sind die Anforderungen in einer Reihe von Bereichen über die derzeitige bayerische Rechtslage hinaus reduziert worden.

Der vorliegende Gesetzentwurf schreibt das bewährte Modell der bayerischen Bauordnungsreform fort. Er enthält bedeutsame Neuerungen und Erleichterungen gerade auch im materiellen Recht. Er beruht auf einer intensiven Diskussion und damit auf einem breiten Konsens.

Die Kritik der Opposition in der Ersten Lesung, aber auch im federführenden Ausschuss, es sei nicht ausreichend Zeit zur Beratung gewesen, geht daher ins Leere. Seit 2003 ist zum Teil heftig über einzelne Vorschriften des seinerzeitigen Entwurfs gestritten worden. Mit allen maßgeblichen Verbänden ist detailliert gesprochen worden.

Insbesondere die Fragen der Stellplatz- und Abstandsfl ächen, die Reduktion der Prüfkataloge oder die Ausweitung der Genehmigungsfreistellung sind bisweilen auf heftige Kritik vonseiten der kommunalen Spitzenverbände oder anderer am Bau beteiligter Kreise gestoßen. Berechtigte Kritikpunkte sind aufgenommen worden. Was jetzt als Gesetzentwurf vorliegt, ist ein Konsens über Kompromisse, die naturgemäß nicht alle Wünsche erfüllen können, mit denen aber alle Beteiligten gut leben können.

Der Gesetzentwurf enthält die folgenden Regelungsschwerpunkte: Das Baugenehmigungsverfahren wird gegenüber der herkömmlichen Baugenehmigung, die grundsätzlich auf eine umfassende Prüfung aller an das jeweilige Bauvorhaben gestellten öffentlich-rechtlichen Anforderungen zielte und eine umfassende öffentlichrechtliche Unbedenklichkeitsbescheinigung darstellte, grundlegend neu konzipiert.

Das Prüfprogramm wird im Kern auf die spezifi sch baurechtlichen Anforderungen, sowohl was die bauplanungs- als auch was die bauordnungsrechtliche Zulässigkeit betrifft, beschränkt.

Im vereinfachten Genehmigungsverfahren wird das Prüfprogramm weiter reduziert. Geprüft werden nur noch Bauplanungsrecht, örtliche Bauvorschriften, beantragte Abweichungen und sogenanntes aufgedrängtes sonstiges öffentliches Recht, das heißt Recht, das wegen der Baugenehmigung entfallen bzw. ersetzt werden kann. Nicht mehr geprüft werden Abstandsfl ächen, Stellplätze sowie die Baugestaltung.

Das Verfahren der Genehmigungsfreistellung ist ausgeweitet worden, nämlich bis zur Sonderbautengrenze. Damit verbunden ist eine Ermächtigung der Gemeinden,

durch örtliche Bauvorschriften Genehmigungsfreistellungen für bestimmte handwerkliche und gewerbliche Bauvorhaben auszuschließen.

Die Sondernutzungserlaubnis nach dem Bayerischen Straßen- und Wegegesetz entfällt, wenn für das gleiche Vorhaben eine Baugenehmigung erforderlich ist. Die Bauaufsichtsbehörde soll in diesem Fall Aufl agen nach Sondernutzungsrecht in ihren Bescheid aufnehmen und die Sondernutzungsgebühr für die betroffene Gemeinde erheben. Ein neues Brandschutzkonzept bietet Erleichterungen für kleine Gebäude und Gebäude mit Zellenbauweise für die Feuerwiderstandsfähigkeit der Bauteile. Die konstruktive Holzverwendung wird für Gebäude mit bis zu fünf Geschossen eröffnet.