Angekündigt reicht mir nicht. Wir debattieren heute darüber; ankündigen reicht nicht. Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem wir sagen müssen, wo es langgeht.
Viele dieser Befunde kennen wir seit dem Armutsbericht und seit der Tims-Studie. Es ist ein Armutszeugnis, dass Sie heute keine ersten Schritte vorlegen können.
Sie haben nichts zur sozialen Ungerechtigkeit gesagt, was den Zugang zu den einzelnen Schularten, zum Beispiel zum Gymnasium anbelangt.
Ich möchte gerne verdeutlichen, was ich damit meine. Das katholische Mädchen vom Land war früher das Symbol für ungleichen Bildungszugang. Es waren die Mädchen, die benachteiligt waren, und es waren die Kinder auf dem Land, die benachteiligt waren. Das Symbol dafür war das katholische Mädchen vom Land. In den Sechzigerjahren ist es uns durch die Bildungsexpansion gelungen, sowohl für die Mädchen als auch für die Kinder auf dem Land den Zugang zu den Gymnasien zu verbessern.
Jetzt stellen wir fest: Das Arbeiterkind steht vor verschlossenen Gymnasialtüren, obwohl das Arbeiterkind genauso gescheit ist wie das Akademikerkind. Das kann doch nicht sein.
Wir müssen auch hier die Tür weit öffnen. Wir können doch nicht zulassen, dass ein Arbeiterkind, das genauso gescheit ist wie ein Akademikerkind, diesen Weg nicht gehen kann.
Was tun wir denn diesem Kind an? Welches Potenzial verschenken wir denn? Wir brauchen dieses Potenzial doch dringend für unseren Wissenschaftsstandort Bayern. Wir dürfen dieses Potenzial nicht vergeuden. Dies hat mit der Abiturquote überhaupt nichts zu tun. Es geht darum, wer überhaupt dort hinkommen kann.
Wir dürfen nicht gewisse Kinder ausschließen. Außerdem, Frau Ministerin, ist es nicht richtig, dass ich nur auf die Abiturquote schielen würde. Dazu kennen Sie mich viel zu gut. Sie wissen ganz genau, dass ich eine derjenigen bin, der das Schicksal der Hauptschüler und Hauptschülerinnen sehr, sehr am Herzen liegt, und dass
Dies geht auch, ohne das Niveau abzusenken, wie das Beispiel Finnland zeigt. Dahin muss unter anderem ein Weg gehen.
Nein, das will ich auch nicht. Ich will den internationalen Standard haben. Ich sage Ihnen, was ich will: Ich will, dass wir einen nationalen Standard haben, der sich am internationalen Standard misst. Das ist mein Anspruch.
Zur beruflichen Ausbildung haben Sie gesagt, dass Sie sie sehr hoch einschätzen und dass die Chancen genauso groß sind. Das ist schlichtweg falsch. Sie sind auch nicht bereit, die Tür von der beruflichen Bildung hin zum Studium nur ein Stückchen weit aufzumachen. Wir haben einen Antrag gestellt, den Meistern und Meisterinnen, Technikern und Technikerinnen, Betriebswirten und Betriebswirtinnen den Zugang zu einem Universitätsstudium zu ermöglichen, weil wir der Ansicht sind, dass dieser Personenkreis mindestens genauso gut studieren kann wie zum Beispiel ein schlechter Abiturient.
Sie lehnen das ab, obwohl Herr Traublinger diese Forderung erhoben hat. Er hat aber in Ihrer Fraktion damit keine Chance gehabt.
Jetzt zu Ihnen, Herr Glück. Sie haben es offensichtlich besonders schwer mit der grünen Bildungspolitik. Sie sagten jetzt nämlich, wir hätten uns der CSU angenähert. Ich frage Sie, wer sich wem annähert. Ich sage Ihnen, was passiert ist. Die hessischen Grünen haben schon vor vielen Jahren gemeint, dass Strukturdebatten keinen Sinn haben. Jedes Kind, egal in welcher Schulart, hat ein Recht auf einen guten Unterricht. Wie komme ich zu einer guten Schule? Die Schule muss selbständig sein. Das ist grüne Politik geworden, und dieser grünen Politik nähern Sie sich jetzt langsam an, allerdings mit dem Tempo einer Schnecke.
Migrantenkinder sind an den Realschulen und an den Gymnasien unterrepräsentiert, an den Förderschulen überrepräsentiert. Die Sprachförderung ist in unserem Antrag genannt. Wir wollen auch die Kinder nicht im Stich lassen, deren Eltern nicht in der Lage sind, ihnen weiterzuhelfen. Diese Kinder haben ein Recht auf Förderung, unabhängig davon, ob die Eltern ihnen helfen können oder nicht.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf nur ganz kurz etwas einfügen. Als Erstes: Frau Münzel, Ihre Zeit ist noch nicht abgelaufen. Das würde ich jetzt nicht so sehen.
Aber Scherz beiseite, Frau Münzel. Im Rahmen einer Aktuellen Stunde ist es nicht möglich, die Daten der Pisa-Studie und alles das aufzuarbeiten, was wir bereits seit drei Jahren in der Bildungspolitik gemacht haben, und gleichzeitig die Konsequenzen aus der Pisa-Studie zu ziehen, obwohl wir sicherlich im Vorgriff auf die PisaStudie richtig entschieden haben und uns darüber hinaus auch lange mit den Daten vom letzten November beschäftigt haben. Das werden wir auch vor der Sommerpause nicht mehr machen können. Allerdings werden wir vor der Sommerpause noch darüber reden, was wir zum Teil schon richtig entschieden haben, und auch über die Konsequenzen, die kurzfristig zu ziehen sind. Für die langfristigen Konsequenzen werden wir etwas mehr Zeit brauchen. Sie können aber nicht von uns verlangen, dass wir uns dazu im Fünf-Minuten-Takt einer Aktuellen Stunde populistisch äußern.