Protocol of the Session on April 5, 2001

(Heiterkeit bei der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in der Diskussion im damaligen Arbeitskreis AkEnd wurde darauf hingewiesen, dass nun der Versuch gemacht werden solle, ein Auswahlverfahren zu entwickeln, welches unter Beteiligung der Öffentlichkeit in nachvollziehbarer und verlässlicher Weise mögliche Endlagerstandorte finden lässt. Dieser Arbeitskreis wurde eingerichtet, weil der Bundesumweltminister Zweifel an der Eignung von Gorleben hat. Deshalb sollen Standorte in unterschiedlichen Gesteinsformationen untersucht werden.

Um die Blauäugigkeit und Naivität dieser Vorgehensweise noch weiter zu verdeutlichen, will ich im Zitat fortfahren.

Die Empfehlungen des Arbeitskreises werden nicht auf Mehrheitsentscheidungen basieren. Wissenschaftlich differierende Meinungen werden nicht überstimmt, sondern dokumentiert.

Und weiter unten heißt es:

Das Ausscheiden von Gebieten anhand von Kriterien bei der Verfahrensdurchführung muss nicht bedeuten, dass diese Gebiete ungeeignet sind.

Meine Damen und Herren, wenn man sich vorstellt, mit welcher Oberflächlichkeit und Verantwortungslosigkeit man hier an die Arbeit geht, nur weil man nicht mehr bereit ist, eine vernünftige Übereinkunft mit der damaligen Bundesregierung unter Kanzler Helmut Schmidt nachzuvollziehen, dann ist das im Grunde unerträglich, und zwar deshalb, weil nichts auf die Nichteignung des Salzstockes hinweist, weil bereits 2,5 Milliarden DM in die Erkundung dieses Salzstocks investiert wurden und weil die Amerikaner seit 1999 mit einem Salzstock nachweisen, dass genau das, was bei uns befürchtet wird, in

Amerika möglich ist, indem dort ein Salzstock verwendet wird.

(Zuruf der Frau Abgeordneten Biedefeld (SPD))

Ich verstehe Sie nicht; Sie sprechen zwar ein sehr schönes Oberpfälzisch, aber akustisch bringen Sie nichts rüber.

(Zurufe von der SPD)

Vielleicht ist das auch gut so. Meine Damen und Herren, es sind vielleicht auch deshalb in einer gewissen Leichtfertigkeit Maßstäbe an eine neue Kriteriensuche angelegt worden, weil auf eine Frage von mir – Herr Kollege Gartzke und einige andere waren mit dabei – der Vertreter des Bundesumweltministeriums, Herr Nieß, erklärt hat – ich fragte, wieviel atomare Abfälle dort gelagert werden könnten, falls sich der Salzstock in Gorleben eignen würde –, für den Fall, dass Gorloben geeignet ist, können wir alle atomaren Abfälle dort unterbringen.

Auf meine weitere Frage hin, nach welchen Kriterien das erfolgen soll, war erklärt worden, nur wenn die Bevölkerung das Endlager akzeptiert, werde auch der Endlagerstandort festgelegt. Und auf meine nächste etwas naive Frage, was er machen würde, wenn die Bevölkerung möglicherweise den ausgesuchten Standort nicht akzeptiert, hat er erklärt: Auch wenn das der beste Standort wäre, müssten wir dann halt auf diesen Standort verzichten und den zweitbesten heraussuchen. Auf meine weitere Frage, was wäre, wenn beim zweiten Standort die gleiche Haltung anzutreffen wäre, sagte er, dann würden wir immer wieder den nächstbesten suchen.

Wenn ein Vertreter des Bundesumweltministeriums in dieser Art und Weise mit uns über diese schwierigen Fragen diskutiert, dann grenzt das im Grunde genommen an Unverschämtheit und an Verantwortungslosigkeit. Nach unserer Überzeugung muss bei der Suche nach einem endlagerfähigen Standort ausschließlich das Kriterium sein: Der sicherste Endlagerstandort muss gesucht und gefunden werden.

Meine Damen und Herren, natürlich war auch Betroffenheit vorhanden, auch in der SPD. Ich will nur an das erinnern, was Kollege Möstl aus der Oberpfalz erklärt hat. Kollege Möstl hat gesagt, auch wenn das von der rotgrünen Bundesregierung inszenierte Auswahlverfahren nachweist, dass mit den ausgewählten Kriterien die Oberpfalz ein sicheres Endlager zur Verfügung stellen könnte, wäre ich, Möstl, dagegen, und ich prophezeie einen Volksaufstand, bei dem ich in der ersten Reihe dabei sein werde.

(Gartzke (SPD): Ich auch! Da machen wir alle mit!)

Dafür habe ich Verständnis, meine Damen und Herren, und ich hätte auch noch Verständnis dafür – ähnlich wie die Kollegen der CSU-Fraktion –, wenn die Antwort auf die Frage nach der Endlagerkapazität lauten würde: In Gorleben können nur 50% der abgebrannten Brennelemente endgelagert werden. Dann müsste man sich selbstverständlich Gedanken darüber machen, wo ein zweites Endlager möglich ist. Nachdem aber der Vertre

ter des Bundesumweltministers auf meine gezielte Frage erklärt hat, für den Fall, dass sich Gorleben eignet, können dort alle atomaren Abfälle endgelagert werden, ist es meiner Ansicht nach eine Zumutung, diese Diskussion seitens des SPD-Fraktionsvorsitzenden – Struck heißt er; für diejenigen, die immer noch meinen, es wäre Herbert Wehner – neu zu eröffnen.

(Heiterkeit bei der CSU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich kann auch nicht folgenden Vorwurf auf uns sitzen lassen – ihn zurückzuweisen wäre eigentlich Aufgabe der SPD-Kollegen –, weil die Regierungschefs von Bund und Ländern diesen Konsens damals unter Führung der SPD-FDPRegierung gemeinsam getragen haben. Damals sind Willy Brandt und später Helmut Schmidt mit dem Anspruch angetreten, mit den besseren Männern und Frauen ein modernes Deutschland zu schaffen, mit der Demokratie erst anzufangen und mehr Demokratie zu wagen. Und dann kommt heute einer aus dem Bundesumweltministerium und erklärt zu einer der schwierigsten und wichtigsten Fragen der deutschen Energiewirtschaft, nämlich zur Entsorgung abgebrannter Brennelemente, die Bundesregierung und die Regierungschefs der verschiedenen Länder hätten das Gebot der Durchschaubarkeit, der Transparenz und der Akzeptanz der Bevölkerung nicht beachtet.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Strategie ist im Grunde genommen klar: Aussetzen der Erkundung des Salzstocks in Gorleben für drei bis zehn Jahre, weil man bei der eigenen Wahlklientel irgendwo im Wort steht,

(Frau Biedefeld (SPD): Das ist wie mit den Bauern und der CSU!)

weil man gleichzeitig verhindern will, dass es den Kernkraftwerksbetreibern gelingt, rechtzeitig einen Entsorgungsvorsorgenachweis zu führen, und weil man immer wieder behaupten will, die Entsorgung abgebrannter Brennelemente sei sicher nicht möglich. Darum bekämpft man die Erkundung und die Festlegung auf Gorleben, um damit weiter Politik zu machen und im Grunde genommen vernünftige Entscheidungen durch Ideologie zu ersetzen.

(Zuruf der Frau Abgeordneten Biedefeld (SPD))

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die CSU hat sich dieser Diskussion, obwohl das für uns auch nicht immer einfach war, Frau Kollegin Biedefeld, gerade in der damaligen Zeit mit der geplanten Wiederaufarbeitungsanlage in Wackersdorf – ich war achtmal bei Diskussionen dabei und habe im ganzen Land – –

(Frau Biedefeld (SPD): Das ist aber nicht viel!)

Natürlich nicht viel bei dem, was – –

(Gartzke (SPD): Wir waren öfter! Und erfolgreich!)

Na gut, ich habe nichts dagegen, dass Sie 10- oder 20-mal dort gewesen sind. Das spielt überhaupt keine

Rolle. Ich will nur sagen: Die Diskussion hat nicht nur in Wackersdorf stattgefunden, sondern bayernweit, und wir wurden bayernweit für unsere damalige Entscheidung kritisiert und teilweise von kirchlichen Verbänden scharf angegangen.

Wir haben uns dieser Diskussion gestellt und haben uns zu unserer Verantwortung bekannt, weil es keinen Zweifel daran geben kann: Wer aus der Kernenergie CO2-freien Strom gewinnt und damit aktiven Klimaschutz betreibt, der muss selbstverständlich auch zur Entsorgung der Brennelemente einen entscheidenden Beitrag leisten.

(Frau Biedefeld (SPD): Aber im eigenen Land!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Kolleginnen und Kollegen von der SPD und den GRÜNEN haben bei dem damaligen Termin im Gegensatz zu den Abgeordneten der CSU die Vorgehensweise der Bundesregierung und des AkEnd begrüßt. Der Arbeitskreisvorsitzende oder -sprecher hat deutlich gemacht, dass die Freiwilligkeit bei Standortentscheidungen eine zentrale Frage bei der Entwicklung von nichtgeowissenschaftlichen Kriterien sein werde. Meine Damen und Herren von der SPD, ich hoffe, Sie wissen, was Sie mit dieser Diskussion angezettelt haben.

(Widerspruch des Abgeordneten Gartzke (SPD))

Denn Tatsache ist auch – Protokoll Arbeitskreis –

(Gartzke (SPD): Nein, jetzt reichts!)

dann müssen Sie aber bis zum 30. März Stellung genommen haben –: Es ist jetzt Ziel der Bundesregierung, alternative Standorte in unterschiedlichen Wirtsgesteinen zu untersuchen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, weil wir der Meinung sind, dass dies überflüssig ist, Herr Hoderlein ausnahmsweise auch einmal Recht hat – wenn er einmal Recht hat, muss man es zugeben, auch als praktizierender Christ oder gerade als praktizierender Christ –, haben wir den Antrag gestellt, dass Gorleben zu Ende untersucht wird.

Aber ich weise, Herr Kollege Heinrich, auch den Vorwurf oder die Feststellung des Herrn Hoderlein zurück, wonach wir Bayern sozusagen die Atomfetischisten seien, die mit Rekordergebnissen bei der Energieversorgung aus Kernkraft an der Spitze der Bewegung stehen.

(Frau Biedefeld (SPD): Genau so ist es!)

Nein, ganz im Gegenteil.

(Heinrich (SPD): Seit Strauß!)

Ich sage Ihnen: Wir haben einen Stromanteil aus Kernenergie von 66%.

(Gartzke (SPD): Richtig!)

Das rot-grün regierte Land Schleswig-Holstein hat einen Anteil von zwischen 78 und 84%.

(Gartzke (SPD): Aber nimmer lang! Das ist der Unterschied!)

Aber es stimmt halt nicht, was Herr Hoderlein gesagt hat – jetzt hätte ich benahe gesagt: Das weiß er auch nicht. Niedersachsen hat bei der Nutzung von Strom aus Kernenergie einen Anteil von 63%, Hessen ebenfalls 63%.

(Gartzke (SPD): Das ist aber nicht rot-grün!)

Es war einmal so, jetzt sind sie Gott sei Dank schwarz. Sei nicht so pingelig, Gartzke.

(Gartzke (SPD): Aber nicht mehr lange!)

Wie oft Sie sich, Herr Kollege Gartzke, schon getäuscht und gemeint haben, Sie könnten mit der SPD in Bayern absolute Mehrheiten brechen, um dann immer wieder feststellen zu müssen, dass Sie wieder 3% verloren haben, aber hinterher nicht erklären konnten, warum Sie sie verloren haben, das ist überhaupt nicht mehr interessant.

(Frau Biedefeld (SPD): Wie bei der letzten Landtagswahl!)