Protocol of the Session on January 31, 2001

(Zurufe von der CSU)

Wir wollen jetzt nicht die einzelnen Sünden alle aufzählen; wir haben nur 60 Minuten Redezeit, ist mir vorher gesagt worden.

(Herbert Müller (SPD): Für die wichtigsten würde es reichen!)

Für die wichtigsten würde es reichen.

Nein, was ich an dieser Geschichte wirklich ärgerlich finde, und ich finde, das sollten Sie sich – – Da so viele von Ihnen aufmerksam zuhören oder zumindest den Eindruck erwecken, aufmerksam zuzuhören – ich glaube Ihnen auch, dass Sie aufmerksam zuhören –, wäre ich Ihnen an diesem Punkt sogar ganz besonders dankbar, auch wenn Sie heute falsch darüber abstimmen – Herr Heike hat es schon angekündigt –, Sie können es sich zumindest später noch einmal durch den Kopf gehen lassen.

Was Sie zu den Verwaltungsräten im Sparkassenwesen ausführen, heißt im Prinzip, dass die Mehrheit die Sachkunde habe und die Minderheit nicht. Das ist völlig unsinnig und unlogisch bis dorthinaus. Ich will zwei Beispiele nennen, damit man das besser vertiefen kann. In Bayern gibt es eine Mustergemeinde – die Stadtgemeinde München. Sie hat seit Jahrzehnten die Übung, dass in den Verwaltungsrat der Sparkasse zwei SPD-Mitglieder und zwei CSU-Mitglieder entsendet werden. Das ist normal. Das ist auch zulässig. Wir haben leider einen Fall – die Stadt Augsburg –, wo das ganz anders gehandhabt wird. Seit wenigen Jahren bestimmt die Mehrheit von knapp über 50%, alle Sitze auf sich alleine aufzuteilen.

(Dr. Hahnzog (SPD): Deshalb ist Herr Kränzle rausgegangen!)

Das weiß ich nicht, das könnte aber sein.

Ich finde, dass das nach der gesetzlichen Lage zwar richtig aber zutiefst unanständig ist, sich so zu verhalten und Leute von der Teilnahme am Verwaltungsrat der Sparkasse auszuschließen, die über Jahre ihre Sachund Wirtschaftskunde bewiesen haben. Gewissermaßen zu sagen, sie hätten die erforderliche Kunde nicht und die anderen hätten sie, ist nicht verständlich. Über diesen Punkt sollten Sie sich gelegentlich Gedanken machen, auch wenn Sie heute in einer Art und Weise abstimmen, wo wir meinen, dass das nicht richtig ist.

(Herbert Müller (SPD): Aber nicht mehr lange in Augsburg! Wir werden eine neue Mehrheit erreichen und dies anders handhaben!)

Das wäre erfreulich.

Ich gehe davon aus, dass sich eine SPD-geführte Mehrheit in Augsburg ebenso fair verhalten wird wie in München. Ich hielte es für ungewöhnlich, zum Beispiel den finanzpolitischen Sprecher der Stadtratsfraktion der CSU vom Verwaltungsrat der Sparkasse auszuschließen. Das hat München nie erwogen. Die CSU in Augsburg hat das leider gemacht. Ich finde das beschämend, und ich fände es gut, wenn wir das Problem über eine gesetzliche Änderung lösen könnten. Herr Heike, es ist selbstverständlich zulässig, den weiteren Satz einzufügen, dass die Spiegelbildlichkeit des Gemeinderates bzw. des Stadtrates im jeweiligen Gremium sich wiederfinden solle. Das ist logisch und gesetzlich zulässig. Zu sagen, das ginge nicht, liegt neben der Sache.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mir kommt es auch darauf an, Ihnen vorzuhalten, dass Sie leider eine so ausgeprägte, so lange und so hohe Mehrheit in dem Lande haben, dass das oftmals eine Situation ist, die für demokratische Grundsätze schwierig und belastend ist. Sie gibt Ihnen offenkundig das Gefühl, dass Sie machen können, was Sie wollen.

(Widerspruch bei der CSU)

Das tut auf Dauer nicht gut.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lassen Sie mich zu den einzelnen Punkten wegen unseres Abstimmungsverhaltens einiges sagen. Wir haben in den einzelnen Ausschüssen nicht völlig einheitlich abgestimmt. Auch heute werden wir nicht so abstimmen, wie das im Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit der Fall war. Das Ergebnis vorweg: Wir möchten zwei Anträgen zustimmen, das ist einmal der Tagesordnungspunkt 9 – Bildung und Besetzung kommunaler Ausschüsse – –

(Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Ablehnen!)

Entschuldigung. Ich wollte sehen, ob du aufpasst.

Wir lehnen zwei Anträge ab, nämlich „Bildung und Besetzung kommunaler Ausschüsse“ und Tagesordnungspunkt 15 „Änderung der Sparkassenordnung“. Den übrigen Anträgen werden wir zustimmen. Ich möchte das kurz wie folgt begründen.

Bei der Besetzung der Ausschüsse geht es um das d’Hondtsche System oder das Hare-Niemeyersche Verfahren. Wir meinen, trotz durchaus vernünftiger Überlegungen auf Seiten der GRÜNEN, sollten wir es den Gemeinden auch in Zukunft überlassen, nach welchem Verfahren sie ihre Ausschüsse besetzen wollen. Das ist sinnvoll. Beide Verfahren sind im Wesentlichen gleich

wertig. Beide geben die Spiegelbildlichkeit des Wahlergebnisses wieder. Deshalb sollten wir es den Gemeinden überlassen, wie sie verfahren wollen.

Der zweite Antrag, den wir ablehnen werden, beinhaltet die Änderung der Sparkassenordnung. Es geht um die Abführung des Jahresüberschusses an die Gewährträger. Sie sollten sich überlegen, dass sich die Sparkassen im Konkurrenzverhältnis zu anderen Banken befinden. Das würde die Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigen. Wir finden es nicht sinnvoll, dem zuzustimmen und lehnen es aus diesem Grunde ab.

Die anderen Tagesordnungspunkte werden unsere Zustimmung finden. Zu Punkt 8 der vorberatenden Ausschüsse muss ich ein paar Bemerkungen machen. Die Gemeindeordnung überlässt den Stadträten bzw. den Gemeinderäten die Regelung, wie sie mit den vorberatenden Ausschüssen umgehen wollen. Ich war lange im Münchner Stadtrat und war überrascht, dass es Gemeinden und selbst Städte gibt, die die Regelung haben, dass der vorberatende Ausschuss nicht öffentlich tagt. Ich bitte Sie wirklich, meine Damen und Herren von der CSU, sich zu überlegen, ob Sie diese Position auf Dauer aufrechterhalten wollen. Die Gemeindeordnung regelt klar, wann das „Plenum“ eines Gemeinderates öffentlich und wann es nicht öffentlich tagt. Es gibt klare Vorstellungen, wann ein Sachverhalt nicht geeignet ist, öffentlich behandelt zu werden und deshalb in einer nicht öffentlichen Sitzung behandelt werden muss. Die Unterscheidung für den vorberatenden Ausschuss und den beschließenden Ausschuss in dieser Angelegenheit ist nicht nachvollziehbar; denn das Problem beim vorberatenden Ausschuss ist Folgendes.

Sie haben eine Materie, die offenkundig nach der Gemeindeordnung einer öffentlichen Beratung zugänglich ist. Diese schieben Sie in die nichtöffentliche Sitzung des vorberatenden Ausschusses, sodass die Öffentlichkeit ausgeschlossen ist. Dann geht das Ergebnis in die Plenarsitzung. Dort wird in der Regel nur noch unter Bezugnahme auf die Ausführungen in den vorberatenden Sitzungen die Hand gehoben und die Sache ist erledigt. Dieser Mangel an Transparenz, meine Damen und Herren, ist nicht zu übersehen.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie wären gut beraten, wenn Sie dem Antrag zustimmen würden, weil auch beim vorberatenden Ausschuss die gleiche Regelung für öffentlich und nicht öffentlich angewandt wird, wie sie auch für Plenarsitzungen angewandt wird. Ich meine, darauf hätte die Öffentlichkeit einen Anspruch.

Die Tagesordnungspunkte 10, 11 und 12 kann ich zusammenfassen. Es geht um die weiteren Vertreter in Zweckverbänden, um die kommunalen Wirtschaftsunternehmen und den Verwaltungsrat der Sparkassen. Zur Sachkunde der Verwaltungsräte der Sparkassen bzw. wie die CSU die Sachkunde – den Vorwurf müssen Sie sich gefallen lassen – in überheblicher Art und Weise der jeweiligen Mehrheit zuteilt – das habe ich bereits ausgeführt – ist meines Erachtens nach völlig verfehlt. Zu

sagen, die Mehrheit habe immer Recht ist falsch, das kann aber Ihrem Naturell entsprechen, weil Sie das 40 Jahre lang so gewohnt sind. Sie meinen, die Mehrheit habe immer Recht. Das ist aber objektiv ein Irrtum. Das lässt sich mit Sicherheit empirisch nachweisen. Sie sollten das respektieren.

(Dr. Bernhard (CSU): Die in Berlin sind überheblich!)

Die in Berlin haben erst seit zwei Jahren die Möglichkeit überheblich zu sein. Sie nützen das nicht annähernd so aus, wie die CSU.

(Dr. Bernhard (CSU): Ich höre das sehr massiv!)

Massiv hören – ich weiß nicht, wie das geht.

(Dr. Bernhard (CSU): Die sind sehr überheblich!)

Das kann ich mir schon gar nicht vorstellen. Die Unseren sind nie überheblich. Das wird absolut bestritten.

(Dr. Bernhard (CSU): Solche Berichte dringen nach Bayern!)

Ich habe mir zur Regel gemacht und fest vorgenommen, dass ich mich als Mitglied des Bayerischen Landtags in erster Linie nur mit der Überheblichkeit der Mitglieder des Bayerischen Landtags auseinandersetze.

(Dr. Bernhard (CSU): Das ist aber sehr einseitig!)

Herr Dr. Bernhard, das ist meine Aufgabe. Das ist nicht nur legitim, sondern ohne Frage auch richtig.

Es müsste selbstverständlich sein, dass die Berücksichtigung des Wählerwillens in Gremien, die nur Entscheidungen des Gemeinderates oder des Stadtrates in ein weiteres Gremium verlagern – wie zum Beispiel bei Zweckverbänden – natürlich der Wählerwille zwingend auch in diesen Gremien seinen Niederschlag findet. Ich verstehe wirklich nicht, warum Sie sich mit einer solchen Hartnäckigkeit zur Wehr setzen und sagen, dass das jeweils die Gemeinde entscheiden soll, wie sie das will. Das ist noch plausibel.

Die Fälle, in denen eine Mehrheit von 51 Prozent 100 Prozent dieser Sitze besetzt, sind logisch überhaupt nicht nachvollziehbar. Das geradezu verwerfliche Beispiel der Stadt Augsburg unter der jetzigen CSU-Mehrheit sollte Ihnen deutlich machen, dass man in kommunalen Gremien, wo Kollegialität noch eine größere Rolle spielen sollte als in einem Gesetzgebungsorgan, nicht so miteinander umgehen sollte.

In einer Stadt wie München – nehmen Sie mir nicht übel, dass ich darauf immer Bezug nehme; denn damit habe ich eine gewisse Lebenserfahrung – war es immer selbstverständlich, dass in Wohnungsunternehmen und auch bei den Versorgungsbetrieben, die jetzt eine GmbH sind, die großen Parteien immer

beteiligt waren. Ich kann nicht nachvollziehen, warum Sie dem nicht Rechnung tragen wollen.

Über die Referentenwahlen könnten wir uns sehr gut unterhalten. Ich habe noch lebhaft in Erinnerung, wie die CSU das erste schwarz-grüne Bündnis zustande gebracht hat. Das hat mich damals sehr verletzt – das gebe ich ganz offen zu –, weil ich das damals als eine Niederlage erlebt habe. Bei Referentenwahlen ist das anders zu bewerten. Da ist jeweils im Einzelfall eine Personalentscheidung zu treffen. Mit einem gewissen Stolz und mit Freude sage ich Ihnen, Herr Haedke – ich war 20 Jahre lang Stadtrat in München-, dass die Referentenbank derzeit so ausgezeichnet besetzt ist, wie das bisher nach meiner Erinnerung noch nie der Fall war. Wir haben glänzende Referenten, auf die wir stolz sind. Es würde nichts schaden, wenn Sie das einmal anerkennen würden. Bei Ihrer Souveränität dürfte Ihnen das nichts ausmachen.

(Dr. Bernhard (CSU): Es gibt eine Reihe von Referenten, von denen hört man jahraus, jahrein nichts!)

Herr Kollege Volkmann, in der Regel beträgt die individuelle Redezeit eine Viertelstunde. Sie sind schon ein bisschen darüber.

Herr Kollege Dr. Bernhard, das ist bei manchen Ministern im Freistaat genauso, aber das wollen wir jetzt nicht vertiefen.

(Zuruf des Abgeordneten Haedke (CSU))

Nun möchte ich zum Vorhaben kommen, eine Einwohnerversammlung statt der Bürgerversammlung abzuhalten. Sie sagen, Sie könnten es nicht hinnehmen, dass Ausländer, die nicht EU-Ausländer sind, in einem solchen Gremium das Wort ergreifen könnten und ein Abstimmungsrecht wie deutsche wahlberechtigte Bürger hätten. Wir halten den Begriff der Einwohnerversammlung insofern für besser, als auch Jugendliche davon erfasst werden. Das kann eine ausgesprochen positive und sinnvolle Maßnahme sein, um junge Leute dazu zu motivieren, sich am kommunalpolitischen Leben zu beteiligen. Das wäre in jeder Hinsicht positiv.

Ich kann nicht verstehen, weshalb Sie Schwierigkeiten mit den Ausländern haben. Sie lassen kaum eine Gelegenheit aus zu behaupten, Sie wollten die Integration. Das haben Sie sogar mit einer Unterschriftenaktion deutlich gemacht. Der erste Satz besagte, dass Sie für die Integration sind. Merkwürdig war nur, dass die Leute immer im Rathaus gefragt haben: Wo kann man gegen die Ausländer unterschreiben? Das ist aber jetzt Geschichte. Rein verbal sind Sie immer für die Integration. Warum machen Sie bei einer gesetzlichen Änderung, wie sie hier vorgeschlagen wird, dann nicht mit? Was könnte es denn schaden, wenn ein Türke, ein Jugoslawe oder ein Südafrikaner auf einer Einwohnerversammlung das Wort ergreifen würde? Das würde fraglos die Integration fördern. Es ist ausgesprochen bedauerlich, dass sich Ihr verbales Bekenntnis nicht mit dem deckt, was Sie hier tun. Sie bremsen alles aus.