Protocol of the Session on December 14, 2000

Nein, das ist kein Geheimplan. Oswald Metzger wird Ihnen unseren Plan schon vorstellen. Darauf müssen Sie nicht mehr lange warten, das wird noch vor Weihnachten sein.

Die Steuereinnahmen der letzten zwei Jahre lassen die Herzen aller Haushaltspolitiker höher schlagen. Weder im Jahr 1999 noch im Jahr 2000 musste die Nettokreditermächtigung in Anspruch genommen werden. Zusätzliche Investitionen können getätigt, und – ganz wichtig – Schulden können getilgt werden. Herr Staatsminister Faltlhauser, Sie sind ein Kurt im Glück. Während Herr Huber noch Finanzminister war, musste er sein Dasein als König der Haushaltslöcher und Haushaltssperren fristen. Sie sind in der komfortablen Lage, eine milliardenschwere Steuerreform zu verkraften, die Nettoneuverschuldung zu senken, und trotzdem könnten Sie noch gestalten, wenn Sie das wollten und sich das getrauten.

(Hofmann (CSU): Herr Huber hat das unter sehr schwierigen Umständen sehr gut gemacht! – Huber (CSU): Das ist ein Glückspilz!)

Obwohl die CSU-Fraktion heute Morgen bei Sitzungsbeginn um 9 Uhr nur vereinzelt präsent war, haben Sie heute gesagt: Die CSU-Fraktion legt das finanzpolitische Schicksal in Ihre Hände. Dann nehmen Sie es doch in die Hand, und trauen Sie sich das nächste Mal mehr zu.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Huber, ich kann verstehen, dass Sie mit einem gewissen Neid auf Herrn Staatsminister Faltlhauser blicken. Sie hätten auch gerne mehr gestaltet und nicht nur die Haushaltslöcher notdürftig zugedeckt.

(Egleder (SPD): Der kann es auch nicht besser!)

Von der Notwendigkeit des Schuldenabbaus müssen Sie uns überhaupt nicht überzeugen. Wir GRÜNEN sind immer für eine Konsolidierung der Staatshaushalte. Sie sehen das auch an der Berliner Koalition. Sie legen uns aber heute – sozusagen, damit das Parlament noch mehr beschäftigt ist – eine Änderung der Bayerischen Haushaltsordnung vor, die überflüssig ist. In der Bayerischen Verfassung ist alles geregelt. Mit einem Kredit dürfen Geldmittel nur bei außerordentlichem Bedarf beschafft werden. Wir brauchen keine weiteren Regelungen. Wir können die Verschuldung abbauen. Sie werden nicht gezwungen, neue Schulden zu machen.

Ich komme jetzt zur so genannten Offensive Zukunft Bayern und der Hightech-Offensive. Beide Offensiven leiden darunter, dass die CSU immer noch einem antiquierten Investitionsverständnis nachhängt. Bauen ist nach Ihrem Verständnis immer gut. Wie kämen Sie sonst auf die Idee, das Ausbessern von Schlaglöchern unter dem Oberbegriff „Hightech-Offensive“ zusammenzufassen.

(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich weiß, Herr Finanzminister, dass Sie mich da durchaus unterstützen. Investitionen in human resources und brain power betrachten Sie als Sündenfall, und dementsprechend setzen Sie zwar Millionen für den Bau von Kompetenzzentren ein, aber nicht für das Personal, das diesen Zentren Kompetenz einhauchen könnte.

Sie haben mittlerweile acht Milliarden DM in unzählige Projekte gesteckt; den Überblick darüber haben Sie längst verloren. Die gesamte Offensive Zukunft Bayern ist zu einem Irrgarten geworden. Ich fordere Sie auf, Herr Huber, endlich nachzugeben und diese Projekte den einzelnen Ministerien, die sie bewirtschaften, zuzuordnen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich weiß, dass Sie das ärgert, weil Sie, nachdem Sie in die Staatskanzlei wechseln mussten, Geld brauchen, um draußen herumreisen und Gelder verteilen zu können.

(Huber (CSU): Immer die alte Platte!)

Nein, das ist nicht die alte Platte. Ich weiß, dass Sie darunter leiden. Sie werden verstehen, dass sich mein Mitleid in Grenzen hält.

Eine Aufgabe, die immer wieder neu gestellt werden muss, ist der effiziente Umgang mit Steuergeldern. Ich bin der festen Überzeugung, dass 5% bis 10% EffizienzDividende zu erreichen wären, wenn Sie sich endlich dazu durchringen könnten, veraltete Strukturen aufzulösen. Das Landwirtschaftsministerium hat sich immer noch nicht von seiner königlich-bayerischen Vergangenheit gelöst. Das wird immer wieder an den ORH-Berichten deutlich und zuletzt auch an der Debatte um die Pferdezucht und den Pferdesport. Durch fehlendes Gebäudemanagement gehen dem Freistaat Bayern jährlich Millionenbeträge verloren, nur weil Sie es nicht schaffen, Nutzungskonzepte aufzustellen, oder weil wieder einmal die Staatskanzlei dazwischenpfuscht wie bei der Ober

forstdirektion Oberbayern. Die hätte zuerst von München nach Rosenheim verlegt werden sollen. Die Planungskosten dafür betrugen 430000 DM. Dann ist Ihnen eingefallen, dass Sie irgendjemandem in Augsburg beim Wahlkampf helfen müssen. Prompt kam die Oberforstdirektion nach Augsburg. 430000 DM wurden in den Wind geschrieben.

Kompetenzgerangel führt zu Doppelausgaben. Die Invest-in-Bavaria-Kampagne des Wirtschaftsministeriums hat dieselbe Zielgruppe wie die Hightech-Kampagne der Staatskanzlei.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Hier sollten Sie sich einmal mit den anderen einigen, Herr Huber. Sie müssen Kompetenzen an die Fachministerien abgeben.

Ich sage Ihnen noch eines, Herr Huber: Die Staatskanzlei sollte eigentlich durch Taten brillieren und nicht durch Werbeausgaben. Es spricht Bände, dass der Etat für die Öffentlichkeitsarbeit genau jetzt von 4,3 auf 8 Millionen DM angehoben wird und Ihnen dazu nichts Besseres einfällt, als ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1977 heranzuziehen, wonach Sie sagen, Sie müssen das Informationsbedürfnis der Bayern und Bayerinnen besser stillen.

(Huber (CSU): Es ist groß! – Zuruf des Abgeordneten Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Vor allem das ist es, was dem Kollegen Huber hier heute schon extreme Schwierigkeiten bereitet hat.

Herr Huber, Tatsache ist: Der potenzielle Kanzlerkandidat Stoiber will mit diesen Mitteln seine Kandidatur vorbereiten. Aber ich sage Ihnen: Da hilft keine Werbekampagne mehr.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bereits mit dem LWS-Skandal sind seine Chancen gegen Null gesunken. Und was nun mit dem Deutschen Orden passiert, lässt ihn noch weiter ins Abseits rücken.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben vorhin zu der Anfrage des Kollegen Dr. Dürr Stellung genommen und dabei zugeben müssen, dass Ministerpräsident Stoiber sich an den Wissenschaftsminister Zehetmair mit der Bitte gewandt hat, – –

(Widerspruch des Abgeordneten Hofmann (CSU))

Doch, doch! Das haben Sie geschrieben; das steht hier geschrieben: „Sehr geehrter Herr Staatsminister! Lieber Hans!“ Das hat Stoiber geschrieben. „Am 13. Januar führte ich ein Gespräch...“. Und so weiter und so fort.

Ich sage Ihnen, ich bezweifle sehr, ob der „liebe Hans“ – so nennt ihn der Ministerpräsident – den Deutschen Orden als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt hätte, wenn nicht dieses Schreiben des Minister

präsidenten vorgelegen hätte. Denn eines ist klar – wir haben ja im Haushaltsausschuss schon darüber debattiert –: Das Personal des Deutschen Ordens war damals nicht in dem Stand, dass man das hätte genehmigen können.

(Zuruf des Abgeordneten Huber (CSU))

Es steht doch alles drin! Das hat Herr Kollege Dürr mit seinem immensen Informationsbedürfnis alles von Ihnen erhalten. Das ist halt so. Das ist Ihr Los, Herr Huber. Der Ministerpräsident könnte sich hier heute selber verteidigen. So hat er halt Sie vorgeschickt. Pech für Sie.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Huber (CSU): Das ist eine Verleumdung!)

Das ist keine Verleumdung. Ich habe nur vorgelesen, was Sie dem Kollegen Dürr geantwortet haben, nichts sonst. Und wenn das nicht so schlimm ist, wie Sie uns hier dauernd zu sagen versuchen, dann frage ich Sie, warum Sie sich so aufregen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hof- mann (CSU): Sie quatschen ihn die ganze Zeit an! Er würde sich gern mit Ihnen unterhalten!)

Herr Huber, Sie sind heute hier nicht die wichtigste Person.

(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abgeordneten Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Das war sozusagen der Side-Letter zur Haushaltsdebatte.

Nun möchte ich mich wieder dem Haushalt des Finanzministers widmen. Nicht zuletzt wegen der furchtbaren Anschläge gegen ausländische Bürgerinnen und Bürger und Minderheiten ist es im vorigen Jahr zu einer verstärkten Diskussion über Integration und Internationalisierung gekommen. Hier gibt es ein weites Betätigungsfeld vom Kindergarten bis zur Hochschule. Auch Bayern und die CSU müssen der Tatsache Rechnung tragen, dass Bayern ein Einwanderungsland ist und, wenn wir die Geschichte betrachten, immer war. Ob es Ihnen von der CSU passt oder nicht: Wir brauchen sogar Zuwanderung, um unseren Wohlstand zu halten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dabei geht es nicht nur um Computerspezialisten; es geht es genauso um Facharbeiter.

Der Kollege Traublinger weiß, dass ich ihn gleich wieder zitieren werde, weil ich froh bin, Herr Kollege Traublinger, dass Sie sich in unsere Reihen stellen und dann hoffentlich unserem Antrag zustimmen werden, wenn Sie innovative Methoden der Zuwanderung fordern und sich darüber beschweren, dass die Handwerker von der Staatsregierung im Regen stehen gelassen werden. Auch der Herr Staatsminister Wiesheu weiß um diese Beschwerden. Wir erwarten von Ihnen, Herr Wiesheu, dass Sie sich jetzt endlich einmal auf die Seite der Hand

werker stellen und Herrn Beckstein ausnahmsweise im Regen stehen lassen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es geht auch um ausländische Wissenschaftler und Studierende. Diesen Montag hat Rektor Heldrich von der LMU auf einer Pressekonferenz die wenig attraktiven Rahmenbedingungen für ausländische Studierende beklagt.

Es geht aber auch darum, wie die CSU versucht, Immigranten gegen politisch Verfolgte auszuspielen. Damit schaffen Sie ein Klima der Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz, das unwürdig ist.

Während die CSU von einem geldoffenen Bayern träumt, bekennen wir GRÜNE uns zu einem weltoffenen, toleranten, aufgeschlossenen Bayern und fordern deshalb entsprechende Maßnahmen im Haushalt, als da sind: stärkere Berücksichtigung von Kindern und Jugendlichen mit nichtdeutscher Muttersprache bei der Gruppenbildung im Kindergarten und der Klassenbildung an Schulen, eine verstärkte Internationalisierung der Hochschulen, Fördermaßnahmen für ausländische Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sowie ihre Familien und eine bessere Betreuung von Asylbewerbern, vor allem von Folter- und Gewaltopfern.

Wir sind ja eine ökologische Partei.