Protocol of the Session on December 13, 2000

Die Ergebnisse in diesen wichtigen Politikfeldern erscheinen nur für den mager, für den Mehrheitsabstimmungen und Zentralisierungen in Brüssel Werte an sich sind. Die Staatsregierung ist aber der Auffassung, dass die Steuer- und die Sozialpolitik weitgehend in der Hand der Mitgliedstaaten bleiben müssen. Insofern begrüßen wir dieses Ergebnis der Konferenz von Nizza. Wir können die negative Bewertung derjenigen nicht teilen, die möglichst viele Punkte auf europäischer Ebene in die Mehrheitsabstimmung geben wollen. Aus diesem Grunde empfehle ich Ihnen, den Antrag der GRÜNEN abzulehnen, da darin genau das Gegenteil gefordert wird. In diesem Antrag heißt es: „In zu vielen Themenbereichen bleibt das Vetorecht erhalten.“ Diese Aussage ist völlig undifferenziert. Ich bin gefragt worden, welche bayerischen Interessen betroffen waren. Für Bayern stelle ich nochmals fest: Wir können auf keinen Fall der Überführung der direkten Besteuerung und der sozialen

Sicherungssysteme in die Mehrheitsentscheidung auf europäischer Ebene zustimmen.

(Beifall bei der CSU)

Außerdem ist für Bayern wichtig, dass es hinsichtlich der Kulturpolitik und der Regelung der Berufsordnung bei der Einstimmigkeit bleibt. Das bedeutet zum Beispiel, dass die deutsche Handwerksordnung nicht von Brüssel ausgehebelt werden darf. Die Bundesregierung hat unter anderem vorgeschlagen, den Artikel 47 Absatz 2 EGV, der die Grundsätze der Berufsordnung regelt, in die Mehrheitsabstimmung zu geben. Gleichzeitig hat der Bundeswirtschaftsminister dem deutschen Handwerk versprochen, dass bei der Handwerksordnung nichts geschehen werde. Erst als wir dies in der Öffentlichkeit thematisiert und gefordert haben, dass die Bundesregierung endlich einmal sagen solle, ob sie die Handwerksordnung erhalten oder sie über die Mehrheitsabstimmung zur Disposition stellen wolle, hat die Bundesregierung eine Korrektur ihres Kurses vorgenommen und angeregt, dass die Handwerksordnung der Einstimmigkeit unterliegen solle.

Das aus der Sicht der Staatsregierung erfreulichste Ergebnis der Verhandlungen ist die Vereinbarung des so genannten Post-Nizza-Prozesses zur genauen Abgrenzung der Aufgaben zwischen der Europäischen Union und den Mitgliedstaaten. Hierzu soll im Jahr 2004 eine weitere Regierungskonferenz stattfinden. Dies ist eine eindeutige Bestätigung der Politik der Staatsregierung und der Mehrheit dieses Hauses. Wir haben diese Kompetenzabgrenzung im Interesse der Transparenz, im Interesse einer demokratischen Zuordnung der Verantwortlichkeiten und im Interesse einer erfolgreichen Osterweiterung seit Jahren gefordert. Bis vor kurzem sind wir dafür von der Bundesregierung, von Herrn Schröder und Herrn Fischer öffentlich als Politiker geziehen worden, die politische Utopien verbreiteten. Die Bundesregierung hat behauptet, die Umsetzung dieser Forderungen sei nicht möglich. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, diese Veränderungen waren möglich, weil wir dafür gekämpft und die deutschen Länder dafür gewonnen haben.

(Beifall bei der CSU)

Wir konnten schließlich auch die Bundesregierung von der Notwendigkeit unserer Forderungen überzeugen. Die Bundesregierung hat sich jedoch erst überzeugen lassen, als die Bundesländer geschlossen mit der Ablehnung des Vertrags von Nizza im Bundesrat gedroht haben. Erst nach dieser Drohung hat bei der Bundesregierung ein Umdenken stattgefunden.

Frau Kollegin Gote, ich möchte Ihnen noch etwas sagen: Sie haben erklärt, das Subsidiaritätsprinzip solle politisch umgesetzt werden. Sie haben sich zwar mit Europa beschäftigt, aber eines scheint Ihnen entgangen zu sein: Als das Subsidiaritätsprinzip in den Vertrag von Maastricht hineingeschrieben wurde, hat sich nur wenig bewegt.

Erst durch die Kompetenzabgrenzung wird sozusagen das Subsidiaritätsprinzip rechtlich konkretisiert, weil erst

dann Rechtssicherheit im Hinblick auf die Auslegung besteht. Deswegen müssen wir auf der Kompetenzabgrenzung bestehen.

Das zweite ist: Wir spielen die Kompetenzabgrenzung nicht gegen die Osterweiterung aus. Bei der Größe von 25 bis 30 Mitgliedstaaten ist es eigentlich für jedermann einsichtig, dass sich die Europäische Union auf wenige wichtige Dinge konzentrieren muss, die nur auf europäischer Ebene gelöst werden können. Deswegen brauchen wir in den Verträgen die klare Definition der europäischen Aufgaben. Lassen Sie sich eines gesagt sein: Außenminister Fischer hat erst vor acht Wochen auf einem Colloquium in Berlin öffentlich erklärt, dass er die Forderungen nach Kompetenzabgrenzung oder nach Verfassungsvertrag von der Union und der CSU übernommen habe. Wenn schon Herr Fischer dies zugibt, können Sie es, Frau Gote, allemal zugeben.

(Frau Gote (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Er hat die Forderung im Zusammenhang mit der Verfassung gestellt. Das habe ich auch getan!)

Sie sollten nicht Polemik üben, wo Polemik nicht angebracht ist.

(Frau Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Hat sie nicht!)

Lassen Sie mich ein differenziertes zweifaches Fazit ziehen: Erstens. Die Ergebnisse der Regierungskonferenz legen ein nüchternes Zeugnis über die Grenzen der Reformfähigkeit der Europäischen Union und zwar schon mit 15 Mitgliedstaaten ab. Die Einigung war nur auf einem kleinen gemeinsamen Nenner möglich. Sie gibt einen Vorgeschmack auf die gewaltigen Verteilungskonflikte, die im Zusammenhang mit der Osterweiterung noch bewältigt werden müssen. Sie zeigen aber auch, dass die Konferenz von Anfang an mit der Beschränkung auf die drei Leftovers thematisch falsch angelegt war. Das ist die Antwort auf den Beitrag des Kollegen Dr. Köhler. Es war die entscheidende Frage ausgeklammert, welche Aufgaben ein enorm erweitertes und wesentlich heterogeneres Europa künftig gemeinsam erledigen muss und kann. Man kann kein vernünftiges Ergebnis zu den Prozeduren, sprich zu den Mehrheitsentscheidungen, erwarten, wenn man die Diskussion über die gemeinsamen politischen Ziele, sprich die Aufgaben, ausklammert. Wir haben angemahnt, dass die Logik von Nizza erfordert hätte, dass man vorher die Kompetenzabgrenzung klärt, bevor man über die Frage redet, ob man von der Einstimmigkeit zur Mehrheitsabstimmung übergeht. Nun gilt es bis zum Jahre 2004 dieses Manko auszugleichen.

Zweitens. Eigentlicher Anspruch von Nizza war, die Europäische Union auf die Osterweiterung vorzubereiten. Hier hat es einen Schritt nach vorne gegeben. Das Ziel ist aber entgegen den allgemeinen Beteuerungen noch längst nicht erreicht. Mit der mühsamen Reform der EU-Institutionen wurde lediglich eine erste Etappe zurückgelegt. Es fehlen aber noch zwei ganz wesentliche Schritte für eine erfolgreiche Osterweiterung. Zum einen gilt es, die Aufgaben der Europäischen Union zu konzentrieren, zu reformieren und klar abzugrenzen.

Ich möchte noch einmal unterstreichen, was ich vorhin erwähnt habe: Die Europäische Union mit 27 oder mehr Mitgliedern wird viel größere Unterschiede aufweisen als die heutige Union. Deshalb muss sich die Europäische Union auf das unbedingt auf europäischer Ebene zu Erledigende konzentrieren. Der Post-Nizza-Prozess, das heißt die Vorbereitung der neuen Regierungskonferenz für die Kompetenzabgrenzung, darf nicht auf die lange Bank geschoben, sondern muss umgehend in Gang gesetzt werden.

Das jetzt Folgende kompliziert die Sache sehr: Noch völlig ungelöst ist die realistische und gerechte Finanzierung der Osterweiterung. Die Agenda 2000 des Europäischen Rates von Berlin im letzten Jahr hat die Finanzierung der Osterweiterung nicht vorbereitet. Unsere damaligen Warnungen bestätigen sich immer mehr. Ohne grundlegende Reform der Agrar- und Strukturpolitik, die 80% des EU-Haushaltes verschlingen, steht die Erweiterung auf tönernen Füßen. Die Beitrittskandidaten werden kaum auf Direkthilfen für die Landwirtschaft verzichten, wie dies die Agenda 2000 unterstellt. Die unveränderte Fortführung der Strukturpolitik würde bei 27 Mitgliedern die Verdoppelung der Mittel bedeuten, wie das die Kommission erst kürzlich selbst festgestellt hat. Wer soll das bezahlen? Soll Deutschland als ohnehin größter Nettozahler seine Beiträge verdoppeln? Hier brauchen wir noch vor der Erweiterung Klarheit.

Die eigentlichen Verteilungskämpfe stehen uns also erst noch bevor. Daher gilt umso mehr: Die Reform der Aufgaben ist die entscheidende Voraussetzung für das Gelingen der Erweiterung. Es gibt noch viel zu tun. Ich sage Ihnen eines: Dies ist die europapolitische Bewährungsprobe der Bundesregierung. Die Bundesregierung muss alles tun, um durch eine gerechte Neuordnung sicherzustellen, dass der Erweiterungsprozess nicht verzögert wird. Was die Bundesregierung heute in der Rhetorik macht – in der Realität hat sie noch gar nichts getan – ist, den Kandidatenländern Daten zu nennen, wie zum Beispiel auf dem Gipfel in Nizza das Jahr 2004, und damit den Eindruck zu erwecken, man müsse sich nicht vorher reformieren, um die Osterweiterung bewältigen zu können.

Nach diesem Ausblick auf die Ergebnisse der Regierungskonferenz möchte ich in Kürze die übrigen Ergebnisse des Europäischen Rates in Nizza zusammenfassen.

Mit der Proklamation der Grundrechtecharta hat sich die Europäische Union eine politische Leitlinie gegeben. Wenn auch rechtlich nicht verbindlich, wird die Charta für den Europäischen Gerichtshof Rechtsprechungsgrundlage sein. Dies ist nicht unproblematisch, weil die niedergelegten Grundrechte zum Teil weit über die Zuständigkeit der EU hinausgehen. Auch aus diesem Grund ist die Aufgabenabgrenzung zwischen der Europäischen Union und den Mitgliedstaaten dringlich.

Im Zusammenhang mit der Osterweiterung hat sich der Europäische Rat von Nizza zwar erneut zum „Grundsatz der Differenzierung“, das heißt des individuellen Fortgangs der Verhandlungen für jeden Beitrittskandidaten bekannt. Mit der indirekten Nennung eines Zieldatums

für die ersten Beitritte für das Jahr 2004, hat man gesagt, man hoffe, dass die ersten Kandidaten bereits an der nächsten Direktwahl 2004 teilnehmen könnten. Das brachte einen völlig falschen Zungenschlag in die Vorbereitung der Erweiterung. Jahreszahlen versprechen etwas, was nicht vom Zeitablauf, sondern von den tatsächlichen Fortschritten abhängen muss.

Positiv zu vermerken ist, dass der Europäische Rat die Kommission ersucht hat – das ist für Sie interessant, Herr Köhler –, für die Grenzregionen ein Programm zur Festigung ihrer wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit vorzuschlagen. Etwas, was vorher von der Bundesregierung immer abgelehnt worden ist, ist jetzt vom Gipfel beschlossen worden als Auftrag an die Kommission. Die Staatsregierung hat dies seit langem gefordert. Wir sehen der Ausarbeitung dieses Programms mit größtem Interesse entgegen. Vorschläge dafür haben wir schon mehrfach vorgelegt.

Drittens. Hinweisen möchte ich auch auf die Annahme der EU-Sozialagenda sowie auf die Billigung der beschäftigungspolitischen Leitlinien für 2001. Beide Prozesse werden auf die Methode der so genannten „Offenen Koordinierung“ gestützt. Letztlich wird damit der „Aufbau eines aktiven Wohlfahrtsstaates“ gefordert, wie das eine Presseagentur kürzlich kommentiert hat. Die Staatsregierung sieht diese Entwicklung mit äußerster Sorge. Hier gibt ein europäisches Organ, nämlich der Europäische Rat, Zielvorgaben in Bereichen nationaler Zuständigkeiten. Damit findet ein politisches Ringen um das „Ob“ und das „Warum“ in den demokratisch legitimierten und verantwortlichen nationalen und regionalen Parlamenten überhaupt nicht mehr statt!

Man hat eine Vorgabe des – unzuständigen – EU-Organs und ist nur noch Umsetzungsinstrument für europäische Beschlüsse. Das ist ein weiterer Grund, um mit einer deutlichen Aufgabenabgrenzung so rasch wie möglich für klare Verhältnisse zu sorgen!

Ich möchte Ihnen zur Illustrierung dieser Ausführung folgendes sagen: Vor kurzem hat der Generaldirektor der Generaldirektion Kultur der Kommission, Herr van der Pas, auf den Einwand, er habe bei Schul- und Ausbildungsfragen auf europäischer Ebene eigentlich keine Kompetenz, in schöner Offenheit erklärt: „Wo wir laut Vertrag keine Kompetenz haben, aber die Notwendigkeit zum Handeln sehen, wenden wir die Methode der ‚Offenen Koordinierung‚ an.“ Das bedeutet, dass der Europäische Rat einen Auftrag gibt und dieser Auftrag von allen Ebenen bis hinunter zu den Ländern durchzuführen ist. Es wird sogar noch die Einhaltung dieses Beschlusses kontrolliert, wie es im Protokoll des Gipfels von Lissabon heißt.

Mein Fazit ist: Die Bekenntnisse der Regierungskonferenz zur Notwendigkeit einer Abgrenzung der EU-Kompetenzen finden im tatsächlichen Handeln der Europäischen Union, jedenfalls gemessen an dem, was in Nizza beschlossen worden ist, noch keinen Niederschlag. Die Fehlentwicklung der Europäischen Union in Richtung auf mehr EU-Vorgaben in den einzelnen Politikbereichen geht ungeachtet der Gipfelbeschlüsse und des Beschlusses der Einberufung einer neuen Regierungskonferenz zum Zweck der Sicherstellung der Kompetenzabgrenzung

ungebremst weiter. Deshalb müssen jetzt endlich auf europäischer Ebene den Worten Taten folgen, und zwar in die richtige Richtung. Unsere Aufgabe besteht darin, gemeinsam dafür zu sorgen, dass die ausufernde Tätigkeit auf europäischer Ebene in den nächsten Jahren so eingeschränkt wird, dass dann auch die Osterweiterung für alle Beteiligten ein Erfolg werden kann.

(Beifall bei der CSU)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Durch den Bericht des Staatsministers ist der CSU-Dringlichkeitsantrag 14/5318 erledigt.

Ich lasse dann über den Dringlichkeitsantrag 14/5330 des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN abstimmen. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und Herr Abgeordneter Hartenstein. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktion der CSU und zwei Stimmen aus den Reihen der SPD. Enthaltungen? – Das ist die Fraktion der SPD. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

Ich rufe auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Maget, Strasser, Dr. Kaiser und anderer und Fraktion (SPD)

Planungsfehler und Kostenüberschreitungen bei der ICE-Neubaustrecke Ingolstadt – Nürnberg (Drucksa- che 14/5319)

Ich bitte um Wortmeldungen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Herr Kollege Schläger.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! In den letzten Wochen wurde offenbar, was einige schon längere Zeit munkelten, nämlich dass die ICETrasse von München über Ingolstadt nach Nürnberg, die mit 4 Milliarden DM veranschlagt worden ist, über 25% teurer wird, was über 1 Milliarde DM ausmacht. Dies gab der Vorstand der DB AG bekannt. Außerdem wird die Strecke statt im Jahre 2003 erst im Jahr 2005 fertig.

Die SPD will mit diesem Dringlichkeitsantrag erreichen, dass die Staatsregierung in einer gemeinsamen Sitzung der Ausschüsse für Staatshaushalt und Finanzfragen und für Wirtschaft, Verkehr und Technologie über offenkundige Planungsfehler und horrende Kostensteigerungen berichtet. Dabei wäre interessant zu erfahren, inwieweit die Staatsregierung an den Gesprächen zur Vorfinanzierung beteiligt war und welche Rolle der Freistaat in dem Finanzierungskonzept gespielt hat. Ergeben sich eventuell auch Konsequenzen für den Haushalt des Freistaates? Ich erinnere in diesem Zusammenhang an den ominösen Hubschrauberflug von Herrn Staatsminister Dr. Wiesheu, den er mit dem damaligen Bahnchef Dürr im Jahre 1996 unternommen hat. Nach diesem Flug wurde die Strecke plötzlich billiger gerechnet, obwohl der Bundesrechnungshof schon vorher vor den hohen finanziellen Risiken gewarnt hat. Es erhebt sich

die Frage, ob durch geänderte Planungen die Kosten niedriger gerechnet worden sind. Diese Frage ist angesichts der Tatsache, dass der heutige Bahnvorstand in seinem Bericht an den Aufsichtsrat folgendes schreibt, nur allzu berechtigt:

Diese wertmäßig reduzierte und gedeckelte Finanzierungsvereinbarung hätte nicht abgeschlossen werden dürfen.

Bei der Gelegenheit rächt sich auch die Tatsache, dass wir in Bayern noch keine hydrogeologische Landesaufnahme haben. Ein Teil der gestiegenen Kosten resultiert aus den nicht richtig eingeschätzten hydrogeologischen Verhältnissen.

Die Ausbaustrecke hat darüber hinaus einen großen Schönheitsfehler. Sie kann nämlich nur mit Geschwindigkeiten zwischen 160 und 200 Stundenkilometern befahren werden. Ich behaupte, dass das den Befürwortern der Strecke vor 12 Jahren nicht klar gewesen ist, als sie sich für diese Strecke ausgesprochen haben. Denn in der Diskussion wird immer wieder angeführt, dass wir eine schnelle Verbindung von München nach Berlin brauchen. In diesem Zusammenhang erinnere ich an die Diskussion um die Durchquerung des Thüringer Waldes. Dort werden Strecken geplant, die mit einer Geschwindigkeit von 300 Stundenkilometern befahren werden können. Jetzt haben wir eine Ausbaustrecke auf dieser Trasse, die mit 160, bestenfalls mit 200 Stundenkilometern auf der Strecke zwischen München und Ingolstadt befahren werden kann.

Nun werden ICE-T-taugliche Strecken, wie sie die SPD für die Trasse durch den Thüringer Wald befürwortet hat, bereits nördlich von München gebaut. Außerdem wird es auf der Strecke zwischen München und Nürnberg neun Tunnel mit einer Gesamtlänge von 25,6 km geben.

Noch etwas ist auffällig: Die drei Hauptbaulose wurden Anfang September 1998 vergeben, wenige Wochen vor der letzten Bundestagswahl. Das bedeutet: Die CSU hat damals nicht mehr an ihren Sieg geglaubt. Sonst hätte sie nicht dafür gesorgt, dass diese Baulose wenige Wochen vor der Bundestagswahl vergeben werden. Es bestand ja die Gefahr, dass die neue Bundesregierung die genannte Strecke auf den Prüfstand stellen würde.

(Freiherr von Rotenhan (CSU): Es fehlt die zwingende Logik!)

Herr von Rotenhan, wenn Sie das nicht durchschauen, kann ich Ihnen nicht helfen. Doch viele andere verstehen ohne weiteres, was ich eben dargestellt habe.

(Hoderlein (SPD): Er ist auch in diesem Falle im Walde!)

Von dem von der Staatsregierung abzugebenden Bericht – das sage ich ganz deutlich – wird es abhängen, ob ein Untersuchungsausschuss zu dieser Angelegenheit eingesetzt werden muss. Es könnte sein, dass Bund, Staatsregierung und Wirtschaft durch Tricksereien und Manipulationen bei der Streckenplanung sowohl den Bundestag als auch den Landtag getäuscht haben.

Es ist unstrittig: Damals bestand eine unheilige Allianz zwischen Politik, Banken, Bauindustrie und einem willfährigen Bahnmanagement.

Ich verschweige nicht: Die Mehrheit der SPD hat die Planung seinerzeit mitgetragen. Allerdings war damals von Kosten in Höhe von 4 Milliarden DM die Rede. Wenn man nun Zinsen und weitere Ausgaben zusammenzählt, muss man zu dem Schluss kommen: Eines Tages wird uns die in Rede stehende Strecke 13 Milliarden DM gekostet haben. Im Hochglanzprospekt der DB AG zu dem Projekt steht unter „Controlling“ unter anderem – lassen Sie sich das einmal auf der Zunge zergehen –: